TE Vfgh Erkenntnis 2001/3/15 WI-15/99 ua

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Veröffentlicht am 15.03.2001
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0300 Landtagswahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
Tir LandtagswahlO 1993 §49 Abs3
Tir LandtagswahlO 1993 §51 Abs2
Tir LandtagswahlO 1993 §58 Abs1
Tir LandtagswahlO 1993 §65 Abs4
Tir LandtagswahlO 1993 §73 Abs3
VfGG §70 Abs1

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung der Tiroler Landtagswahl vom 07.03.99; Verfristung im Umfang der nicht vom VfGH mit Erkenntnis vom 16.10.99 aufgehobenen wahlbehördlichen Verfahrensschritte; mangelnde Substanziierung hinsichtlich des Vorwurfs der Zugrundelegung ursprünglicher Sprengelwahlergebnisse; kein Eingehen auf die behauptete Befangenheit eines Mitglieds der Kreiswahlbehörde; Prüfungsbefugnis des VfGH auch hinsichtlich der Gültigkeit der Stimmzettel; keine Beschränkung der Prüfungsbefugnis auf die rechtmäßige Handhabung der der Kreiswahlbehörde eingeräumten Zuständigkeit; Überprüfung der Stimmzettel durch die (möglicherweise unzuständige) Kreiswahlbehörde im Ergebnis gesetzmäßig; kein Einfluß auf das Wahlergebnis

Spruch

Den Wahlanfechtungen wird nicht stattgegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Kundmachung der Tiroler Landesregierung vom 17.11.1998, LGBl. 1998/99, wurde die Wahl des Tiroler Landtages für Sonntag, den 7.3.1999, ausgeschrieben und als Stichtag der 3.12.1998 festgelegt.

Dieser Wahl lagen von der Landeswahlbehörde gemäß §36 der Tiroler Landtagswahlordnung 1993, LGBl. 103 (LWO), idF LGBl. 1995/37, zugelassene und veröffentlichte Wahlvorschläge folgender Wahlparteien zu Grunde:

Tiroler Volkspartei Wendelin Weingartner (VP TIROL), Sozialdemokratische Partei Österreichs-Tirol - Herbert Prock (SPÖ-TIROL), Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), Die Grünen - Die Grüne Alternative Tirol (GRÜNE), Liberales Forum (LIF) und Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ).

Mit Ausnahme der KPÖ haben diese Wahlparteien auch in sämtlichen Wahlkreisen Wahlvorschläge eingereicht, die von den Kreiswahlbehörden gemäß den §§33 und 35 LWO zugelassen und veröffentlicht wurden; für die KPÖ trifft dies nur für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) zu.

Zufolge der Kundmachung der Landeswahlbehörde über das endgültige Wahlergebnis bei der Landtagswahl am 7.3.1999 im Boten für Tirol vom 19.3.1999, Stück 11a/1999 (§69 LWO) entfielen von den bei dieser Landtagswahl abgegebenen 347.214 gültigen Stimmen bzw. von den dabei zu vergebenden Mandaten auf:

       VP TIROL     163.970 Stimmen     (18 Mandate),

       SPÖ-TIROL    75.585 Stimmen      (8 Mandate),

       FPÖ           68.108 Stimmen      (7 Mandate),

       GRÜNE         27.862 Stimmen      (3 Mandate),

       LIF           11.198 Stimmen      (0 Mandate),

       KPÖ              491 Stimmen      (0 Mandate).

1.2. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16.10.1999, WI-5,6,7/99, wurden - in Stattgebung einer Wahlanfechtung der Wählergruppe "Tiroler Volkspartei Wendelin Weingartner" - hinsichtlich dieser Wahl (in den Tiroler Landtag am 7.3.1999) aufgehoben:

a) das Wahlverfahren vor der Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) vom Beginn der Sitzung am 10.3.1999 an,

b) das Wahlverfahren (zweites Ermittlungsverfahren) vor der Landeswahlbehörde.

Den von der FPÖ und dem LIF eingereichten Wahlanfechtungen wurde nicht stattgegeben.

1.3. Nach einer neuerlichen Durchführung der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Teile des Verfahrens der Wahl zum Tiroler Landtag vom 7.3.1999 wurde im Boten für Tirol vom 29.11.1999, Stück 47a/1999 nunmehr das folgende Ergebnis der Landtagswahl vom 7.3.1999 kundgemacht:

Von den bei der Landtagswahl abgegebenen 347.147 gültigen Stimmen bzw. von den dabei zu vergebenden 36 Mandaten entfielen auf:

       VP TIROL   163.936 Stimmen     (18 Mandate),

       SPÖ-TIROL   75.573 Stimmen     ( 8 Mandate),

       FPÖ         68.088 Stimmen     ( 7 Mandate),

       GRÜNE       27.860 Stimmen     ( 3 Mandate),

       LIF         11.200 Stimmen     ( 0 Mandate),

       KPÖ            490 Stimmen     ( 0 Mandate).

Im Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) betrug die Wahlzahl im ersten Ermittlungsverfahren 8.046; von den abgegebenen 52.294 gültigen Stimmen bzw. von den (im ersten Ermittlungsverfahren) zu vergebenden 6 Mandaten entfielen auf:

       VP TIROL   16.729 Stimmen      (2 Mandate),

       SPÖ-TIROL  14.272 Stimmen      (1 Mandat),

       FPÖ        10.682 Stimmen      (1 Mandat),

       GRÜNE       7.148 Stimmen      (0 Mandate),

       LIF         2.973 Stimmen      (0 Mandate),

       KPÖ           490 Stimmen      (0 Mandate).

Die VP TIROL ging aus dem ersten Ermittlungsverfahren (in allen Wahlkreisen) mit insgesamt 27.826 Reststimmen hervor, die GRÜNEN mit 27.860; die SPÖ-TIROL mit 49.184, die FPÖ mit 33.333, das LIF mit 11.200 und die KPÖ mit 490. Im zweiten Ermittlungsverfahren betrug die Wahlzahl 9.286,67; die Restmandate wurden in diesem Verfahren wie folgt vergeben:

       VP TIROL   2 Mandate,

       SPÖ-TIROL  5 Mandate,

       FPÖ        3 Mandate,

       GRÜNE      3 Mandate.

1.4.1. In der am 23.12.1999 zur Post gegebenen, an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und auf Art141 B-VG gestützten Wahlanfechtungsschrift der GRÜNEN (protokolliert zur Z WI-15/99) finden sich die folgenden Rechtswidrigkeitsbehauptungen samt den zugehörigen Anträgen:

"1. Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens im gesamten Land Tirol wegen Verstoßes gegen §57 Abs3 LWO:

Im Zuge der Nachprüfung des Wahlergebnisses durch die Kreiswahlbehörde des Wahlkreises Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) nach Vorliegen des Erkenntnisses des VfGH wurde u.a. festgestellt, daß in keinem einzigen Sprengel dieses Wahlkreises die gemäß §57 Abs3 LWO zwingend vorgeschriebenen Zähllisten und Gegenlisten geführt wurden.

