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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §3 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des J, geboren 1979, vertreten durch Dr. Gerhard Othmar Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. Oktober 2001, Zl. SD 887/01, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. Oktober 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen und der von der Behörde erster Instanz gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung bestätigt.
Die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides seien auch für die Berufungsentscheidung maßgebend. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 6. Dezember 2000 sei er wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes (§§ 142 Abs. 1, 143, zweiter Fall, 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren (davon ein Jahr unbedingt) rechtskräftig verurteilt worden. Er habe am 23. Oktober 2000 in Wien und in der Umgebung von Budapest mit drei Mittätern einem Taxilenker mit Gewalt gegen seine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben ein Taxifahrzeug (PKW Mercedes), drei Handys im Wert von S 12.970,--, eine Brieftasche mit S 5.000,-- Bargeld sowie eine goldene Halskette im Wert von S 20.000,-- geraubt und zudem versucht, dem Taxilenker eine Uhr und einen Ehering wegzunehmen. Die Täter hätten von hinten eine Pistole gegen den Taxilenker gerichtet und mit den Fäusten auf diesen eingeschlagen. Am 27. Oktober 2000 sei gegen den Beschwerdeführer vom Jugendgerichtshof Wien ein Haftbefehl erlassen worden. Er sei gemeinsam mit Adam D. nach Österreich zurückgekehrt. Nachdem dieser Mittäter verhaftet worden sei, habe sich der Beschwerdeführer am 29. Oktober 2000 freiwillig der Polizei gestellt.
Der im § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG normierte Sachverhalt sei verwirklicht. Die Frage des Gerechtfertigtseins des Aufenthaltsverbotes sei ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes und unabhängig von den die Strafbemessung und die bedingte Nachsicht eines Teils der Strafe begründenden Erwägungen des Gerichtes zu beurteilen. Die Schuld des Beschwerdeführers sei durch das rechtskräftige Urteil eindeutig festgestellt worden. In den Entscheidungsgründen des Urteiles sei für die Strafbemessung als mildernd der bisherige ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers, sein reumütige Geständnis und der teilweise Versuch bewertet worden. Von einem untergeordneten Tatbeitrag sei keine Rede gewesen. Auch unter der Annahme eines solchen liege aber angesichts des Begehens eines schweren Verbrechens, nämlich eines bewaffneten Raubes, eine Tatsache vor, die eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle, unabhängig davon, in welcher Form der Tatbeitrag dazu geleistet worden sei. Das Aufenthaltsverbot sei zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie zum Schutz der Rechte Dritter - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer habe seit 1996 (immer wieder) vorübergehend in Österreich gelebt, und zwar hauptsächlich in Wien, wo er seine Tante und seinen Onkel besucht habe. Eine Niederlassungsbewilligung für den Schengener Raum habe er nie besessen. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Zuletzt sei er im Juni 2000 nach Österreich (zu Besuchszwecken) eingereist. Er strebe nicht an, ständig in Österreich zu leben. Er gehe keiner Beschäftigung nach und bestreite seinen Lebensunterhalt von Zuwendungen seiner Tante und seiner Eltern. In Deutschland lebe seine mit ihm seit sechs Jahren intensiv und intim befreundete Verlobte, zukünftige Lebenspartnerin und zukünftige Ehefrau Martina G, ebenso ein Onkel und dessen Gattin. Sein (in Kroatien erlernter) Beruf als Kraftfahrer (in dem er allerdings keine Anstellung erhalten habe) weise einen starken Auslandsbezug auf.
Die der Verurteilung zu Grunde liegende strafbare Handlung des Beschwerdeführers lasse eine krasse Geringschätzung der zum Schutz des Eigentums und des Vermögens sowie der körperlichen Unversehrtheit Dritter aufgestellter strafrechtlicher Normen erkennen. Sollte man in Anbetracht dessen, dass sich der Beschwerdeführer seit 1996 immer nur für kurze Zeiträume bei seiner Tante in Österreich zu Besuch aufgehalten habe, von einem Eingriff (des Aufenthaltsverbotes) in sein Privat- und Familienleben ausgehen, so wäre dieser angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentums- und Gewaltkriminalität zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) gemäß § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten. Der seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeitraum sei zu kurz, um daraus auf einen Wegfall oder auch nur eine erhebliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr schließen zu können, zumal er erst am 29. Oktober 2001 aus der Haft entlassen werden würde. Der Beschwerdeführer habe bisher noch keine Gelegenheit gehabt, die von ihm behauptete "Gewissenswandlung" außerhalb des Strafvollzuges unter Beweis zu stellen.
