TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/16 2004/07/0112

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Veröffentlicht am 16.12.2004
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E13309900;
E3L E15103030;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
14/01 Verwaltungsorganisation;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

31994L0062 Verpackung-RL Art2;
31994L0062 Verpackung-RL Art3 Nr1 Abs1;
31994L0062 Verpackung-RL Art3 Nr1 Abs2 lita;
31994L0062 Verpackung-RL Art3 Nr1 Abs2 litb;
31994L0062 Verpackung-RL Art3 Nr1 Abs2 litc;
31994L0062 Verpackung-RL Art3 Z1;
31994L0062 Verpackung-RL Art7;
31994L0062 Verpackung-RL;
62001CJ0341 Plato Plastik Robert Frank VORAB;
AWG 1990 §7 Abs1;
AWG 1990 §7;
AWG 1990 §7a;
AWG 1990 §7c;
AWG 2002 §14 Abs1;
AWG 2002 §14;
AWG 2002 §89 Z3 lita;
EURallg;
VerpackV 1996 §2 Abs1;
VerpackV 1996 §2;
VerpackV 1996;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der A Handelsaktiengesellschaft in B, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg und Partner, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 16. April 2004, Zl. 66 3504/1-VI/6/04-Bu, betreffend Feststellung nach § 6 Abs. 5 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2003 stellte die beschwerdeführende Partei an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BM) den Antrag, gemäß § 6 Abs. 5 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002 festzustellen, ob die von ihr bei der Aktion "Kübel Orangen" verwendeten (angebotenen) Haushaltseimer als Verpackungen im Sinn der Verpackungsverordnung 1996 (VerpackVO 1996) anzusehen seien. Die Haushaltseimer, in denen von ihr im Rahmen dieser Verkaufsaktion der Kauf von Orangen angeboten worden sei, seien teilweise neben den Orangen - zum Zweck der Selbstbefüllung durch die Kunden - gestapelt, teilweise bereits mit Orangen befüllt gewesen. Bei diesen herkömmlichen Haushaltseimern handle es sich um dasselbe Produkt, das von der beschwerdeführenden Partei auch unbefüllt als Handelsware zum Verkauf angeboten werde. Auf Grund einer zwischen ihr und der Altstoff Recycling Austria Aktiengesellschaft getroffenen Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarung habe die Altstoff Recycling Austria Aktiengesellschaft Nachforderungen gestellt, deren Berechtigung unter anderem davon anhänge, ob die verkauften Haushaltseimer als Verpackungen im Sinn der VerpackVO 1996 anzusehen seien. Da die Orangen weder vom Hersteller zum Vertreiber in Haushaltseimern geliefert noch vom Hersteller auf dem Weg über den Vertreiber bis zur Abgabe an den Letztverbraucher in Haushaltseimern transportiert, sondern erst beim Vertreiber in die Haushaltseimer gefüllt worden seien und diese überdies nicht aus Gründen der Sicherheit des Transports verwendet worden seien, seien die verwendeten Eimer keine Transportverpackungen. Da sie nicht zum Verzehr der Orangen benötigt würden und nicht dem Gebrauch der Orangen dienten, seien sie auch keine Verkaufsverpackungen. Ebenso wenig handle es sich dabei um Umverpackungen, Serviceverpackungen oder Packstoffe. Der Grund für die gesetzliche Regelung des Umgangs mit Verpackungsmaterial sei der Umstand, dass Verpackungen typischerweise nach Erfüllung ihres (Verpackungs-)Zweckes entsorgt würden und somit zur Umweltbelastung beitrügen. Dies sei jedoch bei den verwendeten Haushaltseimern nicht der Fall, weil es sich beim Verkauf der "Kübel Orangen" um eine Werbeaktion handle, bei der die Kunden nicht nur Orangen, sondern gleichzeitig einen (gratis) Haushaltseimer erhielten, der im Haushalt auch nach einer allfälligen Befüllung mit Orangen weiterhin benötigt und daher nicht nach Entnahme der Orangen über den Abfall entsorgt werde. Bei richtiger Auslegung der VerpackVO 1996 komme man daher zu dem Ergebnis, dass die im Rahmen dieser Aktion verwendeten Haushaltseimer keine Verpackungen im Sinn der genannten Verordnung darstellten.

