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L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;Norm
ABGB §143;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des LA in H, vertreten durch Mag. Elisabeth Hauptmann-Höbart, Rechtsanwältin in 3130 Herzogenburg, Erich-Sulzer-Straße 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Jänner 2002, Zl. GS5-F-46.491/3-01, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten (BH) vom 27. November 2000 wurde der Beschwerdeführer gemäß den §§ 37 und 39 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten der seiner Mutter geleisteten Sozialhilfe in Höhe von monatlich S 2.060,-- (EUR 149,71) ab 1. August 2000 zu leisten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die BH habe die Mutter des Beschwerdeführers im Landespensionisten- und Pflegeheim Herzogenburg untergebracht. Auf Grund seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht sei der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten dieser Sozialhilfemaßnahme in der genannten Höhe zu leisten.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er brachte vor, seine Schwester Maria S sei auf Grund des Übergabsvertrages vom 1. September 1992 zur Leistung des Unterhalts für seine Mutter verpflichtet. Mit diesem Vertrag habe seine Mutter der Maria S Haus und Grund gegen Einräumung eines lebenslänglichen Wohn- und Ausgedingerechts übertragen. Maria S sei aus diesem Vertrag u.a. verpflichtet, alle Arzt-, Medikamenten- und Spitalskosten seiner Mutter zu tragen. Sie sei weiters zu vollständiger und liebevoller Pflege, Wartung und Betreuung im Krankheitsfalle und bei eintretender Pflegebedürftigkeit verpflichtet. Alleine Maria S könne daher zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten der Unterbringung seiner Mutter im Landespensionisten- und Pflegeheim Herzogenburg verpflichtet werden. Haus und Grund seien der Maria S ohne entsprechende Gegenleistung übertragen worden, während der Beschwerdeführer selbst auf sämtliche Erb- und Pflichtteilsansprüche verzichtet habe. Im Übrigen hätte die Behörde die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der für einen Kostenersatz in Betracht kommenden Personen zu vergleichen gehabt. Hätte sie dies getan, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass Maria S in der Lage sei, die entsprechenden Kosten alleine zu tragen.
Über Vorhalt der Sach- und Rechtslage durch die Berufungsbehörde wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass es sich beim in Rede stehenden Übergabsvertrag um eine so genannte "gemischte Schenkung" handle; Leistung und Gegenleistung stünden in einem auffallenden Missverhältnis. Haus und Garten seien mindestens 4 Mio. S wert; dem stehe eine Gegenleistung von S 200.000,-- sowie ein Wohnungs- und Ausgedingerecht gegenüber, das - im Vertrag - mit monatlich S 1.200,-- bewertet worden sei. In einem derartigen Fall könne, insbesondere auch, weil der Vertrag zwischen Angehörigen geschlossen worden sei, auf die Absicht einer gemischten Schenkung geschlossen werden. Damit komme § 947 ABGB zur Anwendung, sodass seine Mutter vom geschenkten Betrag jährlich die gesetzlichen Zinsen von der Geschenknehmerin fordern könne. Ihr gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen den Beschwerdeführer wäre dadurch nicht nur gemindert, sondern entfallen, zumal gemäß § 143 ABGB auch eine Heranziehung des "stammeseigenen" Vermögens seiner Mutter möglich sei.
Die Berufungsbehörde holte ein Schätzgutachten betreffend den Verkehrswert der der Maria S übergebenen Liegenschaft (im Zeitpunkt der Übergabe) ein.
Diesem - näher begründeten - Gutachten eines Amtssachverständigen des Gebietsbauamtes III vom 2. August 2001 zufolge betrug der Verkehrswert der Liegenschaft im Jahre 1992 rund S 1,450.000,-- (EUR 105.375,60), wobei laut Ergänzungsgutachten vom 27. August 2001 das Wohnrecht der Maria A mit S 233.472,-- zu bewerten und ein 20 %iger Abschlag wegen eingeschränkter Verwertbarkeit aus Nutzungsrechten in Anschlag zu bringen sei. Unter Berücksichtigung des Wohnrechtes sei der Verkehrswert der Liegenschaft daher auf rund S 970.000,-- (EUR 70.492,65) zu schätzen. Die Erhaltung der ungenützten Objekte und die Pflege des Gartens sei mit laufenden finanziellen Belastungen und mit Zeitaufwand verbunden (die im Jahre 1993 vorgenommene straßenseitige Dachsanierung habe einen Kostenaufwand in Höhe von S 90.000,-- erfordert; auf finanzielle Ausgaben wie Grundsteuer, Kanalgebühr etc. werde hingewiesen). Ein Ertrag aus der Liegenschaft scheine erst nach einer mit hohem finanziellen Aufwand verbundenen Sanierung möglich.
