TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/16 2003/07/0158

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Veröffentlicht am 16.12.2004
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
80/01 Land- und forstwirtschaftliches Organisationsrecht;

Norm

AgrBehG 1950 §5;
B-VG Art12 Abs2;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Karl P in R, vertreten durch Dr. Andreas Schöppl und Mag. Klaus Waha, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 112, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 26. April 2002, Zl. LAS-4/14/7-2002, betreffend Ablöse eines Einforstungsrechtes (mitbeteiligte Partei:

F in V, vertreten durch Dr. Maximilan Schaffgotsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Postgasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Siglgutes EZ 51 KG R, zu welchem folgende Einforstungsrechte gehören:

-

Holzbezugsrecht laut Regulierungsurkunde Nr. 312 vom 30.7.1864 im Ausmaß von 54,57 rm Brenn-, 1,58 fm Bau-, 3,79 fm Zeug- und 1,33 fm Zaunholz samt Elementarholzrecht,

-

Streubezugsrecht laut Regulierungsurkunde Nr. 312 vom 30.7.1864 im Ausmaß von 61,39 rm ungehackter Aststreu,

-

Schafweiderecht laut Regulierungsurkunde Nr. 1934/c vom 21.12.1868 für 45 Schafe,

-

Schafweiderecht laut Regulierungsurkunde Nr. 1934/d vom 21.12.1868 für 45 Schafe.

Der Beschwerdeführer beantragte am 14. September 1992 und am 24. Mai 1994 die Ablöse seiner obangeführten Nutzungsrechte in Grund und Boden.

Das Verfahren wurde mit Bescheid der Agrarbehörde Salzburg (AB) vom 4. Juli 1994 hinsichtlich der obgenannten Nutzungsrechte eingeleitet; dieser Einleitungsbescheid wurde rechtskräftig.

Anlässlich einer im Zuge des Verfahrens vor der AB durchgeführten Verhandlung vom 26. November 1998 beantragte die Verpflichtete, die mitbeteiligte Partei, im Hinblick auf die Entbehrlichkeit der Nutzungsrechte des Siglgutes eine Ablöse der Einforstungsrechte in Geld.

Die AB entschied über beide Anträge mit Bescheid vom 24. September 1999 dergestalt, dass der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Ablöse der Nutzungsrechte in Grund und Boden abgewiesen, dem Antrag der mitbeteiligten Partei als Eigentümerin der verpflichteten Liegenschaft auf Ablöse in Geld stattgegeben wurde und zwar dergestalt, dass ein ziffernmäßig bestimmter Ablösebetrag für das Holzbezugsrecht, das Streubezugsrecht und die beiden Schafweiderechte festgelegt wurde. Gegenstand dieses behördlichen Abspruches war die gänzliche Ablöse der Streubezugs- und Weiderechte, hinsichtlich des Holzbezugsrechtes wurden (nur) Bezugsrechte für 51,07 rm Brenn- , 1,55 fm Bau-, 3,67 fm Zeug- und 1,16 fm Zaunholz abgelöst.

Mit Erkenntnis der belangten Behörde vom 20. Oktober 2000 wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Dies deshalb, weil die vorliegenden Einforstungsrechte auf Dauer entbehrlich geworden seien; das Siglgut sei weder als Haupt-, Zu- noch als Nebenerwerbsbetrieb zu bewerten und daher keine Liegenschaft mehr, welche als urkundliche Liegenschaft im Sinne eines landwirtschaftlichen Betriebes zu werten sei, und zwar selbst dann, wenn eine Ablöse an Grund und Boden stattgefunden hätte. Im Rahmen dieses Erkenntnisses verwies die belangte Behörde auch ausdrücklich darauf, dass es ihr verwehrt sei, über den Spruch des Bescheides der AB hinauszugehen, um die im gegenständlichen Fall noch offene "Trennstücksgebühr" - das sind die vom Bescheid der ABB nicht erfassten Holzbezugsrechte - mit zu erledigen.

Um die Ablöse dieser "Trennstücksgebühr" geht es im vorliegenden Verfahren.