Der vom BM mit diesem Antrag befasste Amtssachverständige für Verpackungstechnik führte in seiner Stellungnahme vom 25. Februar 2003 (u.a.) Folgendes aus:

Bei den gegenständlichen Kübeln handle es sich um einfärbige Haushaltseimer, die teilweise mit dem A-Logo versehen seien. Diese Eimer würden im Lebensmitteleinzelhandel üblicherweise wie folgt verwendet: Zu bestimmten Aktionszeiten (üblicherweise im Winter) würden Orangen den Konsumenten in größeren Mengen (ca. 6 bis 7 kg) angeboten. Wie den (vorgelegten) Fotos zu entnehmen sei, diene der Eimer als Verkaufseinheit. Der Kunde erwerbe "einen Kübel (voll)" Orangen ("so viel in einen 10-Liter Kübel hineinpassten"). Die Anlieferung der in weiterer Folge im Kübel abgefüllten Orangen in die Handelsfilialen erfolge in Kisten oder Steigen. In der Obst- und Gemüseabteilung finde der Kunde gegenständliche Eimer entweder bereits befüllt vor, oder er befülle sie selbst.

Der Eimer umschließe somit eindeutig Waren oder Güter für Verkaufs- bzw. Transportzwecke (die Kunden kauften die im Kübel abgefüllten Orangen und transportierten sie damit nach Hause). Da die Verkaufseinheit "ein voller Kübel" sei, stelle der Kübel nicht bloß eine Produktbeigabe dar, sondern sei die Verpackungsfunktion die Zweckbestimmung des Kübels. Der Kauf von 6 bis 7 kg Orangen stehe in keinem sonstigen kausalen Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Erwerb eines Kübels. Eine Produktbeigabe, die im Zusammenhang mit dem Erwerb einer größeren Menge an Zitrusfrüchten stehen würde, wäre etwa eine Zitruspresse. Den Kunden stehe für die zu einem bestimmten Preis angebotene Verkaufseinheit (= ein voller Kübel) nur der Eimer als Verpackung zur Verfügung. Wie bei derartigen Aktionsangeboten wahrgenommen werden könne, verwendeten die Kunden den Kübel üblicherweise für den Heimtransport und füllten die Orangen/Äpfel eben nicht z.B. in eine Tragtasche oder einen mitgenommenen Korb um.

Bei der Beurteilung, ob eine Sache als Verpackung einzustufen sei, sei darauf abzustellen, ob das Erzeugnis neben der Verpackungsfunktion eine wesentliche Funktion beim Gebrauch oder Verbrauch aufweise, die die Verpackungsfunktion deutlich überwiege. Nur wenn die Gebrauchsfunktion deutlich überwiege, sei die Sache nicht als Verpackung zu qualifizieren. Zum Zeitpunkt des Verkaufs erfüllten die antragsgegenständlichen Eimer ausschließlich eine Verpackungsfunktion. Eine allfällige Weiterverwendung des Kübels seitens der Konsumenten für andere Zwecke sei zwar zulässig, für die Einstufung als Verpackung jedoch irrelevant. Zudem sei festzuhalten, dass seitens des Amtssachverständigen bereits mehrmals habe wahrgenommen werden können, dass sich in der Leichtverpackungssammlung (gelbe Tonne) auch unbeschädigte derartige Eimer fänden. Das heiße, eine Weiterverwendung z.B. als Putzkübel werde in der Praxis in bestimmten Fällen vorkommen, der Bedarf eines Haushaltes an derartigen Kübeln sei verständlicherweise jedoch beschränkt.