In seiner im Rahmen des Parteiengehörs erstatteten Stellungnahme brachte der Beschwerdeführer vor, selbst auf der Grundlage der im Schätzgutachten vorgenommenen Bewertung erreichten die gesetzlichen Zinsen vom geschenkten Wert eine solche Höhe, dass eine Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers nicht zum Tragen komme. Dass die Erhaltung der ungenützten Objekte und die Pflege des Gartens mit laufenden finanziellen Belastungen und mit Zeitaufwand verbunden sei, sei allerdings unrichtig, ebenso, dass die Objekte erst nach Sanierung ertragreich genutzt werden könnten. Das Haus stehe leer, obwohl es etwa als Lager für einen in der Nähe befindlichen Supermarkt vermietet werden könnte und auch eine entsprechende Nachfrage bestehe. Mieteinnahmen würden aber zu einer Minderung oder zum Wegfall der Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers führen. Demgegenüber lasse Maria S das Objekt leer stehen und verfallen; dies dürfe dem Beschwerdeführer aber nicht zum Nachteil gereichen.
Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 16. Jänner 2002 wurde der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und der erstbehördliche Bescheid dahin geändert, dass der Beschwerdeführer einen Kostenbeitrag in Höhe von S 1.079,-- (EUR 78,41) ab 1. August 2000 zu leisten habe. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Mutter des Beschwerdeführers sei seit dem 26. Juli 2000 im Landespensionisten- und Pflegeheim Herzogenburg untergebracht. Die Verpflegskosten dieser Einrichtung würden - einschließlich Sozialhilfe-Taschengeld - monatlich EUR 1.689,21 (S 23.244,--) betragen, die Eigenleistung der Mutter des Beschwerdeführers monatlich EUR 1.271,37 (S 17.494,40). Die Differenz zwischen den monatlichen Verpflegskosten und der monatlichen Eigenleistung betrage EUR 417,87 (S 5.750,--). Den unterhaltspflichtigen Angehörigen könnte somit anteilsmäßig ein Kostenersatz bis zur Höhe dieses Betrages vorgeschrieben werden. Die gesetzliche Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers ergebe sich aus § 143 Abs. 1 und 2 ABGB, wonach ein Kind seinen Eltern - unter Berücksichtigung seiner eigenen Lebensverhältnisse - den Unterhalt schulde, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande sei, sich selbst zu erhalten und sofern er seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Kinde nicht gröblich vernachlässigt habe. Mehrere Kinder hätten den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten. Der Beschwerdeführer habe seine gesetzliche Unterhaltspflicht zwar grundsätzlich anerkannt, jedoch auf eine vertragliche Unterhaltspflicht seines Schwester Maria S verwiesen. Nun stellten die im erwähnten Übergabs- und Erbverzichtsvertrag vereinbarten Ausgedingeleistungen einschließlich jenen der Pflege Sachleistungen dar, deren Umwandlung in einen Anspruch auf Geldleistungen nur im Falle ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung oder im so genannten "Unvergleichsfall" möglich wäre. Eine entsprechende ausdrückliche vertragliche Vereinbarung sei nicht getroffen worden, für das Vorliegen eines "Unvergleichsfalles" bestünden keine Anhaltspunkte. Eine - ausschließliche - Kostenersatzpflicht der Maria S sei aus dem Vertrag nicht ableitbar.