Die AB hatte mit Bescheid vom 24. März 1998 diese Trennstücksgebühren (3,50 rm Brennholz, 0,03 fm Bauholz, 0,12 fm Zeugholz und 0,17 fm Zaunholz) vom Siglgut auf das Jakobergut, das Teile des Grundstücksbestands des Siglgutes ersteigert hatte, übertragen; die Trennstücksgebühr sollte mit dem Holzbezugsrecht des Jakobergutes vereinigt werden. Im Berufungsverfahren zog der Eigentümer des Jakobergutes den Antrag auf Übertragung der Trennstücksgebühr aber zurück, worauf die belangte Behörde mit Bescheid vom 19. April 2000 den Bescheid der AB vom 24. März 1998 ersatzlos behob.

Mit Antrag vom 24. März 2001 wandte sich die mitbeteiligte Partei an die AB und verwies auf diesen Bescheid der belangten Behörde vom 19. April 2000 und darauf, dass die im Bescheid ermittelten Trennstücksgebühren (3,50 rm Brennholz, 0,03 fm Bauholz, 0,12 fm Zeugholz und 0,17 fm Zaunholz) noch nicht abgelöst worden seien. Die AB habe in ihrem Bescheid vom 24. September 1999 ebenso wie die belangte Behörde im Erkenntnis vom 20. Oktober 2000 bei der Bewertung der Einforstungsrechte in Geld die um die Trennstücksgebühr verminderte Gebühr des Siglgutes bei der Berechnung der Ablösebeträge angesetzt. Die mitbeteiligte Partei beantrage daher die noch immer offenen Gebühren des Siglgutes im Ausmaß der Trennstücksgebühr ebenfalls in Geld abzulösen.

Die AB führte über diesen Antrag eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen der Beschwerdeführer erklärte, sein Antrag vom 14. September 1992 auf Ablöse in Grund beziehe sich auch auf die gegenständliche Restgebühr. Er sprach sich gegen jegliche Geldablöse des Holzbezugsrechtes des Siglgutes aus, insbesondere auch, was die Trennstücksgebühr betreffe. Er wies auf die Regulierungsurkunde Nr. 312/1864 hin, nach welcher dem Siglgut "für immer währende Zeiten" ein bestimmter Holzbezug für Brenn- und Nutzholz zugesichert worden sei.

Mit Bescheid der AB vom 13. Dezember 2001 wurde unter Spruchpunkt 1 über Antrag der mitbeteiligten Partei als Verpflichteter der bisher nicht abgelöste Teil des Holzbezugsrechtes des Siglgutes im Ausmaß der obdargestellten Holzbezugsrechte (Trennstücksgebühr) gemäß den §§ 32 Abs. 1 Z. 2, 33, 34 Abs. 2 und 35 des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes, LGBl. Nr. 74/1986 (EFRG), in Geld abgelöst und ein ziffernmäßig bestimmter Ablösungsbetrag festgesetzt.

Mit Spruchpunkt 2 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 34 Abs. 2 EFRG die Überweisung des Ablösungsbetrages binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides an die AB vorgeschrieben.

Mit Spruchpunkt 3 wurde gemäß § 24 Abs. 1 und 4 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Z. 2 EFRG der Antrag des Beschwerdeführers als Eigentümer des Siglgutes vom 14. September 1992 auf Ablösung des Holzbezugsrechtes in Grund und Boden, soweit er sich auf den im Spruchpunkt 1 angeführten Teil des Holzbezugsrechtes bezieht, abgewiesen.

Dies wurde nach Wiedergabe des Gutachtens des der AB beigegebenen agrartechnischen Amtssachverständigen zur Berechnung des Wertes dieser Trennstücksgebühren und der anzuwendenden Rechtslage damit begründet, dass es sich bei dem abzulösenden restlichen Holzbezugsrecht des Siglgutes um jene ehemalige Trennstücksgebühr handle, die vom Amtssachverständigen laut agrarbehördlichem Bescheid vom 24. März 1998 als Bedarf für die (versteigerten) Grundstücke 1086/1 und 1086/2 samt darauf befindlichem Heustadel und Zäunen errechnet worden sei. Dieser Bescheid sei in der Folge von der belangten Behörde ersatzlos behoben worden, weil der Erwerber dieser Grundstücke im Berufungsverfahren seinen Antrag auf Übertragung einer Trennstücksgebühr zurückgezogen habe. Da die angeführten Grundstücke aber nicht mehr zum Gutsbestand des Siglgutes gehörten, sei dieser Teil des Holzbezugsrechtes für das Siglgut jedenfalls nach dem Gutachten des Amtssachverständigen vom 30. November 2001 dauernd entbehrlich geworden.

