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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/16/0126Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerden des Dr. S in W, vertreten durch Mag. Andreas J.O. UIrich, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Obere Donaustraße 63/3. OG, gegen die Bescheide des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 29. Mai 2002, Zl. Jv 1874-33/02 (zur hg. Zl. 2004/16/0125) und vom 6. Juni 2002, Zl. Jv 1979-33/02 (zur hg. Zl. 2004/16/0126), betreffend jeweils Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen den Verfahrensparteien ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer als Kläger beim Handelsgericht Wien zwei Feststellungsklagen nach § 110 Abs. 1 KO erhoben hatte. In diesen begehrte er jeweils gegenüber dem Masseverwalter in zwei verschiedenen Konkursverfahren die Feststellung des Zurechtbestehens derselben vom Beschwerdeführer in der Höhe von EUR 773.403,47 angemeldeten, vom Masseverwalter jedoch bestrittenen Klagsforderung. Die Klagen bewertete der Beschwerdeführer mit EUR 20.001,-- bzw. mit EUR 38.670,17. Auf diesen Bemessungsgrundlagen entrichtete er jeweils die Gerichtsgebühr nach TP 1 GGG.
In der Folge wurden dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von jeweils EUR 773.403,47 die Zahlung von zusätzlicher Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 10.239,-- bzw. EUR 10.790,-- samt einer Einhebungsgebühr von jeweils EUR 7,-- vorgeschrieben.
Den gegen diese Zahlungsaufträge erhobenen Berichtigungsanträgen gab die belangte Behörde - mit einer hier nicht bedeutsamen Ausnahme - keine Folge. In rechtlicher Hinsicht berief sich die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der bei Feststellungsklagen nach § 110 KO die Bewertungsvorschrift des § 56 Abs. 2 JN keine Anwendung finde.
Gegen diese Bescheide hat der Beschwerdeführer Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der ihre Behandlung abgelehnt hat. Über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der - gemeinsamen - Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend und erachtet sich in seinem Recht auf Ermittlung der Pauschalgebühr für Feststellungsklagen gemäß § 110 KO auf Basis einer Bewertung gemäß § 56 Abs. 2 JN verletzt.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, zu der sich der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 16. November 2004 äußerte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat darüber erwogen:
Wie schon die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend zum Ausdruck gebracht hat, ist bei einer Feststellungsklage gemäß § 110 KO als Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühr die Höhe der Forderung, deren Feststellung im Prüfungsprozess begehrt wird, heranzuziehen. Dabei handelt es sich um die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene Ansicht (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 15. März 2001, Zl. 2000/16/0755, vom 24. April 2002, Zl. 99/16/0437, vom 18. Juni 2002, Zl. 2002/16/0132, und vom 23. Jänner 2003, Zl. 2001/16/0267).
Gegen diese Judikatur wendet sich der Beschwerdeführer in der Beschwerde. Soweit er sich dabei mit der von ihm als "nicht zutreffend" und als "abzulehnend" bezeichneten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beschäftigt, der in dieser Frage die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes teilt genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht.
In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes will der Beschwerdeführer mit dem Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Zl. 98/16/0240, eine "Judikaturwende" zu der von ihm bekämpften Rechtsmeinung erkannt haben. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 93/16/0091, die Auffassung vertrat, dass im Falle der Feststellung des Bestehens einer ziffernmäßig bestimmten Forderung für die Bemessung des Streitgegenstandes durch die Parteien kein Raum bleibt. Diesen Rechtssatz hat der Verwaltungsgerichtshof in Abkehr von der etwa im Erkenntnis vom 11. Dezember 1980, Zl. 844/79, Slg. Nr. 5537/F, vertretenen Rechtsmeinung, "dass bei allen Feststellungsklagen gemäß § 56 Abs. 2 JN, gleichgültig ob der Gegenstand des Feststellungsbegehrens eine Geldforderung ist oder nicht, der Wert des Streitgegenstandes nur der ausdrücklichen Bewertungsangabe des Klägers entnommen werden darf", geprägt. In dem zuletzt genannten Verfahren war jedoch noch das GJGebG anzuwenden, während im Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 93/16/0091, mit dem behauptetermaßen die Judikaturwende erfolgte, bereits die Rechtslage des GGG anzuwenden war. Da das Erkenntnis in diesem Beschwerdefall somit auf Grund eines (formell) neuen Gesetzes ergangen ist, kann weder in diesem Fall noch auf Grund der in dem vom Beschwerdeführers genannten Erkenntnis vertretenen - "weiter entwickelten" - Rechtsansicht von einer Änderung oder einer "Wende" der Judikatur gesprochen werden. Ausgehend von dem zuletzt genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes -
diese Judikatur auch auf Klagen gemäß § 110 KO ausgedehnt.
Der Beschwerdeführer unterstellt bei seinem Bemühen, die Unrichtigkeit dieser Rechtsprechung aufzuzeigen, der Verwaltungsgerichtshof habe eine wirtschaftliche Betrachtungsweise der den Gebührentatbeständen zu Grunde liegenden Sachverhalten angestellt. Dies trifft nicht zu; viel mehr ist im System der Gerichtsgebühren die Anknüpfung an formale äußere Tatbestände im Mittelpunkt; dies um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetztes zu gewährleisten. Die Anknüpfung an formale äußere Tatbestände ist nicht unsachlich (vgl. die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren, 7. Auflage, in E 2. ff zu § 1 GGG referierte Judikatur des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes).
Eine "wirtschaftliche Betrachtungsweise" widerspräche aber der von der Rechtsprechung geforderten formalen Betrachtung und ebenso dem Prinzip der "möglichst" einfachen Handhabung des Gesetzes. Für die Gebührenpflicht ist der (formale) rechtliche Gehalt und nicht die wirtschaftliche Auswirkung des gebührenpflichtigen Ereignisses maßgebend.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist die vom Beschwerdeführer für eine Änderung der bisherigen Judikatur ins Treffen geführte "wirtschaftliche Betrachtungsweise" nicht geeignet, als Maßstab für gebührenrechtliche Tatbestände herangezogen zu werden. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. I Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Dezember 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004160125.X00Im RIS seit
18.01.2005