TE Vwgh Beschluss 2004/12/22 2001/12/0260

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Veröffentlicht am 22.12.2004
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Index

L00047 Amt der Landesregierung Tirol;
L22007 Landesbedienstete Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BDG/Tir 1998 §15;
GO AdLReg Tir 1976 §6 Abs3;
LBG Tir 1998 §2;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §36 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, in der Beschwerdesache des Dr. S in I, vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer und Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6, gegen die Tiroler Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend eine Versetzung bzw. Verwendungsänderung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht seit 1. September 2004 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Tirol, das gemeinsam mit dem Bund eine Einrichtung zur Förderung der Erwachsenenbildung und des Büchereiwesens in Tirol betrieb. Diese sei - so die Auffassung des Beschwerdeführers - zu einer eigenen Dienststelle zusammengefasst, bei der er bis zu einer mit Schreiben vom 10. Juni 1991 verfügten, als "Verwendungsänderung" bezeichneten Personalmaßnahme als Landesbediensteter tätig gewesen sei.

In der Angelegenheit der rechtlichen Beurteilung dieser Personalmaßnahme befindet sich der Beschwerdeführer bereits im dritten Rechtsgang vor dem Verwaltungsgerichtshof. Zu Einzelheiten des bisherigen Verfahrens und der Rechtslage wird daher auf die hg. Vorerkenntnisse vom 20. Mai 1992, Zl. 91/12/0205, und vom 13. April 1994, Zl. 93/12/0042, verwiesen.

Mit dem im ersten Rechtsgang angefochtenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. Juni 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 13. Juni 1991 auf Erlassung eines Bescheides betreffend die seitens des Vorstandes der Abteilung IVf des Amtes der Tiroler Landesregierung mit Schreiben vom 10. Juni 1991 verfügte Zuteilung neuer Aufgaben gemäß § 6 Abs. 3 der Verordnung des Landeshauptmannes über die Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung, LGBl. Nr. 56/1976, in der Fassung der Verordnungen LGBl. Nr. 46/1978 und 77/1982, als unzulässig zurückgewiesen.

Dieser Bescheid wurde mit dem bereits genannten hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 91/12/0205, im Wesentlichen deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil der Bestimmung des § 6 Abs. 3 der Verordnung des Landeshauptmannes über die Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung nicht eine derartige Bedeutung gegeben werden dürfe, dass sie mit den §§ 38 bzw. 40 BDG 1979 in Widerspruch stehe. Es sei - so der Verwaltungsgerichtshof weiter in der Begründung des genannten Erkenntnisses - der belangten Behörde einzuräumen, dass eine Versetzung des Beschwerdeführers dann nicht vorliegen könne, wenn er weiterhin bei der Abteilung IVf des Amtes der Tiroler Landesregierung in Verwendung stehe und diese Abteilung nur eine Unterorganisationseinheit der Dienststelle des Amtes der Landesregierung darstelle. Zur Klärung dieser Frage hätte es entsprechender Sachverhaltsfeststellungen bedurft. Die belangte Behörde habe aber, ausgehend von der Rechtsauffassung, es hätte sich bei der verfügten Personalmaßnahme von vornherein weder um eine Versetzung noch um eine qualifizierte Verwendungsänderung gehandelt, hinreichende Feststellungen in diesem Zusammenhang unterlassen und den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Dadurch sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf bescheidmäßigen Abspruch in der Sache verletzt worden.

Im fortgesetzten Verfahren wiederholte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. September 1992 seinen ursprünglichen Antrag vom 13. Juni 1991. Die belangte Behörde holte zwei Stellungnahmen des Vorstandes der Abteilung IVf des Amtes der Tiroler Landesregierung ein, der der Beschwerdeführer - dies ist unbestritten - die gesamte Zeit seiner dienstlichen Tätigkeit stellenplanmäßig angehört hat und gewährte dem Beschwerdeführer Parteiengehör, im Rahmen dessen der Beschwerdeführer die Angaben des Vorstandes der Abteilung IVf bestritt.