§57 Abs3 LWO bestimmt, daß anläßlich der Zählung der Stimmen zur Feststellung der Stimmen Zähllisten und Gegenlisten zu führen sind. Im Zuge der hierauf entstandenen öffentlichen Diskussion äußerte sich einer der führenden Beamten beim Amt der Tiroler Landesregierung ... dahingehend, daß derartige Zähllisten und Gegenlisten in Tirol bei den Landtagswahlen niemals geführt worden seien, es handle sich dabei - so (A B) wörtlich - um 'totes Recht'. Die Anfechtungswerberin geht daher davon aus, daß in keinem einzigen Wahlsprengel im Land Tirol zur Feststellung der Stimmen Zähllisten und Gegenlisten geführt wurden. Im Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) gestaltete sich gerade im Hinblick darauf, daß diese Listen fehlen, die Nachprüfüng gemäß §65 Abs4 LWO äußerst schwierig. Wenn §57 Abs3 LWO bestimmt, daß anläßlich der Zählung der Stimmen zur Feststellung der Stimmen Zähllisten und Gegenlisten zu führen sind, so können die Wahlbehörden nicht von sich aus diese zwingende Bestimmung des Wahlgesetzes außer Kraft setzen und zum 'toten Recht' erklären. Ohne Zähllisten und Gegenlisten kann das Wahlergebnis auch für den Fall, daß es , wie im Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt), zu aufklärungsbedürftigen Sachverhalten kommt, die eine Nachprüfung durch die Kreiswahlbehörde rechtfertigen, zu keiner zweckentsprechenden Nachprüfung kommen. Dadurch, daß das Wahlergebnis im gesamten Land Tirol ohne Zugrundelegung von Zähllisten und Gegenlisten festgestellt wurde, ist es im gesamten Land Tirol, und zwar vom Beginn der Zählung der Stimmen an, rechtswidrig geblieben und wird aufzuheben sein.

In diesem Zusammenhang wird der Antrag gestellt, hinsichtlich der Wahl in den Tiroler Landtag am 7.3.1999 das Wahlverfahren vor allen Sprengelwahlbehörden im gesamten Land vom Beginn der Zählung der Stimmen an aufzuheben, jedenfalls aber das Wahlverfahren in allen Sprengelwahlbehörden des Wahlkreises Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) vom Beginn der Stimmauszählung an aufzuheben.

2. Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens wegen Verstoßes gegen §10 Abs2 und §16 LWO:

Im Zuge der Nachprüfung iSd §65 Abs4 LWO wurde durch die Kreiswahlbehörde des Wahlkreises Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) festgestellt, daß keine einzige Sprengelwahlbehörde anläßlich der Durchführung der Landtagswahl am 7.3.1999 ordnungsgemäß besetzt war. Gemäß §10 Abs2 LWO ist in Gemeinden, die in Wahlsprengel eingeteilt sind, für jeden Wahlsprengel eine Sprengelwahlbehörde zu bilden, die aus dem vom Bürgermeister zu bestellenden Vorsitzenden (Sprengelwahlleiter) und drei Beisitzern besteht. Gemäß §9 LWO ist für jeden Beisitzer ein Ersatzmann zu berufen. Wie den Protokollen der Kreiswahlbehörde zu entnehmen ist, wurde festgestellt, daß die Bestellung der Vorsitzenden der Sprengelwahlbehörde nicht durch den Bürgermeister erfolgt ist und daß es in sehr vielen Fällen unterblieben ist, die notwendige Zahl der Ersatzmänner für die Beisitzer zu berufen. Dies führte in der Folge dazu, daß die Sprengelwahlbehörden, insbesondere anläßlich der Feststellung des Wahlergebnisses, zum Großteil nicht ordnungsgemäß besetzt waren, in einem Fall mußte festgestellt werden, daß nur mehr der Wahlleiter bei der Feststellung des Wahlergebnisses anwesend war, in zahlreichen Sprengelwahlbehörden war die Beschlußfähigkeit anläßlich der Auszählung der Stimmen nicht mehr gegeben. Als besonders markantes Beispiel sei hier das Protokoll über die 10. Sitzung der Kreiswahlbehörde vom 17.3.1999 angeführt, aus welchem ersichtlich ist, daß zum Zeitpunkt der endgültigen Feststellung des Wahlergebnisses ein Beisitzer und die Wahlleiter-Stellvertreterin nicht mehr anwesend waren, weshalb seitens der Kreiswahlbehörde bemerkt wurde, daß bei der Protokollierung des Wahlergebnisses die Sprengelbehörde bereits nicht beschlußfähig war. Über weitere Nachforschung der Kreiswahlbehörde bezüglich des Zeitpunktes der Unterschriften in der Niederschrift räumte der Wahlleiter (B C) ein, bereits 'vorgearbeitet' zu haben und daß er die Beisitzer bereits während des Tages unterschreiben habe lassen.

Es gibt eine ständige Rechtsprechung des VfGH, wonach alle Bestimmungen der Wahlordnungen, die der Verhinderung von Mißbräuchen oder Manipulationen dienen und die die einwandfreie, unter gegenseitiger Kontrolle stattfindende Prüfung und Zählung der Stimmzettel sichern sollen, von besonderer Wichtigkeit sind. Werden solche Bestimmungen nicht eingehalten, wird vom VfGH sofort eine Rechtswidrigkeit angenommen, ohne daß eine konkrete Manipulation nachgewiesen werden muß, die Tatsache der Verletzung der jeweiligen Bestimmungen muß allerdings ausreichend belegt sein ... .

Der Versuch der Kreiswahlbehörde die Ergebnisse des Wahlsprengels 332 nachträglich nochmals durch die Sprengelwahlbehörde berichtigen zu lassen und die Beschlußunfähigkeit zu sanieren, findet in der strikten Auslegung des VfGH über die Kompetenzen der Kreiswahlbehörde (§65 LWO) keine Deckung. Der Beschluß der Kreiswahlbehörde, daß die Sprengelwahlbehörde zusammenzutreten hat und ein 'ordnungsgemäßes Ergebnis' feststellen muß (siehe Protokoll der 10. Sitzung der Kreiswahlbehörde vom 17.3.1999, Seite 4) findet ebenfalls in der LWO keine Deckung. Es ist sohin vom ursprünglich rechtswidrigen Ergebnis auszugehen, auch diesbezüglich wird das Wahlverfahren aufzuheben sein, wobei hier die Aufhebung in sämtlichen Sprengeln des Wahlkreises Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) ab der Bildung der Sprengelwahlbehörden vorzunehmen sein wird.

Es wird daher der Antrag gestellt, hinsichtlich der Wahl in den Tiroler Landtag am 7.3.1999 das Wahlverfahren vor der Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) vom Beginn der Bildung der Sprengelwahlbehörden an aufzuheben; eventualiter das Wahlverfahren in allen Sprengelwahlbehörden des Wahlkreises Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) vom Beginn der Stimmenauszählung aufzuheben.

3. Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens wegen Verstoßes gegen §57 Abs2 LWO, wonach die Wahlbehörde die Anzahl der Vorzugsstimmen festzustellen hat.

Gemäß §57 Abs2 LWO hat die Sprengelwahlbehörde die Anzahl der Vorzugsstimmen festzustellen, die auf die einzelnen Wahlwerber entfallen. Anläßlich der Nachprüfung iSd §65 Abs4 LWO mußte nun festgestellt werden, daß dies in den Sprengelwahlbehörden im Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) nicht geschehen ist. Es wurde weiters festgestellt, daß nach dem Einlangen der Wahlakten in der Kreiswahlbehörde die dort tätigen Beamten ohne Beisein der Mitglieder der Kreiswahlbehörde sämtliche Stimmzettelverpackungen geöffnet und die Vorzugsstimmen festgestellt haben. Dabei wurden von den Beamten auch Berichtigungen in der Bewertung der einzelnen Stimmzettel vorgenommen. Durch diesen Eingriff der Beamtenschaft in die Befugnisse der Wahlbehörden sind die Stimmzettel in einer Weise durcheinandergeraten, daß die verläßliche Feststellung eines Wahlergebnisses nicht mehr möglich ist. Jedenfalls haben aber die Beamten der Kreiswahlbehörde durch die Vorgangsweise in die Befugnisse der Sprengelwahlbehörde eingegriffen. Sohin ist auf jeden Fall das Wahlverfahren vor den Sprengelwahlbehörden, da diese bisher entgegen der Bestimmung des §57 Abs2 LWO die Anzahl der Vorzugsstimmen noch nicht festgestellt hatten, mit Rechtswidrigkeit behaftet.

...

