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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §58 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/21/0296 2004/21/0315 2004/21/0298 2004/21/0299 2004/21/0300 2004/21/0301 2004/21/0302 2004/21/0303 2004/21/0304 2004/21/0305 2004/21/0306 2004/21/0307 2004/21/0308 2004/21/0309 2004/21/0310 2004/21/0311 2004/21/0312 2004/21/0313 2004/21/0314 2004/21/0297Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien
1. T (geboren am 4.7.1977), 2. Z (geboren am 22.7.1964), 3. E (geboren am 19.12.1973), 4. N (geboren am 31.5.1966), 5. S (geboren am 21.4.1985), 6. R (geboren am 23.8.1960), 7. V (geboren am 12.2.1957), 8. I (geboren am 28.1.1972), 9. Z (geboren am 9.7.1955), 10. E (geboren am 10.3.1958), 11. E (geboren am 14.2.1961), 12. T (geboren am 3.9.1961), 13. T (geboren am 2.5.1968), 14. E (geboren am 27.10.1961), 15. A (geboren am 18.3.1980), 16. E (geboren am 13.6.1964), 17. V (geboren am 12.11.1955), 18. V (geboren am 13.4.1965), 19. E (geboren am 23.11.1958), 20. L (geboren am 25.8.1957) und 21. A (geboren am 6.2.1957), alle vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Obrecht, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 21, gegen mit 5. November 2004 datierte Bescheide der Österreichischen Botschaft in Bukarest, betreffend Versagung von Visa, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige der Republik Moldawien, beantragten bei der Botschaft der Republik Österreich in Bukarest mittels Formularen die Ausstellung je eines Visums mit einer Gültigkeitsdauer vom 21. bis 28. Dezember 2004 für den touristischen Aufenthaltszweck. In der Rubrik "Auskunftspersonen" dieser Anträge führten sie den Namen und die Adresse jenes Vereines an, der - wie sich aus einer Beilage dieser Anträge ergibt - die Beschwerdeführer zu einem mehrtägigen Aufenthalt in Österreich eingeladen hatte. Diese vom Vereinsobmann am 4. November 2004 unterfertigte (und nach der Aktenlage an diesem Tag bei der belangten Behörde eingelangte) Einladung des Vereins beinhaltet folgende Verpflichtungserklärung:
"Wir verpflichten uns für den Unterhalt und die Unterkunft der eingeladenen Person(en) aufzukommen. Wir verpflichten uns weiters der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt - auch wenn dieser aus welchen Gründen immer über den Zeitraum der Einladung hinausgeht - und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen.
Mit freundlichen Grüßen
...
Obmann"
Neben einem genauen Reiseprogramm, beginnend mit der Abfahrt am 20. Dezember 2004, mehreren Reservierungsbestätigungen für die Übernachtungen und einer Zahlungsbestätigung für eine Reiseversicherung der Beschwerdeführer ist dieser Einladung folgende weitere, vom Vereinsobmann unterfertigte Erklärung des einladenden Vereins angeschlossen:
"Kostenübernahmeerklärung
Der Verein E.W., S-Straße 53, L., übernimmt für die nachstehend angeführten Personen während ihres Aufenthaltes vom 20.12.04 bis 27.12.04 im Schengenraum die gesamten Aufenthalts- und Reisekosten. Weiters weisen wir darauf hin, dass für alle Visawerber durch uns eine umfangreiche Versicherung bei der Europäischen Reiseversicherung abgeschlossen wurde, die auch eine Haftpflichtversicherung umfasst.
..."
Den einzelnen Anträgen der Beschwerdeführer sind zudem einerseits - durchwegs fremdsprachige (und zum Teil als Bankbestätigungen über vorhandene Geldbeträge erkennbare) - Erklärungen sowie andererseits gleichlautende, mit den jeweiligen Namen der Beschwerdeführer versehene und von diesen unterfertigte Formulare folgenden Inhalts angeschlossen:
"Bestätigung und Zusicherung
Ich, ..., garantiere, dass ich während des Aufenthalts in den Schengenstaaten keine Versuche starten werde, etwas gesetzwidriges in Bezug auf das Ausländergesetz und alle weiteren für mich geltenden Gesetze zu übernehmen. Dazu gehört unter anderem das Arbeiten ohne Arbeitserlaubnis, Bitte um Asylgewährung und ähnliche Handlungen. Des Weiteren bestätige ich zusätzlich, über die Gesetzesauflagen unterrichtet worden zu sein. Auch bin ich davon in Kenntnis gesetzt worden, dass bei jeder Zuwiderhandlung eine sofortige Untersuchungshaft und die spätere Abschiebung folgt, dessen Kosten ich selbst zu tragen habe.
..."
