TE Vwgh Beschluss 2005/1/24 2004/17/0224

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.2005
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über den Antrag des WI in Z, vertreten durch Dr. AB, Mag. CD und Dr. EF, Rechtsanwälte in Z, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 10. Mai 2004, Zl. 9 028 001/2-FMA-II/2/04, betreffend einen Pensionskassenvertrag, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 Abs. 1 und 3 VwGG zurückgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof hatte mit Beschluss vom 18. Oktober 2004, Zl. 2004/17/0104, die gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 10. Mai 2004, erhobene Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

Auf Grund des am 29. November 2004 zur Post gegebenen Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der Beschwerde sowie auf Grund der vorgelegten eidesstättigen Erklärungen des Dr. AB, Mag. CD sowie der M, T, A und Dr. G gilt nachstehender Sachverhalt als bescheinigt:

Mit dem erwähnten Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, dass ein näher bezeichneter Pensionskassenvertrag nichtig sei, als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 17. Mai 2004 zugestellt.

Am letzten Tag der Frist zur Erhebung der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, dem 28. Juni 2004, hat der die Beschwerde ausarbeitende Beschwerdevertreter Herr Dr. AB die Mitarbeiterin der Kanzlei, Frau M, angewiesen, am Schriftsatz einige Korrekturen durchzuführen, diesen der Rechtsanwaltsanwärterin Frau Dr. G zur nochmaligen Durchsicht zu übergeben und anschließend dem Beschwerdevertreter Dr. EF zur Unterschrift vorzulegen. Nach Durchführung der Korrekturen und nochmaliger Kontrolle durch Frau Dr. G, die Frau M auch auf die Notwendigkeit der Postaufgabe der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde am selben Tag hingewiesen hatte, wurde der Schriftsatz von Herrn Dr. EF gegen Mittag des 28. Juni 2004 unterfertigt. Frau M kuvertierte den Schriftsatz und legte ihn für die Postaufgabe bereit.

Ebenfalls am 28. Juni 2004 verfasste der in derselben Kanzlei tätige Rechtsanwalt Mag. CD eine Gegenschrift an den Verwaltungsgerichtshof in einer anderen Beschwerdesache. Diese Gegenschrift wurde von der Kanzleikraft Frau A ausgefertigt und in das Postfach, in welchem sämtliche Poststücke gesammelt werden, gelegt.

Kurz vor 17.00 Uhr desselben Tages nahm Frau T alle Poststücke aus dem Postfach und frankierte diese. Frau M legte die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ebenfalls kurz vor 17.00 Uhr in das Postfach. Bevor Frau T zur Post ging, fragte sie nochmals im Sekretariat, ob sie noch etwas mitnehmen solle. Frau M erwiderte ihr, dass der Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof unbedingt zur Post müsse und sie diesen "bereits hingelegt" hätte. Da Frau T auf ihrem Stapel einen Brief an den Verwaltungsgerichtshof erblickte, erwiderte sie, dass sie den Schriftsatz dabei hätte, und brachte die Briefe zur Post. Da Frau M davon ausging, dass sich auch die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde unter den am 28. Juni 2004 bei der Post aufgegebenen Schriftstücken befand, vermerkte sie auf dem akteninternen Schriftsatz "abgefertigt am 28.6.2004".

