TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/21 2003/04/0034

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Veröffentlicht am 21.12.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. Nfg. OHG in W, vertreten durch Dr. Hilbert Aubauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17. Jänner 2003, Zl. VwSen-530003/6/Ga/Pe, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (BH) vom 21. Oktober 2002 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 die Erstellung eines Sanierungskonzeptes vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid wurde Berufung erhoben. Diese Berufung wurde auf Kopfpapier der beschwerdeführenden Partei verfasst, ist in der "Wir-Form" gehalten und mit der in Großbuchstaben gefassten Firmenbezeichnung der beschwerdeführenden Partei und der handschriftlichen Unterfertigung zweier nicht näher bezeichneter Personen versehen.

Die belangte Behörde erteilte mit Schreiben vom 29. November 2002 der beschwerdeführenden Partei einen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG, in welchem sie diese aufforderte, "geeignete Unterlagen, aus denen die Identität, die Vertretungsbefugnis bzw. die Bevollmächtigung (für dieses Verfahren) jener Personen, die den Berufungsschriftsatz vom 25. Oktober 2002 gefertigt haben vorzulegen".

Auf Grund dieses Mängelbehebungsauftrages legte die beschwerdeführende Partei eine Vollmacht vor, derzufolge die Personen Dr. W. und Dr. F., welche die Berufung unterfertigt hätten, bevollmächtigt seien, die beschwerdeführende Partei vor Gerichts- und Verwaltungsbehörden zu vertreten. Diese Vollmacht umfasse insbesondere auch die Berechtigung, Rechtsmittel und Rechtsbehelfe aller Art zu ergreifen und/oder zurückzuziehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17. Jänner 2003 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegte Vollmacht sei zufolge ihres Wortlautes eine im Verwaltungsverfahren unzulässige "Generalvollmacht". Der Vollmacht sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Bevollmächtigung konkret auch die Befugnis zur Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid der BH und die weitere Vertretung der beschwerdeführenden Partei im Verfahren vor der belangten Behörde erfassen solle. Daher seien die beiden Unterfertiger im vorliegenden Verfahren zur Erhebung der Berufung an die belangte Behörde nicht bevollmächtigt gewesen. Da dieser Mangel trotz Aufforderung nicht behoben worden sei, sei die Berufung wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen gewesen. Auf den Umstand, dass die Vollmacht einen zweiten Datumsvermerk aufweise, welcher nach dem Zeitpunkt der Berufungserhebung datiere und die "daraus unter Umständen ableitbare Folgerungen" brauche nicht mehr eingegangen zu werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf inhaltliche Behandlung ihrer Berufung verletzt und bringt im Wesentlichen vor, die Berufung gegen den Bescheid der BH vom 21. Oktober 2002 sei durch zwei Mitarbeiter, Frau Dr. W. und Herrn Dr. F., verfasst und im Rahmen ihrer bestehenden (ständigen) Bevollmächtigung unterfertigt worden, ohne dass allerdings eine Vollmacht, durch welche diese Vertretungsbefugnis beurkundet worden sei, der Berufung beigelegt worden sei. Die auf Grund des Mängelbehebungsauftrages der belangten Behörde vorgelegte Vollmachtsurkunde habe jedoch entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde die bestehende Bevollmächtigung der einschreitenden Personen im verfahrensgegenständlichen Berufungsverfahren unzweifelhaft ausgewiesen. Bei ihrer Rechtsauffassung übersehe die belangte Behörde den Unterschied zwischen der Vollmachtsurkunde einerseits und der Bevollmächtigung andererseits. Nach dem AVG werde die Vorlage einer "Spezialvollmacht" nicht verlangt, es sei vielmehr zulässig bzw. ausreichend, eine Bevollmächtigung durch Vollmachtsurkunden mit "Generalvollmacht" nachzuweisen.

§ 10 Abs. 1 und 2 AVG in der im vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Verwaltungsverfahrensgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 158/1998, lauten:

"(1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firmen lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach der Bestimmung der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung bereits in den hg. Erkenntnissen vom 8. Juli 2004, Zl. 2004/07/0080, 0081 bzw. Zl. 2004/07/0082, 0083, auf deren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, auseinander gesetzt und ausgesprochen, es entspreche nicht der hg. Rechtsprechung, dass eine Vollmacht nur so formuliert sein dürfe, dass sie ausschließlich zur Vertretung in einem ganz konkreten Verfahren berechtige. Vielmehr sei es zulässig, dass eine Vollmacht, die eine Bevollmächtigung zur Vertretung "vor allen Gerichten, Behörden und auch außerbüchlich" bzw. "in Verwaltungsverfahren aller Art" enthalte, für ein konkretes Verfahren vorgelegt und damit dokumentiert werde, dass diese Vollmacht (auch) für das betreffende Verfahren Geltung haben soll.

Im vorliegenden Fall wurde die Vollmachtsurkunde seitens der Beschwerdeführerin auf Grund eines Mängelbehebungsauftrages im Zuge des vor der belangten Behörde anhängigen Berufungsverfahrens vorgelegt. Es konnte daher kein Zweifel daran bestehen, dass sich diese Urkunde auf die Berufungen gegen den Bescheid der BH vom 21. Oktober 2002 und das auf Grund dieser Berufung vor der belangten Behörde durchzuführende Verfahren bezog. Die Nennung der belangten Behörde bzw. des konkreten Berufungsverfahrens in dieser Urkunde war daher nicht erforderlich.

Aus diesem Grund wurde die erforderliche Vollmacht der belangten Behörde seitens der Beschwerdeführerin ausreichend nachgewiesen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. Dezember 2004

Schlagworte

Beginn Vertretungsbefugnis Vollmachtserteilung Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung Berufung Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Rechtsmittel Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Vertretungsbefugter Zurechnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003040034.X00

Im RIS seit

02.02.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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