TE Vwgh Beschluss 2004/12/29 AW 2004/18/0327

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Veröffentlicht am 29.12.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39;
StGB §105 Abs1;
StGB §107 Abs1;
StGB §107 Abs2;
StGB §125;
StGB §127;
StGB §15;
StGB §83 Abs1;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des S, (geboren 1975), vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 30. September 2004, Zl. St 7/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, erhobenen und zur hg. Zl. 2004/18/0399 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Die belangte Behörde verhängte mit dem genannten Bescheid gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 Abs. 2 Z. 1 iVm §§ 37 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

2. Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer und beantragt gleichzeitig, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In der Begründung seines Antrages nach § 30 Abs. 2 VwGG führt der Beschwerdeführer aus, dass der Vollzug des angefochtenen Bescheides für ihn "mit einem erheblichen persönlichen rechtlichen, als auch finanziellen Verlust und Beschwer verbunden" sei. Die Auswirkungen auf die Rechte des Beschwerdeführers seien massiv, durch eine Vollstreckung des angefochtenen Bescheides würde schwer in seine Rechte eingegriffen werden.

3.1. Nach den insoweit unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid reiste der Beschwerdeführer im Jahr 1995 als Tourist von Tunesien nach Österreich ein und ist seither in Österreich niedergelassen. Ihm wurde zuletzt ein bis 7. September 2001 befristeter Aufenthaltstitel für jeglichen Aufenthaltszweck erteilt. Während seines Aufenthalts in Österreich wurde der Beschwerdeführer - in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt - wie folgt rechtskräftig verurteilt:

"1. vom LG Linz, am 11.11.1996, Zahl ... wegen §§ 127, 83 Abs. 1, 15 und 107 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Wochen,

2. vom LG Linz, am 07.11.2002, Zahl ... wegen §§ 15, 105 Abs. 1, 83 Abs. 1, 125, 107 Abs. 1 und 2, sowie 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten,

3. vom BG Linz am 30.09.2003 wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat."

3.2. Der Verurteilung vom 11. November 1996 liegt - unstrittig - zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 17. Juli 1996 seiner damaligen Lebensgefährtin W. S 1.000,-- mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch Zueignung dieser Sache zu bereichern, dass er weiters die Genannte durch Versetzen von Faustschlägen verletzte, und dass er sie ferner durch die Äußerung "Wenn du mich bei der Polizei anzeigst, mach ich dich kaputt. Mir ist das sicher egal" zur Unterlassung der Anzeigeerstattung nötigte.

Der Verurteilung vom 7. November 2002 liegt (ebenfalls unbestritten) zu Grunde, dass der Beschwerdeführer

"1. am 23.05.2001 den A. ... durch die Äußerung "Lass meine Frau in Ruhe, sonst gibt's etwas. Ich hole 300 Ausländer, die dich tot machen! Ich werde dich umbringen, wenn du meine Frau noch einmal schnappst!", wobei diese Äußerungen durch die Ausführung einer eindeutigen Handbewegung, die das Durchschneiden der Kehle andeutet, dazu nötigte.., dass er von jeglichem Kontakt zu ...

(seiner) Frau Abstand nimmt,

     2. am 05.03.2002 den I. durch Versetzen mehrerer Faustschläge

am Körper verletzt und fremde Sachen beschädigt ... (hat), indem

... (er) mit einem Sessel die Glastür des Gastlokales "Islamischer

Kulturverein" einschlug.., eine Stereoanlage vom Tisch warf..  und

das T-Shirt des I. zerriss..,

3. die K. am 19.01.2002 mit dem Tode bedrohte.., indem ... (er) ihr ein Küchenmesser vorhielt.. und dabei äußerte.. "Pass auf, was du tust" und sie am 27.09.2001 und am 17.01.2002 durch das Versetzen eines Kopfstoßes verletzt(e) ... ."

Der Verurteilung vom 30. September 2003 liegt unstrittig zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 8. Mai 2003 seine namentlich genannte Lebensgefährtin durch Tätlichkeiten verletzte.