In diesem Zusammenhang wird der Antrag gestellt, hinsichtlich der Wahl in den Tiroler Landtag am 7.3.1999 das Wahlverfahren vor allen Sprengelwahlbehörden für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) von der Feststellung der auf die einzelnen Wählergruppen entfallenden gültigen Stimmen und hinsichtlich der Wahl des Direktkandidaten auf die einzelnen Direktkandidaten entfallenden gültigen Stimmen an aufzuheben und den Sprengelwahlbehörden aufzutragen, die Anzahl der Vorzugsstimmen festzustellen, die auf die einzelnen Wahlwerber entfallen.

4. Wahlanfechtung bezüglich des Wahlverfahrens vor der Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) aufgrund der Vermengung der Stimmzettel von Landtagswahl und Volksbefragung:

Die Beschwerdeführerin teilt die Rechtsansicht des VfGH im Erkenntnis vom 16.10.1999, W1-6/99, mit welcher klargestellt wurde, daß die gleichzeitige Abhaltung einer Volksbefragung und einer Landtagswahl nicht ausgeschlossen ist. Im konkreten Fall waren jedoch die praktischen Vorkehrungen für eine gleichzeitige Abhaltung im Bereich der Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) so schlecht organisiert und war die Information der Sprengelwahlleiter derart ungenügend, daß von einem korrekten Wahlgang nicht die Rede sein kann. In einigen Sprengeln wurden die Stimmen tatsächlich in getrennten Wahlurnen gesammelt, sodaß das Ergebnis der drei Wahl- bzw. Abstimmungsvorgänge zahlenmäßig auseinandergehalten werden konnte. Es wurden aber in den einzelnen Sprengeln auch verschiedene Kriterien angewandt, wann ein Stimmzettel als ungültig zu werten war, entweder wenn er in das falsche Kuvert (z.B. der Volksbefragung) gesteckt wurde oder wenn er in die falsche Wahlurne geworfen wurde. In manchen Sprengeln waren zwar zwei getrennte Wahlurnen vorhanden, es wurde jedoch mit den abgegebenen Stimmzetteln sowohl der Landtagswahl als auch der Volksbefragung zuerst die erste Wahlurne gefüllt bis sie voll war, dann die zweite Wahlurne, jeweils wurden wiederum alle Stimmzettel vermengt, woraus sich insgesamt ergab, daß für die Kreiswahlbehörde in vielen Fällen die Anzahl der abgegebenen Stimmen (Summe aus gültigen und ungültigen Stimmen) nicht mit den vorgefundenen Stimmen und diese wiederum nicht mit den in der Tabelle I eingetragenen Stimmen übereinstimmten. Es darf hier wiederum als besonders markantes Beispiel das Protokoll der 10. Sitzung der Kreiswahlbehörde vom 17.3.1999 angeführt werden, in welchem die vorhin geschilderten Unregelmäßigkeiten hinreichend dokumentiert sind. Schlußendlich ergab sich noch eine weitere Schwierigkeit bezüglich der Überprüfbarkeit beider Wahlvorgänge aus der unterschiedlichen Wahlberechtigung zu beiden Wahlgängen, so etwa galt für die Volksbefragung ein anderer Stichtag hinsichtlich der Wahlberechtigung als für die Landtagswahl.

Es wird sohin der Antrag gestellt, hinsichtlich der Wahl in den Tiroler Landtag am 7.3.1999 das Wahlverfahren ab dem Beginn der Stimmabgabe im Bereich der Kreiswahlbehörde des Wahlkreises Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) aufzuheben.

5. Wahlanfechtung wegen Irreführung durch das Direktkandidaten-Wahlverfahren:

Die Wahl der Direktkandidaten hat für die mandats- und prozentmäßige Zusammensetzung des Landtages zwischen den Wählergruppen keinen Einfluß, sondern stellt lediglich ein formalisiertes Vorzugsstimmensystem dar, zugeschnitten auf eine Person pro Wahlkreis. Es bewirkt innerhalb der Wählergruppe ein Vorrücken dieser Person. Der Direktkandidaten-Stimmzettel erweckte vor allem im Bereich der Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) durch die Kandidatur der Landesspitzenkandidaten aller wahlwerbenden Gruppen den Eindruck jener Stimmzettel zu sein, durch den die Zusammensetzung des Landtages innerhalb der Wählergruppen ermittelt wird. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Wähler in Innsbruck-Stadt unterlag diesem Irrtum. Am 'kleinen' Stimmzettel waren in Innsbruck-Stadt die Namen aller Landesspitzenkandidaten der wahlwerbenden Gruppen angeführt:

Dr. Wendelin Weingartner, Herbert Prock, Dr. Franz Linser, Georg Willi, Maria Schaffenrath und Manfred Eber standen zur Wahl. Bei den Landtagswahlen am 7.3.1999 im Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) waren von 58980 abgegebenen Stimmen 6686 ungültig, was einem Prozentsatz von 11,34 % der Wähler entspricht. Bei 80 % dieser ungültigen Stimmen war der 'große' Stimmzettel (Wahl der Wählergruppe) leer. Hinsichtlich des Direktkandidaten wurden 58965 Stimmen abgegeben, wovon 6348 Stimmen ungültig waren. Es gab somit insgesamt mit 52617 gültigen Stimmen mehr gültige Stimmzettel für die Direktkandidaten als mit 52294 Stimmen für die Wählergruppen. Dies erklärt sich daraus, daß seitens der Wähler der kleine Stimmzettel als der 'richtige' bezüglich der Wählergruppe angesehen wurde. Der 'große' Stimmzettel, der alle Wahlwerber der Kreiswahlvorschläge anführte, wurde von einem beträchtlichen Teil der Wähler für eine Anleitung oder für einen Vorzugsstimmen-Stimmzettel gehalten. Die Auswirkungen der Stimmabgabe bei der Direktkandidaten-Wahl war selbst politisch interessierten, akademisch ausgebildeten Wählern nur nach genauem Studium der LWO möglich. Der Begriff 'Direktkandidat' oder 'Direktwahl' wird bei der Bundespräsidentenwahl, der Bürgermeister-Direktwahl und bei der Diskussion über die Direktwahl der Landeshauptleute verwendet. Es handelt sich dabei jeweils um die Durchführung einer Wahl in Form des Mehrheitswahlrechtes. Daher entstand bei jenen Personen, die überhaupt beide Stimmzettel richtig ausfüllten, sehr leicht der Irrtum, es würden durch Stimmensplitting im Wege des Mehrheitswahlrechtes einige Mandate des Landtages besetzt. Die tatsächliche - vergleichsweise geringe - Bedeutung der Direktkandidatenwahl herauszufinden, war eine Aufgabe, die nur im Wege des Denksportes oder eines genauen Studiums der LWO zu lösen war. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ... ist nur 'ein dem demokratischen Prinzip entsprechendes Wahlrecht der Repräsentativorgane, das sich am Verhältniswahlrecht oder am Mehrheitswahlrecht oder am Konkordanzprinzip orientiert oder das sich als Mischform dieser Systeme erweist, bundesverfassungsrechtlich unbedenklich. Ein Wahlrecht freilich, das diesem Gebot nicht entspricht, wäre unzulässig.' Die vorliegende Form des Wahlrechtes erweckt auch bei einem interessierten Wähler den Eindruck einer Mischform von Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht und macht es den Wählern kaum möglich, die Auswirkungen der eigenen Stimmabgabe für die verhältnismäßige Zusammensetzung des Landtages nach Wählergruppen abzuschätzen. Der Tiroler Landtag hat zwischenzeitlich einstimmig beschlossen, im Rahmen der Ausarbeitung eines neuen Wahlrechtes nur mehr einen Stimmzettel vorzusehen. Der Landtag hat erkannt, daß der Direktkandidaten-Stimmzettel zu einer Irreführung der Wählerinnen und Wähler führt.

