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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der S Betriebsgesellschaft mbH in L, vertreten durch Dr. Gernot Gasser, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Beda Weber-Gasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 23. April 2003, GZ. uvs-2003/25/034-1, betreffend Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes nach § 79 Abs. 3 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft L. (im Folgenden: BH) erteilte der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 7. November 1985 die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Buffet an einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung diverser Auflagen.
In weiterer Folge wurde mit Bescheid der BH vom 12. Jänner 1987 die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Bar unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und schließlich mit Bescheid vom 3. November 1999 die Erweiterung der Betriebsanlage durch den nördlichen Zubau im Untergeschoss im näher genannten Ausmaß betriebsanlagenrechtlich genehmigt.
Auf Grund von Anrainerbeschwerden wegen Lärmbeeinträchtigungen wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid der BH vom 26. März 2000 als zusätzliche Auflage gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschrieben, den südlichen Zugangsbereich zur Bar an der Ost- und Südseite derart einzuhausen, dass der im Zugangsbereich auftretende Lärm bei den Nachbarn den Grundgeräuschpegel von 33 dB (A) nicht übersteige, andernfalls der Gastgewerbebetrieb um 02.00 Uhr zu schließen sei.
Über Berufung der Beschwerdeführerin behob der Landeshauptmann von Tirol mit Bescheid vom 27. September 2000 den erstinstanzlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz zurück. In der Begründung führte er aus, aus dem Grundsatz der Antragsbedürftigkeit der Betriebsanlagengenehmigung sei zu schließen, dass das Vorhaben durch Auflagen nur soweit modifiziert werden dürfe, dass dieses in seinem "Wesen" unberührt bleibe. Auflagen, die zu einer völligen Umprojektierung oder auch nur zum Vorsehen neuer technischer Anlagen bzw. Ausstattung führen müssten, seien unzulässig. Die verfügte Auflage der Einhausung des Zugangsbereiches wäre Gegenstand eines Sanierungskonzeptes gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 gewesen. Es sei auch unklar, was unter dem "Zugangsbereich" zu verstehen sei und wie weit die Einhausung räumlich gehen solle. Damit im Zusammenhang stehe auch die Frage, wo überhaupt die Grenze der genehmigten Betriebsanlage verlaufe. Weiters sei zu prüfen, ob nicht als Zu- und Abgang der Ein- und Ausgang zum Restaurant Z.-Gasse dienen könne.
In weiterer Folge fand am 18. Jänner 2001 eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung diverser Sachverständigen zur Abklärung dieser Fragen statt. Der Vertreter der Beschwerdeführerin erklärte, "dass ein Zu- und Ausgang über das Restaurant nach 02.00 Uhr (Sperrstunde für Restaurant) - Schaffung einer Schleuse - nicht erstellt wird, da dies mit einem totalen Umbau und mit sehr hohen Kosten verbunden wäre."...
Mit Schreiben vom 6. September 2001 wies die BH die Beschwerdeführerin darauf hin, dass auf Grund von massiven Anrainerbeschwerden der Betrieb des Gastgartens spätestens um 22.00 Uhr einzustellen sei; es sei dafür Sorge zu tragen, dass sich die Gäste nach 22.00 Uhr nicht mehr im Gastgartenbereich aufhielten.
In einem Aktenvermerk vom 5. Juli 2002 hielt der zuständige Sachbearbeiter der BH fest, dass das eingeleitete Verfahren nach § 79 GewO 1994 nicht mehr weiter verfolgt und eingestellt werde, weil keine weiteren Beschwerden wegen unzumutbarer Lärmbelästigung eingegangen wären.
Auf Grund von am 6. August 2002 in einem Amtsvermerk festgehaltenen Nachbarbeschwerden leitete die BH neuerlich ein Verfahren nach § 79 GewO 1994 ein. Zur Klärung der Frage, ob allenfalls ein Sanierungskonzept gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 aufzutragen sei, wurde am 16. September 2002 eine mündliche Verhandlung für den 27. September 2002 unter Beiziehung des Amtstechnikers und des gewerbetechnischen Amtssachverständigen anberaumt.