Aus den insoweit unstrittigen Feststellungen ergibt sich ferner, dass der Beschwerdeführer (trotz der Erlassung des Erstbescheides vom 11. Dezember 2003) am 24. Februar 2004 neuerlich wegen Verdacht der Körperverletzung, der gefährlichen Drohung bzw. Sachbeschädigung zur Anzeige gebracht wurde. Überdies wurde über ihn "ein Betretungsverbot" verhängt, weil es wiederum zu tätlichen Auseinandersetzungen mit seiner Lebensgefährtin kam. So hat der Beschwerdeführer seine Lebensgefährtin auf den Kopf, die Ohren und die Oberarme geschlagen und mit den Füssen gegen ihre Knie- und Schienbeine getreten, wodurch sie einen Bluterguss am linken Unterschenkel, Rötung beider Knie, eine Schwellung am linken Oberarm und eine Abschürfung am linken Ellbogen erlitt. Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 25. Februar 2004 sein Fehlverhalten eingestanden.

3.3. Ferner ergibt sich aus den Feststellungen, dass der Beschwerdeführer am 17. August 1996 die österreichische Staatsangehörige O. heiratete, diese Ehe aber mittlerweile wieder geschieden wurde. Aus dieser Ehe entstammt die Tochter J. des Beschwerdeführers. Diese nach dem Bescheid siebenjährige, nach dem Beschwerdevorbringen mittlerweile neunjährige Tochter lebt in Linz.

4. Mit Verfügung vom 9. Dezember 2004 wurde über die in Rede stehende Beschwerde gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet und der belangten Behörde ferner die Gelegenheit gegeben, zum Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Stellung zu nehmen. In ihrer (infolge einer Urgenz des Beschwerdeführers) am 28. Dezember 2004 abgegebenen Stellungnahme sprach sich die belangte Behörde unter Hinweis auf das Fehlverhalten des Beschwerdeführers gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Beschwerde aus.

5. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag der beschwerdeführenden Partei die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es, um diese Interessenabwägung vornehmen zu können, erforderlich, dass die beschwerdeführende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen. Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. (Vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 16. August 2002, AW 2002/03/0072).

6. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten finanziellen Nachteile ist festzuhalten, dass sein Vorbringen konkrete, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben vermissen lässt, die in nachvollziehbarer Weise eine auch nur annähernde Quantifizierung der ihm - für die Dauer des Beschwerdeverfahrens - drohenden finanziellen Nachteile ermöglichen würde. Insofern hat der Beschwerdeführer dem ihm obliegenden Konkretisierungsgebot nicht entsprochen. Schon deshalb kann der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nichts für sich gewinnen.

Das festgehaltene wiederholte Fehlverhalten des Beschwerdeführers zeigt ferner, dass er in Konfliktsituationen nicht vor schweren Gewalttätigkeiten bzw. deren Androhung zurückschreckt und dazu neigt, Konflikte in völlig unangemessener Weise durch Gewalt zu "lösen". Aus diesem Fehlverhalten resultiert somit eine gewichtige Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Gewaltkriminalität (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2003, Zl. 99/18/0158). Dieses öffentliche Interesse fällt für die Umsetzung des angefochten Bescheides und gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgeblich ins Gewicht. Angesichts des Umstands, dass das geschilderte Fehlverhalten insbesondere auch gegen die angesprochenen Lebensgefährtinnen des Beschwerdeführers gerichtet war, werden die familiären und privaten Interessen des Beschwerdeführers am Aufschub des Vollzugs des angefochtenen Bescheides - auch unter Berücksichtigung der Beziehung zu seiner Tochter - entscheidend relativiert. Von daher kann nicht gesagt werden, dass die Interessen des Beschwerdeführers am Aufschub des Vollzugs des genannten Bescheides das öffentliche Interesse an der Umsetzung dieses Bescheides überwiegen würden. Bei diesen Gegebenheiten vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass der sich nach Abwägung aller berührten Interessen ergebende Nachteil für den Beschwerdeführer ein "unverhältnismäßiger" im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG wäre. Schon aus diesem Grund konnte dem vorliegenden Aufschiebungsantrag nicht stattgegeben werden. Ob der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung das maßgebliche öffentliche Interesse auch als zwingendes öffentliches Interesse (vgl. § 30 Abs. 2 erster Satz zweiter Halbsatz erste Alternative VwGG) entgegengestanden wäre, kann somit dahingestellt bleiben.

Wien, am 29. Dezember 2004

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Polizeirecht Interessenabwägung Unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:AW2004180327.A00

Im RIS seit

08.04.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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