Es wird sohin der Antrag gestellt, der Verfassungsgerichtshof möge die Bestimmungen der §28 (Kreiswahlvorschlag) und §47 (Stimmzettel) der Tiroler Landtagswahlordnung 1993, LGBl. 103 (LWO) idF LGBl. 1995/37, sowie damit im Zusammenhang stehende Bestimmungen bezüglich der Wahl der Direktkandidaten auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen und die angefochtenen Bestimmungen aufheben und das gesamte Wahlverfahren hinsichtlich der Wahl in den Tiroler Landtag vom 7.3.1999 wiederholen.

6. Wahlanfechtung wegen Nichtberücksichtigung der korrekten Ergebnisse:

Aufgrund des erstellten Kriterienkataloges im Erkenntnis des VfGH vom 16.10.1999, WI-5-7/99, darf nur unter bestimmten Voraussetzungen in bestimmten Wahlsprengeln nachgezählt werden. Bei früheren (wenn auch rechtswidrigen) Nachzählvorgängen wurden jedoch in vielen Fällen falsche Sprengelergebnisse korrigiert. Diese korrigierten und richtiggestellten Sprengelergebnisse werden nun aber - da aus formellen Gründen keine Nachzählung mehr erfolgt - nicht dem Endergebnis zu Grunde gelegt, sondern werden vielmehr die ursprünglichen, objektiv falschen Wahlergebnisse für das Endergebnis herangezogen. Bei der zweiten Nachzählung hat dies mehrere Sprengel betroffen. Nun kann aber eine - wenn auch rechtswidrige - Nachzählung, durch welche auch der Verfassungsgerichtshof davon Kenntnis erlangte, daß Sprengelwahlergebnisse objektiv falsch waren, kein Beweisverbot bewirken. Nach Auffassung der Anfechtungswerberin sollten daher über Veranlassung des Verfassungsgerichtshofes diese Sprengel neu ausgezählt werden, ansonsten nach Auffassung der Anfechtungswerberin eine Verletzung der im B-VG verankerten Verfassungsnormen vorliegt. Gem. Art95 Abs1 B-VG wird die Gesetzgebung der Länder von den Landtagen ausgeübt. Deren Mitglieder werden aufgrund des gleichen, unmittelbaren, geheimen und persönlichen Verhältniswahlrechtes aller nach den Landtagswahlordnungen wahlberechtigten männlichen und weiblichen Landesbürger gewählt. Der Grundsatz der Gleichheit des Wahlrechtes bezieht sich auf den Zähl-, nicht Erfolgswert der Stimmen. Gleiches Wahlrecht liegt vor, wenn das potentielle Gewicht jeder Stimme dasselbe ist ... . Das allgemeine Wahlrecht ist gegeben, wenn alle Bürger wahlberechtigt sind, ohne daß die Wahlberechtigung von Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die nicht jeder Bürger im wahlfähigen Alter erfüllen kann. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sind bei objektiv falschen Sprengelergebnissen, welche aus formellen Gründen einem Endergebnis zu Grunde gelegt werden, diese Verfassungsgrundsätze nicht gewahrt, da bei Nichtberücksichtigung abgegebener gültiger Stimmen deren Zählwerte verloren gehen.

Es wird daher der Antrag gestellt, hinsichtlich der Wahl in den Tiroler Landtag am 7.3.1999 das Wahlverfahren vor allen Sprengelwahlbehörden für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) vom Beginn der Stimmenauszählung an aufzuheben und die Neuauszählung aller Sprengel durch die Kreiswahlbehörde aufzutragen; eventualiter die Aufhebung vom Beginn der Stimmenauszählung für jene Sprengel des Wahlkreises Nr. 1 (Innsbruck-Stadt), von welchen der Verfassungsgerichtshof Kenntnis erlangt hat, daß objektiv falsche Sprengelwahlergebnisse dem Endergebnis zu Grunde gelegt wurden.

7. Insgesamt ist das Wahlverfahren der Wahl in den Tiroler Landtag am 7.3.1999 durch eine derart große Zahl von Rechtswidrigkeiten behaftet, daß nach Auffassung der Anfechtungswerberin nur eine Wiederholung des gesamten Wahlverfahrens in Tirol ab dem Beginn der Stimmabgabe vom Ergebnis der Tiroler Landtagswahl 1999 den Makel nehmen kann, in rechtswidriger Weise zustandegekommen zu sein.

Es wird daher der weitere Antrag gestellt, der Beschwerde insgesamt durch Anordnung der Wiederholung des gesamten Wahlverfahrens in Tirol ab der Entscheidung über die Zulässigkeit der Wahlvorschläge (stattzugeben) ..., was zur Folge hätte, daß die Sprengelwahlbehörden dem Gesetz entsprechend gebildet, die Stimmen ordnungsgemäß ausgezählt und mit Zähllisten und Gegenlisten dokumentiert, die Stimmzettel der Landtagswahl nicht mit solchen anderer Abstimmungsvorgänge vermengt, die richtige Wertung jeder einzelnen Stimme sichergestellt und damit der Verfassungsgrundsatz des gleichen Wahlrechtes aller Wahlberechtigten gewahrt wird, wodurch das Vertrauen der Tiroler Bevölkerung in die Demokratie wiederhergestellt werden könnte."

1.4.2. In ihrer am 27.12.1999 zur Post gegebenen, an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und auf Art141 B-VG gestützten Wahlanfechtungsschrift (protokolliert zur Z WI-16/99) beantragt die VP TIROL "das auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 16.10.1999, WI-5,6,7/99, wiederholte gesamte Wahlverfahren a) der Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) und b) der Landeswahlbehörde für nichtig zu erklären und aufzuheben".

In der Anfechtung werden näher dargelegte Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens hinsichtlich des Vorgehens der Kreis-wahlbehörde Innsbruck-Stadt releviert und bezogen auf einzelne Wahlsprengel konkretisiert.

Im Einzelnen finden sich in der Anfechtung die folgenden Ausführungen:

"1. Unrichtige Bewertung der Gültigkeit von Stimmzetteln, bei denen die Wählergruppe nicht gekennzeichnet und mehr als zwei Vorzugsstimmen für Wahlwerber derselben Wählergruppe vergeben wurden:

Die Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) ... hat ihrer Überprüfung der Gültigkeit einzelner Stimmzettel die Rechtsansicht zugrundegelegt, ein Stimmzettel, in dem die Partei nicht angekreuzt (oder sonst im Sinne des §49 Abs1, 2. und 3. Satz LWO bezeichnet) und insgesamt mehr als zwei Vorzugsstimmen für Bewerber derselben Wählergruppe vergeben wurden, wäre ungültig.

So jedenfalls in folgenden Fällen: (hier werden die Wahlsprengel 1, 20, 75, 104, 110, 113, 120, 130, 140, 215, 223, 243, 245, 253, 254, 331, 350 und 401 sowie die entsprechenden Seiten der Niederschriften der Kreiswahlbehörde über die Sitzungen vom 8., 9., 11., 12., 15., 16., 19. und 22.11.1999 angeführt).

Eine verfassungskonforme Interpretation der LWO führt jedoch aus folgenden Überlegungen zum Ergebnis, daß auch Stimmzettel, in denen drei oder mehr Vorzugsstimmen an Wahlwerber derselben Wählergruppe vergeben wurden, als gültige Stimme für die Wahl der Wählergruppe gelten müssen:

Im Normalfall erfolgt die Abgabe einer Stimme für eine Wählergruppe durch das Ankreuzen des Kreises neben der Bezeichnung der gewählten Partei. In §49 Abs3 LWO erklärt der Gesetzgeber aber auch solche Stimmzettel für gültig, in denen zwar die Wählergruppe nicht bezeichnet, wohl aber Wahlwerber nur einer Partei mit Vorzugsstimmen bedacht wurden.