Über diese Anträge hat die belangte Behörde mit jeweils
gleich lautenden Schreiben vom 5. November 2004 wie folgt
entscheiden:
"ÖSTERREICHISCHE BOTSCHAFT
Konsularabteilung
Str. Vasile Lascar 51
Bukarest
........
Sie haben am 5.11.2004 bei der Konsularabteilung der Österreichischen Botschaft Bukarest einen Antrag auf Erteilung eines Visums eingebracht. Eine Prüfung hat ergeben, dass Ihr Antrag gem. der folgenden Bestimmungen des Österreichischen Fremdengesetzes (FrG 1997) abgelehnt werden muss:
Es besteht Grund zur Annahme, dass Sie nach Ablauf der Gültigkeit des Visums das Bundesgebiet nicht unaufgefordert verlassen werden (§ 10(2)5 FrG 1997).
Hinweis:
Im Falle einer Ablehnung können Sie erneut einen Antrag auf die Erteilung eines Visums stellen, wenn die für die Ablehnung Ihres Visumsantrages maßgeblichen Gründe bzw. Umstände weggefallen sind.
Bukarest, am 5.11.2004"
Gegen diese Entscheidungen der belangten Behörde richtet sich die von den Beschwerdeführern mit einem gemeinsamen Schriftsatz eingebrachte Beschwerde, in der sie sich in ihrem Recht auf kurzfristigen Aufenthalt in Österreich verletzt erachten.
Über diese Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zunächst besteht kein Zweifel, dass die vorliegenden Entscheidungen der belangten Behörde vom 5. November 2004 als Bescheide zu qualifizieren sind (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. November 2003, B 1701/02, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).
Die in den vorliegenden Beschwerdefällen maßgeblichen Rechtsvorschriften des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, lauten (auszugsweise):
"Versagung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels
§ 10. (1) ...
(2) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels kann wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z 2) insbesondere versagt werden, wenn
1.
...
5.
Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Titels das Bundesgebiet nicht unaufgefordert verlassen.
(3) ...
Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden
§ 93. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zweckdienlichen Urkunden und sonstige Beweismittel selbst vorzulegen; die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Über schriftlichen oder niederschriftlichen Antrag der Partei ist die Entscheidung gemäß Abs. 1 auch schriftlich auszufertigen; hiebei sind außer der getroffenen Entscheidung die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen anzuführen; einer weiteren Begründung bedarf es nicht.
(3) ..."
Die angefochtenen Bescheide enthalten zwar, wie dargestellt, die Begründung, es sei anzunehmen, die jeweiligen Beschwerdeführer würden nach Ablauf der Gültigkeit ihres Visums das Bundesgebiet nicht unaufgefordert verlassen. Diese Begründung ist jedoch ohne weitere Ausführungen über den zugrunde gelegten Sachverhalt nicht schlüssig.
Nach der in der Beschwerde zutreffend angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 19. November 2003, Zl. 2001/21/0001, mwN) erfordern die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens, dass der für eine Entscheidung maßgebliche Sachverhalt, wenn er schon nicht in der Begründung des Bescheides darzulegen ist, zumindest im Akt nachvollziehbar sein muss. Auch der Verfassungsgerichtshof hat im bereits zitierten Erkenntnis, B 1701/02, im Zusammenhang mit den Minimalanforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren ausgesprochen, dass es selbst bei Bedachtnahme auf die Vorschriften des § 93 FrG für den Rechtsschutz - gerade noch - hinreiche, wenn (u.a.) der maßgebliche Sachverhalt im Akt nachvollziehbar ist.
Diese Mindestanforderungen sind in den vorliegenden Beschwerdefällen nicht erfüllt. Entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Ansicht der belangten Behörde ist es nämlich nicht "offensichtlich", dass es sich bei den im Akt befindlichen Bankbestätigungen, die die Beschwerdeführer mit ihren Visaanträgen vorgelegt haben, um "Totalfälschungen" handelt. Die durchwegs fremdsprachigen Bestätigungen weisen zwar zum Teil den von der belangten Behörde ins Treffen geführten einheitlichen Farbstich auf, doch ist dieser Umstand für sich allein noch nicht aussagekräftig genug, um zur genannten Annahme zu gelangen. Die belangte Behörde hat die in Rede stehenden Bankbestätigungen auch nicht etwa durch einen entsprechenden Sachverständigen untersuchen lassen. Von daher kommt aber auch der in der Beschwerde zutreffend gerügten Verletzung des Parteiengehörs (§ 93 Abs. 1 FrG) Relevanz zu. Der Verfahrensmangel der fehlenden Gewährung einer Stellungnahmemöglichkeit wird von der belangten Behörde in der Gegenschrift im Übrigen eingeräumt.
Die angefochtenen Bescheide waren somit nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 52 Abs. 1 leg. cit., in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. Dezember 2004
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Begründung Begründungsmangel Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004210291.X00Im RIS seit
30.12.2004