TE Vwgh Erkenntnis 2004/12/21 2001/04/0165

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Veröffentlicht am 21.12.2004
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Index

50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

HKG 1946 §57f Abs4 impl;
WKG 1998 §127 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch Mag. Wolfgang Lichtenwagner, Rechtsanwalt in 4150 Rohrbach, Haslacher Straße 17, gegen den Bescheid des Fachgruppenobmanns Oberösterreich Gastronomie, des Fachgruppenobmanns für die Beförderungsgewerbe mit Personenkraftwagen für Oberösterreich, des Fachgruppenobmanns der Autobusunternehmungen für Oberösterreich und des Landesinnungsmeisters Oberösterreich der Tischler vom 30. Juli 2001, Zl. ERM65300H00/FB, betreffend Nachsicht von der Einhebung von Grundumlagen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Wirtschaftskammer Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei vom 10. September 2000, die mit Bescheid der Wirtschaftskammer Oberösterreich vom 27. Juli 2000 für das Jahr 2000 festgestellte Grundumlage auf 20 % zu ermäßigen, als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wird sachverhaltsmäßig zunächst festgestellt, dass mit Bescheid der Wirtschaftskammer OÖ vom 27. Juli 2000 auf Grund der der beschwerdeführenden Partei für den näher bezeichneten Standort erteilten Gewerbeberechtigungen, die dem Wirkungsbereich der im Einleitungssatz des angefochtenen Bescheides angeführten Fachgruppen bzw. Landesinnung zuzuordnen sind, die Grundumlagen für das Jahr 2000 mit insgesamt S 18.190,-- festgestellt und eine dagegen erhobene Berufung von der Wirtschaftskammer Österreich mit Bescheid vom 27. Februar 2001 als unbegründet abgewiesen wurde.

Weiters heißt es (auszugsweise):

" ...

Da das Nachsichtsansuchen des Herrn G vom 10.09.2000 kein entsprechendes Vorbringen enthält, um das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die beantragte Nachsicht beurteilen zu können, wurde der Nachsichtswerber mit Schreiben vom 06.04.2001 aufgefordert, ein konkretes Vorbringen unter Beistellung entsprechender Bescheinigungsmittel zu erstatten und unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht bei Ermittlung des rechtlich relevanten Sachverhalts ersucht, alle sein Vermögen und seine finanzielle Situation betreffenden Unterlagen (insbesondere Bilanzen der Jahre 1997 bis 1999, Einkommensteuerbescheide der Jahre 1997 bis 1999, Einheitswertbescheide seiner Liegenschaften, Einkommensbescheide bzw. -bestätigungen seiner Gattin und Kinder) vorzulegen. Herr G hat vorerst auf dieses Schreiben vom 06.04.2001 nicht reagiert und hat erst nach schriftlicher Urgenz vom 08.05.2001, mit welchem ihm das Ergebnis der bisher von Amts wegen durchgeführten Erhebungen bekannt gegeben wurde, mit Schreiben vom 15.05.2001 zum geringen Teil der Aufforderung zur Vorlage der benötigten Bescheinigungsmittel entsprochen sowie den Umsatzsteuerbescheid 1998 vorgelegt.

...

Auf Grund des von Amts wegen durchgeführten Ermittlungsverfahrens, in dem insbesondere auch eine Bonitäts- und Unternehmensprofilauskunft des Kreditschutzverbandes von 1870 eingeholt wurde, sowie unter Berücksichtigung der vom Nachsichtswerber vorgelegten Unterlagen steht folgender Sachverhalt fest:

Der Nachsichtswerber erzielt durch den Betrieb seiner Gewerbeunternehmen einen Umsatz zwischen S 2 Mio. und S 2,5 Mio., wobei sich dieser Gesamtumsatz auf den Betrieb von Taxis und Mietwagen mit Fahrer mit 10 %, auf die Bau- und Möbeltischlerei mit 20 %, auf den Gasthausbetrieb mit 10 % und auf die sonstige Personenbeförderung im Landverkehr sowie auf den Autobuslinienverkehr mit je 30 % aufteilt. Der Einkommensbesteuerung für das Jahr 1998 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 42.204,-- zugrunde gelegt. Neben der erforderlichen Betriebseinrichtung für die Tischlerei und den Gasthausbetrieb verfügt der Nachsichtswerber über einen Fuhrpark von 7 Fahrzeugen, und zwar 4 Kleinbussen und 3 Bussen; es sind ständig 4 Dienstnehmer, und zwar ein vollzeit- und 3 teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter angestellt und neben dem Nachsichtswerber selbst zusätzlich nach Bedarf Aushilfskräfte beschäftigt. Der Nachsichtswerber ist gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer von 3 unbelasteten Liegenschaften, und zwar der Betriebsliegenschaft M 47, EZ 354 KG O im Ausmaß von 13.217 m2, einer Waldliegenschaft im Ausmaß von 13.225 m2 bei EZ 168 KG S und eines Grundstückes im Ausmaß von 1.956 m2 EZ 684 KG K. Auf Grund der KSV-Bonitätsauskunft ist davon auszugehen, dass die finanzielle Situation des Nachsichtswerbers geordnet ist; Zahlungen von ihm fristgerecht geleistet werden und sowohl die Auftragslage als auch die Geschäftsentwicklung zufriedenstellend ist. Das KSV-Rating wird als 'einwandfreie Bonität' beschrieben.

...

Nach herrschender Rechtsauffassung ist das Tatbestandsmerkmal der 'Unbilligkeit' grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn die Einbringung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der 'Entziehung' für die Umlagepflichtigen oder den Abgabengegenstand ergeben, wobei die wirtschaftliche Lage des die Nachsicht anstrebenden Grundumlagepflichtigen als maßgeblich anzusehen ist.

