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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §34 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/18/0383 2004/18/0384Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, 1. über den Antrag des P, geboren 1974, vertreten durch Dr. Georg Uitz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 7, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. September 2004, Zl. SD 423/04, betreffend Aufhebung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, und 2. über die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden, den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Der zur hg. Zl. 2004/18/0383 protokollierte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
2. Die zu den hg. Zlen. 2004/18/0336 und 2004/18/0384 protokollierten Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 8. September 2004 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 28. Oktober 2003 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. August 2001 für die Dauer von zehn Jahren erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 44 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst die mit 22. Oktober 2004 datierte, am selben Tag zur Post gegebene und sodann zur hg. Zl. 2004/18/0336 protokollierte Beschwerde, in der er (u.a.) vorbrachte, dass ihm der Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 2004 am 9. September 2004 zugestellt worden sei.
3. Mit hg. Verfügung vom 2. November 2004 (zugestellt am 5. November 2004) wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass auf Grund des Beschwerdevorbringens von der Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde auszugehen sei, und ihm Gelegenheit geboten, zu dieser Annahme binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
4. Mit dem vorliegenden, am 19. November 2004 zur Post gegebenen Schriftsatz vom selben Tag, der sodann zur hg. Zl. 2004/18/0383 protokolliert wurde, stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu bewilligen, und brachte dazu vor, dass der Bescheid vom 8. September 2004 der Kanzlei seiner Rechtsvertreterin am 9. September 2004 zugestellt worden sei und die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof von der seit 2. April 1998 in der Kanzlei der ausgewiesenen Beschwerdevertreterin beschäftigten Chefsekretärin im Fristenbuch irrtümlich für den 22. Oktober 2004 anstatt für den 21. Oktober 2004 vorgemerkt worden sei. Frau W. (offensichtlich gemeint: der Chefsekretärin) sei bis zu diesem Zeitpunkt kein einziger Fehler bei der Eintragung im Fristenbuch unterlaufen. Es handle sich hiebei um ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis im Sinn des § 46 Abs. 1 AVG (offensichtlich gemeint: VwGG). Auf Grund der langjährigen Mitarbeit der Sekretärin und ihrer fehlerfreien Arbeitsweise habe für die ausgewiesene Rechtsvertreterin keine Verpflichtung bestanden, den eingetragenen Termin im Fristenbuch nachzurechnen, obwohl die Rechtsvertreterin selbstverständlich im Zug der Postabfertigung am 9. September 2004 eine Überprüfung hinsichtlich der Eintragung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde im Fristenbuch durchgeführt habe.
Mit diesem Antrag verband der Beschwerdeführer eine mit der obgenannten Beschwerde gleichlautende Beschwerde gegen den Bescheid vom 8. September 2004, die zur hg. Zl. 2004/18/0384 protokolliert wurde.
II.
1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass ihr ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach § 46 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
2. Als Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 leg. cit. ist jenes Ereignis im Sinn des § 46 Abs. 1 leg. cit. zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Ereignis in einem Tatsachenirrtum über den Ablauf der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, so hört das Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 leg. cit. auf, sobald der Beschwerdeführer (Beschwerdevertreter) den Tatsachenirrtum als solchen erkennen konnte und musste. Im Hinblick auf die Bedeutung, die die Wahrung der Beschwerdefrist nach § 34 Abs. 1 VwGG hat, ist vom Beschwerdeführer bzw. von seinem Vertreter zu erwarten, dass er anlässlich der Verfassung bzw. Unterfertigung der Beschwerde ein Augenmerk auch darauf richtet, welcher Zeitraum bis zum Ablauf der Beschwerdefrist noch zur Verfügung steht. Kann er im Zeitpunkt der Unterfertigung der Beschwerde bei Einhaltung dieser gehörigen Aufmerksamkeit erkennen, dass die Beschwerdefrist bereits abgelaufen ist, so hat jedenfalls damit das Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG aufgehört. (Vgl. zum Ganzen aus der ständigen hg. Judikatur etwa den Beschluss vom 21. September 1993, Zl. 93/04/0116, mwN; ferner etwa den Beschluss vom 24. März 2004, Zl. 2004/12/0034, mwN.)
3. Im vorliegenden Fall hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers die Beschwerde am 22. Oktober 2004 - dem Tag, mit dem diese (in weiterer Folge zur hg. Zl. 2004/18/0336 protokolliert) datiert ist und an dem sie zur Post gegeben wurde - unterfertigt. Hätte die Rechtsvertreterin die gebotene Sorgfalt eingehalten, so hätte sie ihr Augenmerk darauf gerichtet, ob die Beschwerdeerhebung rechtzeitig erfolgt. In der Beschwerde ist der 9. September 2004 als Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich genannt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit (durch einfaches Nachrechnen) hätte die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers daher erkennen müssen, dass die Beschwerdefrist am Tag der Unterfertigung bereits abgelaufen war.
Damit ist das Hindernis für die Fristeinhaltung im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG bereits am 22. Oktober 2004 weggefallen, sodass die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist mit diesem Tag zu laufen begonnen hat.
4. Von daher erweist sich der am 19. November 2004 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag als verspätet gestellt, weshalb dieser gemäß § 46 Abs. 4 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
5. Ferner waren die obgenannten gleichlautenden Beschwerden gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, weil diese erst nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist (vgl. § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG) zur Post gegeben worden waren.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit den Beschwerden verbundenen Antrag, diesen aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 15. Dezember 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004180336.X00Im RIS seit
22.03.2005