Was die Argumentation des Beschwerdeführers anlange, es handle sich bei der Übergabe der Liegenschaft an Maria S um eine "gemischte Schenkung" und es müssten daher im Sinne des § 947 ABGB von Maria S jährlich 4 % Zinsen an die Mutter des Beschwerdeführers entrichtet werden, sei von einem Verkehrswert der betreffenden Liegenschaft in Höhe von EUR 70.619,97 (S 971.752,--) auszugehen. Davon abzuziehen sei der für die straßenseitige Dachsanierung im Jahre 1993 getätigte Aufwand in Höhe von EUR 6.540,56 (S 90.000,--). Ebenso abzuziehen sei die Abgeltung in Höhe von EUR 14.534,57 (S 200.000,--), sodass ein Betrag von EUR 49.417,53 (S 680.000,--) verbleibe, von dem die Mutter des Beschwerdeführers jährlich 4 % Zinsen von Maria S lukrieren könne; das seien monatlich EUR 164,73 (S 2.266,70), um die sich ihre Eigenleistung erhöhe. Ob sie das Wohnrecht tatsächlich ausübe, sei für dessen Bewertung nicht entscheidend, weil es auf Lebenszeit der Übergeberin bestehe. Die von Maria S tatsächlich nicht mehr erbrachten Pflegeleistungen seien bei Errechnung der Höhe des Geschenkwertes nicht berücksichtigt worden, obwohl "genau genommen auch dafür das zum Wohnrecht Gesagte" gelte. Der durch Eigenleistung somit nicht gedeckte Verpflegskostenanteil betrage EUR 253,12 (S 3.483,--), der den Kindern der Mutter des Beschwerdeführers anteilig zum Ersatz vorzuschreiben sei. Maria S und Josef A leisteten auf Grund bescheidmäßiger Vorschreibung insgesamt monatlich EUR 174,41 (S 2.400,--), sodass für den Beschwerdeführer noch EUR 78,70 (S 1.083,--) verblieben. Bis zur Höhe dieses ungedeckten Bedarfs könne ihm grundsätzlich eine Ersatzleistung vorgeschrieben werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 37 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) haben u.a. der Hilfeempfänger (Z. 1) und die unterhaltspflichtigen Angehörigen des Hilfeempfängers (Z. 3) Ersatz für die Kosten von Sozialhilfemaßnahmen zu leisten, auf die ein Rechtsanspruch besteht.
Personen, die gesetzlich oder vertraglich zum Unterhalt des Empfängers der Sozialhilfe verpflichtet sind, haben gemäß § 39 Abs. 1 NÖ SHG im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Kostenersatz zu leisten; eine Verpflichtung zum Kostenersatz besteht dann nicht, wenn dieser wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber dem Ersatzpflichtigen sittlich nicht gerechtfertigt wäre.
Mit der Wendung "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" verweist das Gesetz auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die gesetzliche und (nach dem NÖ SHG auch) auf eine vertragliche Unterhaltsverpflichtung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1999, Zl. 96/08/0236, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Mutter des Beschwerdeführers Sozialhilfe gemäß § 12 NÖ SHG (Hilfe bei stationärer Pflege) durch Unterbringung im Landespensionisten- und Pflegeheim Herzogenburg seit 26. Juli 2000 gewährt wird; auf eine derartige Hilfe besteht gemäß § 8 Abs. 2 NÖ SHG ein Rechtsanspruch. Hiefür laufen unbestrittenermaßen monatlich Verpflegskosten (einschließlich Sozialhilfe-Taschengeld) von EUR 1.689,21 auf.
Eine Heranziehung des Beschwerdeführers zum Ersatz dieser Kosten kommt im Sinne des § 39 Abs. 1 NÖ SHG insoweit in Betracht, als er gegenüber seiner Mutter gesetzlich zur Unterhaltsleistung verpflichtet ist.
Nach der für die Beurteilung der gesetzlichen Unterhaltspflicht maßgeblichen Bestimmung des § 143 ABGB schuldet das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat (Abs. 1). Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach Kräften zu leisten (Abs. 2). Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteiles mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet (Abs. 3).
Umstände, die eine Beendigung der gemäß § 143 ABGB bestehenden Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers bewirkt hätten, sind weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich, noch werden sie vom Beschwerdeführer behauptet. Auch hat der bereits erwähnte "Übergabs- und Erbverzichtsvertrag" nicht zum Inhalt, dass die Mutter des Beschwerdeführers ihm gegenüber auf ihren Unterhaltsanspruch gemäß § 143 ABGB verzichte.
In Ansehung der Frage, ob die Mutter des Beschwerdeführers im Stande sei, sich selbst zu erhalten, liegt dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zu Grunde, den monatlichen Verpflegskosten von EUR 1.689,21 stünden Eigenleistungen der Mutter des Beschwerdeführers in Höhe von monatlich EUR 1.436,10 gegenüber, sodass sich ein monatlicher Differenzbetrag von EUR 253,12 ergäbe. In Ansehung dieses Differenzbetrages sei die Mutter des Beschwerdeführers im Sinn des § 143 Abs. 1 ABGB zur Selbsterhaltung "nicht im Stande", sodass die Unterhaltspflicht ihrer Kinder, u.a. des Beschwerdeführers, greife.