Dazu komme, dass mit Bescheid der AB vom 24. September 1999 das gesamte Holzbezugsrecht des Siglgutes, ausgenommen die nunmehr abzulösende Restgebühr, in Geld abgelöst worden sei. Dieser Bescheid sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass das Siglgut bis auf eine landwirtschaftliche Restfläche von rund 3.000 m2 sämtliche landwirtschaftliche Nutzflächen durch Versteigerung und Verkauf verloren habe und somit kein landwirtschaftlicher Betrieb mehr vorliege. Die Nutzungsrechte (Holzbezugs-, Streubezugs- und Weiderechte) seien durch den Wegfall des urkundlichen Zweckes, nämlich der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes eines landwirtschaftlichen Betriebes, dauernd entbehrlich geworden. Der für die agrarbehördliche Entscheidung vom 24. September 1999 und für den Bescheid der belangten Behörde vom 20. Oktober 2000 maßgebende Sachverhalt, insbesonders das Ausmaß des restlichen Gutsbestandes des Siglgutes, sei unverändert. Die dauernde Entbehrlichkeit sei durch den Wegfall eines landwirtschaftlichen Betriebes auch für die im Spruch angeführte Restgebühr gegeben. Mit der gleichen Begründung sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Ablösung dieser Teilgebühr in Grund abzuweisen gewesen. Der agrartechnische Amtssachverständige habe diesbezüglich auf sein Gutachten vom 14. Juli 1999 verwiesen; demnach könne durch eine Grundabtretung bei einer Ablösung der Restgebühr weder eine Enklave des Verpflichteten beseitigt noch eine Abrundung der berechtigten Liegenschaft erreicht werden.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er darauf hinwies, dass in der Regulierungsurkunde die Einforstungsrechte "für immer währende Zeiten" zugesichert worden seien. Er sei daher für immer währende Zeiten berechtigt, Holz von der verpflichteten Liegenschaft zu beziehen. Wenn nun § 32 Abs. 1 Z. 2 EFRG vorsehe, dass die Nutzungsrechte in Geld abgelöst werden könnten, falls dieselben für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich seien, so widerspreche dies eindeutig der Textierung der Regulierungsurkunde und werde er durch Anwendung des EFRG in seinem Grundrecht auf Eigentum und Erwerbsfreiheit verletzt. Einfachgesetzliche Bestimmungen eines Landesgesetzes würden es ermöglichen, sein immer währendes Recht auf Holzbezug zu beseitigen, was einer Enteignung gleichkomme. Das EFRG verletze auch Art. 5 StGG (Vertragsfreiheit) sowie die Privatautonomie. Zweifelsohne bestehe im Rechtsbereich der Servituten der Grundsatz, dass dieselbe durch Übertragung des Eigentums an der berechtigten Liegenschaft auf den neuen Eigentümer übergingen, durch das EFRG werde ihm auch diese Möglichkeit genommen, über seine in den Regulierungsurkunden verzeichneten und grundbücherlich sichergestellten Rechte frei zu verfügen. Auch diesbezüglich könne das EFRG nicht mit der Verfassung in Einklang stehen, sei somit verfassungswidrig. Hilfsweise stütze er seine Ausführungen auch noch auf Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 StGG hinsichtlich der Aufhebung des Untertänigkeits- und Hörigkeitsverbandes. Ein einer Person zustehendes Recht könne vom Gesetzgeber nicht entzogen werden, indem dieser ein einfaches Gesetz erlasse und dort die dauernde Entbehrlichkeit normiere. Tatsache sei, dass es ihm ohne weiteres möglich wäre, durch Liegenschaftszukauf oder Abschluss von Pachtverträgen, Schenkungen oder Erbanfall etc. sein Liegenschaftsvermögen zu vergrößern. Der Bescheid sei aus den vorgenannten Gründen und aus Gründen der Sittenwidrigkeit sowie des Verstoßes gegen die Landeskultur aufzuheben.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26. April 2002 wies die belangte Behörde mit dem nun angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und modifizierte den Spruchteil 2 des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass der Ablösebetrag direkt an den Beschwerdeführer zu überweisen sei.

Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen damit, dass sich die entscheidungsrelevante Sach- und Rechtslage gegenüber ihrem (dieselben Verfahrensparteien betreffenden) Erkenntnis vom 20. Oktober 2000 nicht geändert habe, sodass von der Entbehrlichkeit der Rechte und der Rechtmäßigkeit der Ablöse in Geld auszugehen sei. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe seien im Wesentlichen verfassungsrechtlicher Natur und es könne die behauptete Verfassungswidrigkeit des EFRG in der vorliegenden Entscheidung der belangten Behörde nicht beachtet werden, weil darüber im Konkreten der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden hätte. Die Formulierung des Spruchpunktes 2 sei entsprechend neu vorzunehmen gewesen, weil mit der letzten Novelle des EFRG der § 34 ersatzlos entfallen sei und der festgelegte Betrag nun direkt an den Beschwerdeführer zu überweisen sei. Nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen für die Geldablöse vorgelegen seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen, wobei im Übrigen auf die ausführliche Begründung der AB verwiesen werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 24. November 2003 die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung des Beschlusses sprach der Verfassungsgerichtshof in Hinblick auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken von der Unbedenklichkeit der angewandten Rechtsvorschriften des Salzburger EFRG.

Der Beschwerdeführer hatte im Beschwerdeschriftsatz an den Verfassungsgerichtshof für den Fall der Abtretung bereits die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ausgeführt. Er machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes im Wesentlichen deshalb geltend, weil die Bewertungskriterien für die Ablöse nicht nachvollziehbar und die Rechte nicht dauernd entbehrlich seien.

Während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete der Beschwerdeführer eine ergänzende Mitteilung vom 8. Jänner 2004, in der er sich auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. November 2003, B 756/01-10, bezog. Mit diesem Erkenntnis war der Bescheid der belangten Behörde vom 20. Oktober 2000 wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteilichen Tribunal aufgehoben worden. Der Verfassungsgerichtshof hatte ausgesprochen, dass im dortigen Verfahren im Auftrag des Vorsitzenden der belangten Behörde ein fachkundiges Mitglied des Senates als Sachverständiger im Sinn des § 52 AVG ein Gutachten erstellt und sich das angefochtene Erkenntnis in seiner Begründung auf die Schlüssigkeit dieses Gutachtens gestützt habe. Die Betrauung eines sachkundigen stimmführenden Mitgliedes des Agrarsenates mit der Aufgabe, ein Gutachten zu erstatten, sei geeignet, einerseits an der Neutralität dieses Mitgliedes als Sachverständiger, andererseits an seiner Unbefangenheit als Entscheidungsträger Zweifel aufkommen zu lassen, aber auch an der Unbefangenheit der übrigen Mitglieder der belangten Behörde, die ihre Entscheidung auf Gutachten von Mitgliedern ihres Senates gestützt hätten.

Der Beschwerdeführer meinte nun in seiner Ergänzung vom 8. Jänner 2004, auch der angefochtene Bescheid wäre wegen der Mitwirkung einiger Mitglieder des Landesagrarsenates, welche dem Spruchkörper angehörten, der den Bescheid vom 20. Oktober 2000 erlassen hätte, rechtswidrig zu Stande gekommen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

              1.              Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des EFRG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/2002 lauten:

"Ablösung von Nutzungsrechten

Voraussetzungen und Formen der Ablösung

§ 24

(1) Die Ablösung kann durch Abtretung von Grund oder von Anteilsrechten des Verpflichteten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken oder durch Zahlung eines Ablösungskapitals erfolgen. Im Vereinbarungsweg kann das Ablösungskapital ganz oder teilweise in Holz geleistet werden. Sie ist unzulässig, wenn hiedurch allgemeine Interessen der Landeskultur oder volkswirtschaftliche Interessen oder der ordentliche Wirtschaftsbetrieb des berechtigten oder der Hauptwirtschaftsbetrieb des verpflichteten Gutes gefährdet wird oder wenn sie übereinstimmend vom Berechtigten und Verpflichteten abgelehnt wird.

(2) Die Ablösung ist insbesondere unzulässig, wenn

1. durch die Ablösung die Arrondierung des verpflichteten Gutes zerstört oder dessen Bewirtschaftbarkeit erschwert werden würde; oder

2. durch die Ablösung nur für einen Teil der Berechtigten die Nutzungsrechte der übrigen Berechtigten beeinträchtigt werden würden.