Mit Bescheid der BH vom 27. November 2002 wurde gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 der Beschwerdeführerin aufgetragen, "... binnen einem Monat ab Rechtskraft dieses Bescheides zum Zwecke einer Lärmminderung für die Nachbarschaft ein Sanierungskonzept, in welchem planlich darzustellen und in einer Beschreibung darzulegen ist, wie der zumindest 1,20 m breite Zugang zur Bar und dessen Abgrenzung zum übrigen Gastgartenbereich außerhalb der nach der Gewerbeordnung geltenden Betriebszeiten für Gastgärten gestaltet bzw. sichergestellt wird, vorzulegen".
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenem Bescheid mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt zu lauten hat:
"Der Beschwerdeführerin... wird gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 aufgetragen, der Bezirkshauptmannschaft Lienz binnen eines Monats ab Rechtskraft dieses Bescheides zum Zweck einer Lärmminderung für die Nachbarschaft ein Sanierungskonzept vorzulegen, in welchem planlich darzustellen und in einer Beschreibung darzulegen ist, wie der zumindest 1,20 m breite Zugang zur Bar und dessen Abgrenzung zum übrigen Gastgartenbereich außerhalb der für den Gastgarten geltenden Betriebszeit bis spätestens 22.00 Uhr gestaltet bzw. sichergestellt wird, sodass der im Zugangsbereich auftretende Lärm bei den Nachbarn den Grundgeräuschpegel von 33 dB (A) nicht übersteigt."
Nach Wiedergabe des eingangs dargestellten Verwaltungsgeschehens, des wesentlichen Inhaltes der im Verfahren erstellten Sachverständigengutachten und der maßgeblichen gewerberechtlichen Vorschriften führte die belangte Behörde aus, der Gastgewerbebetrieb sei ursprünglich einheitlich in der Betriebsart Buffet bewilligt und betrieben worden. In der Folge habe die Betriebsinhaberin Abänderungsanträge gestellt, sodass sich der Gastgewerbebetrieb nunmehr wie folgt darstelle: 1. "B.- Bar" (im Folgenden: Bar) im Untergeschoss nunmehr um einen Raum vergrößert und in der Betriebsart Bar, 2. Gastraum im Erdgeschoss mit Theke und Küche in der Betriebsart Restaurant, 3. Gastgarten mit der Auflage, bis 22.00 Uhr geschlossen zu sein, und 4. die sowohl von Gastgarten- und Barbesuchern als auch von Restaurantbesuchern benützte WC-Anlage; vom Untergeschoss führe eine geradarmige Treppe ins Obergeschoss, die bis 02.00 Uhr den Barbesuchern als Ausgang in die Z.-Gasse diene.
Der Gastgewerbebetrieb werde in den drei angeführten Bereichen zwar in unterschiedlichen Betriebsarten geführt, jedoch in seiner Gesamtheit von der Beschwerdeführerin betrieben. Durch diese organisatorische Einheit, die auch in der gemeinsamen Nutzung bestimmter Einrichtungen bestehe (WC-Anlagen, Stiegenaufgang), stelle sich der Gastgewerbebetrieb mit den einzelnen Betriebsarten als einheitliche Betriebsanlage dar. Solcherart betrachtet könne das gegenseitige Ineinanderwirken der einzelnen Anlagenteile in ihren Auswirkungen auf die Umwelt umfassend beurteilt und damit der vom Gesetz angestrebte Nachbarschaftsschutz sichergestellt werden. Als ursächlich für die beanstandeten gesundheitsschädigenden Lärmbelästigungen sei im erstinstanzlichen Verfahren das lärmende Verhalten der die Bar aufsuchenden bzw. verlassenden Gäste im Zugangsbereich von der M.- Gasse bis zum Eingang der Bar festgestellt worden. Der Zugangsbereich sei Bestandteil des Gastgartens und somit vom betriebsanlagenrechtlichen Konsens umfasst. Unter dem Gesichtspunkt einer einheitlichen Betriebsanlage sei der Zugangsbereich dem gesamten Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin zuzuordnen.
