TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/21 2002/04/0124

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Veröffentlicht am 21.12.2004
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der E in L, vertreten durch Dr. Michael Zerobin, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog Leopoldstraße 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 9. Juli 2002, GZ. 304.321/1-I/9/02, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: W KG in L, M-Gasse 75), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. Mai 1998 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 77, 74 Abs. 2, 82 b, 359 GewO 1994, § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes und § 97 Abs. 2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage für die Ausübung der Gewerbe "Handelsgewerbe, eingeschränkt auf den Handel mit Alt- und Abfallstoffen" und "Verarbeitung bzw. Veredlung und Aufbereitung von gebrauchter Bekleidung, Alttextilien und textilen Roh- und Abfallstoffen in der Form eines Industriebetriebes" an einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen bewilligt.

Mit hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/04/0109, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, da es die belangte Behörde trotz des Befundes, dass von der Betriebsanlage herrührende Lärmimmissionen auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin einwirkten, unterlassen hatte, ein medizinisches Sachverständigengutachten über die Auswirkungen dieser Lärmereignisse auf den menschlichen Körper einzuholen und gemeint hatte, bereits auf Grund der Ergebnisse des gewerbetechnischen Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis gelangen zu können, bei Einhaltung der nunmehr vorgeschriebenen Auflagen sei keine Beeinträchtigung der Nachbarn (vor allem durch Lärm) zu erwarten. Für das fortgesetzte Verfahren sah sich der Verwaltungsgerichtshof zu der Bemerkung veranlasst, dass es gegebenenfalls Aufgabe der belangten Behörde sein werde, durch entsprechende Befragung des gewerbetechnischen Sachverständigen die Stichhältigkeit des Vorbringens betreffend die beim Beladen von Transportmitteln auftretenden Lärmimmissionen einer Überprüfung zuzuführen.

Mit dem in der Folge ergangenen und nunmehr neuerlich beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 9. Juli 2002 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 74 und 77 GewO 1994 die gewerbebehördliche Genehmigung für die oben angeführte Betriebsanlage unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen bewilligt.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der bereits dem Bescheid vom 4. Mai 1998 zu Grunde gelegten Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen seines Bundesministeriums aus, dieser gewerbetechnische Amtssachverständige habe am 30. September 1999 folgende ergänzende gutächtliche Äußerung abgegeben:

" ....

In der Niederschrift des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. Mai 1997 wurde im Befund ausgeführt, dass im Wohnzimmer der Berufungswerberin ... Ladevorgänge auf dem Betriebsgelände mit einem Elektrostapler ein nur sehr selten auftretendes, leises schlagendes Geräusch (42 dB bis 45 dB) verursachen. Das Fahren mit Lkws im nordwestlichen Bereich des Betriebsgeländes konnte bei der Berufungswerberin mit 36 dB bis 53 dB und das Fahren mit dem betriebseigenen Traktor mit 42 dB bis 45 dB gemessen werden. Die durch das Fahren verursachten Geräusche waren von an- und abschwellenden Motorgeräuschen geprägt. Fahrbewegungen im nordöstlichen Bereich der Betriebsanlage (hinter den Lagerhallen) waren bei der Berufungswerberin nicht wahrnehmbar. Bei der Messung des Umgebungsgeräuschpegels wurden unter anderem immer wiederkehrende Verkehrsgeräusche von der Hauptstraße (42 dB bis 52 dB) gemessen.

Lkw-Fahrten auf dem Betriebsgelände werden nur während der Betriebszeiten (Auflage 5: an Werktagen von Montag bis Freitag in der Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr und am Samstag von 6.00 Uhr bis 13.00 Uhr) und in Abhängigkeit vom Betriebsgang mehr oder weniger oft erfolgen. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass auf dem Betriebsgelände wesentlich weniger Fahrvorgänge stattfinden als auf den öffentlichen Straßen der Umgebung, insbesondere auf der Hauptstraße (Landesstraße nach L und W N). Fahrten mit dem betriebseigenen Traktor im nordwestlichen Bereich des Betriebsgeländes werden in der Praxis äußerst selten vorkommen, da sich der Abstellplatz des Traktors im Bereich des nordöstlichen und somit gegen die Berufungswerberin abgeschirmten Teils des Betriebsgeländes befindet und darüber hinaus gemäß Auflage 4. der Traktor nur für Transporte innerhalb der Hallen eingesetzt werden darf.