(3) Wenn keine Gründe vorliegen, die der Ablösung im Sinn der Abs. 1 oder 2 entgegenstehen, können die Nutzungsrechte auch nur teilweise abgelöst werden.

(4) Die Ablösung in Grund ist, wenn sie nach den vorstehenden Bestimmungen nicht unzulässig ist, insbesondere anzustreben, wenn das Nutzungsrecht nicht dauernd entbehrlich ist und durch die Ablösung eine Arrondierung des berechtigten Gutes erreicht werden kann.

Ablösung in Geld; Zulässigkeit

§ 32

(1) Die Ablösung der Nutzungsrechte in Geld ist nur dann zulässig, wenn und insoweit:

1. das belastete Grundstück dauernd außer Stande ist, die Bezüge zu decken, und die Heranziehung eines bisher nicht belasteten Ersatzgrundstückes aus dem Grundbesitz des Verpflichteten unzulässig ist oder durch die Zuweisung eines solchen Grundstückes ein wesentliches Wirtschaftserschwernis für den Berechtigten eintreten würde. Soweit diese Unfähigkeit eines belasteten Grundes ausschließlich auf vom Verpflichteten nicht verschuldete Ursachen zurückzuführen ist, z. B. auf Elementarereignisse, kann die Ablösung nicht begehrt werden;

2. die Rechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich sind; oder

3. die Rechte durch Eintritt eines dauernden Ersatzes für das berechtigte Gut nicht mehr notwendig sind.

(2) Statt Geld kann im Vereinbarungsweg auch ganz oder teilweise Holz geleistet werden."

2. Unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer vorerst geltend, die Bewertungskriterien für den Ablösebetrag seien im bekämpften Erkenntnis nicht nachvollziehbar; sie seien auch nicht begründet bzw. vom Amtssachverständigen falsch ermittelt worden.

Eine Einwendung dieses Inhaltes hat der Beschwerdeführer während des Verwaltungsverfahrens aber nicht erstattet, sodass sich dieses Vorbringen als eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstmals erhobene Rüge darstellt, die auf Grund des gemäß § 41 VwGG geltenden Neuerungsverbotes nicht weiter zu beachten war.

3. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass von der belangten Behörde zu Unrecht die von ihm vorgelegte und im Akt befindliche Urkunde Nr. 1544 vom 16. Oktober 1866 nicht berücksichtigt worden sei. Diese Urkunde stelle die Rechtsgrundlage des Rechtsverhältnisses zwischen ihm und der mitbeteiligten Partei dar und besage ausdrücklich, dass die mitbeteiligte Partei den Einforstungswald zu R zur nachhaltigen Bewirtschaftung zu erhalten habe, und zwar zu Gunsten der darauf haftenden Einforstungsrechte.

Zu diesem Vorbringen ist zu bemerken, dass nicht erkennbar ist, inwiefern eine ausdrückliche Berücksichtigung dieser Urkunde zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt hätte. Diese Urkunde regelt die Rechtsnachfolge zwischen dem k.k. Aerar und dem Rechtsvorgänger der mitbeteiligten Partei als Eigentümer der belasteten Waldungen und enthält die Erklärung, die Waldungen "mit steter Rücksicht auf die nachhaltige Deckung der darauf lastenden Einforstungsrechte zu bewirtschaften". Aus diesen Regelungen lassen sich aber Vorgaben oder Einschränkungen für den Fall einer Ablöse der Einforstungsrechte nicht ableiten.

4. Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Ablöse in Geld auch mit der Begründung, dass die ihm zustehenden Rechte immer während seien und dass nur er als Berechtigter über dieses Recht verfügen könne. Die belangte Behörde hätte daher weder seinen, durch das EFRG gedeckten Antrag auf Ablösung seiner Nutzungsrechte in Grund und Boden abweisen noch dem Antrag der mitbeteiligten Partei hinsichtlich der Ablöse seiner Rechte in Geld Folge geben dürfen. Das Recht sei für ihn nicht dauernd entbehrlich. Die dauernde Entbehrlichkeit habe mit der Größe einer Liegenschaft nichts zu tun. Vielmehr sei das Recht "per se" zu betrachten und dessen Notwendigkeit für das berechtigte Gut auszuloten. Das Nutzungsrecht sei für sein Gut schlichtweg unentbehrlich.