Die hier strittige Lärmbelästigung werde nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Betriebsanlage erzeugt - und zwar in der M.-Gasse sowie im Bereich der südlich der M.-Gasse liegenden Parkfläche. Die Schwierigkeit einer Abgrenzung im vorliegenden Fall ergebe sich daraus, dass "der betroffene und der Betriebsanlage zuzurechnende Bereich" ebenso im Freien liege. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, der Lärm entstehe vor allem durch umliegende Betriebe, gehe insofern ins Leere, als sich das gegenständliche Verfahren auf den Regelungsgegenstand Lärmbelästigung innerhalb der Betriebsanlage beschränke. Die Vorschreibung des Sanierungskonzepts beziehe sich nur auf die der Bar zuordenbaren Lärmbeeinträchtigungen. In diesem Umfang sei die Vorschreibung von Maßnahmen gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 auch keinesfalls verzichtbar, obwohl gemäß § 113 Abs. 4 (gemeint wohl: Abs. 5) GewO 1994 die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorschreiben könne, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt werde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestünden. Sowohl Gewerbebehörde als auch Gemeinde hätten in ihrem Regelungsbereich notwendige Maßnahmen zur Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen zu setzen.
Im gegenständlichen erstinstanzlichen Verfahren sei sowohl der gewerbetechnischen als auch der medizinischen Beurteilung ein Grundgeräuschpegel von 33 dB (A) für die Nachtzeit nach 22.00 Uhr zu Grunde gelegt worden. Aus der Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen ergebe sich, dass der festgestellte Störlärm bis 54 dB, mit Spitzen mit 62 dB, als unerträglich und gesundheitsschädigend bzw. gesundheitsgefährdend zu bezeichnen sei. Die dieser Beurteilung zu Grunde gelegten Messergebnisse seien zwar aus den Jahren 1996 bzw. 1999, ihre Aktualität werde aber nicht bezweifelt, weil sich die zu den jeweiligen Messzeiten vorherrschenden Bedingungen und Verhältnisse mit den Wahrnehmungen der Sachverständigen im gegenständlichen Verfahren gedeckt hätten.
Die solcherart festgestellte Verletzung der Schutzinteressen gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 habe "eine Auflage zum Schutz der Nachbarn (ein Sanierungskonzept gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 ist eine Auflage im weiteren Sinn)" erforderlich gemacht. Bei der Beurteilung geeigneter Maßnahmen zur Wahrung der nachbarlichen Schutzinteressen hätten der gewerbetechnische und der medizinische Sachverständige übereinstimmend die Einhausung des Eingangsbereiches (zur Abgrenzung vom Gastgarten) als geeignete Maßnahme bezeichnet. Der Amtstechniker fordere eine Mindestbreite von 1,20 m. Hiebei handle es sich um eine Maßnahme, die zu einer "völligen Umprojektierung" bzw. zu einer neuen technischen Anlage bzw. Ausstattung führe. Daher sei ein Verfahren nach § 79 Abs. 3 GewO 1994 einzuleiten gewesen. Die erste Stufe dieses "mehrstufigen Verfahrens" sei der bescheidmäßige Auftrag zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes. Dieser Auftrag habe jene betrieblichen Sanierungsziele möglichst genau zu umschreiben, die mit Hilfe des Sanierungskonzeptes erreicht werden müssten, was vor allem durch die Vorgabe bestimmter zu erreichender Emissionswerte geschehen könne. Im erstinstanzlichen Bescheid sei das Sanierungsziel mit "Lärmminderung für die Nachbarschaft" umschrieben worden. Diese Umschreibung entspreche nicht der geforderten Präzisierung, sodass im Spruch eine Ergänzung durch Anführung einer Messgröße erforderlich sei, durch die das Sanierungsziel bestimmbar werde und die der gewerbetechnische Sachverständige mit LGg = 33 dB bestimmt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem gesamten Vorbringen in ihrem Recht verletzt, nicht entgegen den Bestimmungen des § 79 GewO 1994 ein Sanierungskonzept vorlegen zu müssen, und macht - neben der Unzuständigkeit der belangten Behörde als Rechtsmittelbehörde - im Wesentlichen geltend, nach Ansicht des medizinischen Sachverständigen werde durch lärmtechnische Maßnahmen im Zugangsbereich die Problematik der Lärmbelastung für die Anrainer nicht beseitigt; für diese ergebe sich keine bedeutende Änderung der Lärmsituation, weil der Lärm auch auf der M.-Gasse gegeben sei und durch ein völliges Einhausen des derzeit offenen Zugangs nicht beeinflusst werden könne.
Auflagen nach § 77 GewO 1994 seien nur insofern "erforderlich" und damit zulässig, als mit ihrer Hilfe die Vermeidung einer Gefährdung bzw. die Beschränkung von Belästigungen auf ein zumutbares Maß gewährleistet sei. Nicht einmal auf Grund der genannten Gutachten sei davon auszugehen, dass durch die der Beschwerdeführerin vorgeschriebenen lärmtechnischen Maßnahmen eine Änderung der Lärmsituation eintrete. Der Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes, damit der im Zugangsbereich auftretende Lärm bei den Nachbarn den Grundgeräuschpegel von 33 dB(A) nicht übersteige, fehle daher die Rechtsgrundlage, weil diese Vorschreibung nicht dem Stand der Technik und der medizinischen Wissenschaften entspreche.
Nach Auskunft des gewerbetechnischen Amtssachverständigen falle durch die ausschließliche Benutzung des Restauranteinganges über die Z.-Gasse und der damit einhergehenden Verwendung des Eingangs M.-Gasse als Fluchtweg in den Nachtstunden die Lärmbelästigung, die ausschließlich vom Eingang M.-Gasse herrühre, weg. Auf diese Möglichkeit sei nicht eingegangen worden. Die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin die Vorlage des Sanierungskonzeptes binnen vier Wochen aufgetragen, ohne die Länge der Frist näher zu begründen. Nach der GewO sei bei der Fristbemessung jedenfalls auf den hiefür erforderlichen Zeitaufwand abzustellen. Die vorgeschriebene Frist für die Vorlage eines Sanierungskonzeptes, dem "offensichtlich professionelle Planungsunterlagen beizuschließen" seien, sei jedenfalls zu kurz bemessen. Die Beschwerdeführerin habe darauf verwiesen, dass es seit "geraumer Zeit" in der Nachbarschaft einen weiteren Klub gebe, der keine Sperrzeiten habe und in dem ohne zeitliche Begrenzung Live-Musikdarbietungen stattfänden. Die belangte Behörde hätte daher die ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten gewerbetechnischen bzw. medizinischen Gutachten aus dem Jahr 1996 durch ein aktuelles Gutachten ergänzen müssen.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 lauten (Hervorhebung in § 382 durch den Verwaltungsgerichtshof):
"§ 74. ...
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; ...
...
§ 79. (1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.
(2) ...
(3) Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen. § 81 Abs. 1 ist auf diese Sanierung nicht anzuwenden.
§ 359a. Entscheidungen in erster Instanz in Verfahren betreffend Betriebsanlagen können unmittelbar beim unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden.
§ 382.
...
(10) Die §§ 2 Abs. 1 Z 4 lit. h, 74 Abs. 2 und 4, 77a Abs. 5, 79 Abs. 1, 79a Abs. 1, 79b, 80 Abs. 3, 81a Z 2, 81b Abs. 1, 81c Abs. 1, 81d, 84c Abs. 2, 84d Abs. 2 und 3, 84e, 84f Abs. 1, 353 Z 3, 354, 356 Abs. 1, 356a Abs. 1 letzter Satz und Abs. 2, 356b Abs. 1 bis 3 und 6, 358 Abs. 1, 359a und 359b Abs. 1 in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, treten mit 1. Juli 2002, jedoch nicht vor dem vierten der Kundmachung des Verwaltungsreformgesetzes 2001 folgenden Monatsersten in Kraft; gleichzeitig treten die §§ 77a Abs. 6 bis 10, 334 und 335 außer Kraft. Für zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossene Verfahren betreffend Betriebsanlagen verbleibt es bei der bisherigen Rechtslage.
..."
Das vorliegende Verfahren gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 wurde von der Behörde erster Instanz - wie eingangs wiedergegeben - aus Anlass von am 6. August 2002 aktenkundig gewordenen Anrainerbeschwerden eingeleitet. § 359a GewO 1994, der die unmittelbare Anfechtbarkeit erstinstanzlicher Entscheidungen betreffend Betriebsanlagen beim unabhängigen Verwaltungssenat vorsieht, ist gemäß § 382 Abs. 10 erster Satz GewO 1994 - das Verwaltungsreformgesetz ist am 19. April 2002 kundgemacht worden - am 1. August 2002 in Kraft getreten. Der erstinstanzliche Bescheid vom 27. November 2002 konnte daher unmittelbar bei der belangten Behörde angefochten werden. Der Einwand der Unzuständigkeit ist demnach nicht berechtigt. Dass § 359a GewO 1994 eine "Ermessensentscheidung der Behörde" - so die Beschwerde - darstelle, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Der Gastgarten, der als Zugang zur im Untergeschoss liegenden Bar außerhalb der Öffnungszeiten des verbundenen Restaurants dient, ist unstrittig Teil der (als Einheit zu betrachtenden) genehmigten Betriebsanlage. Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Abrede, dass (auch) aus dem Gastgarten außerhalb seiner Öffnungszeiten Lärmemissionen wegen seiner weiteren Funktion als Zugangsweg zur Bar herrühren. Diese sind nach den Ausführungen der beigezogenen Sachverständigen, denen die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet ist, aus "lärmhygienischer Sicht als unerträglich und gesundheitsschädigend bzw. gesundheitsgefährdend" zu bezeichnen. Der Vorwurf, dass die belangte Behörde die zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten "aus dem Jahre 1996" durch aktuelle Gutachten zu ergänzen gehabt hätte, ist schon deshalb unberechtigt, weil die Ergebnisse dieser Gutachten (und der darauf aufbauenden aus dem Jahre 1999) vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2002 ausdrücklich als nach wie vor aktuell bezeichnet wurden. Es ist der belangten Behörde daher nicht entgegen zu treten, wenn sie auf dem Boden dieser Gutachten zum Schluss kommt, die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen seien durch die erteilten Auflagen nicht ausreichend geschützt.
Dass das Sanierungskonzept ungeeignet sei, weil der Umgebungslärm so hoch sei, hat die Beschwerdeführerin entgegen dem Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene dargetan.
Nach dem Wortlaut des Spruches des angefochtenen Bescheides hat die Beschwerdeführerin ein Sanierungskonzept vorzulegen, wie der Zugang zur Bar - nach weiteren Vorgaben des Bescheides - umgestaltet wird bzw. sichergestellt wird, dass der von der Betriebsanlage ausgehende Lärm bei den Nachbarn den Grundgeräuschpegel von 33 dB (A) nicht übersteigt. Nach dieser Formulierung hat die Beschwerdeführerin die Wahl, den Gastgartenbereich spruchgemäß umzugestalten oder auf andere Weise das mit der Sanierung verfolgte Ziel der Lärmminderung "sicherzustellen".
Dagegen wendet die Beschwerdeführerin zunächst ein, die Behörde habe die Möglichkeit der ausschließlichen Benutzung des Restauranteinganges über die Z.-Gasse als Zugang und damit einhergehend des Einganges M.-Gasse ausschließlich als Fluchtweg nicht in Betracht gezogen. Damit macht sie erkennbar geltend, es liege ein Anwendungsfall des § 79 Abs. 1 Gew0 1994 und nicht ein solcher des § 79 Abs. 3 leg. cit. vor. Auch diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2003, Zl. 2000/04/0193, zur Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes nach § 79 Abs. 3 GewO 1994 Folgendes ausgeführt:
"Die Vorschreibung gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994, ein Sanierungskonzept vorzulegen, ist für jenen Fall vorgesehen, in dem der Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen Maßnahmen erfordert, die dem Betriebsinhaber als Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 nicht vorgeschrieben werden dürfen, weil sie die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen veränderten. Gerade weil die erforderlichen Auflagen "wesensverändernd" wären, hat sich die Behörde darauf zu beschränken, dem Betriebsinhaber die Vorlage eines Konzeptes zur Sanierung der festgestellten Mängel vorzuschreiben.
Das Ziel der Sanierung liegt in der Behebung der festgestellten Mängel; dieses Ziel muss dem Betriebsinhaber als notwendige Grundlage für die Erstellung des Sanierungskonzeptes vorgegeben werden. Durch welche (tauglichen) Maßnahmen dieses Ziel in der Folge erreicht werden soll, liegt im alleinigen Entscheidungsbereich des Betriebsinhabers und kommt im Sanierungskonzept zum Ausdruck.
Der Bescheid, mit dem ein Auftrag zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes erteilt wird, hat daher darzulegen, inwieferne ein hinreichender Schutz der Interessen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht gewährleistet ist (bzw. die Emissionen von Luftschadstoffen nicht nach dem Stand der Technik begrenzt sind) und weiters, inwieferne eine Sanierung dieses Mangels Maßnahmen erfordert, die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen veränderten."
Voraussetzung für die Erteilung eines Auftrages zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes ist demnach, dass der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach § 79 Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden könnte, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde. Eine Auflage - bezogen auf eine Vorschreibung nach § 79 GewO 1994 - ändert dann "die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen", wenn sie in die Substanz des verliehenen Rechtes - in die Summe der im Rahmen der Gewerbeberechtigung zu verrichtenden Tätigkeiten - eingreift (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis vom 15. Oktober 2003). Dass mit der dargestellten Änderung der Zugangsmöglichkeiten zur Bar nicht in diesem Sinn in die Substanz des verliehenen Rechtes eingegriffen würde (im Verwaltungsverfahren wurde die dadurch erforderliche Schaffung einer Schleuse als totaler Umbau der Betriebsanlage von der Beschwerdeführerin abgelehnt), ist auch auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht zu finden. Welche (andere) Auflagen, durch die die genehmigte Betriebsanlage nicht in ihrem Wesen verändert würde, in Betracht gekommen wären, legt die Beschwerdeführerin nicht dar.
Auch den Standpunkt der Beschwerdeführerin, es sei keine angemessene Frist zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes bestimmt worden, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Dass die gesetzte Frist, gemessen an den gegebenen Verhältnissen, nicht ausreichend sei, wird nicht schon mit dem Beschwerdevorbringen dargetan, dem Sanierungskonzept seien "offensichtlich professionelle Planungsunterlagen beizuschließen". Damit wird aber nicht dargetan, dass die Frist objektiv ungeeignet sei, der Beschwerdeführerin der Lage des konkreten Falles nach die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (vgl. auch dazu das angeführte Erkenntnis vom 15. Oktober 2003, mwH).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. Dezember 2004
Schlagworte
Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003040094.X00Im RIS seit
04.02.2005