Aus technischer Sicht ergibt sich somit auf Grund der durchgeführten Messungen, dass die Ladetätigkeit auf dem Betriebsgelände bei Verwendung von Elektrostaplern nur selten Geräusche verursacht, akustisch unauffällig ist und im Bereich der leiseren Umgebungsgeräusche liegt. Die Fahrgeräusche vom Betriebsgelände sind in ihrer Charakteristik und Lautstärke den Fahrgeräuschen von der Hauptstraße ähnlich, sie treten jedoch nur während der Betriebszeiten und auch dann wesentlich seltener als auf der Hauptstraße auf."

Der ärztliche Amtssachverständige habe am 22. Jänner 2000 ein Gutachten erstattet, welches zusammenfassend zu folgender Beurteilung komme:

"3.2. Beurteilung der betriebskausalen Störlärmimmissionen

Die bei der Berufungswerberin auftretenden Lärmimmissionen lassen sich auf Grund der vorgenommenen Messungen wie folgt zusammenfassen:

 

Umgebungsgeräusche

(dB)

Betriebslärmimmissionen

(dB)

L 95

35,4

 

Leq

41, 3

 

Vogelgezwitscher

41 - 51

 

Verkehr

42 - 52

 

Flugzeug

40 - 46

 

LKW- Entladung

 

42 - 45

LKW-Fahrten

 

36 - 53

Traktor- Fahrten

 

42 - 45

Wie aus der obigen Tabelle ersichtlich, bewegt sich die Intensität der Störgeräusche (Spitzenpegel 36 - 53 dB) in einem Bereich, bei dem jedenfalls eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen ist. Hinsichtlich einer allfälligen Beeinträchtigung des Wohlbefindens ist festzustellen, dass die betriebskausalen Störlärmimmissionen in Bezug auf die Intensität im Bereich der sonstigen Umgebungsgeräusche liegen, sich bezüglich ihrer Charakteristik (KFZ-Fahrgeräusch) von den vorherrschenden Umgebungsgeräuschen (KFZ-Verkehrslärm) nicht unterscheiden und darüberhinaus nach den ergänzenden gewerbetechnischen Ausführungen in Relation zu den bestehenden Umweltgeräuschen nur selten auftreten. Eine signifikante Änderung der Umgebungsgeräuschsituation ist somit durch die betriebskausalen Störgeräusche nicht gegeben, sodass auch eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens durch Lärmimmissionen aus der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage auszuschließen ist."

Nach Anführung der angewendeten Rechtsgrundlagen führte die belangte Behörde weiters aus, dass sie den "eindeutigen, klaren und schlüssigen" Aussagen des gewerbetechnischen und medizinischen Amtssachverständigen folge, aus denen sich ergebe, dass bei Einhaltung der nun vorgeschriebenen Auflagen keine Beeinträchtigung der Nachbarn zu erwarten sei. Sodann führte die belangte Behörde zu den Beladearbeiten mit dem Stapler sowie der schreienden Verständigung des Bedienungspersonals aus:

"Zu Beladearbeiten mit dem Stapler:

Der Begriff ‚Staplertisch' wird im Gegenstandsakt nicht genannt; er ist im Verfahren daher unbekannt. Aufgrund der Tatsache, dass im Betrieb zum Be- und Entladen elektrisch betriebene Hubstapler verwendet werden, wird vermutet, dass damit die Ladegabel des Hubstaplers gemeint ist. Dies würde sich auch mit der Stellungnahme des Rechtsvertreters von Frau E ... vom 16.5.2000 decken, worin auf Seite 5 im 2. Absatz vom 'Niederfallenlassen der Staplergabel' gesprochen wird. Es wird daher im folgenden von jenem Lärm ausgegangen, den das Aufsetzen der Staplergabel auf den Boden oder auf die Ladefläche eines Lkws verursacht. Dabei ist zu beachten, dass ein 'Fallenlassen' der Staplergabel nicht möglich ist. Das elektrische Heben und Senken der Staplergabel wird vom Fahrer gesteuert und die Geschwindigkeit kann innerhalb konstruktiv vorgegebener Grenzen dem jeweiligen Zweck angepasst werden. Ein zu rasches Aufsetzen der Staplergabel auf den Boden führt zum sogenannten Prellen, wodurch es in weiterer Folge zu Schäden am Stapler kommen kann. Es wird daher von den Staplerfahrern tunlichst vermieden, die Gabel im untersten Bereich rasch abzusenken und hart auf den Boden aufprellen zu lassen. Dennoch ist es oft unvermeidbar, dass beim Absetzen des Ladegutes ein schlagendes Geräusch entsteht. Dieses schlagende Geräusch wurde am 22.5.1997 im Wohnzimmerder Berufungswerberin E mit 42 dB bis 45 dB gemessen.

Schreiende Verständigung des Bedienungspersonals:

Berücksichtigt man, dass für die Verladearbeiten Elektrohubstapler verwendet werden, die wesentlich leiser sind als dieselbetriebene und dass während der Ladearbeiten die Motoren der zu be- bzw. entladenden Lkws abgestellt sind (gemäß Stellungnahme des Rechtsvertreters der Berufungswerberin beträgt die Ladezeit für einen Lkw ca. 2 - 3 Stunden), so ist eine schreiende Verständigung im Ladebereich betrieblich nicht unbedingt erforderlich. Eine solche kann jedoch in Einzelfällen nicht ausgeschlossen werden. Schallpegelmessungen in ähnlich gelagerten Fällen haben ergeben, dass laute Zurufe in einer Entfernung von 3 m A-bewertete Schalldruckpegel von ca. 85 dB erreichen. Umgerechnet auf eine Entfernung von 50 m (Abstand Ladeplatz zum Haus E; siehe Niederschrift vom 22.5.1997) ergibt das im Rauminneren bei geöffneten Fenstern einen Immissionspegel von ca. 56 dB (A-bewertet). Dabei wurde noch nicht berücksichtigt, dass das Haus der Berufungswerberin keine direkt zum Be- und Entladeplatz weisende Fenster besitzt. Das Geräusch kann als lautes Rufen ohne genauere Verständlichkeit der einzelnen Worte beschrieben werden und es kann während der Betriebszeiten während des Be- und Entladens von Lkw vereinzelt auftreten.

Der medizinische Sachverständige führte diesbezüglich aus, dass eine signifikante Änderung der Umgebungsgeräuschsituation durch die betriebskausalen Störgeräusche nicht gegeben ist, sodass auch eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens durch Lärmimmissionen aus der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage auszuschließen ist."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht verletzt, dass der mitbeteiligten Partei entgegen den gewerberechtlichen Bestimmungen eine Betriebsanlagengenehmigung am beantragten Standort nicht erteilt werde. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bemängelt die Beschwerdeführerin, die Lärmmessungen hätten nach vorheriger Ankündigung stattgefunden, was ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit ergeben habe. Die Beschwerdeführerin habe in vielfachen Eingaben der Behörde dargelegt, dass nicht nur ein Lkw, sondern oftmals mehrere Lkw Lärm hervorrufen würden und nicht nur ein vereinzeltes Ein- und Ausfahren erfolge. Weiters sei es lebensfremd, davon auszugehen, die Be- und Entladearbeiten würden durch den Elektrostapler schonend durchgeführt. Die Be- und Entladungen würden fast zur Gänze auf der dem Garten der Beschwerdeführerin nächst zugewendeten Rampe vorgenommen, sodass die gesamte Lärmbelästigung durch diese Arbeiten in Richtung der Liegenschaft der Beschwerdeführerin gehe. Aus diesen Gründen habe die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 16. Mai 2000 eine Neudurchführung der Lärmpegelmessung ohne Vorankündigung der mitbeteiligten Partei sowie eine Messung der Lärmimmission im Garten der Beschwerdeführerin beantragt, was nicht erfolgt sei.