Mit dem im zweiten Rechtsgang angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 1992 entschied die belangte Behörde wie folgt (Namen wurden anonymisiert):

"Auf Grund der Anträge des Dr. NN, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J, vom 13. Juni 1991 und 17. September 1992 wird festgestellt, dass es sich bei der mit Schreiben des Vorstandes der Abteilung IVf des Amtes der Landesregierung vom 10. Juni 1991 verfügten Zuteilung neuer Aufgaben weder um eine Versetzung gemäß § 38 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, noch um eine Verwendungsänderung gemäß § 40 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 in Verbindung mit § 2 Z. 1 des Landesbeamtengesetzes 1982, sondern um eine Maßnahme im Rahmen der Leitungsbefugnis des Abteilungsvorstandes nach § 6 Abs. 3 der Verordnung des Landeshauptmannes über die Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung, LGBl. Nr. 56/1976, in der Fassung der Verordnungen LGBl. Nr. 46/1978 und 77/1982 handelt."

Diese Entscheidung wurde mit dem bereits angeführten hg. Erkenntnis vom 13. April 1994, Zl. 93/12/0042, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu aus, es sei nach wie vor unklar geblieben, ob der Beschwerdeführer bei einer von der Abteilung IVf des Amtes der Tiroler Landesregierung losgelösten Organisationseinheit (nach seinem Vorbringen bei der "Landesbüchereistelle") tätig gewesen sei. Zur Klärung dieser Frage hätte es entsprechender Sachverhaltsfeststellungen zur tatsächlichen Einordnung des Beschwerdeführers in diese Organisationseinheit und zu deren Wertung als eigener Dienststelle bedurft. Derartige Feststellungen fehlten im angefochtenen Bescheid, der lediglich einen Vergleich zwischen der Tätigkeit, die der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der am 10. Juni 1991 verfügten Maßnahme und dem neu zugeteilten Aufgabenbereich anstelle.

Am 14. Dezember 2001 erhob der Beschwerdeführer in dieser Angelegenheit Säumnisbeschwerde und machte geltend, die belangte Behörde sei seit dem hg. Erkenntnis vom 13. April 1994, Zl. 93/12/0042, gänzlich untätig geblieben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Säumnisbeschwerde als unbegründet beantragt.

Sie führt dazu aus, der Beschwerdeführer sei mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1994 der Abteilung IVd des Amtes der Tiroler Landesregierung zur weiteren Dienstleistung zugeteilt worden. Er habe diese Maßnahme nicht bekämpft und versehe nach wie vor seinen Dienst in dieser Abteilung. Mit Schreiben vom 9. Juli 2001 habe er die Erlassung eines Bescheides betreffend die Maßnahme vom 10. Juni 1991 beantragt. Darauf habe ihm die belangte Behörde mit Schreiben vom 13. August 2001 mitgeteilt, dass auf Grund der geänderten Sachlage die Erlassung eines Bescheides in der gegenständlichen Angelegenheit nicht mehr in Betracht komme. Die Zulässigkeit eines - wie vom Beschwerdeführer beantragten - Feststellungsbescheides sei gegeben, wenn die bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen sei. Das Vorhandensein von "Privatinteressen" reiche nicht aus, im Verwaltungsverfahren die Erlassung von Feststellungsbescheiden zu begehren. Ein rechtliches Interesse sei zu verneinen, weil der Beschwerdeführer die bescheidmäßige Absprache über eine Maßnahme begehre, deren Wirksamkeit seit dem 1. Juli 1994 beendet sei und somit die aus dem Dienstverhältnis entspringenden subjektiven Rechte und Pflichten des Beschwerdeführers nicht mehr berühre. Es bestehe daher kein Anspruch auf eine bescheidmäßige Absprache.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2004 teilte die belangte Behörde mit, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Erklärung gemäß § 15 BDG 1979 in Verbindung mit § 2 des Landesbeamtengesetzes 1998 mit Ablauf des 31. August 2004 seine Versetzung in den Ruhestand bewirkt habe.