Zur Frage, welcher Kategorie (Transport-, Verkaufs- oder Umverpackungen) die Kübel zuzuordnen seien, sei festzustellen, dass sie vom Letztverbraucher bis zum Verbrauch der Orangen verwendet würden. Dem im Antrag vorgebrachten Argument, dass eine Aufbewahrung von Lebensmitteln in Haushaltseimern weder üblich noch dem heutigen Standard von Hygiene und Ästhetik entspreche, sei entgegenzuhalten, dass gegen den Verkauf von Lebensmitteln in derartigen (neuen, sauberen) Eimern offensichtlich auch keine Bedenken bestünden, im Haushalt für größere Orangenmengen kaum andere geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten gegeben seien und daher davon auszugehen sei, dass die Orangen zunächst sukzessive dem Kübel entnommen würden, gegebenenfalls bis der Rest woanders untergebracht werden könne. Es könne daher in der Regel von einer Verwendung des Eimers als Verpackung von Orangen bis zum Verbrauch der Orangen ausgegangen werden.

Die antragsgegenständlichen Eimer seien daher als Verpackung und im Speziellen als Verkaufsverpackung im Sinn der VerpackVO 1996 einzustufen.

In ihrer zu diesem Gutachten abgegebenen Stellungnahme vom 12. Februar 2004 brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass für die Beurteilung der Frage, was nach der österreichischen Rechtslage als Verkaufsverpackung anzusehen sei, ausschließlich die Legaldefinition des § 2 Abs. 3 VerpackVO 1996 und nicht die Europäische Verpackungsrichtlinie maßgeblich sei. Wie auch vom Amtssachverständigen dargelegt werde, würden die Orangen zunächst (allenfalls sukzessive) dem Kübel entnommen und (spätestens) dann, wenn die restlichen Orangen woanders untergebracht werden könnten, aus dem Haushaltseimer herausgenommen, ohne jedoch gleichzeitig verbraucht zu werden. Es könne daher in der Regel eben gerade nicht von der Verwendung des Eimers als Verpackung bis zum Verbrauch der Orangen ausgegangen werden. Da Verpackungen im Sinn der genannten Verordnung Erzeugnisse seien, die dazu bestimmt seien, Waren oder Güter zu umschließen, sei es nicht ausreichend, wenn ein Erzeugnis für Verpackungszwecke lediglich "verwendbar/bestimmbar" sei. Dem Umstand, dass die Kunden den Kübel üblicherweise für den Heimtransport der Orangen verwendeten und das Obst nicht in eine Tragtasche füllten, komme daher - abgesehen von der abfallvermeidenden Wirkung - keine Bedeutung zu. Der Regelfall sei, dass die Eimer im Haushalt weiterverwendet würden. Ein mehrmaliges Wahrnehmen von Eimern in der Leichtverpackungssammlung falle im Hinblick darauf, dass - durch sämtliche Handelsketten - jährlich Tausende solcher mit Obst befüllten Eimer verkauft würden, nicht ins Gewicht. Würden sämtliche mit Obst befüllten verkauften Eimer tatsächlich weggeworfen werden, müsste der Amtssachverständige anstelle von einem mehrmaligen Wahrnehmen von mit Eimern überquellenden gelben Tonnen sprechen. Die Entsorgung der (unbeschädigten) Eimer über den Müll oder die Leichtverpackungssammlung stelle nur den Ausnahmefall dar, und in der Regel würden die Kübel vom Erwerber nach Entfernung des Obstes weiterverwendet werden, sodass jedenfalls eine wesentliche - die Verpackungsfunktion deutlich überwiegende - Funktion der Kübel als Haushaltseimer angenommen werden könne.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 16. April 2004 stellte der BM gemäß § 6 Abs. 5 AWG 2002 fest, dass die von der beschwerdeführenden Partei bei der Aktion "Kübel Orangen" verwendeten Eimer Verpackungen im Sinn der VerpackVO 1996 darstellten und somit dieser Verordnung unterlägen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es sei richtig, dass es sich bei den Kübeln nicht um Transportverpackungen handle und die Eimer nicht dem Gebrauch der Orangen dienten. Der Verbrauch von Lebensmitteln inkludiere jedoch auch das Umfüllen aus der ursprünglichen Verpackung in ein anderes Behältnis, sodass die Eimer - auch ohne besondere Kennzeichnung - als Verkaufsverpackungen anzusehen seien. Für die Klärung, ob eine Verpackungseigenschaft vorliege, sei primär § 2 Abs. 1, zur ergänzenden Interpretation § 2 Abs. 2 ff, der VerpackVO 1996 heranzuziehen. Eine allfällige Weiterverwendung der Kübel für andere Zwecke sei für die Einstufung als Verpackung irrelevant.

