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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
BSVG §2 Abs1 Z2;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2000/15/0142 E 22. Dezember 2004Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom 22. Dezember 1999, GZ. RV/747-17/05/99, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1997 (mitbeteiligte Partei: G in P), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb samt Weinbau, dessen Einheitswert im Streitjahr rd. S 1,5 Mio betrug. Sie ermittelte ihren Gewinn 1997 nach § 17 EStG.
In der Einkommensteuererklärung 1997 machte die mitbeteiligte Partei zusätzlich zu den pauschalierten Betriebsausgaben Sozialversicherungsbeiträge für sich und ihren im Betrieb mitarbeitenden Sohn sowie Beiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen gewinnmindernd geltend.
Das Finanzamt behandelte im Einkommensteuerbescheid 1997 die Sozialversicherungsbeiträge für den Sohn als bereits von den pauschalierten Betriebsausgaben erfasst und führte begründend aus, gemäß § 13 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft, BGBl. II Nr. 430/1997 (in der Folge: PauschalierungsVO), könnten als gewinnmindernde Beträge u. a. nur die Sozialversicherungsbeiträge des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden.
Die mitbeteiligte Partei erhob Berufung, worin sie auf einen Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 27. Februar 1998, GZ 06 0810/2-IV/6/98, verwies, wonach durch die PauschalierungsVO gegenüber früheren Pauschalierungen die Abzugsfähigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen auf die Beiträge des Steuerpflichtigen und seiner im Betrieb mittätigen Kinder eingeschränkt worden sei. Nur Beiträge für fremde Arbeitnehmer seien nicht mehr abzugsfähig.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, aus der Wortinterpretation des § 13 ergebe sich, dass "Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen des Steuerpflichtigen" solche Beiträge seien, deren Schuldner der Steuerpflichtige sei. Eine bloße Haftung für derartige Beträge - wie etwa für die Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialversicherung - wäre nicht ausreichend. Schuldner der Beiträge für den im landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigen Sohn sei gemäß § 33 Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) die mitbeteiligte Partei. Es handle sich daher um Beiträge "des Steuerpflichtigen", die weiterhin abzugsfähig seien.
Die vom Finanzamt angestrebte Interpretation würde eine Formulierung des Verordnungstextes etwa in dem Sinne von "Beiträge ... für den Steuerpflichtigen" voraussetzen. Eine derartige Formulierung habe jedoch der Verordnungsgeber nicht gewählt.
Auch eine teleologische Interpretation ergebe kein anderes Ergebnis: Ersichtlich sei lediglich, dass der Verordnungsgeber eine Reduktion der im Rahmen der Pauschalierung zusätzlich anzusetzenden Betriebsausgaben angestrebt habe. Ob beabsichtigt gewesen sei, nur jene Sozialversicherungsbeiträge, für die der Landwirt als Arbeitgeber hafte, aus den Betriebsausgaben auszuscheiden, oder darüber hinaus auch Sozialversicherungsbeiträge, die der Landwirt selbst unmittelbar schulde, lasse sich der Verordnung nicht entnehmen. Teleologisch seien mehrere Varianten denkbar, weswegen der Wortinterpretation der Vorrang einzuräumen sei.
Der Erlass des Bundesministeriums für Finanzen stelle zwar keine verbindliche Rechtsquelle, sondern lediglich einen Auslegungsbehelf dar, lasse jedoch auf eine mögliche Absicht des Verordnungsgebers schließen.
Dem Senat sei auf Grund der Teilnahme eines seiner Mitglieder an den Vorgesprächen zur Erlassung einer neuen Pauschalierungsverordnung bekannt, dass das Bundesministerium für Finanzen mit der Neufassung der PauschalierungsVO ein Abzugsverbot der für (alle) Dienstnehmer bezahlten Sozialversicherungsbeiträge (zB Aushilfskräfte für Erntearbeiten) habe schaffen wollen. Auch bei Begründung eines (auch sozialversicherungsrechtlichen) Dienstverhältnisses (zB mit der Ehegattin) sollten die an die Gebietskrankenkasse abzuführenden Beiträge nicht absetzbar sein. Hingegen sollten die für in der Landwirtschaft hauptberuflich mitarbeitenden Kinder (insbesondere für den künftigen Hofübernehmer) bezahlten Sozialversicherungsbeiträge weiterhin gewinnmindernd geltend gemacht werden können. Denn mit diesen Kindern werde sozialversicherungsrechtlich kein Dienstverhältnis begründet; sie seien nicht nach dem ASVG versichert. Die Beiträge dieser Personen seien daher zwingend an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern abzuführen. Gemäß § 33 Abs. 1 und 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 2 BSVG schuldeten die Beiträge der hauptberuflich im Betrieb mitarbeitenden Kinder zur ungeteilten Hand jene Personen, auf deren Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt werde.