Die aus der Dauer seiner jeweils nur kurzen, Besuchszwecken dienenden Aufenthalte in Österreich resultierende Integration sei kaum nennenswert. Überdies komme dieser Integration kein entscheidendes Gewicht zu, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch das strafrechtswidrige Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt sei. Die geminderten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als das genannte, hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse.
Auf Grund des Fehlens besonderer berücksichtigungswürdiger Umstände und in Anbetracht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren (davon ein Jahr unbedingt) könne ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht im Rahmen des der Behörde zukommenden Ermessens in Kauf genommen werden.
Der in der Berufung gestellte Eventualantrag des Beschwerdeführers, "es wolle festgestellt bzw. ausdrücklich im Bescheid ausgesprochen werden, dass eine Ausschreibung zur Einreiseverweigerung im Schengen-Raum im Sinn des Art. 1 bzw. des Art. 5 und Art. 25 sowie Art. 96 des Schengener Durchführungsübereinkommens nicht zulässig ist", sei unzulässig, weil das Schengener Durchführungsübereinkommen kein solches Antragsrecht vorsehe. Auch die vom Beschwerdeführer behaupteten persönlichen und familiären Beziehungen zum Schengenraum (zu seiner in Deutschland lebenden Verlobten) würden kein derartiges Gewicht aufweisen, dass sie - mit Rücksicht auf die mit dem Aufenthaltsverbot allenfalls verbundenen Auswirkungen in Bezug auf andere Mitgliedstaaten des Schengener-Durchführungsübereinkommens -
die oben genannten öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in den Hintergrund treten lassen würden.
Der Zeitpunkt des Wegfalls der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände könne nicht vorhergesehen werden. Dass der Beschwerdeführer erstmals im Alter von 21 Jahren mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sei und zudem während der Strafhaft eine gute Führung aufweise, könne angesichts des von ihm verübten Verbrechens und unter Berücksichtigung seiner geringen familiären Bindungen zu keinem anderen Ergebnis führen. Das Aufenthaltsverbot sei daher auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen.
Zutreffend habe die erstinstanzliche Behörde der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die vorzeitige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes sei im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten gewesen.
Entgegen dem Berufungsvorbringen sei der erstinstanzliche Bescheid auch nicht mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit behaftet. Der Beschwerdeführer habe sich zuletzt mehrmals auf Besuch bei seiner Tante in Wien befunden und sei an deren Adresse gemeldet gewesen. In Wien sei seine Festnahme auf Grund eines aufrechten Haftbefehles erfolgt, weshalb zum Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens, nämlich seiner Festnahme, die Zuständigkeit der Bundespolizeidirektion Wien gegeben gewesen sei (§ 91 Abs. 1 FrG). Daran ändere nichts, dass der Beschwerdeführer mittlerweile in das Gefangenenhaus Salzburg überstellt worden sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.