Zur Auslegung der Definition "Verkaufsverpackung" des § 2 Abs. 3 dieser Verordnung sei Art. 3 der Europäischen Verpackungsrichtlinie (Richtlinie 94/62/EG) heranzuziehen. Ferner seien Eimer in § 2 Abs. 3 der VerpackVO 1996 explizit als Beispiele für Verpackungen genannt. Ein und dieselbe Konstruktion könne einerseits als Produkt angeboten werden und andererseits, befüllt mit Waren, eine Verpackung darstellen, was auch der Zweckbestimmung der VerpackVO 1996 entspreche. Ob Eimer nach Ende ihrer Verpackungsfunktion vom Konsumenten weiterverwendet würden oder nicht, sei von keiner Relevanz, und es stelle die Verpackungsdefinition nicht auf eine allfällige Weiterverwendung ab. Die Ausführungen des Amtssachverständigen, dass es sich bei den Kübeln um keine Produktbeigaben handle, seien nachvollziehbar. Es sei nicht glaubhaft, dass es sich hiebei nur um eine Werbeaktion - vergleichbar mit anderen "Werbe-Gratisbeigaben" - handle, wo doch der Konsument im Fall eines Kaufinteresses in der Regel keine andere Transportmöglichkeit für die Orangen habe und vor allem die Verwendung der Kübel lediglich als Maßeinheit mit anschließendem Umfüllen in Transportsäcke u.dgl. vollkommen praxisfremd erscheine.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 21. Juni 2004, B 726/04-3). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragte die beschwerdeführende Partei, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bestehen begründete Zweifel, ob oder inwieweit eine Sache einer Verordnung gemäß § 14 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, BGBl. I Nr. 102, unterliegt, hat nach § 6 Abs. 5 leg. cit. der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf Antrag eines Verpflichteten oder von Amts wegen innerhalb von drei Monaten einen Feststellungsbescheid zu erlassen.

Die Verpackungsverordnung, BGBl. Nr. 648/1996, (VerpackVO 1996) ist den Verordnungen gemäß § 14 Abs. 1 AWG 2002 zuzurechnen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2003, Zl. 2003/07/0069, mwN).

Die mit "Begriffsbestimmungen" überschriebene Regelung des § 2 VerpackVO 1996 hat folgenden Wortlaut:

"§ 2. (1) Als Verpackungen im Sinne dieser Verordnung gelten Packmittel, Packhilfsmittel, Paletten oder Erzeugnisse, aus denen unmittelbar Packmittel oder Packhilfsmittel hergestellt werden. Packmittel sind Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind, Waren oder Güter für Verkehrs-, Lager-, Transport-, Versand- oder Verkaufszwecke zu umschließen oder zusammenzuhalten. Packhilfsmittel sind Erzeugnisse, die zum Zweck der Verpackung zusammen mit Packmitteln insbesondere zum Verpacken, Verschließen, Versandfertigmachen und zur Kennzeichnung einer Ware oder eines Gutes dienen.