Der Beweggrund, der den Gesetzgeber zu dieser Regelung veranlaßt hat, kann nur darin gelegen haben, daß er die Auffassung vertreten hat, ein Wähler, der für Wahlwerber einer einzigen Partei Vorzugsstimmen vergibt, wolle diese Partei auch wählen. Angesichts dieses Beweggrundes kann es aber für die Wahl der Partei keinen Unterschied machen, ob ein Wähler für die Wahlwerber einer einzigen Partei eine, zwei, drei oder noch mehr Vorzugsstimmen vergibt. Schließlich bringt ein Wähler, der für Wahlwerber einer einzigen Partei mehr als zwei Vorzugsstimmen vergibt, seine Zustimmung zu dieser Wählergruppe in noch größerem Maße zum Ausdruck, als bei einer Vergabe von nur zwei Vorzugsstimmen. Unter dem Gesichtspunkt der Gültigkeit einer Stimme für die Wahl der Wählergruppe stellen daher die Vergabe von ein bis zwei Vorzugsstimmen und die Vergabe von mehr als zwei Vorzugsstimmen jeweils an Wahlwerber einer einzigen Partei gleiche Tatbestände dar, an die der Gesetzgeber auch gleiche Rechtsfolgen knüpfen muß ... .

...

Wenn der Gesetzgeber der LWO schon die Ausnahmeregelung getroffen hat, wonach eine Partei auch durch die Vergabe von Vorzugsstimmen gültig gewählt werden kann, muß diese Regelung in sich so gestaltet werden, daß diese Ausnahmeregelung für alle Sachverhalte gleichermaßen gilt, auf die der Beweggrund, der den Gesetzgeber offensichtlich zur Ausnahmeregelung veranlaßt hat, zutrifft. Da die Gründe, die den Gesetzgeber dazu bewogen haben können, Stimmzettel, in denen nur Wahlwerber einer Partei bezeichnet wurden, als gültige Stimme für die Wahl jener Wählergruppe zu behandeln, der die bezeichneten Wahlwerber angehören, gleichermaßen für die Vergabe einer oder zwei Vorzugsstimmen wie für eine Vergabe mehrerer Vorzugsstimmen gelten müssen, wäre es unzulässig, die Gültigkeit eines Stimmzettels für die Wahl der Wählergruppe davon abhängig zu machen, ob darin nur höchstens zwei oder mehrere Vorzugsstimmen für Wahlwerber derselben Partei vergeben wurden. Die Vorschrift, daß höchstens zwei Vorzugsstimmen vergeben werden dürfen, hat nur für das Vorzugsstimmensystem Bedeutung und kann daher niemals eine sachliche Rechtfertigung dafür darstellen, die Beurteilung der Gültigkeit eines Stimmzettels als Stimme für eine Wählergruppe davon abhängig zu machen, ob darin höchstens zwei oder mehr Vorzugsstimmen vergeben wurden.

Daß eine Lösung, die zwischen der Gültigkeit eines Stimmzettels für die Ermittlung der Vorzugsstimmen und der Gültigkeit desselben Stimmzettels für die Wahl der Wählergruppe differenziert, ohne erhebliche Schwierigkeit vollziehbar wäre, ergibt sich schon aus dem Umstand, daß z.B. die Landtagswahlordnung für Niederösterreich in §78 Abs3 Zif 1 und die Nationalrats-Wahlordnung 1992 in §78 Abs2 ausdrücklich Regelungen vorsehen, wonach die Gültigkeit eines Stimmzettels für die Wahl der Wählergruppe auch dann zu bejahen ist, wenn beliebig viele Wahlwerber derselben Partei gekennzeichnet werden.

Da aber im Zweifel kein Gesetz so ausgelegt werden darf, daß es fehlerhaft erscheint ..., muß auch die LWO so interpretiert werden, daß auch Stimmzettel, in denen mehr als zwei Vorzugsstimmen für Wahlwerber nur einer Partei vergeben wurden, als gültige Stimme für jene Wählergruppe zählen, der die bezeichneten Wahlwerber angehören. Dies ist auch ohne weiteres möglich. Schließlich kann ein Wähler gemäß §49 Abs1 LWO auch auf andere Weise als durch Ankreuzen einer Partei seinen Willen zum Ausdruck bringen. Ist die Willensäußerung eindeutig (und das trifft im Falle einer Vergabe von mehr als zwei Vorzugsstimmen an Bewerber einer einzigen Partei zu), ist die Stimme gemäß §49 Abs1 LWO gültig. Außerdem gilt gemäß §49 Abs3 LWO ein Stimmzettel, der nur die Bezeichnung von einem Wahlwerber oder von zwei Wahlwerbern derselben Wählergruppe aufweist, als gültige Stimme, 'wenn die Bezeichnung im Sinne des §51 Abs2 erster Satz gültig erfolgt ist'. Daß insgesamt nicht mehr als zwei Vorzugsstimmen vergeben werden dürften, steht aber erst im zweiten Satz des §51 Abs2 LWO. Diese Bestimmung, wonach im Falle einer Vergabe von mehr als zwei Vorzugsstimmen keine Vorzugsstimme zählt, betrifft daher nur die Berechnung der Vorzugsstimmen und nicht die Gültigkeit einer Stimme für die Wahl der Wählergruppe. Der in §49 Abs3 LWO enthaltene Verweis auf §51 Abs2 erster Satz LWO sollte daher lediglich sicherstellen, daß Stimmzettel, die keine gültige Bezeichnung der Wählergruppe im Sinne des zweiten und dritten Satzes des §49 Abs1 LWO enthalten, wenigstens eine eindeutige Bezeichnung der Wahlwerber einer Partei aufweisen müssen, um als gültige Stimme für eine Wählergruppe zu gelten. Da die Bestimmung des §49 Abs3 LWO nur auf den ersten Satz des §51 Abs2 LWO verweist, ist ein Stimmzettel auch dann als gültige Stimme für die Wahl der Wählergruppe zu beurteilen, wenn z.B. für zwei Wahlwerber derselben Partei je zwei Vorzugsstimmen vergeben wurden.

Die Kreiswahlbehörde hätte daher auch jene Stimmzettel als gültige Stimmen für die Wahl der Wählergruppe beurteilen müssen, in denen insgesamt mehr als zwei Vorzugsstimmen an Wahlwerber derselben Partei vergeben wurden.

Relevanz: Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes führt eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens dann zur Aufhebung, wenn ein Einfluß dieser Rechtswidrigkeit auf das Wahlverfahren möglich ist ... . Diese Voraussetzung trifft zu:

Nach dem nunmehr angefochtenen Ergebnis betrug der Unterschied zwischen den Reststimmen der Grünen und jenen der Anfechtungswerberin (27.860 - 27.826 =) 34 Stimmen. Schon eine andere Bewertung weniger Stimmen würde daher dazu führen, daß der Anfechtungswerberin statt 18 insgesamt 19 Mandate zugeteilt werden müßten.

Aus den oben angeführten Niederschriften der Kreiswahlbehörde ergibt sich, daß die Kreiswahlbehörde in zumindest 20 Fällen Stimmzettel, die von den Sprengelwahlbehörden als gültige Stimmen der VP beurteilt (wurden), deshalb für ungültig erklärt hat, weil mehr als zwei Vorzugsstimmen an zwei Wahlwerber dieser Wählergruppe vergeben worden waren.

Schon deshalb hätte die aufgezeigte Rechtswidrigkeit (in Verbindung mit den anderen in dieser Anfechtungsschrift geltend gemachten Rechtswidrigkeiten) einen Einfluß auf das Wahlergebnis gehabt. Darüberhinaus zeigen aber die erwähnten Umbewertungen eine Rechtsansicht auf, welche die Kreiswahlbehörde zweifellos auch der von ihr durchgeführten Überprüfung der ungültigen Stimmen zugrunde gelegt hat.

Auch unter den von den Sprengelwahlbehörden als ungültig bewerteten Stimmzetteln haben sich solche befunden, in denen keine Wählergruppe gekennzeichnet aber insgesamt mehr als zwei Vorzugsstimmen für zwei Wahlwerber der Anfechtungswerberin vergeben wurden. Dies zeigen z.B.: (hier werden die Wahlsprengel 104, 111, 304, 360, 401, 501, 600 und 907 angeführt).