Mit ihrem weiteren Vorbringen wendet sich die Beschwerdeführerin gegen eine Reihe der im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen: Entgegen Auflage 1 dürfe die Errichtung des Schallhindernisses nicht im Bereich des Grüngürtels erfolgen, sondern müsse im unmittelbar angrenzenden Grundstücksbereich erfolgen, sodass der Grüngürtel noch zusätzlich zum Schallschutz zur Verfügung stehe. Auflage 3 entspreche nicht dem Konkretisierungsgebot, weil lediglich ausgesprochen werde, dass außerhalb der Lärmschutzhindernisse eine Sichtschutzverpflanzung in ausreichender Größe herzustellen sei, jedoch nicht ausgeführt werde, wie dicht die Pflanzen zu setzen seien. Die mit Auflage 5 gestatteten Betriebszeiten bedeuteten das Fehlen jeglicher Erholungsphase und seien nicht erforderlich, da die mitbeteiligte Partei selbst von einer kürzeren Betriebszeit ausgehe. Auflage 7 sei nicht ausreichend konkretisiert, da zwar Verladungs- und Entladungstätigkeiten im Freien untersagt seien, jedoch nicht ausgesprochen worden sei, dass kein Zu- und Abgang bzw. keine Zu- und Abfahrt im Bereich der M-Gasse erfolgen dürfe. Diese Zufahrt solle nach Meinung der Beschwerdeführerin ausschließlich als Notausgang bzw. Fluchtweg verwendet werden dürfen. Die Auflagen 113 und 114 seien nicht geeignet, die Einwirkungen des Lkw-Verkehrs auf die Nachbarschaft auf ein erträgliches Maß herabzusetzen. Es könne dem Anrainer nicht zugemutet werden, Geruchs- und Lärmbelästigungen durch ständig laufende Motoren hinzunehmen. Durch Auflage 114 würde der mitbeteiligten Partei die Möglichkeit eingeräumt, durch ständiges Offenhalten des Einfahrttores jegliche Schalldämmung in diesem Bereich zu unterbinden.

Darüber hinaus sei keine der Auflagen durch die mitbeteiligte Partei erfüllt worden und sei die Einhaltung der Auflagen auch durch die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt nicht überprüft worden. Daraus könne geschlossen werden, dass die Behörde auch in Zukunft die Einhaltung der Auflagen nicht in dem vom Gesetz vorgeschriebenen Ausmaß überprüfen werde.

Selbst wenn der ärztliche Sachverständige ausführe, der durch die Staplergabel erzeugte Lärm sei als gering anzusehen, so übersehe die Behörde, dass durch das Niederfallen der Staplergabel eine "immense Lärmentwicklung" in Form eines "Prellen der Staplergabel" entstehe, welches verbunden mit anderen Betriebsgeräuschen "sicherlich mehr als 42 bis 45 dB" im Wohnzimmer der Beschwerdeführerin ausmache. Der Beschwerdeführerin sei der Aufenthalt im Garten unmöglich, wobei insbesondere darauf hingewiesen werde, dass die Mutter der Beschwerdeführerin herzkrank sei und im gleichen Haushalt mit der Beschwerdeführerin lebe. Daher sei die vorliegende Betriebsanlage geeignet, gesundheitsschädliche Folgen für die Beschwerdeführerin zu bewirken.