(2) Transportverpackungen sind Verpackungen wie Fässer, Kanister, Kisten, Säcke, Paletten, Schachteln, geschäumte Schalen, Schrumpffolien oder ähnliche Umhüllungen sowie Bestandteile von Transportverpackungen, die dazu dienen, Waren oder Güter entweder vom Hersteller bis zum Vertreiber oder auf dem Weg über den Vertreiber bis zur Abgabe an den Letztverbraucher vor Schäden zu bewahren, oder die aus Gründen der Sicherheit des Transports verwendet werden.

(3) Verkaufsverpackungen sind Verpackungen wie Becher, Beutel, Blister, Dosen, Eimer, Fässer, Flaschen, Kanister, Säcke, Schachteln, Schalen, Tragetaschen, Tuben oder ähnliche Umhüllungen sowie Bestandteile von Verkaufsverpackungen, die vom Letztverbraucher oder einem Dritten in dessen Auftrag bis zum Verbrauch oder zum Gebrauch der Waren oder Güter, insbesondere als Träger von Gebrauchs- oder gesetzlich vorgeschriebenen Produktinformationen, verwendet werden. Erfüllt eine Verpackung sowohl die Aufgaben einer Verkaufs- als auch die einer Transportverpackung, gilt sie als Verkaufsverpackung.

..."

Zwischen den Parteien des Beschwerdeverfahrens herrscht Übereinstimmung darüber, dass es sich bei den gegenständlichen Eimern um keine Transportverpackungen im Sinn der VerpackVO 1996 handelt. Strittig ist hingegen, ob diese Eimer nach der genannten Verordnung als Verkaufsverpackungen zu qualifizieren seien.

Die Beschwerde wendet sich gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass der Verbrauch von Lebensmitteln auch das Umfüllen aus der ursprünglichen Verpackung in ein anderes Behältnis inkludiere, und bringt vor, dass diese Ansicht jeder logischen Denkweise widerspreche, weil ein Lebensmittel verbraucht werde, indem es verzehrt oder verarbeitet werde, wenn es also nach dem Verbrauch als solches nicht mehr bestehe. Bei der Qualifikation eines Erzeugnisses als Verpackung komme es nicht darauf an, ob die Verpackungsfunktion die einzige Funktion des Gegenstandes sei, sondern eben darauf, ob das Erzeugnis dazu bestimmt sei, Waren oder Güter zu umschließen. Der Argumentation der belangten Behörde, dass Eimer in § 2 Abs. 3 VerpackVO 1996 explizit genannt seien, könne nichts abgewonnen werden, weil es auch andere Eimer als Haushaltseimer gebe (etwa Farbeimer oder Marmeladeeimer). Wenn auch Richtlinien zur Auslegung der innerstaatlichen Umsetzungsnorm und Schließung von Umsetzungslücken herangezogen werden könnten, so könne die Verpackungsrichtlinie nicht dazu verwendet werden, den Inhalt einer umgesetzten innerstaatlichen Norm zu entkräften. Nur wenn es nicht gelungen wäre, mit der VerpackVO 1996 die Vorgaben der Verpackungsrichtlinie in eine konkrete, anschauliche, umsetzbare und "exekutierbare" Form zu bringen, müsste diese Richtlinie als Auslegungshilfe herangezogen werden. Die Definition der Verkaufsverpackung in § 2 Abs. 3 der zitierten Verordnung sei jedoch als konsequente Umsetzung der Verpackungsrichtlinie anzusehen und daher abschließend. Dem von der belangten Behörde angeführten Umstand, es erscheine praxisfremd, dass die Kunden die gekauften Orangen vor dem Heimtransport in Transportsäcke und dergleichen umfüllen würden, komme keine Bedeutung zu, entspreche dieses Ergebnis gerade den Zielen der VerpackVO 1996, des AWG 2002 und der Verpackungsrichtlinie. Der Grund, warum der Umgang mit Verpackungsmaterial gesetzlich geregelt werde, sei, dass Verpackungen typischerweise nach Erfüllung ihres (Verpackungs-)Zweckes entsorgt würden und somit zur Umweltbelastung beitrügen. Dies sei jedoch bei den verwendeten Haushaltseimern nicht der Fall. Der Verkauf der "Kübel Orangen" sei vielmehr eine Werbeaktion, bei der die Kunden nicht nur Orangen, sondern gleichzeitig einen (gratis) Haushaltseimer erhielten, der auch nach einer allfälligen Befüllung mit Orangen weiterhin im Haushalt benötigt und erst nach langfristigem Gebrauch entsorgt werde. Die Haushaltseimer seien daher keine Verpackungen im Sinn der VerpackVO 1996, dies auch nicht im Hinblick auf die Ziele der Verpackungsrichtlinie.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Wie sich aus § 89 Z. 3 lit. a AWG 2002 ergibt, wird durch § 14 leg. cit. die Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle (Verpackungsrichtlinie) umgesetzt. Diese Richtlinie kann daher zur Auslegung der VerpackVO 1996 herangezogen werden (vgl. dazu etwa auch das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2003, Zl. 2003/07/0053 mwN).