2.1. Im Licht des § 36 Abs. 1 FrG bringt die Beschwerde vor, verschiedene "Fakten, Tatsachen und Beurteilungsgesichtspunkte" würden für ein künftiges Wohlverhalten des Beschwerdeführers auch ohne Aufenthaltsverbot sprechen, nämlich sein Alter, seine bisherige Unbescholtenheit, sein Verhalten nach der Tat (freiwilliges Stellen und Geständnis) sowie "die spezialpräventiven und pädagogischen Wirkungen" der einjährigen Freiheitsstrafe, der Strafnachsicht und eines (nur) angedrohten Aufenthaltsverbotes. Ein Aufenthaltsverbot würde den Beschwerdeführer auch auf Grund der damit zusammenhängenden Beschränkungen nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen unangemessen hart treffen. Es sei nicht zulässig, sich in einem Verfahren, dessen Ergebnis für die zukünftigen Lebensmöglichkeiten des Betroffenen gravierende Auswirkungen habe, auf bloße "Aktenerledigungen" zu beschränken und auf jegliche unmittelbare Beweisaufnahme zu verzichten. Die "konkrete Persönlichkeit des Bf." hätte "ausgeleuchtet werden müssen". Die belangte Behörde hätte den in der Berufung gestellten Anträgen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner Verlobten, auf Einholung eines psychologischen Gutachtens mit psychologischer Testung, auf Beischaffung des Strafaktes, auf Einholung einer Auskunft "von der Leitung der Strafvollzugsanstalt beim landesgerichtlichen Gefangenenhaus Salzburg" sowie auf Einholung eines Gutachtens eines österreichischen Strafrechtsinstitutes nachkommen müssen. Außerdem habe der Beschwerdeführer die bescheidauslösende Straftat nicht in Österreich, sondern außerhalb des Schengenraums in Ungarn begangen.
2.2. Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Die belangte Behörde hatte bei der Beurteilung der Frage, ob die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist, zu prüfen, ob sich aus dem Fehlverhalten des Fremden ableiten lässt, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder andere im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet. Dabei ist - anders als bei der Frage, ob der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt ist - nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich hieraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2004/18/0111, mwN).
Der Beschwerdeführer hat nach dem insoweit bindenden Strafurteil (vgl. zum Umfang der Bindung eines rechtskräftigen Schuldspruches das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/18/0133, mwN) am 23. Oktober 2000 im einverständlichen Zusammenwirken mit drei anderen Mittätern einem Taxilenker mit Gewalt gegen seine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, unter Verwendung einer Waffe, einen PKW Mercedes, drei Handys im Wert von S 12.970,--, eine Brieftasche mit S 5.000,-- Bargeld und eine goldene Halskette mit Bereicherungsvorsatz weggenommen bzw. eine Uhr und einen Ehering mit Bereichungsvorsatz wegzunehmen versucht, indem die Täter von hinten eine Pistole gegen den Taxilenker richteten und mit den Fäusten auf ihn einschlugen. Die Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde (§ 36 Abs. 1 FrG), liegt im Hinblick auf das dargestellte gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers auf der Hand. Die Beschwerde enthält keine Ausführungen darüber, welche fremdenrechtlich relevanten Tatsachen durch die vom Beschwerdeführer begehrten zusätzlichen Ermittlungen betreffend seine "konkrete Persönlichkeit", wie etwa seine Einvernahme und die Einholung von (psychologischen) Gutachten, erwiesen werden könnten. Der von der belangten Behörde zutreffend vorgenommenen Gefährdungsprognose steht auch der Umstand nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer zuvor noch nie verurteilt worden ist, zeigt doch sein Fehlverhalten deutlich seine Bereitschaft zur Gewaltanwendung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 98/18/0202). Daran vermag die Behauptung, schon die bloße Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes würde ganz erhebliche "spezialpräventive und pädagogische Wirkungen" entfalten, ebenso wenig etwas zu ändern wie der Hinweis, dass er sich nach der Tat freiwillig gestellt und ein Geständnis abgelegt habe. Aus all diesen Umständen ist angesichts der Schwere des strafbaren Verhaltens nicht abzuleiten, dass vom Beschwerdeführer keine Gefahr mehr ausgehe.
2.3. Der Beschwerdeführer bringt im Zusammenhang mit der Beurteilung nach § 36 Abs. 1 FrG vor, ihm sei in erster Instanz kein ausreichendes Parteiengehör gewährt worden. Wäre ihm bekannt gegeben worden, dass über ihn ein Aufenthaltsverbot erlassen werde, so hätte er einen Anwalt bevollmächtigen können, der das in der Berufung erstattete Vorbringen bereits in erster Instanz erstattet hätte. Diesfalls hätte bereits die Behörde erster Instanz zu einem anderen Bescheid kommen können.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer bereits in erster Instanz mit dem Schreiben der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. Juni 2001 konfrontiert worden ist, aus dem hervorgeht, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Selbst wenn jedoch in erster Instanz eine Verletzung des Parteiengehörs unterlaufen wäre, so wäre diese durch die Gewährung des Parteiengehörs im Berufungsverfahren geheilt worden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. November 1993, Zl. 92/05/0303, sowie die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 36 zu § 66 AVG angeführte hg. Rechtsprechung).