Da allerdings zahlreiche Niederschriften der Sprengelwahlbehörden die gemäß §62 Abs1 LWO erforderliche Begründung für die Ungültigkeit der Stimmzettel vermissen ließen und die Kreiswahlbehörde die fehlende Begründung nicht nachgeholt hat, läßt sich keineswegs ausschließen, daß auch noch andere Stimmzettel infolge der oben angeführten unrichtigen Rechtsansicht sowohl von der Sprengelwahlbehörde als auch von der Kreiswahlbehörde im Zuge der von ihr durchgeführten Überprüfung als ungültig beurteilt wurden.

Dies ist im Gegenteil sogar sehr wahrscheinlich, weil einerseits die Anfechtungswerberin ihren Wahlkampf sehr auf die Vergabe von Vorzugsstimmen ausgelegt hatte und andererseits die Ansicht, ein Stimmzettel sei auch für die Wahl der Wählergruppe ungültig, wenn mehr als zwei Vorzugsstimmen vergeben worden wären, unter den Wahlleitern der Sprengelwahlbehörden sehr verbreitet war.

2. Fehlende Begründung der Entscheidung der Kreiswahlbehörde über die Gültigkeit oder Ungültigkeit von Stimmzetteln:

Gemäß §65 Abs4 litc) LWO hätte auch die Kreiswahlbehörde eine Niederschrift gemäß §62 LWO verfassen und daher gemäß §62 Abs1 letzer Satz LWO die Gründe für jede über die Gültigkeit oder Ungültigkeit von Stimmzetteln getroffene Entscheidung anführen müssen. Tatsächlich hat die Kreiswahlbehörde aber ihre Entscheidungen nur hinsichtlich jener Stimmzettel begründet, die sie umbewertet hat, obwohl auch jene Entscheidungen begründet werden hätten müssen, in denen sich die Kreiswahlbehörde der Beurteilung durch die Sprengelwahlbehörde angeschlossen hat. Dies mußte insbesondere für jene Fälle gelten, in denen schon die Sprengelwahlbehörde eine solche Begründung rechtswidrig unterlassen hat.

Dieser Verfahrensmangel hat zur Folge, daß nunmehr hinsichtlich zahlreicher Stimmzettel nicht nachvollziehbar ist, aus welchen Gründen sie als ungültig bewertet wurden, wodurch einerseits das Anfechtungsrecht der Anfechtungswerberin andererseits die Prüfungsmöglichkeit des Verfassungsgerichtshofes beeinträchtigt wird.

Aus gegebenem Anlaß (die Niederschriften über die Sitzungen der Kreiswahlbehörde wurden erst am 22.12.1999, also zu einem Zeitpunkt fertiggestellt, zu dem die Frist für die Erhebung eines Einspruches gemäß §70 LWO längst abgelaufen und für die Verfassung der Anfechtungsschrift gerade noch die Weihnachtsfeiertage zur Verfügung standen) wird als Verfahrensmangel auch geltend gemacht, daß die Landeswahlbehörde nicht darauf bestanden hat, daß ihr die von der Kreiswahlbehörde verfaßten Niederschriften vor ihrer Entscheidung (als Teil der Wahlakten) übermittelt werden.

Dieser Verfahrensmangel hatte zur Folge, daß die Anfechtungswerberin praktisch daran gehindert wurde, einen Einspruch gemäß §70 LWO zu erheben, was auf das Wahlergebnis zumindest im Umfang von zwei Stimmen von Einfluß war (siehe dazu im einzelnen die Ausführungen zum Sprengel Nr. 601).

3. Unzulässige Überprüfung der gültigen Stimmen:

Gemäß §65 (1) (gemeint wohl: Abs4) LWO hat die Kreiswahlbehörde die Gültigkeit der einzelnen Stimmzettel nur zu überprüfen, wenn die Niederschrift einer Wahlbehörde hiezu Anlaß gibt.

Die Kreiswahlbehörde hat diese Bestimmung in der Regel so ausgelegt, daß sie alle in einem Wahlsprengel abgegebenen Stimmen, insbesondere auch die von der Sprengelwahlbehörde als gültig beurteilten Stimmen neu beurteilt und nachgezählt hat, wenn sie in der Niederschrift einer Sprengelwahlbehörde einen Makel gefunden zu haben glaubte.

Diese Vorgangsweise war rechtswidrig, weil die Niederschrift hinsichtlich der gültigen Stimmen nur das Vermerken des Zählergebnisses vorsah. Aus der Niederschrift der Sprengelwahlbehörden hätte sich daher wohl nur dann ein Anlaß zur Überprüfung auch der als gültig bewerteten Stimmen ergeben können, wenn ein Mitglied einer Sprengelwahlbehörde Bedenken gegen die Bewertung eines Stimmzettels als gültige Stimme in der Niederschrift vermerken hätte lassen. Dies ist allerdings in keinem einzigen Fall geschehen.

Es kann daher überhaupt keine Fälle geben, in denen eine Niederschrift dazu Anlaß gegeben haben könnte, auch die von der Sprengelwahlbehörde als gültig eingestuften Stimmen neu zu bewerten, da selbst eine fehlende ziffernmäßige Übereinstimmung der in der Niederschrift angeführten Stimmen-Zahlen bzw. eine allfällige Diskrepanz zwischen Niederschrift und Abstimmungsverzeichnis nur den Anlaß für eine ziffernmäßige Berichtigung im Sinne des ersten Satzes des §65 Abs4 LWO geboten hätte.

Schließlich wurde das Wahlverfahren vor den Sprengelwahlbehörden ja von keiner Wählergruppe angefochten, weshalb es gewissermaßen in Rechtskraft erwuchs. Die Kreiswahlbehörde kann daher nicht ermächtigt sein, das von den Sprengelwahlbehörden abgeführte Verfahren, welches durch die Übersendung der Niederschriften und der Wahlakten abgeschlossen wurde, nach Belieben zu wiederholen.

Jedenfalls konnte es nicht zulässig sein, beim geringsten Anlaß in den Niederschriften der Sprengelwahlbehörden, der immer nur die als ungültig bewerteten Stimmen betraf, auch alle von der Sprengelwahlbehörde als gültig eingestuften Stimmen zu überprüfen.

Diese Rechtswidrigkeit hat das Wahlergebnis (zumindest in Verbindung mit den übrigen Rechtswidrigkeiten) beeinflußt. Im einzelnen ergibt sich dieser Einfluß aus den untenstehenden Ausführungen zu den einzelnen Sprengeln.

In dem Zusammenhang fiel übrigens auf, daß die Kreiswahlbehörde in manchen Fällen von der Überprüfung auch der gültigen Stimmen Abstand nahm, wobei die Entscheidung, in welchen Fällen auch die gültigen Stimmen überprüft wurden, völlig willkürlich getroffen wurde.

4. Unzulässige Überprüfung solcher Stimmzettel, hinsichtlich welcher die Sprengelwahlbehörde die Entscheidung über die Ungültigkeit ausreichend begründet hat:

Aus dem Gesetzestext (arg: 'die Gültigkeit der einzelnen Stimmzettel hat die Kreiswahlbehörde nur zu überprüfen') ergibt sich, daß die Kreiswahlbehörde nur jene Stimmzettel hinsichtlich ihrer Gültigkeit umbewerten hätte dürfen, hinsichtlich derer sich aus der Niederschrift einer Sprengelwahlbehörde ein Anlaß zu einer solchen Überprüfung ergab.

Hatte daher z.B. eine Sprengelwahlbehörde die Begründung für die Ungültigkeit für jeden als ungültig bewerteten Stimmzettel gesondert angeführt und auch angegeben, auf welche Stimmzettel-Nummer sich eine bestimmte Begründung bezog, so wäre die Kreiswahlbehörde, wenn einzelne Begründungen unvollständig, unzureichend oder bedenklich gewesen sein sollten, nur dazu berechtigt gewesen, die Gültigkeit jener Stimmzettel zu überprüfen, deren Ungültigkeit nicht ordnungsgemäß begründet war, nicht aber auch jene, deren Ungültigkeit z. B. mit 'leer', 'doppelt angekreuzt' oder ähnlichen Bemerkungen ausreichend begründet war.