Angesichts dessen, dass die mitbeteiligte Partei als Betriebsführerin die Beiträge ihres Sohnes schulde (und nicht bloß dafür hafte), seien die von ihr für ihren Sohn an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern bezahlten Beiträge als "Beiträge der Steuerpflichtigen" im Sinne der neuen PauschalierungsVO anzusehen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf § 292 BAO in der Fassung vor dem AbgRmRefG, BGBl. I Nr. 97/2002, gestützte Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 201/1996 können für die Ermittlung des Gewinnes mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen aufgestellt werden. Die Durchschnittssätze sind auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Steuerpflichtigen festzusetzen.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft (PauschalierungsVO), BGBl. II Nr. 430/1997, kann der Gewinn land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und Nebenbetriebe, deren Inhaber hinsichtlich dieser Betriebe weder zur Buchführung verpflichtet sind noch freiwillig Bücher führen, nach den Bestimmungen dieser Verordnung ermittelt werden.
Gemäß § 8 der PauschalierungsVO ist bei einem Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes von mehr als S 900.000,-- der Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln, wobei die Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz von 70 % anzusetzen sind. Gemäß § 4 der Verordnung ist auch der Gewinn aus Weinbau durch eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gesondert zu ermitteln, wobei die Betriebsausgaben im Gebiet, in welchem der Weinbaubetrieb der mitbeteiligten Partei gelegen ist, für das Kalenderjahr 1997 mit S 50.000,-- je Hektar weinbaulich genutzter Fläche anzusetzen ist (§ 5 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 18. April 1997, BGBl. II Nr. 107/1997).
Die sich nach den genannten Bestimmungen ergebende Gewinnsumme ist gemäß § 13 Abs. 1 der PauschalierungsVO u.a. um die vereinnahmten Pachtzinse zu erhöhen und u.a. um die "Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen des Steuerpflichtigen" sowie um die bezahlten Pachtzinse und Schuldzinsen zu vermindern.
Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die von der mitbeteiligten Partei für ihren im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mitarbeitenden Sohn entrichteten Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 13 der Verordnung bei der Gewinnermittlung gewinnmindernd zu berücksichtigen sind.
Die belangte Behörde bejahte diese Frage und stützte sich dabei auf den Wortlaut des § 13 Abs. 1 der PauschalierungsVO sowie auf den Umstand, dass in der Land- und Forstwirtschaft hauptberuflich mitarbeitende Kinder regelmäßig nicht nach dem ASVG, sondern nach dem BSVG sozialversichert sind, und der Betriebsführer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes Schuldner für deren Sozialversicherungsbeiträge ist.
Während § 14 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft einschließlich Gartenbau, vom 18. April 1997, BGBl. II Nr. 107/1997, neben den pauschal ermittelten Betriebsausgaben die Abzugsfähigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen und Beiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (ohne weiteren Zusatz) vorsah, wurde durch die PauschalierungsVO die Wortfolge "des Steuerpflichtigen" eingefügt. Mit der nachfolgenden Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft einschließlich Gartenbau, BGBl. II Nr. 54/2001, wurde diese Wortfolge jedoch wieder entfernt, sodass dieser ausschließlich für die Jahre 1997 bis 2000 Bedeutung zukommt.
Die Wortfolge "des Steuerpflichtigen" bezieht sich nicht nur auf die Sozialversicherungsbeiträge sondern auch auf die Beiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen. Dazu ist festzustellen, dass im zweitgenannten Fall Beiträge des Steuerpflichtigen im engeren Sinn (nämlich: für die Person des Steuerpflichtigen) nicht denkbar sind, weil das FLAG nur eine Beitragspflicht des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes (§ 39 Abs. 5 lit. c FLAG) bzw. des Dienstgebers für die Personen, die zu ihm in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, normiert. Beitragsgrundlage ist im ersten Fall der vom Einheitswert des Betriebes abgeleitete Grundsteuermessbetrag (§ 44 Abs. 1 FLAG), im zweiten Fall die Summe der Arbeitslöhne, unabhängig davon, ob diese beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (§ 41 Abs. 3 FLAG). Die Beiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen beziehen sich nicht auf die Person des Steuerpflichtigen, sondern auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als solchen. Die Bestimmung kann daher nicht so interpretiert werden, dass es sich dabei um Beiträge handelt, die den Steuerpflichtigen persönlich betreffen. Die Bestimmung ist vielmehr so zu verstehen, dass es sich um solche Beiträge handelt, bei denen der Steuerpflichtige Beitragsschuldner ist. Gemäß § 33 Abs. 1 und 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 2 BSVG schulden die Beiträge der hauptberuflich im Betrieb beschäftigten Kinder zur ungeteilten Hand jene Personen, auf deren Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird.
Die vom beschwerdeführenden Präsidenten angezogene inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist auf Grund der obigen Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 22. Dezember 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2000150031.X00Im RIS seit
08.02.2005