2.4. Der im Übrigen vorgenommene Verweis des Beschwerdeführers auf "die in der Berufung im Detail dargestellten Tatsachen, Sachverhalte und Gesichtspunkte" stellt keine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe im Sinn des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG dar und ist daher unbeachtlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 2002, Zl. 2002/18/0002).
3.1. Im Licht des § 37 FrG meint der Beschwerdeführer, dass die Interessenabwägung zu seinen Gunsten hätte ausgehen müssen. Ein Aufenthaltsverbot ziehe Einschränkungen nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen nach sich. Ihm wäre nicht nur die Möglichkeit genommen, nach Österreich zu reisen und sich hier aufzuhalten, er dürfte auch nicht mehr in anderen Mitgliedstaaten des Schengener Übereinkommens (bis maximal drei Monate) Aufenthalt nehmen. Seine Aussichten, in Zukunft in irgendeinem Mitgliedsland des Schengener Übereinkommens - und damit auch in Deutschland, wo seine Verlobte aufhältig sei - einen Aufenthaltstitel zu erlangen, wären auf Grund des Art. 25 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens gering. Ihm wären die beruflichen Möglichkeiten für Fahrten in Mitgliedstaaten des Schengenraumes abgeschnitten.
3.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. In Österreich hat der Beschwerdeführer, der sich hier nach eigenen Angaben seit 1996 immer nur vorübergehend aufgehalten hat und der hieher zuletzt im Juni 2000 eingereist ist, keine nennenswerte Integration aufzuweisen. Zwar leben in Wien seine Tante und sein Onkel, die er besucht hat, es bestehen jedoch im Übrigen keine privaten oder familiären Bindungen zu Österreich, zumal der Beschwerdeführer hier auch keiner Beschäftigung nachgeht und gar nicht anstrebt, ständig in Österreich zu leben. Mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist daher kein relevanter Eingriff in ein in Österreich geführtes Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden.
3.3. Als Folge des Aufenthaltsverbotes ist - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2000/18/0233, ausgeführt hat - aber auch zu berücksichtigen, dass dem Beschwerdeführer gegebenenfalls infolge seiner Ausschreibung zur Einreiseverweigerung nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ, vgl. § 1 Abs. 6 FrG) die Einreise in die und der Aufenthalt in den betreffenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union verweigert werden würde (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere Art. 5, 7, 18, 23, 25 und 96 SDÜ). Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf die Erschwerung seiner Beziehungen zu seinen in Deutschland aufhältigen Verwandten und zu seiner dort aufhältigen Verlobten, die Einschränkung seiner beruflichen Möglichkeiten als LKW-Fahrer und die Beeinträchtigung seiner Zukunftspläne, später einmal in Deutschland zu leben und dort eine Familie zu gründen.
Da die genannten Beziehungen zu Deutschland bisher lediglich auf der Basis der Möglichkeit ausgeübt wurden, ohne Sichtvermerk in Staaten des Schengenraumes zu reisen und sich dort für Besuchszwecke (für private Zwecke) bis zu drei Monaten aufzuhalten, sind die daraus ableitbaren persönlichen Interessen des Beschwerdeführers in ihrem Gewicht erheblich gemindert. Wären die genannten Beziehungen nicht in Deutschland, sondern in Österreich begründet, würde dies auch zu keinem Überwiegen gegenüber dem großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/18/0451) und der Gewaltkriminalität (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2000/18/0074) führen. Abgesehen davon ist zum Wunsch des Beschwerdeführers nach einem deutschen Aufenthaltstitel darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 5 Abs. 2 und Art. 25 Abs. 1 SDÜ die Möglichkeit besteht, bei Vorliegen gewichtiger Gründe, insbesondere wegen humanitärer Erwägungen, einem von einem anderen Vertragsstaat im Schengener Informationssystem zur Einreiseverweigerung ausgeschriebenen Drittausländer einen Aufenthaltstitel zu erteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2000/18/0233).