Die Auswirkung dieser Rechtswidrigkeit wird unten zu den einzelnen Sprengeln dargestellt.

5. Unzulässige Überprüfung von Sprengeln, deren Protokolle keinen Anlaß dazu gaben.

Die Kreiswahlbehörde hat Sprengel überprüft, deren Niederschriften dazu keinen Anlaß gaben. Bei welchen Sprengeln dies im einzelnen der Fall war, wird unten ausgeführt.

In dem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß es zwar zweckmäßig sein mag, wenn zwischen den (gemäß §57 Abs1 zweiter Satz LWO für die einzelnen als ungültig bewerteten Stimmzetteln zu vergebenden) fortlaufenden Nummern und der Begründung der Entscheidung über die Ungültigkeit einzelner Stimmzettel eine Beziehung hergestellt werden kann. Dies wird aber von der LWO nicht zwingend vorgeschrieben.

6. Unterlassung der Überprüfung von Sprengeln, deren Niederschriften ebenfalls Anlaß zur Überprüfung gegeben hätten:

Die Kreiswahlbehörde ist bei der Überprüfung der einzelnen Sprengel völlig willkürlich vorgegangen und hat teilweise die Gültigkeit von Stimmen überprüft, ohne daß die Niederschriften der Sprengelwahlbehörden hiezu einen Anlaß geboten hätten, andererseits aber die Überprüfung trotz eines Anlasses in der Niederschrift der Sprengelwahlbehörde unterlassen, wobei insbesondere auch völlig gleichgelagerte Fälle (z.B. wenn die Ungültigkeit von Stimmen mit der Formel 'Wählerwille nicht erkennbar' begründet wurde) verschieden behandelt wurden. Im einzelnen wird dies unten zu den einzelnen Wahlsprengeln ausgeführt werden.

7. Befangenheit eines Mitgliedes der Kreiswahlbehörde:

Ab der achten Sitzung der Kreiswahlbehörde vom 16. November 1999 war auch Dr. Günther Hye Mitglied der Kreiswahlbehörde (Niederschrift KWB vom 16.11.1999, Seite 2).

Dr. Günther Hye war aber schon Mitglied (Beisitzer) der Wahlbehörde für den im Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) liegenden Wahlsprengel Nr. 300 und daher gemäß §7 Abs1 Zif. 5 AVG (welche Bestimmung gemäß §73 Abs3 LWO auch im Wahlverfahren gilt) befangen, weil die Kreiswahlbehörde die Entscheidungen der Sprengelwahlbehörde (wenn auch nur in einem bestimmten Umfang) überprüfen und abändern kann und daher als Berufungsbehörde im Sinne der zitierten Befangenheits-Bestimmung anzusehen ist.

Im Hinblick darauf, daß so gut wie alle Abstimmungen der Kreiswahlbehörde Kampfabstimmungen waren, in denen die von den Parteien FPÖ, SPÖ und den GRÜNEN nominierten Mitglieder dieser Behörde mit der Mehrheit von einer einzigen Stimme jeweils gegen die Anträge der von der VP nominierten Mitglieder stimmten und wegen der schon erwähnten ... willkürlichen Vorgangsweise dieser Behörde stellt die Mitwirkung dieses befangenen Organs an den Entscheidungen der Kreiswahlbehörde einen Verfahrensmangel dar, der schon für sich allein die Aufhebung des Verfahrens vor der Kreiswahlbehörde rechtfertigen dürfte."

(Es folgen nunmehr Ausführungen zu den Sprengeln 1, 2, 20, 30, 40, 50, 51, 70, 73, 75, 81, 82, 101, 110, 112, 113, 120, 130, 131, 134, 140, 215, 223, 240, 243, 245, 253, 254, 255, 258, 263, 302, 304, 322, 331, 333, 350, 355, 360, 401, 430, 432, 501, 512, 600, 601, 632, 636, 700 und 907.)

1.4.3. Zur Z WI-17/99 wurde beim Verfassungsgerichtshof eine Anfechtung der FPÖ protokolliert, welche am 27.12.1999 zur Post gegeben wurde und die folgenden behaupteten Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens samt den zugehörigen Aufhebungsanträgen enthält:

"1. Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens zufolge rechtswidriger Zulassung einer Wählergruppe mit der Bezeichnung Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock im Wahlkreis Nr. 1 Innsbruck-Stadt:

Am 20.1.1999 um 12.10 Uhr hat der Zustellungsbevollmächtigte Harald Mimm, Salurnerstraße 2, 6020 Innsbruck einen Kreiswahlvorschlag im Wahlkreis Nr. 1 Innsbruck-Stadt mit der Bezeichnung 'SPÖ - Tirol - Herbert Prock, Kurzbezeichnung: SPÖ-Tirol' rechtzeitig eingebracht. Am 27.1.1999 hat laut Protokoll über die dritte Sitzung der Kreiswahlbehörde vom 11.2.1999 'die SPÖ' mitgeteilt, daß die Bezeichnung der Wählergruppe richtig 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' zu lauten hat. Die Behandlung der Kreiswahlvorschläge ist in §§18 ff. LWO geregelt. Die Ergänzung und Zurückziehung von Wahlvorschlägen ist in §32 LWO abschließend geregelt, ergänzt ohne Aufforderung seitens der Wahlbehörde darf der Wahlvorschlag nur aus Gründen, die in einer Person des Wahlwerbers gelegen sind, werden, ansonsten kann eine Wählergruppe ihren Wahlvorschlag nur zurückziehen. Die Änderung des Namens einer Wählergruppe ist im Gesetz nicht vorgesehen und daher auch nicht zulässig. Insoweit die Kreiswahlbehörde Innsbruck-Stadt die Änderung der Bezeichnung der Wählergruppe zugelassen und in der Folge auf dem Stimmzettel nicht die Wählergruppe mit der Bezeichnung 'SPÖ - Tirol - Herbert Prock' sondern 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' ausgewiesen hat, ist das Wahlverfahren mit Rechtswidrigkeit behaftet. Zwischen einer Wählergruppe mit der Bezeichnung 'SPÖ - Tirol - Herbert Prock' und einer Wählergruppe mit der Bezeichnung 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' ist ein erkennbarer Unterschied, während im ersteren Fall 'Tirol' im Vordergrund steht und der in der Regel wenig informierte Betrachter dahinter eine Tiroler Partei vermutet, wie es etwa die Wählergruppe Tiroler Volkspartei Wendelin Weingartner ist, steht im zweiten Fall die politische Partei der Österreichischen Sozialdemokraten insgesamt im Vordergrund. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, daß eine Änderung der Bezeichnung der Wählergruppe nach Einbringung des Wahlvorschlages möglich wäre, so wäre dann die Wählergruppe 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' zur Wahl nicht zuzulassen und ihr Wahlvorschlag gemäß §34 LWO als ungültig zurückzuweisen gewesen. Gemäß §28 Abs3 LWO darf nämlich ein Wahlwerber nur dann in einen Wahlvorschlag aufgenommen werden, wenn er hiezu seine Zustimmung schriftlich erklärt hat. Gemäß §28 Abs4 LWO muß jeder Wahlvorschlag von mindestens 100 Wahlberechtigten des Wahlkreises unterstützt sein. Beide Voraussetzungen sind für die 'Sozialdemokratische Partei Östrreichs - Tirol - Herbert Prock' nicht gegeben. Gemäß §34 Abs1 litb) und litc) wäre daher der Wahlvorschlag als zur Gänze ungültig zurückzuweisen gewesen. Darin, daß dies nicht geschehen ist, liegt eine weitere Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens.