Auf Grund der für das Jahr 2000 festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Herrn G ist davon auszugehen, dass die Einbringung des für 2000 festgestellten Grundumlagenbetrages in der Gesamthöhe von S 18.190,-- durchaus in einem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu den sich aus der Entziehung für die Umlagepflichtigen ergebenen Nachteilen steht; im konkreten Fall daher die normative Voraussetzung einer 'Unbilligkeit' im Sinne des § 127 Abs. 6 WKG. 1998 nicht vorliegt.

Das Nachsichtsansuchen des Herrn G vom 10.09.2000 war daher als rechtlich unbegründet abzuweisen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Wirtschaftskammer Oberösterreich legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Zurückweisung eventuell Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit in der Gegenschrift eine Zurückweisung der Beschwerde begehrt wird, weil als belangte Behörde die Wirtschaftskammer Oberösterreich bezeichnet sei, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keinen Zurückweisungsgrund zu erkennen.

Welche Behörde belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, kann nicht nur aus der zutreffenden Bezeichnung der Behörde durch die beschwerdeführende Partei ersehen werden, sondern ist auch aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt und den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem VwGH bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation erschließbar. Jene Behörde ist Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, welche bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen als belangte Behörde zu erkennen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Jänner 2000, Zl. 96/17/0076). Eine solche verständige Wertung (insb. im Hinblick auf die der Beschwerde angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) ergibt als belangte Behörde die im Spruch genannten Behörden.

Nach § 127 Abs. 6 WKG 1998 (in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 153/2001) können die in Abs. 1 angeführten Umlagen (u.a. Grundumlage) ganz oder teilweise nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre. Über die Nachsicht entscheidet

1. bei Grundumlagen und Eintragungsgebühren der Fachgruppenvorsteher (bei Fachvertretungen der jeweilige Sektionsobmann),

2. bei Grundumlagen und Eintragungsgebühren der Inhaber von Berechtigungen für das fachlich unbeschränkte Handels- und Handelsagentengewerbe der Obmann der Sektion Handel,

3. bei Gebühren für Sonderleistungen das Einzelorgan der jeweiligen Körperschaft.

Gemäß § 127 Abs. 7 leg. cit. ist gegen eine Entscheidung gemäß Abs. 6 kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Soweit in der Beschwerde geltend gemacht wird, die Grundumlage hätte nach § 123 WKG 1998 nicht mit S 18.190,-- sondern maximal mit S 10.000,-- bis S 12.000,-- festgesetzt werden dürfen, wird verkannt, dass dies nicht im gegenständlichen Nachsichtsverfahren zu beurteilen war. Über diese Frage wurde bereits im Instanzenzug mit Bescheid der Wirtschaftskammer Österreich vom 27. Februar 2001 rechtskräftig entschieden.

Gegenstand eines Nachsichtsverfahrens (wie das vorliegende) war vielmehr, ob das Tatbestandselement einer Unbilligkeit vorliegt, die im Allgemeinen dann anzunehmen sein wird, wenn die Einbringung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Pflichtigen oder für den Abgabengegenstand ergeben, wobei die wirtschaftliche Lage des Grundumlagenpflichtigen - im Zeitpunkt der Bescheiderlassung - als maßgeblich anzusehen ist (siehe zur diesbezüglich vergleichbaren Regelung des § 57 f Abs. 4 HKG das hg. Erkenntnis vom 25. April 1995, Zl. 94/04/0246, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Wenn nun in der Beschwerde als Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dass bei Beurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse die belangte Behörde bei Bewertung der dem Beschwerdeführer gehörigen Liegenschaften es unterlassen habe, einen angemessenen Erhaltungsaufwand anzusetzen und es weiters unterlassen habe, die Bonität des Beschwerdeführers bei seiner Hausbank durch Auskunftseinholung über den Stand seiner dort bestehenden Konten zu erforschen, so wird ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel nicht aufgezeigt. Inwiefern nämlich mit Rücksicht auf eine Unbilligkeit im oben dargestellten Sinn den geltend gemachten Verfahrensmängeln Wesentlichkeit zukommt, zu deren Dartuung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die beschwerdeführende Partei verpflichtet ist, lässt die Beschwerde nicht erkennen.

Davon abgesehen wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 6. April und 8. Mai 2001 unter Bekanntgabe des Ergebnisses der von Amts wegen durchgeführten Erhebungen aufgefordert, alle maßgeblichen Umstände zur Beurteilung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben und alle, sein Vermögen und seine finanzielle Situation betreffenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die diesbezüglichen Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid über die mangelnde Mitwirkung der beschwerdeführenden Partei zur Ermittlung des rechtlich relevanten Sachverhaltes werden in der Beschwerde gar nicht bekämpft.

Mit dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens korrespondiert aber eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmalen faktische Grenzen gesetzt sind. Wirkt in diesem Sinn die Partei bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes nicht mit, dann steht es der Behörde frei, aus diesem Verhalten gemäß § 45 Abs. 2 AVG im Rahmen der freien Beweiswürdigung - wie hier - auch für den Antrag des Antragstellers negative Schlüsse zu ziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, Zl. 92/04/0249).

Worin aber schließlich eine behauptete Aktenwidrigkeit gelegen sein soll, wird in der Beschwerde in keiner Weise dargelegt und ist auch nicht als offenkundig zu erkennen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, was zu ihrer Abweisung gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zu führen hatte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. Dezember 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001040165.X00

Im RIS seit

02.02.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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