Die mit "Begriffsbestimmungen" überschriebene Regelung des Art. 3 der Verpackungsrichtlinie hat folgenden Wortlaut:

"Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1. 'Verpackungen' aus beliebigen Stoffen hergestellte Produkte zur Aufnahme zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung und zur Darbietung von Waren, die vom Rohstoff bis zum Verarbeitungserzeugnis reichen können und vom Hersteller an den Benutzer oder Verbraucher weitergegeben werden. Auch alle zum selben Zweck verwendeten 'Einwegartikel' sind als Verpackungen zu betrachten.

Unter den Begriff 'Verpackungen' fallen ausschließlich

a) Verkaufsverpackungen oder Erstverpackungen, d.h. Verpackungen, die dem Endabnehmer oder -verbraucher in der Verkaufsstelle als eine Verkaufseinheit angeboten werden;

b) Umverpackungen oder Zweitverpackungen, d.h. Verpackungen, die eine bestimmte Anzahl von Verkaufseinheiten enthalten, welche in der Verkaufsstelle zusammen an den Endabnehmer oder - verbraucher abgegeben werden oder allein zur Bestückung der Verkaufsregale dienen; diese Verpackungen können von der Ware entfernt werden, ohne dass dies deren Eigenschaften beeinflusst;

c) Transportverpackungen oder Drittverpackungen, d.h. Verpackungen, welche die Handhabung und den Transport von mehreren Verkaufseinheiten oder Umverpackungen in einer Weise erleichtern, dass deren direkte Berührung sowie Transportschäden vermieden werden. Container für den Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Lufttransport fallen nicht unter den Begriff der Transportverpackung;

..."

Nach Art. 3 Nr. 1 der Verpackungsrichtlinie ist als Verpackung jedes Erzeugnis anzusehen, das die darin genannten beiden Voraussetzungen erfüllt. Nach Art. 3 Nr. 1 Abs. 1 muss es sich hiebei somit um Produkte zur Aufnahme zum Schutz, zur Handhabung und zur Lieferung von Waren handeln, die vom Hersteller an den Benutzer oder Verbraucher weitergegeben werden.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 29. April 2004, C-341/01 ("Plato Plastik"), ausgeführt, dass die möglichen Funktionen einer Verpackung in Art. 3 Nr. 1 Abs. 1 der genannten Richtlinie nicht kumulativ aufgeführt sind. Außerdem muss das Erzeugnis zu einer der drei in Art. 3 Nr. 1 Abs. 2 Buchstaben a bis c dieser Richtlinie aufgeführten und festgelegten Verpackungskategorien (Verkaufsverpackung, Umverpackung oder Transportverpackung) gehören.