Der Beschwerdeführer vertritt damit in erster Linie den Standpunkt, dass das Einforstungsrecht allein seiner Disposition überlassen sein dürfe. Damit setzt er sich aber in Widerspruch zu der - vom Verfassungsgerichtshof ausdrücklich als verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichneten - Rechtslage, die eine Ablöse von Nutzungsrechten in Geld unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. Nach § 32 Abs. 1 Z. 2 EFRG ist einer der Fälle der Zulässigkeit der Geldablöse dann gegeben, wenn die Nutzungsrechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich sind.

Der Beschwerdeführer bestreitet - wie schon in der Berufung - auch in der Beschwerde weder das festgestellte (geringe) Ausmaß seiner Liegenschaft noch den hier maßgeblichen Umstand, dass es sich beim Siglgut nicht mehr um einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb handelt. Er versäumt es auch aktuell darzutun, aus welchen konkreten Gründen die auf sachverständiger Ebene im Verfahren erster Instanz dargelegte Einschätzung der dauernden Entbehrlichkeit der Nutzungsrechte für das Siglgut nicht zutreffe, sodass Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilung dieser Voraussetzung durch die belangte Behörde beim Verwaltungsgerichtshof nicht hervorgekommen sind. Auch unter diesem Aspekt zeigte der Beschwerdeführer daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

5. Im Nachtrag zur Beschwerde machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides deshalb geltend, weil Zweifel an der Unbefangenheit der Mitglieder der belangten Behörde gegeben seien. Der Beschwerdeführer stützte sich maßgeblich auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. November 2003, B 756/01-10.

Auch damit zeigt der Beschwerdeführer aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, zumal dem hier in Prüfung gezogenen Bescheid hinsichtlich des Verfahrensablaufes und auch der personellen Zusammensetzung der belangten Behörde ein anderer Sachverhalt zu Grunde liegt.

In dem Verfahren, das zum (durch das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgehobenen) Erkenntnis der belangten Behörde vom 20. Oktober 2000 führte, war ein Mitglied der belangten Behörde zuvor vom Vorsitzenden als Sachverständiger gemäß § 52 AVG bestellt worden, hatte in dieser Eigenschaft ein Gutachten abgegeben und schließlich als Mitglied des Spruchkörpers an der Entscheidung mitgewirkt. Eine solche Konstellation liegt im vorliegenden Fall aber schon deshalb nicht vor, weil eine solche Bestellung eines Mitgliedes der belangten Behörde zum Sachverständigen nach § 52 AVG nicht erfolgte; dieses im vorgelagerten Verfahren als Sachverständiger tätige Mitglied der belangten Behörde gehörte zudem dem hier entscheidenden Spruchkörper nicht an. Die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes genannten Gründe, an der Unbefangenheit der tätig werdenden Senatsmitglieder zu zweifeln, liegen daher im gegenständlichen Fall nicht vor.

In dem Umstand schließlich, dass einige Mitglieder der belangten Behörde, die an der Erlassung des Bescheides vom 20. Oktober 2000 teilgenommen hatten, auch an der Erlassung des hier bekämpften Bescheides mitwirkten, liegt keine Befangenheit des hier tätig gewordenen Spruchkörpers. Der Verfassungsgerichtshof hatte seine Zweifel an der Unbefangenheit der übrigen Mitglieder der belangten Behörde nur deswegen angenommen, weil sie ihre Entscheidung auf Gutachten eines Mitgliedes ihres Senates gestützt hatten. Ein solcher Fall liegt hier - wie dargestellt - aber nicht vor.

6. Dem Beschwerdeführer ist es daher nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

7. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, stammt die angefochtenen Entscheidung doch von einem Landesagrarsenat und damit von einem Tribunal im Sinne des Art. 6 MRK, weshalb diese Bestimmung dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegensteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, 98/07/0033).

8. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich - im Rahmen des jeweils geltend gemachten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den begehrten Ersatz von Umsatzsteuer, der im pauschaliert festgesetzten Schriftsatzaufwand bereits abgedeckt ist.

Wien, am 16. Dezember 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003070158.X00

Im RIS seit

18.01.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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