Aus dem Wahlakt der Kreiswahlbehörde Innsbruck-Stadt ist zu ersehen, daß kein einziger auf der Liste der Wahlwerber der Wählergruppe 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' eine Zustimmungserklärung abgegeben hat und dieser Wahlvorschlag auch keine einzige Unterstützungserklärung gemäß Muster Anlage 1 im Sinne des §28 Abs4 LWO aufweist. Diesbezügliche Erklärungen finden sich nur für die Wählergruppe 'SPÖ - Tirol - Herbert Prock', die aber tatsächlich zu den Tiroler Landtagswahlen nicht angetreten ist und sich auch auf dem amtlichen Stimmzettel nicht befindet. Wenn man die Auffassung vertreten würde, daß nach Einbringung eines Wahlvorschlages die Bezeichnung der Wählergruppe geändert werden kann, so müßte in einem derartigen Fall jedenfalls gefordert werden, daß der Bezeichnung der Wählergruppe entsprechende Zustimmungs- und Unterstützungserklärungen beigebracht werden, zumal keineswegs feststeht, daß diejenigen aktiv und passiv wahlberechtigten Frauen und Männer, die eine 'SPÖ - Tirol - Herbert Prock' unterstützen oder für sie zu kandidieren bereit sind, dies in gleicher Weise auch für die 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' zu tun bereit sind.

Da eine Änderung der Bezeichnung der Wählergruppe im Gesetz nicht vorgesehen ist, andererseits für die Wählergruppe, die auf dem amtlichen Stimmzettel aufscheint, dem Gesetz entsprechende Zustimmungs- und Unterstützungserklärungen nicht vorgelegt wurden, war die Entscheidung der Kreiswahlbehörde Innsbruck-Stadt vom 11.2.1999, gegen die gemäß §33 Abs1 LWO ein Rechtsmittel nicht zulässig war, jedenfalls rechtswidrig. Eine dem Gesetz entsprechende Kandidatur einer Wählergruppe 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock', die in der Folge auf dem amtlichen Stimmzettel aufschien und für die 14.284 Stimmen abgegeben wurden, ist daher nur durch einen rechtswidrigen Vorgang im Wahlverfahren zustandegekommen, was bedeutet, daß die für diese Wählergruppe abgegebenen Stimmen jedenfalls als ungültig zu werten sind. Dadurch entfällt die Zuteilung eines Mandats im ersten Ermittlungsverfahren und reduziert sich auch die Summe der Reststimmen für die im übrigen im ganzen Land Tirol unter der Bezeichnung 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' angetretene Wählergruppe um 6.228.

Zu berücksichtigen ist auch die Auswirkung der oben dargestellten Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens auf das zweite Ermittlungsverfahren. Gemäß §36 Abs1 LWO haben die Wählergruppen zur Geltendmachung ihres Anspruches auf Zuweisung weiterer Mandate im zweiten Ermittlungsverfahren spätestens am 12. Tag vor dem Wahltag einen Landeswahlvorschlag bei der Landeswahlbehörde einzubringen. In die Landeswahlvorschläge dürfen nur Personen aufgenommen werden, die bereits in einem Kreiswahlvorschlag der betreffenden Wählergruppe als Wahlwerber aufgenommen sind.

Voraussetzung für die Aufnahme in den Landeswahlvorschlag ist also die rechtsgültige Kandidatur in einem Kreiswahlvorschlag. Geht man davon aus, daß der Kreiswahlvorschlag der zur Wahl zugelassenen Wählergruppe Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock im Wahlkreis Nr. 1 Innsbruck-Stadt ungültig war, so sind aus dem Landeswahlvorschlag der Wählergruppe 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' jene Wahlwerberinnen und Wahlwerber zu streichen, die in dem für ungültig erklärten Kreiswahlvorschlag enthalten waren. Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, daß die Wählergruppe im Wahlkreis Nr. 1 mit der Bezeichnung 'SPÖ - Tirol - Herbert Prock', Kurzbezeichnung SPÖ - Tirol, soferne sie ihren Wahlvorschlag aufrecht erhalten hätte, gemeinsam mit den in allen anderen Wahlkreisen kandidierenden Wählergruppen 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' keinen Landeswahlvorschlag hätte einbringen können, da zur Einbringung eines gültigen Landeswahlvorschlages die Identität und gleiche Bezeichnung aller Kreiswahlvorschläge erforderlich ist.

Da die Gültigkeit der Nennung eines Direktkandidaten nach den Bestimmungen der LWO von der Gültigkeit des Wahlvorschlages abhängt, sind auch die für die Wahl des Direktkandidaten im Wahlkreis Nr. 1 Innsbruck-Stadt für den Kandidaten Herbert Prock abgegebenen

14.887 Stimmen als ungültig zu erklären, ohne daß dies von Auswirkungen auf das Wahlergebnis wäre.

Im Hinblick auf die vorstehend aufgezeigten Rechtswidrigkeiten wird der Antrag gestellt, in Stattgebung der gegenständlichen Wahlanfechtung hinsichtlich der Wahl in den Tiroler Landtag am 07.03.1999 aufzuheben:

-

das Wahlverfahren vor der Kreiswahlbehörde für den Wahlkreis Nr. 1 (Innsbruck-Stadt) von der Entscheidung über die Zulässigkeit des Wahlvorschlages der Wählergruppe 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' in der dritten Sitzung der Kreiswahlbehörde am 11.02.1999 an

-

das Wahlverfahren vor der Landeswahlbehörde von der Zulassung des Landeswahlvorschlages der Wählergruppe 'Sozialdemokratische Partei Österreichs - Tirol - Herbert Prock' an, was letztlich bedeutet, daß die Wahl zum Tiroler Landtag in Tirol zu wiederholen ist.

              2.              Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens im gesamten Land Tirol wegen Verstoßes gegen §57 Abs3 LWO:

Im Zuge der Nachprüfung des Wahlergebnisses durch die Kreiswahlbehörde des Wahlkreises Nr. 1 Innsbruck-Stadt nach Vorliegen des Erkenntnisses des VfGH wurde u.a. festgestellt, daß in keinem einzigen Sprengel dieses Wahlkreises die gemäß §57 Abs3 LWO zwingend vorgeschriebenen Zähllisten und Gegenlisten geführt wurden. §57 Abs3 LWO bestimmt, daß anläßlich der Zählung der Stimmen zur Feststellung der Stimmen Zähllisten und Gegenlisten zu führen sind. Im Zuge der hierauf entstehenden auch öffentlichen Diskussion äußerte sich einer der führenden Beamten beim Amt der Tiroler Landesregierung ... dahingehend, daß derartige Zähllisten und Gegenlisten in Tirol bei den Landtagswahlen niemals geführt worden seien, es handle sich dabei - so (A B) wörtlich - um totes Recht. Die Anfechtungswerberin geht daher davon aus, daß in keinem einzigen Wahlsprengel im Land Tirol zur Feststellung der Stimmen Zähllisten und Gegenlisten geführt wurden. Im Wahlkreis Nr. 1 Innsbruck-Stadt gestaltete sich gerade im Hinblick darauf, daß diese Listen fehlen, die Nachprüfung gemäß §65 Abs4 LWO äußerst schwierig. Wenn 57 Abs3 LWO bestimmt, daß anläßlich der Zählung der Stimmen zur Feststellung der Stimmen Zähllisten und Gegenlisten zu führen sind, so können die Wahlbehörden nicht von sich aus diese zwingende Bestimmung des Wahlgesetzes außer Kraft setzen und zum toten Recht erklären. Ohne Zähllisten und Gegenlisten kann das Wahlergebnis auch für den Fall, daß es, wie im Wahlkreis Nr. 1, Innsbruck-Stadt zu aufklärungsbedürftigen Sachverhalten kommt, die eine Nachprüfung durch die Kreiswahlbehörde rechtfertigen, zu keiner zweckentsprechenden Nachprüfung kommen. Dadurch,

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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