Zu den Eigenleistungen der Mutter des Beschwerdeführers werden im angefochtenen Bescheid Pension und Pflegegeld (EUR 1.271,37), aber auch ein "Unterhaltsanspruch auf Grund des § 947 ABGB" in Höhe von EUR 164,73 gerechnet. Grundlage dieser Hinzurechnung ist dabei die Annahme, beim Übergabsvertrag betreffend die oben erwähnte Liegenschaft der Mutter des Beschwerdeführers an Maria S handle es sich um eine so genannte "gemischte Schenkung". Nach Abzug des Wertes des der Mutter des Beschwerdeführers eingeräumten Wohnrechts, der Kosten für die in der Folge vorgenommene Dachsanierung und des geleisteten Barübergabspreises vom (im Zeitpunkt der Übergabe der Liegenschaft gegebenen) Verkehrswert der Liegenschaft ergebe sich eine Bereicherung in Höhe von EUR 49.417,53, von der die Mutter des Beschwerdeführers im Sinn des § 947 ABGB die gesetzlichen Zinsen fordern könne; das seien monatlich EUR 164,73.
Der Beschwerdeführer hält dagegen, die belangte Behörde hätte den Wert des Wohnrechts seiner Mutter nicht mit mehr als S 1.200,--
annehmen dürfen, zumal dieser Wert im Übergabsvertrag festgelegt worden sei und den Wert wiedergebe, den das Wohnrecht für die Partei gehabt habe. Weiters sei der Abzug der Kosten für die Dachsanierung ungerechtfertigt, weil es sich dabei nicht um eine vertragliche Gegenleistung der Übernehmerin handle. Überhaupt sei der Geschenkwert, von dem die gesetzlichen Zinsen gefordert werden könnten, unrichtig angenommen worden. Richtigerweise hätten die gesetzlichen Zinsen vom Verkehrswert der übergebenen Liegenschaft ohne irgendwelche Abzüge bemessen werden müssen, zumal "das Stammesvermögen der Unterhaltsberechtigten, von dem gesetzliche Zinsen lukriert werden könnten", durch vertragliche Gegenleistungen nicht vermindert würden.
Dem angefochtenen Bescheid liegt - wie dargelegt - die Auffassung zu Grunde, beim Übergabs- und Erbverzichtsvertrag vom 11. September 1992 handle es sich um eine so genannte "gemischte Schenkung". Daraus stehe der Mutter des Beschwerdeführers gemäß § 947 ABGB ein Zinsenanspruch zu, der ihre Eigenleistungen erhöhe, wodurch sich der Differenzbetrag, der den unterhaltspflichtigen Angehörigen zum Ersatz vorzuschreiben sei, entsprechend vermindere.
Eine "gemischte Schenkung" liegt vor, wenn aus den Verhältnissen der Personen zu vermuten ist, dass sie einen aus einem entgeltlichen und unentgeltlichen vermischten Vertrag schließen wollten (vgl. Schubert in Rummel, Rz 9 zu § 938). Entscheidend ist, dass die Vertragspartner einen Teil der Leistung als geschenkt ansehen wollten, sich des doppelten Charakters der Leistung als teilweise entgeltlich und teilweise unentgeltlich bewusst gewesen sind, dies so gewollt und ihren Willen ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben, wobei allerdings einem krassen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung - vor allem bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen - Indizwert für das Vorliegen von Schenkungsabsicht zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. März 1993, Zl. 92/08/0190, und die dort zitierte Judikatur und Literatur).
"Gemischte Schenkungen" unterliegen den für Schenkungsverträge geltenden Bestimmungen des § 947 ABGB (vgl. OGH SZ 49/75). Diese sehen für einen Geschenkgeber, der in der Folge in eine solche Dürftigkeit gerät, dass es ihm am nötigen Unterhalt gebricht, eine Ausnahme vom Widerrufsverbot des § 946 ABGB vor; er ist befugt, jährlich vom geschenkten Betrag die gesetzlichen Zinsen, insoweit die geschenkte Sache, oder derselbe Wert noch vorhanden ist, und ihm der nötige Unterhalt mangelt, vom Beschenkten zu fordern, wenn sich anders dieser nicht selbst in gleich dürftigen Umständen befindet.