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994 zumutbar sind, ist nach § 77 Abs. 2 GewO 1994 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

Insoweit die Beschwerdeführerin den Befund des gewerbetechnischen Sachverständigen, und hier insbesondere die vorgenommene Lärmmessung, rügt, ist sie auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998 zu verweisen, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof keine Mangelhaftigkeit dieses Befundes erkannt hat; vielmehr wurde der Umstand, dass es die belangte Behörde trotz dieses Befundes unterlassen hatte, ein medizinisches Sachverständigengutachten über die Auswirkungen dieser Lärmereignisse auf den menschlichen Körper einzuholen, als rechtswidrig erkannt. Im fortgesetzten Verfahren hat die belangte Behörde ein solches medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt, an dessen Schlüssigkeit zu zweifeln der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlass hat. Insoweit sich die Beschwerde gegen dieses Gutachten wendet, lässt sie Ausführungen auf gleicher fachlicher Ebene vermissen (vgl. zur Frage der Entgegnung sachverständiger Darlegungen auf gleicher fachlicher Ebene etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. März 2004, Zl. 2002/04/0168, und vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/04/0072).

In ihrem weiteren Vorbringen wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Auflage 1 (Errichtung eines in sich geschlossenen Schallhindernisses), Auflage 5 (Vorschreibung von Betriebszeiten), Auflage 7 (Untersagung von Verlade- und Manipulationstätigkeiten im Bereich der M-Gasse), Auflage 113 (Anschreiben der Öffnungszeit des Betriebes beim Wegweiser für die Lkw-Zufahrt) sowie Auflage 114 (Öffnen des Einfahrtstores jeweils unmittelbar nach Ankunft eines Lkw bzw. ständiges Offenhalten des Einfahrtstores während der Betriebszeit) und bezweifelt deren Eignung, eine Gefährdung bzw. unzumutbare Belästigung durch die von der Betriebsanlage herrührende Lärmimmissionen auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin hintanzuhalten.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin jedoch nicht auf gleicher fachlicher Ebene auf, warum die - auf nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigendarlegungen beruhenden -

Auflagen die Vermeidung einer Gefährdung im Sinne des § 74 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 bzw. die Beschränkung von Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß nicht gewährleisten sollten.

Insoweit die Beschwerdeführerin die mangelnde Konkretisierung der Auflage 3 rügt, welche außerhalb der Lärmschutzhindernisse eine Sichtschutzbepflanzung in ausreichender Größe mit einem Mindestmaß an Sichtschutzwirkung vorschreibt, zeigt sie keine Beeinträchtigung in ihren gewerberechtlich gewährleisteten Nachbarrechten auf.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, keiner der vorgeschriebenen Auflagen sei durch die mitbeteiligte Partei erfüllt bzw. durch die zuständige Gewerbebehörde erster Instanz überprüft worden, ist darauf hinzuweisen, dass die Befürchtung von Nachbarn, die vorzuschreibenden Auflagen würden nicht eingehalten werden, nicht zum Anlass einer Versagung der Betriebsanlagengenehmigung genommen werden kann (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung2 (2003), 568 und die dort referierte hg. Rechtsprechung).

Mit dem Vorbringen, es komme durch das Aufschlagen der Staplergabel auf den Boden zu einer beachtlichen Lärmbelästigung, wendet sich die Beschwerdeführerin im Ergebnis gegen das Gutachten der Sachverständigen. Der gewerbetechnische Sachverständige hat in seinem ergänzenden Gutachten vom 30. September 1999 festgehalten, dass die Elektrostapler nur ein sehr selten auftretendes, leises schlagendes Geräusch (42 dB bis 45 dB) verursachen und diese Geräusche im Bereich der leiseren Umgebungsgeräusche lägen. Der ärztliche Amtssachverständige hat festgehalten, eine signifikante Änderung der Umgebungsgeräuschsituation sei durch die betriebskausalen Störgeräusche nicht gegeben und eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens durch Lärmimmissionen aus der gegenständlichen Betriebsanlage sei auszuschließen. Diesen im Übrigen nicht als unschlüssig zu erachtenden Sachverständigendarlegungen ist die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Da sich die Beschwerde daher insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. Dezember 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2002040124.X00

Im RIS seit

01.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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