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27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;Norm
GGG 1984 §13 Abs2 idF 2001/I/131;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde 1.) der Mag. V R, und 2.) des Mag. S R, beide in S und vertreten durch Dr. Michael Pressl, Dr. Robert Pressl, Mag. Alexander Heinrich, Dr. Clemens Endl, Dr. Christoph Bamberger und Dr. Bettina Pressl, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 21A, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29. Juli 2004, Zl. Jv 1759-33/04-7, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Antrag der beschwerdeführenden Parteien wurde vom Bezirksgericht Salzburg neben der Vormerkung des Eigentumsrechtes die Eintragung des Pfandrechtes für die Darlehensforderung einer Bausparkasse auf der näher bezeichneten Liegenschaft mit Beschluss vom 23. Februar 2004 bewilligt und am 24. Februar 2004 im Grundbuch vollzogen. Eine Gebührenbefreiung war nicht beantragt worden.
Mit Schreiben vom 11. März 2004 sandte die Bausparkasse die Zahlungsaufforderung des Bezirksgerichtes Salzburg wieder an dieses zurück, beantragte die Erlassung eines Zahlungsauftrages und die Befreiung von der Gerichtsgebühr gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984.
Mit Zahlungsauftrag vom 22. März 2004 schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Salzburg den beschwerdeführenden Parteien sowie der Bausparkasse die Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 4 GGG von EUR 2.205,-- sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG von EUR 7,-- vor.
In dem dagegen eingebrachten Berichtigungsantrag vom 25. März 2004 brachten die beschwerdeführenden Parteien sowie die Bausparkasse vor, die Bausparkasse habe den beschwerdeführenden Parteien ein Darlehen zur Finanzierung einer Wohnung gewährt, das nach den Bestimmungen des § 53 Abs. 3 WFG 1984 durch die Gebührenbefreiung gefördert werde. Es werde diese Gebührenbefreiung beantragt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht statt. Die Bestimmung des § 13 Abs. 2 GGG sei mit der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle (EGN), BGBl. I Nr. 131/2001, geändert worden. Nach dem geänderten Wortlaut dieser Vorschrift, trete die Gebührenbefreiung nur dann ein, wenn sie in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werde. Mit Eingabe, Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung sei jener Zeitpunkt bestimmt, wonach der Gebührenanspruch des Bundes im Sinne des § 2 GGG begründet werde. Für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 sei ebenfalls der Zeitpunkt maßgeblich, in dem gemäß § 2 GGG die Gebührenpflicht begründet werde. Dies bedeute im Beschwerdefall, dass hinsichtlich der Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b Z 4 GGG die Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 spätestens im Zeitpunkt der Vornahme der Eintragung im Grundbuch zu erfolgen habe. Die Inanspruchnahme einer Gebührenbefreiung habe rechtzeitig bei der Behörde zu erfolgen, bei der die Gebühr angefallen sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2003, Zl. 2000/16/0362). Aus der Regierungsvorlage (759 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP) sei anlässlich der Novellierung der §§ 10 und 13 GGG zu entnehmen, dass auch die Intention des Gesetzgebers darin bestanden habe, einen Zeitpunkt der Inanspruchnahme einer Gebührenbefreiung aufzunehmen. So werde ausgeführt, dass die unverzügliche Bezugnahme auf die Befreiungsregelung erforderlich sei, um im konkreten Fall in den Genuss einer nach wie vor bestehenden Gebührenbefreiung zu kommen. Die Rechtzeitigkeit der Inanspruchnahme einer Gebührenbefreiung sei somit Voraussetzung.