4. Soweit der Beschwerdeführer seinen in der Berufung gestellten Eventualantrag, "es wolle festgestellt bzw. ausdrücklich im Bescheid ausgesprochen werden, dass eine Ausschreibung zur Einreiseverweigerung im Schengen-Raum im Sinn des Art. 1 bzw. des Art. 5 und Art. 25 sowie Art. 96 des Schengener Durchführungsübereinkommens nicht zulässig ist", ins Treffen führt, geht sein Vorbringen schon deshalb ins Leere, weil über einen derartigen Feststellungsantrag mit dem angefochtenen Bescheid nicht zu entscheiden war, war dieser doch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides und somit auch nicht "Sache" des Berufungsverfahrens (vgl. § 66 Abs. 4 AVG).
5. Die Beschwerde wendet sich auch dagegen, dass die belangte Behörde ein unbefristetes (und nicht nur ein auf drei Jahre befristetes) Aufenthaltsverbot verhängt habe. Auch dieses Vorbringen geht fehl.
Nach § 39 Abs. 1 FrG darf ein Aufenthaltsverbot in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 1 und 5 leg. cit. unbefristet, in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 9 leg. cit. für die Dauer von höchstens fünf Jahren, sonst nur für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Wird ein Aufenthaltsverbot nicht auf unbestimmte Zeit (unbefristet) erlassen, so ist es (unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG) für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird. Für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen (§ 39 Abs. 2 FrG). Als maßgebliche Umstände gemäß § 39 Abs. 2 leg. cit. ist abgesehen vom gesetzten Fehlverhalten und der daraus resultierenden Gefährdung öffentlicher Interessen auch auf die privaten und familiären Interessen im Sinn des § 37 FrG Bedacht zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 99/18/0237). Vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund erscheint es - entgegen der Beschwerde - nicht als rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertreten hat, dass in Anbetracht des gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vorhergesehen werden könne, zumal - was nach § 39 Abs. 2 FrG in Betracht zu ziehen ist - persönliche Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich bzw. in Deutschland nur gering ausgeprägt sind.
6.1. Gegen die mit dem angefochtenen Bescheid (auch) erfolgte Bestätigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG bringt der Beschwerdeführer vor, die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle seien in seinem Fall nicht vorgelegen, weil "eine qualifiziert positive, für den Bf. günstige Zukunftsprognose" vorliege und es sehr unwahrscheinlich sei, dass er nochmals eine strafbare Handlung begehen werde. Es bestehe keine dringende Notwendigkeit, über ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen.
6.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Es kann dahingestellt bleiben, ob im Beschwerdefall die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG gegeben waren, weil mit der Entscheidung der Berufungsbehörde in der Hauptsache ein Ausspruch nach der genannten Gesetzesstelle jedenfalls seine Wirkung verloren hat. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Entscheidung "entfaltet auch nach Erlassung der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung noch rechtliche Wirkungen, da sie zur Folge hätte, dass das über den Bf. verhängte Aufenthaltsverbot auch dann rechtswirksam und hinsichtlich seiner rechtlichen Wirkungen aufrecht bleiben würde, wenn der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über den Antrag nach § 30 VwGG aussprechen würde, dass der Bf. wiederum jene Rechtsstellung hätte, welche er vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte" kann daran nichts ändern, weil der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt worden ist und der Beschwerdeführer nicht behauptet, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung während des Berufungsverfahrens nachteilige Auswirkungen auf ihn gehabt habe (vgl. aus der hg. Rechtsprechung in diesem Sinn etwa das Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2004/18/0113).
7. Die Beschwerde meint auch, dass die Bundespolizeidirektion Wien in erster Instanz für die Erlassung des Aufenthaltsverbots örtlich nicht zuständig gewesen sei.
Gemäß § 91 Abs. 1 FrG richtet sich die örtliche Zuständigkeit, sofern nichts anderes bestimmt ist, nach dem Wohnsitz des Fremden im Inland, falls kein solcher besteht, nach seinem Aufenthalt zum Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens.
Dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines Haftbefehls des Jugendgerichtshofes Wien vom 27. Oktober 2000 (wegen §§ 142 Abs. 1, 143 StGB) am 29. Oktober 2000 festgenommen und in das Gefangenenhaus beim Jugendgerichtshof Wien (bzw. sodann in die Justizanstalt Wien-Josefstadt) eingeliefert wurde. Am 2. November 2000 teilte die Polizeiabteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien der Bundespolizeidirektion Wien unter dem Betreff "Einlieferung von Fremden" dem Leiter des Fremdenpolizeilichen Büros der Bundespolizeidirektion Wien mit, dass sich der Beschwerdeführer als Neuzugang in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in Untersuchungshaft befinde. Am 14. November 2000 nahm das Fremdenpolizeiliche Büro - einem Aktenvermerk zu Folge - Abfragen in den Datenbanken "FIS", "AIS" und "SC" über den Beschwerdeführer (jeweils mit negativem Ergebnis) vor. Am 6. Dezember 2000 ersuchte das Fremdenpolizeiliche Büro die Polizeiabteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien um Bekanntgabe des Standes des Strafverfahrens. Am 15. Dezember 2000 setzte die Polizeiabteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien das Fremdenpolizeiliche Büro von der am 6. Dezember 2000 erfolgten Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien in Kenntnis.
Nachdem der Beschwerdeführer nach seiner Verurteilung in die Justizanstalt Salzburg überstellt worden war, übermittelte die Bundespolizeidirektion Wien auf Ersuchen der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 5. Februar 2001 am 23. Februar 2001 ihren Akt betreffend den Beschwerdeführer an diese Behörde, die den Akt am 28. März 2001 "gemäß § 91 Abs. 1 FrG" an die Bundespolizeidirektion Wien zurückstellte. Nach Vornahme weiterer Datenabfragen und Einräumung von Parteiengehör zum beabsichtigten Aufenthaltsverbot im Rechtshilfeweg durch die Strafvollzugskanzlei der Justizanstalt Salzburg erließ die Bundespolizeidirektion Wien am 10. September 2001 den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid.
Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 98/21/0511) keinen Wohnsitz im Inland hatte (ein zwangsweise begründeter Aufenthalt eines Häftlings ist kein Wohnsitz: vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0279, und vom 21. September 2000, Zl. 98/18/0363), hängt die örtliche Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde gemäß § 91 Abs. 1 FrG davon ab, ob das erste behördliche Einschreiten während seines Aufenthaltes in Wien (29. Oktober bis zumindest 6. Dezember 2000) oder während seines daran anschließenden Aufenthaltes in Salzburg erfolgt ist. Die zuständigkeitsbegründende erste aktenkundige fremdenpolizeibehördliche Amtshandlung war im vorliegenden Fall die Vornahme von Abfragen bei Datenbanken am 14. November 2000. Das Einschreiten bzw. die Amtshandlung der Behörde muss nach der zitierten Gesetzesstelle nicht qualifiziert erfolgen, etwa in der Weise, dass der Fremde davon Kenntnis erlangt (vgl. die ebenfalls bzw. ausdrücklich nicht auf eine Kenntnis des Beschuldigten abstellende Bestimmung der Zuständigkeit durch Zuvorkommen in Form der Vornahme einer tatsächlichen Untersuchungshandlung zur Klärung des Sachverhalts iSd § 51 Abs. 2 iVm Abs. 3 StPO bzw. durch die erste Verfolgungshandlung iSd § 27 Abs. 2 iVm § 32 Abs. 2 VStG). Eine weitere während des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Wien gesetzte fremdenpolizeibehördliche Amtshandlung war das Ersuchen an die Polizeiabteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien um Bekanntgabe des Standes des Strafverfahrens am 6. Dezember 2000.
Die Bundespolizeidirektion Wien war sohin für die erstinstanzliche Erlassung des Aufenthaltsverbotes örtlich zuständig.
8. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
9. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
10. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Dezember 2004
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltParteiengehör RechtsmittelverfahrenParteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelHeilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001180230.X00Im RIS seit
28.01.2005Zuletzt aktualisiert am
18.03.2009