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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §91 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde der ES in Z, vertreten durch Dr. Michael Kinberger, Dr. Alexander Schuberth und Mag. Rene Fischer, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 17. Mai 2004, Zl. 20504-24/520/2-2004, betreffend Auftrag gemäß § 91 Abs. 1 StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit ihrem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 17. Mai 2004 verhielt die belangte Behörde die Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 1 StVO, drei Stück Fichten in der Höhe von je ca. 25 m, die sich auf einem näher bezeichneten Grundstück der Beschwerdeführerin, direkt neben einer näher umschriebenen Kreuzung befinden, zu entfernen oder entfernen zu lassen, da diese Fichten eine Gefährdung für die Verkehrsteilnehmer darstellten.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 91 Abs. 1 StVO lautet wie folgt:
"(1) Die Behörde hat den Grundeigentümer aufzufordern, Bäume, Sträucher, Hecken und dergleichen, welche die Verkehrssicherheit, insbesondere die freie Sicht über den Straßenverlauf oder auf die Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs oder welche die Benützbarkeit der Straße einschließlich der auf oder über ihr befindlichen, dem Straßenverkehr dienenden Anlagen zB Oberleitungs- und Beleuchtungsanlagen, beeinträchtigen, auszuästen oder zu entfernen."
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass die drei Fichtenbäume im Eigentum der Beschwerdeführerin die Verkehrssicherheit gefährdeten. Die drei Bäume der "ca. II. Altersklasse" stünden isoliert auf dem näher angeführten Grundstück und seien "relativ stark benadelt", wodurch sie eine erhöhte Angriffsfläche für "eventuelle Starkwinde" aufwiesen. Zusätzlich "dürfte es sich um eine 'Erstaufforstung' handeln", welche in der Regel mit zunehmendem Alter einer erhöhten Gefährdung durch Rotfäule ausgesetzt sei; dadurch sei eine erhöhte Bruchgefahr zu erwarten. Es könne deshalb "aus forstfachlicher Sicht" angemerkt werden, dass eine Fällung der gegenständlichen Bäume "sinnvoll wäre, um einer Gefährdung vorzubeugen". Zu dem sei eine spätere Fällung mit größeren Baumhöhen im verbauten Gebiet als problematisch zu beurteilen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/02/0105) betrifft die Vorschrift des § 91 Abs. 1 StVO jede Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit. Es handelt sich dabei um vorbeugende Maßnahmen, welche die zuständige Verwaltungsbehörde anzuordnen hat, um Unfälle zu vermeiden, ohne dass es darauf ankäme, ob sich an dieser Straßenstelle etwa wegen der eingeschränkten Sichtverhältnisse schon Unfälle ereignet haben.
Die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit muss jedoch tatsächlich und konkret vorhanden sein oder unmittelbar drohen. Eine abstrakte, von einem völlig unbestimmbaren Ereignis abhängige Beeinträchtigung genügt nicht. Unzulässig ist daher ein Auftrag nach § 91 Abs. 1 StVO, weil bloß die allgemeine Befürchtung besteht, dass ein Baum bei einem Unwetter umstürzen könnte; besteht jedoch zum Beispiel infolge starker Neigung, hohen Alters oder Krankheit eines Baumes eine konkrete Gefahr des Umstürzens, so ist ein Auftrag nach dieser Gesetzesstelle zulässig (vgl. zutreffend Dittrich/Stolzlechner, Straßenverkehrsordnung III, Rz 8 zu § 91).
Dies hat die belangte Behörde - worauf die Beschwerde im Ergebnis zutreffend verweist - verkannt, lässt sich doch den getroffenen Feststellungen eine vorhandene konkrete Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder deren unmittelbare Bedrohung im dargelegten Sinne nicht entnehmen: Weder wurde eine bereits bestehende Erkrankung der Bäume (etwa durch "Rotfäule") festgestellt, noch bringt der Umstand, dass die Bäume derzeit infolge der geringeren Baumhöhe "weniger problematisch" zu fällen sind, eine konkrete Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit (oder deren unmittelbare Bedrohung) zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit sich. Auch der weitere Umstand, dass die Bäume "eine erhöhte Angriffsfläche für eventuelle Starkwinde aufweisen", vermag zumindest ohne entsprechende Feststellungen über den Grad der Gefährdung durch diese "Starkwinde" (Häufigkeit des Auftritts derartiger Winde, mögliche Fallrichtung der Bäume etwa bei bevorzugten Windrichtungen etc.) nur die (in der Regel stets vorhandene) allgemeine Befürchtung zu begründen, dass ein Baum bei entsprechenden Witterungsbedingungen umstürzen könnte. Eine konkrete Gefahr des Umstürzens, die erst einen Auftrag nach § 91 Abs. 1 StVO rechtfertigen würde, ist daraus jedoch nicht ableitbar.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Auf das weitere Beschwerdevorbringen musste nicht mehr eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333, im Rahmen des gestellten Begehrens.
Wien, am 25. Jänner 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004020233.X00Im RIS seit
02.03.2005Zuletzt aktualisiert am
11.01.2013