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20 Privatrecht allgemeinNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des WohnungseigentumsG betreffend Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums an der Liegenschaft infolge Anhängigkeit eines GerichtsverfahrensSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit seinem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehrt der Einschreiter als Masseverwalter einer Gesellschaft mbH, §21 Abs2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) 1975 als verfassungswidrig aufzuheben. Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinschaft des Eigentums an der Liegenschaft erst aufgehoben werden, sobald das auf der Liegenschaft erworbene Wohnungseigentum erloschen ist.
2. Begründend führt der Antragsteller aus, die Gemeinschuldnerin sei Miteigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft. Diese Liegenschaft sei ursprünglich im Alleineigentum der Gemeinschuldnerin gestanden, auf ihr sei die Errichtung von fünf baulichen Objekten geplant gewesen. Vier Häuser mit Wohnungen seien errichtet worden; hinsichtlich dieser Objekte und eines erst geplanten Appartement-Hotels - dessen Baubewilligung sei mittlerweile durch Zeitablauf erloschen - sei Wohnungseigentum begründet worden.
Zur besseren Verwertung der Miteigentumsanteile, welche dem geplanten Appartement-Hotel entsprächen, sei eine Abschreibung jenes Teils am Grundstück, welcher durch die Errichtung des Appartement-Hotels in Anspruch genommen worden wäre, vergeblich versucht worden, da zunächst die Miteigentümer einer Abschreibung nicht zugestimmt hätten und sodann eine Klage auf Realteilung im Instanzenzug, gestützt auf §21 Abs2 WEG 1975, abgewiesen worden sei.
II. Der Antrag erweist sich als unzulässig.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11684/1988, 13871/1994).
Ein solcher zumutbarer Weg ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ua. dann gegeben, wenn bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren läuft, das dem Betroffenen Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bietet (VfSlg. 8312/1978, 9939/1984, 10857/1986, 11045/1986, 11823/1988). Dieser Grundsatz gilt auch für den Fall, daß ein Verfahren anhängig war, in welchem der Antragsteller die Möglichkeit hatte, eine amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (VfSlg. 8890/1980, 12810/1991). Man gelangte andernfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit den Grundprinzipien des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 8890/1980, 11823/1988, 13659/1993, 14752/1997).
Auch im konkreten Fall stand dem Antragsteller die Möglichkeit offen, im Rahmen der Berufung betreffend die Realteilungsklage seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §21 Abs2 WEG 1975 an das Berufungsgericht heranzutragen und anzuregen, einen Antrag auf Gesetzesprüfung gemäß Art140 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Das Berufungsgericht wäre gemäß Art89 Abs2 B-VG, sofern es - wie der Antragsteller - Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit hegte, zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet gewesen (vgl. zB VfSlg. 8552/1979, 11480/1987).
2. Ein Individualantrag wäre hier bloß bei Vorliegen - gar nicht behaupteter - besonderer, außergewöhnlicher Umstände zulässig (s. zB VfSlg. 13871/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur, ferner VfSlg. 14752/1997).
Der Antrag war daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, WohnungseigentumEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G124.1999Dokumentnummer
JFT_09989389_99G00124_00