Nachdem Frau T von der Post zurückkam, klebte sie die Postaufgabescheine in die dafür vorgesehene Mappe unter das Datum 28. Juni 2004. Kurz vor 18.00 Uhr desselben Tages berichtete Frau M Herrn Dr. AB, dass die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde rechtzeitig zur Post gegangen sei und verwies auf den Postaufgabeschein in der Mappe. Unter den sechs Postaufgabescheinen von diesem Tag fiel jener an den Verwaltungsgerichtshof gleich auf. Herr Dr. AB ging davon aus, dass es sich um jenen der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde handelte. Tatsächlich handelte es sich dabei aber um jenen für die von Herrn Mag. CD verfasste Gegenschrift an den Verwaltungsgerichtshof. Der Brief mit der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde lag bis zum nächsten Tag im Postfach und wurde erst mit den Poststücken vom 29. Juni 2004 bei der Post aufgegeben. Erst nach Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 2004 am 17. November 2004 wurde die Verwechslung der beiden Schriftsätze, die zur Postaufgabe der gegenständlichen Beschwerde erst am 29. Juni 2004 geführt hatte, entdeckt und nach Rücksprache mit Frau M, Frau T, Frau A und Herrn Mag. CD das Missverständnis, das sich am 28. Juni 2004 in der Kanzlei ereignet hatte, aufgeklärt.

Frau M ist als ausgebildete Bürokraft in der Kanzlei der Beschwerdevertreter seit Mai 2004 beschäftigt und hatte während dieser Zeit stets einwandfrei und zuverlässig gearbeitet. Vorher war sie in anderen Rechtsanwaltskanzleien tätig. Auch aus dieser Zeit sind keine gleichartigen Fehler bekannt. Auch dort hatte sie stets einwandfrei gearbeitet.

§ 46 Abs. 1 VwGG in der Fassung BGBl. Nr. 564/1985 lautet:

"§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."

Gemäß § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

Diese Frist beginnt mit dem "Aufhören des Hindernisses". Als Hindernis ist dabei jenes Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat (vgl. den hg. Beschluss vom 29. Oktober 2003, Zl. 2003/13/0098). Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag bestand das "Hindernis" in einem durch die näher bezeichneten Umstände begründeten Irrtum der Frau M über die tatsächlich erfolgte Postaufgabe der Beschwerde am letzten Tag der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde.

Selbst wenn im vorliegenden Fall der Irrtum einen minderen Grad des Versehens darstellen sollte, so musste dem Beschwerdevertreter spätestens bei der Nachschau in der Mappe mit den Postaufgabescheinen offenkundig sein, dass sich der Aufgabeschein für die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht darunter befand. Auf den Postaufgabescheinen war nämlich - wie aus der vorgelegten Ablichtung ersichtlich - nicht nur der Name des Adressaten, sondern auch jener des Mandanten, in dessen Angelegenheit das jeweilige Schreiben verfasst worden war, eingetragen. Auf der mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegten Kopie der Postaufgabescheine ist ersichtlich, dass sich am 28. November 2004 kein Postaufgabeschein mit dem Namen des nunmehrigen Antragstellers unter den Postaufgabescheinen befand. Zu diesem Zeitpunkt hätte dem Beschwerdevertreter somit bereits auffallen müssen, dass die Postaufgabe der Beschwerde an diesem Tage nicht erfolgt war und eine Aufgabe derselben am nächsten Tag sich gemäß § 26 Abs. 1 und 3 VwGG als verspätet erweisen würde. Im Hinblick auf die behauptete Verwechslung des genannten Postaufgabescheines mit einem anderen ist zu ergänzen, dass bei dem am nächsten Tag erfolgten Rücklangen des Postaufgabescheines des verfahrensgegenständlichen Beschwerdeschriftsatzes der Irrtum - bei der im Falle der hier gewählten Kanzleiorganisation, bei welcher die Postaufgabescheine nicht in den Geschäftakt eingelegt, sondern in einer für alle Geschäftstücke gemeinsamen Sammelmappe aufbewahrt werden, erforderlichen Sorgfalt der Kontrolle - ebenfalls hätte auffallen müssen.

Daher hat im vorliegenden Fall das Hindernis an der Einhaltung der Beschwerdefrist im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG jedenfalls am 28. Juni 2004 zu bestehen aufgehört und es hat somit an diesem Tag die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist begonnen. Der erst am 29. November 2004 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag erweist sich schon deshalb als verspätet, weshalb er zurückzuweisen war.

Wien, am 24. Jänner 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004170224.X00

Im RIS seit

06.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten