RS OGH 2005/11/15 Bsw67175/01, 13Os133/10y, Bsw4493/04, Bsw11364/03, Bsw5829/04

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 15.11.2005
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Norm

MRK Art5 Abs4 IV4e
MRK Art6 I
MRK Art6 Abs1 II7
StPO §182

Rechtssatz

Art 5 Abs 4 MRK verlangt nicht als allgemeine Regel eine öffentliche Verhandlung. Auf dem Gebiet der strafrechtlichen Anklagen besteht ein enger Zusammenhang zwischen Art 5 Abs 4 und Art 6 Abs 1 MRK. Art 6 MRK ist teilweise im Vorverfahren anzuwenden, und zwar in Bezug auf Verfahrensgarantien, die im Falle ihrer Missachtung im Vorverfahren die Fairness des gesamten Verfahrens beeinträchtigen würden. Es gibt jedoch keine Hinweise dafür, dass die Abhaltung nicht öffentlicher Haftverhandlungen eine solche Beeinträchtigung mit sich bringt, wenn nicht besondere Umstände eine öffentliche Verhandlung erforderlich machen. Überdies ist zu bedenken, dass Art 5 Abs 4 und Art 6 Abs 1 MRK verschiedene Zwecke verfolgen. Art 5 Abs 4 MRK zielt auf den Schutz vor willkürlicher Freiheitsentziehung, indem er eine rasche Prüfung der Rechtmäßigkeit jeder Haft garantiert. Art 6 MRK behandelt die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage und zielt darauf ab zu gewährleisten, dass über die Frage, ob der Angeklagte der ihm vorgeworfenen Taten schuldig ist, in einem fairen Verfahren öffentlich verhandelt wird. Diese unterschiedlichen Ziele erklären, warum Art 5 Abs 4 MRK flexiblere verfahrensrechtliche Garantien enthält, als Art 6 MRK hingegen sehr viel strengere Anforderungen an die Zügigkeit des Verfahrens stellt. (Reinprecht gegen Österreich)

Entscheidungstexte

  • Bsw 67175/01
    Entscheidungstext AUSL EGMR 15.11.2005 Bsw 67175/01
    Veröff: NL 2005,291
  • 13 Os 133/10y
    Entscheidungstext OGH 16.12.2010 13 Os 133/10y
    Auch
  • Bsw 4493/04
    Entscheidungstext AUSL EGMR 25.10.2007 Bsw 4493/04
    Vgl; nur: Art 5 Abs 4 MRK verlangt nicht als allgemeine Regel eine öffentliche Verhandlung. (T1)Veröff: NL 2007,264
  • Bsw 11364/03
    Entscheidungstext AUSL EGMR 13.12.2007 Bsw 11364/03
    nur: Art 5 Abs 4 MRK zielt auf den Schutz vor willkürlicher Freiheitsentziehung, indem er eine rasche Prüfung der Rechtmäßigkeit jeder Haft garantiert. (T2); Beisatz: Wenn es um die persönliche Freiheit geht, sind jedoch strenge Standards hinsichtlich des Erfordernisses einer raschen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Haft anzuwenden. Ein Zeitraum von 2 Monaten und 22 Tagen, bis eine den Anforderungen des innerstaatlichen Rechts entsprechende Entscheidung gefällt wird, stellt eine Verletzung von Art 5 Abs 4 MRK dar. (Mooren gegen Deutschland) (T3)Veröff: NL 2007,324
  • Bsw 5829/04
    Entscheidungstext AUSL EGMR 31.05.2011 Bsw 5829/04
    Auch; nur: Art 5 Abs 4 MRK verlangt nicht als allgemeine Regel eine öffentliche Verhandlung. (T4)Veröff: NL 2011,154

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:AUSL000:2005:RS0122521

Im RIS seit

15.12.2005

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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