TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/15 2004/18/0398

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Veröffentlicht am 15.12.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §179a Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §40;
FrG 1997 §6 Abs1 Z3;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Z, (geboren 1982), vertreten durch Dr. Alfred Boran, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 26, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Juli 2004, Zl. SD 896/04, betreffend Erlassung einer Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Juli 2004 wurde der Beschwerdeführer, ein chinesischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe bis 10. Juli 2003 über eine Aufenthaltserlaubnis Deutschlands verfügt und sei am 7. April 2003 nach Österreich eingereist. Am 29. April 2003 und am 23. Oktober 2003 habe der Beschwerdeführer Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung gestellt, diese Anträge seien rechtskräftig mit Bescheid der Erstbehörde vom 15. Juni 2004 abgewiesen worden. Da der Beschwerdeführer seit dem 11. Juli 2003 über keinen gültigen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfüge, seien die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. gegeben.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten, er mache jedoch geltend, dass beim Bezirksgericht Fünfhaus ein Adoptionsverfahren anhängig wäre. Er wollte von einem in Österreich lebenden deutschen Staatsangehörigen adoptiert werden. Sofern angesichts dieser Umstände von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgegangen werden könne, sei dieser Eingriff zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier:

zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses öffentliche Interesse verstoße jedoch gravierend, wer - wie der Beschwerdeführer - seit nunmehr mehr als elf Monaten unrechtmäßig in Österreich aufhältig sei. Unter den gegebenen Umständen sei der Beschwerdeführer auch rechtens nicht in der Lage, seinen Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren. Dass es sich - wie von der Erstbehörde festgestellt - bei der vom Beschwerdeführer angestrengten Adoption um eine Scheinadoption zur Verschaffung fremdenrechtlicher Vorteile handle, erscheine auf Grund des der belangten Behörde vorliegenden Verwaltungsakts als durchaus nachvollziehbar, dies sei jedoch - weil eine rechtskräftige Bewilligung der Adoption ohnedies nicht vorliege - für die vorliegende Entscheidung ohne Belang. In Anbetracht aller Umstände habe sich die Erlassung der Ausweisung daher als dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erwiesen. Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände, habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Das anhängige Adoptionsverfahren stelle solche besonderen Gründe nicht dar, sei es mit einem geregelten Fremdenwesen doch unvereinbar, einem bereits längere Zeit unrechtmäßig in Österreich aufhältigen Fremden den Weiterverbleib im Bundesgebiet so lange zu ermöglichen, bis dieser zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft vielleicht adoptiert werden und möglicherweise dadurch die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen erlangen würde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er seit dem 11. Juli 2003 über keinen gültigen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfüge. Unstrittig ist weiters die Feststellung der belangten Behörde, dass die vom Beschwerdeführer angestrebte im angefochtenen Bescheid beschriebene Adoption noch nicht rechtskräftig bewilligt sei. Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 zweiter Halbsatz FrG erfüllt sei, keinem Einwand.

2.  Der Beschwerdeführer bringt indes vor, dass er in dem beim Bezirksgericht Fünfhaus anhängigen Adoptionsverfahren Parteistellung genieße und ihm dort auch die Möglichkeit der Ergreifung von Rechtsmitteln sowie das Recht auf Teilnahme an den Verhandlungen offenstehe. Im Fall seiner Abschiebung könnte er weder Rechtsmittel fristgerecht ergreifen noch an Verhandlungen teilnehmen. Überdies habe sich die belangte Behörde nicht näher mit der Frage auseinander gesetzt, ob dem in Rede stehenden Adoptionsverfahren Erfolgsaussichten beschieden seien, vielmehr habe die Behörde in vorausgreifender Beurteilung festgestellt, es sei (in Übereinstimmung mit der Erstbehörde) durchaus nachvollziehbar, dass es sich bei der angestrebten Adoption um eine Scheinadoption handeln würde. Beim gegebenen Verfahrensstand hätte die belangte Behörde das Ausweisungsverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des anhängigen Adoptionsverfahrens aussetzen müssen. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass es sich um keine Gefälligkeitsadoption handle, weiters habe er ausreichende Bescheinigungsmittel vorgelegt, wonach er sein in Österreich angestrebtes Schauspielstudium ernsthaft verfolge, weshalb die belangte Behörde diesbezüglich entsprechende Ermittlungen durchzuführen gehabt hätte.

2.2. Im Grund des § 37 FrG ist für den Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nichts gewonnen. Durch seinen nicht in Abrede gestellten rechtswidrigen Aufenthalt in der Dauer von etwa zwölf Monaten hat der Beschwerdeführer das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden normierten Regelungen, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. Art. 8 Abs. 2 EMRK), gravierend beeinträchtigt. Mit den ins Treffen geführten Umständen vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, dass das somit an der Erlassung der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme bestehende gewichtige öffentliche Interesse von seinen persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich überwogen werde. Das Vorbringen betreffend die Ernsthaftigkeit seiner Studienabsichten vermag das Gewicht der privaten aus einer allfälligen Integration während seines Aufenthalts ableitbaren, angesichts der nicht langen Dauer dieses Aufenthalts aber nur schwach ausgeprägten Interessen des Beschwerdeführers nicht zu verstärken. Der Hinweis auf die Annahme einer Scheinadoption seitens der Behörde geht fehl, wird doch im angefochtenen Bescheid ohnehin ausgeführt, dass diese Frage angesichts der ausständigen Genehmigung der Adoption im vorliegenden Fall ohne Bedeutung sei. Betreffend die Teilnahme an mündlichen Verhandlungen im Adoptionsverfahren sowie die Ergreifung von Rechtsmitteln ist der Beschwerdeführer auf die nach § 40 FrG gegebene Möglichkeit der Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes und die Möglichkeit der Erteilung eines Reisevisums (vgl. § 6 Abs. 1 Z. 3 FrG) hinzuweisen. Auf dem Boden des Gesagten hatte die belangte Behörde weder die von der Beschwerde vermissten Ermittlungen durchzuführen noch das Ausweisungsverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Adoptionsverfahrens auszusetzen.

3. Schließlich bestand für die belangte Behörde auch keine Veranlassung, von ihrem Ermessen im Grund des § 33 Abs. 1 FrG zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, gehen doch besondere Umstände, die für eine derartige Ermessensübung sprächen, weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde hervor. Da die Wirksamkeit einer Adoption die gerichtliche Bewilligung voraussetzt, stellt der bloße Abschluss eines Adoptionsvertrages keinen - über die private oder familiäre Beziehung zum Vertragspartner hinausgehenden - Umstand dar, der zu einer positiven Ermessensübung führen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2004, Zl. 2004/18/0114, mwH).

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenem Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 15. Dezember 2004

Schlagworte

Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180398.X00

Im RIS seit

26.01.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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