Der Beschwerdeführer bestätigte dies - nach Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit durch den Verwaltungsgerichtshof - in seiner Bekanntgabe vom 2. September 2004 und räumte ein, dass sein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung durch die Versetzung in den Ruhestand weggefallen sei. Er hielt jedoch sein Kostenbegehren aufrecht.

Wie sich aus § 36 Abs. 2 letzter Satz VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 ergibt, kommt die Einstellung eines Verfahrens über eine Säumnisbeschwerde nach dieser Gesetzesstelle nur in Frage, wenn der (versäumte) Bescheid (allenfalls auch vor Einleitung des Vorverfahrens) erlassen wurde. Ähnlich wie bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG, bei der nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe u. a. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Zl. 1809/77 = Slg. N.F. Nr. 10.092/A) eine Klaglosstellung nur bei einer formellen Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides gegeben ist, kann es zu einer Einstellung des Verfahrens nach § 36 Abs. 2 VwGG in der obzitierten Fassung dann nicht kommen, wenn auf andere Weise als durch Nachholung eines versäumten Bescheides das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an einer Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof weggefallen ist (so schon zur alten Rechtslage, die sich - soweit dies unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles von Interesse ist - nur dadurch von der neuen Rechtslage unterschied, dass eine Einstellung nach § 36 Abs. 2 letzter Satz VwGG nur bei fristgerechter Erlassung des versäumten Bescheides in Frage kam, während bei Nachholung des versäumten Bescheides außerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Frist eine "echte" Klaglosstellung nach § 33 Abs. 1 VwGG nach der Judikatur eintrat; vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 20. Jänner 1989, Zlen. 88/17/0154, 0172, 0173 und 0198, sowie vom 20. Mai 1992, Zlen. 91/12/0177, 0180, oder vom 16. April 1997, Zl. 94/12/0204).

Im Beschwerdefall erfolgte unbestritten keine bescheidförmige Erledigung der Anträge vom 13. Juni 1991, 17. September 1992 und 9. Juli 2001. Durch die vom Beschwerdeführer gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof abgegebene Erklärung vom 2. September 2004 hat er aber zu erkennen gegeben, dass er kein rechtliches Interesse mehr daran hat, dass der Verwaltungsgerichtshof über die vorliegende Säumnisbeschwerde entscheide.

Auch wäre er nach seiner Versetzung in den Ruhestand durch eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht günstiger gestellt, als dies ohne meritorische Entscheidung über seine Anträge der Fall ist. Jedenfalls als Folge dieser Ruhestandsversetzung kommt einer Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der bekämpften Personalmaßnahme auch keine Klarstellungsfunktion für die Zukunft mehr zu. Dies hat der Beschwerdeführer durch die Einräumung des Wegfalles seines rechtlichen Interesses selbst zugestanden und keine besonderen Umstände aufgezeigt, die allenfalls eine andere Betrachtung gebieten würden. Das Beschwerdeverfahren war daher nach Anhörung des Beschwerdeführers in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos einzustellen (vgl. den hg. Beschluss vom 7. Oktober 1998, Zl. 98/12/0079).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG war der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeführers nicht zu berücksichtigen. Die gänzliche Untätigkeit der belangten Behörde kann - auch unter Berücksichtigung ihrer Ausführungen - mit der Bestimmung des § 73 Abs. 1 AVG nicht in Einklang gebracht werden. Ein Anspruch auf Entscheidung entsteht nämlich - unbeschadet des rechtlichen Interesses - auch dann, wenn die Erledigung rechtsrichtig nur in einer Zurückweisung bestehen könnte (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, bei E 1a zu § 73 Abs. 1 AVG wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Die Umrechnung des für die Gebühr noch verzeichneten Schillingbetrages gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 22. Dezember 2004

Schlagworte

Säumnisbeschwerde Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001120260.X00

Im RIS seit

11.02.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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