Die gegenständlichen Orangeneimer - ob sie nun, wie von der beschwerdeführenden Partei vorgebracht wurde, im Rahmen der Verkaufsaktion "Kübel Orangen" befüllt oder gemeinsam mit den Orangen unbefüllt und gratis als Werbeaktion angeboten wurden - dienten zweifelsfrei zumindest einem Teil der in Art. 3 Nr. 1 Abs. 1 der Richtlinie angeführten Zwecke. Diese Kübel wurden dem Kunden im Rahmen der Verkaufsaktion in der Verkaufsstelle als eine Verkaufseinheit angeboten und waren somit dazu bestimmt, durch ihn - sofern sie noch nicht mit Orangen befüllt waren - mit den gekauften Orangen befüllt zu werden, diese Waren zu schützen und ihre Beförderung vom Geschäft zum Ort des Verbrauches zu erleichtern. Somit erfüllen die den Kunden in den Filialen der beschwerdeführenden Partei überlassenen Eimer die beiden in Art. 3 Nr. 1 der Verpackungsrichtlinie angeführten Voraussetzungen und den Begriff der "Verpackung" im Sinn dieser Richtlinie.

Wie der EuGH in dem obzitierten Urteil weiters ausgeführt hat, zielt die Verpackungsrichtlinie darauf ab, Auswirkungen von Verpackungen und Verpackungsabfällen in allen Mitgliedstaaten sowie in dritten Ländern auf die Umwelt zu vermeiden bzw. diese Auswirkungen zu verringern und so ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen. Zu diesem Zweck sieht sie u.a. vor, dass die Mitgliedstaaten ein Sammel- und Verwertungssystem für Verpackungen und Verpackungsabfälle einrichten. Nach ihrer fünften Begründungserwägung und ihrem Art. 2 soll die Richtlinie 94/62/EG alle in der Gemeinschaft in Verkehr gebrachten Verpackungen in einem weiten Sinn erfassen (RN 55, 56).

Ein Ausschluss der gegenständlichen Eimer vom Begriff der "Verpackung" liefe einer weiten Auslegung des Verpackungsbegriffes zuwider und würde die Verwirklichung der Ziele dieser Richtlinie einschränken. Ob und in welcher Dauer die Eimer tatsächlich von den Kunden im Haushalt weiterverwendet werden, ist im vorliegenden Zusammenhang - entgegen der Beschwerdeansicht - nicht von entscheidender Bedeutung:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, hindert der Umstand, dass ein Gegenstand neben der Verpackungsfunktion zusätzlich eine oder mehrere weitere Funktionen erfüllt, noch nicht dessen Qualifikation als Verpackung. Dabei kommt es auch nicht darauf an, aus welchen Gründen gerade die zu beurteilende Form der Verpackung gewählt wurde oder ob aus wirtschaftlichen Gründen andere Verpackungsformen gewählt worden wären, wenn nicht neben der Verpackungsfunktion noch ein anderer Verpackungszweck zu erfüllen gewesen wäre. Entscheidend für die Beurteilung ist die gewählte Form der Umschließung der "Waren" und sind nicht die Motive für deren Wahl (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 2004, Zl. 2003/07/0030, mwN).

Im Übrigen handelt es sich auch bei den in § 2 Abs. 3 VerpackVO 1996 als Verkaufsverpackungen beispielsweise aufgezählten Säcken, Schachteln, Schalen oder Tragetaschen um Gebrauchsgegenstände, die häufig in Haushalten weiterhin Verwendung finden und dennoch als Verkaufsverpackungen einzustufen sind.

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass die gegenständlichen Eimer Verkaufsverpackungen seien, sowohl unter dem Blickwinkel der VerpackVO 1996 als auch jenem der Verpackungsrichtlinie keinen Bedenken.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Dezember 2004

Gerichtsentscheidung

EuGH 62001J0341 Plato Plastik Robert Frank VORAB

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004070112.X00

Im RIS seit

11.01.2005

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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