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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §201;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Franz-Christian Sladek und Dr. Michael Meyenburg M.C.J., Rechtsanwälte in 1070 Wien, Neustiftgasse 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 23. September 2004, Zl. RV/0523-W/04, betreffend Haftung nach § 9 Abs. 1 iVm § 80 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides sowie weiterer Schriftstücke des Verwaltungsverfahrens kann Folgendes entnommen werden:
Mit Bescheid des Finanzamtes vom 4. September 2003 wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der A. GmbH gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit § 80 BAO zur Haftung für Abgabenschulden der A. GmbH an Umsatzsteuer, Lohnsteuer sowie Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag im Gesamtbetrag von EUR 77.501,78 herangezogen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung mit dem Vorbringen, schon im erstinstanzlichen Haftungsverfahren darauf hingewiesen zu haben, dass kein Grund für seine Heranziehung zur Haftung bestehe, weil er ohnehin "ordnungsgemäß die Antragstellung eines Insolvenzverfahrens betrieben" habe. Abgabenansprüche seien gegenüber Forderungen anderer Gläubiger auch nicht benachteiligt worden. Obwohl eine quotenmäßige Befriedigung sämtlicher Gläubiger vorzunehmen gewesen wäre, seien keinerlei Zahlungen an andere Gläubiger geleistet worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers dahin Folge, dass seine Haftung auf einen Betrag von EUR 44.775,39 eingeschränkt wurde, während sie die Berufung im Übrigen als unbegründet abwies. Die Eigenschaft des Beschwerdeführers als Vertreter der A. GmbH stehe ebenso unstrittig fest wie die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der A. GmbH, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet und mangels kostendeckenden Vermögens am 11. November 2002 wieder aufgehoben worden sei, heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides. Sache des Beschwerdeführers sei es gewesen, die Gründe vorzutragen, aus welchen die anfallenden Abgaben nicht rechtzeitig entrichtet worden seien. Während sich hinsichtlich der mit dem Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten schon durch das Unterlassen ihrer Abfuhr ergebe, hätte der Beschwerdeführer hinsichtlich der übrigen Abgaben nachweisen müssen, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet habe. Der Beschwerdeführer habe gar nicht behauptet, dass für die Entrichtung der Abgaben keine Mittel zur Verfügung gestanden seien. Deutliche Anhaltspunkte für das Fehlen der zur Entrichtung der Abgaben erforderlichen Mittel hätten sich der Aktenlage erst für den Zeitraum ab dem 19. Dezember 2000 ergeben. Es sei die Haftung deshalb auf die bis 19. Dezember 2000 fällig gewordenen Abgaben einzuschränken gewesen. Dass der Beschwerdeführer die Einleitung des Insolvenzverfahrens ohnehin betrieben habe, helfe ihm nicht, weil haftungsbegründend nur die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten sei. Das Unterbleiben von Zahlungen auch an andere Gläubiger könne den Beschwerdeführer auch nicht entlasten, weil die Verletzung seiner Pflicht zur zumindest anteiligen Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben damit nicht beseitigt sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat. Es hat nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Reichen die liquiden Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen (vgl. für viele etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. November 2002, 2000/15/0081, vom 25. April 2002, 99/15/0253, und vom 29. Jänner 2004, 2000/15/0168, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Weder dem Beschwerdevorbringen noch den der Beschwerdeschrift angeschlossenen Schriftsätzen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer auch nur ansatzweise den Versuch unternommen hätte, der ihn treffenden Behauptungspflicht im Haftungsverfahren zu entsprechen. Dass der Beschwerdeführer den Abgabengläubiger nicht schlechter als andere Gläubiger behandelt habe, wie er vorträgt, hätte er im Verwaltungsverfahren nachvollziehbar darstellen müssen. Tatsächlich hatte der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren aber vorgetragen, das Gebot quotenmäßiger Befriedigung der offenen Forderungen insoweit nicht beachtet zu haben, als er keinem der Gesellschaftsgläubiger auch nur anteilig Zahlung geleistet habe. Zutreffend hat die belangte Behörde daraus gefolgert, dass der Beschwerdeführer mit dieser Vorgangsweise die dem Abgabengläubiger gegenüber bestehende Pflicht zur zumindest anteiligen Tilgung der Abgabenforderungen verletzt hat. Weshalb sich aus dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten hg. Erkenntnis vom 13. März 1991, 90/13/0143, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergeben sollte, wie der Beschwerdeführer vorträgt, ist nicht zu erkennen und wird von ihm auch nicht erläutert. Der Beschwerdehinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1989 entzieht sich mangels Nachvollziehbarkeit der Zitierweise einer Überprüfung.
Der einzige im Verwaltungsverfahren vorgetragene Einwand, für die rechtzeitige Einleitung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft ohnehin gesorgt zu haben, ging rechtlich fehl, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend erkannt hat, weil auf eine Verletzung der Pflicht des Beschwerdeführers, für die rechtzeitige Einleitung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der von ihm vertretenen Gesellschaft Sorge zu tragen, seine Heranziehung zur Haftung ohnehin nicht hätte gestützt werden können (siehe das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, 91/13/0037, 0038, Slg. N.F. Nr. 7038/F) und auch nicht gestützt worden war.
Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid die Haftung für die Abgaben auch in Ansehung solcher Zeiträume bestätigt, für welche die Abgaben erst nachträglich auf Grund des Konkursverfahrens festgesetzt worden seien, verfängt auch nicht, weil es sich bei den der Haftung zu Grunde liegenden Abgaben durchwegs um Selbstbemessungsabgaben handelte, für welche es zur Beurteilung der Erfüllung oder Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters auf jenen Zeitpunkt ankommt, zu dem die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wäre (siehe etwa die hg. Erkenntnisse vom 16. September 2003, 2000/14/0106, und vom 27. Jänner 2000, 97/15/0191). Zur Lohnsteuer sei der Beschwerdeführer daran erinnert, dass der Arbeitgeber nach § 78 Abs. 3 EStG 1988 dann, wenn die Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Bruttoarbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat, woraus nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, dass die Ausbezahlung von Löhnen ohne korrekte Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer in jedem Falle eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten darstellt (siehe etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Februar 2002, 98/14/0189, und vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0187).
Dass mit dem angefochtenen Bescheid die Haftung des Beschwerdeführers für Abgaben auch in Ansehung solcher Zeiträume aufrecht erhalten worden wäre, hinsichtlich derer die belangte Behörde - ungeachtet des Ausbleibens eines tauglichen Sachvorbringens des Beschwerdeführers - ohnehin vom Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung und vom Unterbleiben einer Benachteiligung des Abgabengläubigers ausgegangen war, wird in der Beschwerde nicht nachvollziehbar dargestellt. Auf den Zeitpunkt, zu welchem solche Abgaben bescheidmäßig festgesetzt worden waren, kam es rechtlich nicht an.
Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. Dezember 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004130146.X00Im RIS seit
12.01.2005