Ein Anspruch gemäß § 947 ABGB kommt bei einer "gemischten Schenkung" freilich nur in Ansehung jenes Teiles der Leistung in Betracht, der als geschenkt anzusehen ist (vgl. OGH SZ 24/26); bis zur Höhe des Entgelts liegt ein entgeltlicher Vertrag vor.
Geht man mit den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, es handle sich beim "Übergabs- und Erbverzichtsvertrag" um eine "gemischte Schenkung", es könnte weiters die Mutter des Beschwerdeführers im Sinne des § 947 ABGB von seiner Schwester jährlich Zinsen vom Wert der geschenkten Sache fordern und diese Forderungen seien als die Eigenleistungen der Mutter erhöhend anzusehen, ist die Annahme konsequent, eine dadurch bewirkte Verringerung des Differenzbetrages zwischen Verpflegskosten und Eigenleistung führe auch zu einer Verringerung der Unterhaltspflicht unter anderem des Beschwerdeführers. Allerdings ist seine Auffassung, die Zinsenforderung müsste vom Verkehrswert der Liegenschaft "ohne Abzüge für vertragliche Gegenleistungen" bemessen werden, unzutreffend. Wie dargelegt, kommt eine Zinsenforderung nämlich nur in Ansehung einer geschenkten Sache, bei einer "gemischten Schenkung" also nur vom geschenkten Teil in Betracht. Je größer dieser Teil ist, desto größer ist auch eine mögliche Zinsenforderung, je kleiner dieser Teil, desto kleiner auch die Zinsenforderung.
In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführer zu Recht der Auffassung, bei der zur Ermittlung des geschenkten Teiles (unter anderem) notwendigen Gegenüberstellung des Wertes von Leistung und Gegenleistung könnten nur vertraglich bedungene Leistungen berücksichtigt werden. Die Kosten der erst nach Vertragsabschluss erfolgten und auch nicht vertraglich bedungenen Dachsanierung hätten daher nicht als den geschenkten Teil verringernd angesehen werden dürfen. Allerdings zeigt die Beschwerde nicht auf, dass die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als Gegenleistung im vorliegenden Fall einen wesentlichen Mangel der Bewertung darstelle. Im Schätzungsgutachten aus 2001 betreffend den Wert der übergebenen Liegenschaft im Jahre 1992 wurde nämlich auf die im Jahre 1993 vorgenommene Dachsanierung hingewiesen, der vor Sanierung bestehende (schlechtere) Zustand des Daches aber nicht ins Kalkül gezogen, sondern vielmehr "davon ausgegangen, dass der Bauzustand 1992 annähernd gleich dem derzeitigen war." Es ist somit nicht ersichtlich, dass durch die Anrechnung der Kosten der Dachsanierung als Gegenleistung das Verhältnis zwischen dem Wert der übergebenen Liegenschaft und dem Wert der bedungenen Gegenleistungen zu Ungunsten des Beschwerdeführers verschoben worden wäre. Dies umso weniger, als überdies eine Feststellung des Wertes der im Übergabs- und Erbverzichtsvertrag vereinbarten Ausgedingsleistungen (Verköstigung, Haushaltsführung, Pflege, Wartung und Betreuung im Krankheitsfall) gänzlich unterblieben ist, wobei nach Lage des Falles freilich nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vornahme dieser Feststellungen sogar zum Ergebnis hätte gelangen können, der Übergabs- und Erbverzichtsvertrag stelle einen (rein) entgeltlichen Vertrag und keine "gemischte Schenkung" dar.
Schließlich übersieht der Beschwerdeführer bei seinem Vorbringen, das Entgeltcharakter besitzende Wohnrecht sei überhöht bewertet worden, weil die Vertragspartner des Übergabs- und Erbverzichtsvertrages den Wert der vereinbarten Wohn- und Ausgedingsrechte im Vertrag (für Zwecke der Steuerbemessung) mit monatlich S 1.200,-- angegeben hätten, dass es zwar in der Frage, inwieweit die Vertragsparteien einen unentgeltlichen und inwieweit sie einen entgeltlichen Vertrag schließen wollten, auf die Absicht der Vertragsparteien ankommt, nicht aber bei der Feststellung des tatsächlichen Wertes der vereinbarten Leistungen. Dieser Wert ist, wie im hg. Erkenntnis vom 16. März 1993 Zl. 92/08/0190 ausgeführt, durch Schätzung zu ermitteln.
Die Beschwerde erweist sich aus diesen Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Dezember 2004
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002100052.X00Im RIS seit
27.01.2005