Die nach der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle verbliebenen und danach neu hinzugekommenen Gebührenbefreiungen seien mit paraten Bescheinigungsmitteln zu begründen. So müsse im Beschwerdefall, in dem die Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 begehrt werde, bereits im Zeitpunkt der Inanspruchnahme eine Förderungszusicherung vorliegen, um einen Rechtsanspruch auf die Gebührenbefreiung zu erwerben. Dass die anwaltlich vertretenen Gesuchsteller im Zeitpunkt der Entstehung des Gebührenanspruches des Bundes die nunmehr begehrte Gebührenbefreiung trotz vorliegender Förderungszusicherung nicht in Anspruch genommen hätten, sei unstrittig. Zur Frage der rechtzeitigen Inanspruchnahme dürfe auch auf den Bereich der Verfahrenshilfe verwiesen werden, wo die Gebührenfreiheit mit dem Tag eintrete, an dem sie beantragt worden sei. Vor dem Zeitpunkt der Antragstellung verwirklichte Gebührentatbestände seien von der Befreiung nicht erfasst. Auch hier habe der Gesetzgeber, um für Rechtssicherheit zu sorgen, den Zeitpunkt der rechtzeitigen Inanspruchnahme geregelt.
Der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Gebührenbefreiung nach § 53 WFG 1984 nachträglich im Berichtigungsantrag geltend gemacht werden könne, liege die Bestimmung des § 13 GGG in der Fassung vor der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001, zugrunde. Das ergänzende Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien in der Stellungnahme, dass § 13 GGG zwar tatsächlich eine Änderung erfahren habe, der neue Abs. 2 jedoch inhaltlich dem ersten Satz des § 13 GGG in seiner bisherigen Fassung entspreche, d.h., dass auch die Bestimmung hinsichtlich des Zeitpunktes, bis wann die Gebührenbefreiung zu beantragen sei, vollinhaltlich gleich geblieben sei, widerspreche dem klaren Wortlaut des § 13 Abs. 2 GGG. Die Gebührenbefreiung sei daher nicht zu gewähren und dem Berichtigungsantrag sei nicht stattzugeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung für die Pfandrechtseinverleibung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 13 GGG, BGBl. Nr. 501/1984 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 131/2001, lautete:
"§ 13. Ist die Befreiung von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte und Justizverwaltungsbehörden ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährt (sachliche Gebührenfreiheit), so erstreckt sie sich auf alle am Verfahren beteiligten Personen und ihre Bevollmächtigten sowie gesetzlichen Vertreter; sie ist in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch zu nehmen. ..."
§ 13 GGG in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2001 lautet:
"§ 13. (1) Soweit Staatsverträge nicht entgegenstehen, sind in gesetzlichen Vorschriften ohne Beziehung auf bestimmte Personen aus sachlichen Gründen gewährte Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Ausgenommen hievon sind die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach § 15 Abs. 3 Agrarverfahrensgesetz, dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, dem Neugründungs-Förderungsgesetz, dem 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz, dem Euro-Genossenschaftsbegleitgesetz und Art. 34 § 1 Budgetbegleitgesetz 2001.
(2) Nach Abs. 1 weiterhin bestehende Gebührenbefreiungen erstrecken sich auf alle am Verfahren beteiligten Personen, deren gesetzliche Vertreter und Bevollmächtigte; sie treten aber nur ein, wenn sie in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werden."
Nach den Gesetzesmaterialien (759 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP, Besonderer Teil, Zu Z 8, Änderung von § 13 GGG, Punkt 4) entspricht der neue Abs. 2 inhaltlich dem ersten Satz des § 13 GGG in seiner bisherigen Fassung. Somit war es nicht Absicht des Gesetzgebers, der Neufassung des § 13 Abs. 2 GGG einen anderen Inhalt zu geben als der erste Satz des § 13 GGG in der Altfassung schon hatte. Werden die Wortlaute der Altfassung des § 13 erster Satz GGG mit der Neufassung des § 13 Abs. 2 GGG verglichen, dann kann die geänderte Formulierung nicht so ausgelegt werden, dass damit eine Änderung hinsichtlich des Zeitpunktes der Antragstellung zur Erlangung der Gebührenbefreiung eingetreten ist. Eine solche wesentliche zeitliche Einschränkung der Antragstellung auf Gebührenbefreiung ist aus der Neufassung nicht ableitbar. Im Übrigen findet sich für eine solche bedeutsame Änderung zur bisherigen Rechtslage auch kein Hinweis in den Gesetzesmaterialien.
Nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. März 1990, Zl. 89/16/0117 und vom 17. Mai 1990, Zl. 89/16/0122) kann die persönliche und sachliche Gebührenfreiheit auch noch innerhalb der für den Berichtigungsantrag offen stehenden Frist in Anspruch genommen werden (vgl. auch Tschugguel-Pötscher, Gerichtsgebühren7, E 1. zu § 13 GGG).
Entspricht der neue Abs. 2 des § 13 GGG, in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2001, inhaltlich dem ersten Satz des § 13 GGG in seiner vorangegangenen Fassung, dann ist davon auszugehen, dass auch nach der Rechtslage der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 131/2001, die nach der erfolgten Eintragung beantragte Gebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 noch innerhalb der für den Berichtigungsantrag offen stehenden Frist in Anspruch genommen werden kann.
Wenn die belangte Behörde zur Stützung ihrer Argumentation auf das Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2000/16/0362, und den Bereich der Verfahrenshilfe verweist, ist dem zu entgegnen, dass das zitierte, in einer Angelegenheit des GGG in Verbindung mit dem NeuFöG ergangene Erkenntnis die von der belangten Behörde versagte Gebührenbefreiung als nicht rechtswidrig erkannte, weil im Zeitpunkt der Eintragung in das Firmenbuch eine materielle Voraussetzung (eine bestimmte, durch einen amtlichen Vordruck formgebundene Erklärung samt Bestätigung) nicht vorlag.
§ 4 Abs. 4 Neugründungs-Förderungsgesetz (NeuFöG) lautet:
"(4) Konnten die Wirkungen des § 1 zunächst nur deshalb nicht eintreten, weil der amtliche Vordruck zur Erklärung der Neugründung noch nicht aufgelegt war, so treten bei nachträglicher Vorlage (Abs. 1) oder bei Ausstellung (Abs. 2) des amtlichen Vordrucks die Wirkungen des § 1 nachträglich (rückwirkend) ein. Abgaben und Gebühren im Sinne des § 1 Z 1 bis 6 sind in einem solchen Fall zu erstatten."
Mit dieser Regelung ist eine nachträgliche Vorlage oder Ausstellung des amtlichen Vordrucks nur unter den in der zitierten Bestimmung genannten Voraussetzungen zulässig. Das WFG 1984 enthält keine ähnliche Bestimmung, wonach die nachträgliche Vorlage der Förderungszusicherung zu keiner Befreiung von den Gerichtsgebühren führen kann. Entscheidend ist allerdings, dass im Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch bereits eine Förderungszusicherung erteilt wurde (vgl. das hg Erkenntnis vom 28. März 1996 , Zl. 96/16/0039).
Die Wirksamkeit der Verfahrenshilfe ist in § 9 GGG gesondert geregelt. Hier ist für die Gebührenbefreiung nicht die im Zeitpunkt des Entstehens des Gebührenanspruches bereits bewilligte Verfahrenshilfe erforderlich, sondern es genügt die Antragstellung, wenn die Bewilligung der Verfahrenshilfe folgt. Diese Gebührenbefreiung ist somit anders geregelt als die Gebührenbefreiung nach dem NeuFöG und dem § 53 Abs. 3 WFG 1984.
Gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2001 sind Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, von Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen 150 m2, nicht übersteigt.
Liegen diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch vor, dann sind die Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte von Gesetzes wegen von den Gerichtsgebühren befreit. Die Befreiung ist aber nicht von Amts wegen zu gewähren, sondern es bedarf hiezu der Antragstellung, wobei der Zeitpunkt der Antragstellung nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nach dem Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch liegen kann, Der Antrag ist aber spätestens bis zum Zeitpunkt der Einbringung des Berichtigungsantrages zu stellen.
Da die belangte Behörde die Gerichtsgebührenbefreiung nach § 53 Abs. 3 WFG 1984 deswegen versagte, weil sie erst nach der Eintragung im Grundbuch - im Beschwerdefall vor Ergehen des Zahlungsauftrages - geltend gemacht wurde, verkannte sie die Rechtslage.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Dezember 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004160193.X00Im RIS seit
18.01.2005