TE Vwgh Erkenntnis 2005/1/25 2001/06/0155

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Veröffentlicht am 25.01.2005
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Index

L10018 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Vorarlberg;
L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Vorarlberg;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
L82258 Garagen Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauG Vlbg 1972 §12 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §12 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §31 Abs2;
B-VG Art18 Abs1;
GaragenV Vlbg 1976 §4 Abs1;
GaragenV Vlbg 1976 §4 Abs2 Z4.2;
GdG Vlbg 1985 §32 Abs1;
GdG Vlbg 1985 §32 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §29 Abs3;
RPG Vlbg 1996 §34;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der A GesmbH in D, vertreten durch Dr. Julius Brändle, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Dr. Waibelstraße 10, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 4. September 2000, Zl. II - 4151.0004/99, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 30. August 1999 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 8. September 1998 um die Erteilung der baupolizeilichen Bewilligung für die Errichtung eines Geschäftshauses mit einer Nutzfläche von mehr als 1.000 m2 sowie 34 Abstellplätzen im Freien auf näher bezeichneten, im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde gelegenen Grundstücken gemäß § 31 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) im zweiten Rechtsgang abgewiesen. Am 17. Dezember 1998 habe die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde eine Verordnung gemäß § 34 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG) erlassen, nach welcher bei der Errichtung eines Bauwerkes, bei Zubauten, wesentlichen Umbauten oder bei Änderung der Verwendung eines Bauwerkes im Bereich der L 52 mindestens ein Drittel der Zahl der erforderlichen Stellplätze nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen als Garagen zu errichten seien. Das Projekt der Beschwerdeführerin sehe nicht vor, dass ein Drittel der Zahl der erforderlichen Stellplätze nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen als Garagen zu errichten sei. Die Beschwerdeführerin habe von der Möglichkeit, ihr Projekt so weit zu modifizieren, dass es mit der angeführten Verordnung übereinstimme, keinen Gebrauch gemacht.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, der letztlich mit dem in Durchführung des Beschlusses der Berufungskommission der Marktgemeinde R vom 11. April 2000 ergangenen Bescheid vom 2. Juni 2000 keine Folge gegeben wurde. Das Projekt der Beschwerdeführerin sehe die von der anzuwendenden Verordnung geforderte Zahl von mindestens einem Drittel der erforderlichen Stellplätze nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen als Garagen nicht vor. Auch sei die angeführte Verordnung ordnungsgemäß kundgemacht und daher rechtsgültig.

Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. September 2000 keine Folge gegeben. Dies wurde nach Darstellung des Verfahrensganges sowie der Rechtsvorschriften im Wesentlichen damit begründet, dass die gegenständliche Verordnung rechtmäßig zu Stande gekommen und ordnungsgemäß kundgemacht worden sei. Die Vorstellungsbehörde sei an ordnungsgemäß kundgemachte Verordnungen gebunden und deren Überprüfung falle nicht in ihre Zuständigkeit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof - mit der Behauptung der Gesetzwidrigkeit der Verordnung - gerichtete Beschwerde, deren Behandlung dieser mit Beschluss vom 25. September 2001, B 1716/00- 7, abgelehnt hat und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Die Ablehnung der Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof im angeführten Beschluss (in welchem zugleich auch eine andere Beschwerde abgelehnt wurde) u.a. wie folgt begründet:

"Die der Sache nach auf Art. 144 B-VG gestützten Beschwerden behaupten die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung. Ihr Vorbringen lässt angesichts des den vorgelegten Verordnungsakten zu entnehmenden ordnungsgemäß durchgeführten Auflageverfahrens (§ 29 Vlbg. RPG) und des - nicht nur die Grundstücke der beschwerdeführenden Gesellschaft betreffenden - Inhalts der Verordnung die behaupteten Rechtsverletzungen wegen Anwendung einer rechtswidrigen Verordnung (geschweige denn eines nicht näher genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes) als so wenig wahrscheinlich erscheinen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Die gehörig kundgemachte Verordnung, die jedenfalls zum Zeitpunkt des für die Rechtmäßigkeit des Bescheides maßgeblichen Zeitpunktes der Erlassung des Berufungsbescheides der Gemeinde R bereits in Geltung stand, entbehrt auch nicht der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit, wenn sie sich auf die baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen bezieht, weil sich diesen (vgl. nur § 4 der Garagenverordnung der Vorarlberger Landesregierung, LGBl. Nr. 31/1976) die Zahl der gebotenen Stellplätze entnehmen lässt."

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes - BauG, LGBl. Nr. 39/1972, lauten:

"§ 12

Garagen und Abstellplätze

(1) Wenn ein Bauwerk errichtet wird, sind auf dem Baugrundstück oder in dessen Nähe (Abs. 3) die erforderlichen Garagen und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten zu schaffen und bei Bedarf, besonders auch im Winter, in benützbarem Zustand zu erhalten. Die Größe und Anzahl der Garagen und Abstellplätze hat sich nach dem voraussichtlichen Bedarf unter Bedachtnahme auf die beabsichtigte Verwendung und die örtliche Lage des Bauwerkes zu richten. ...

(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung unter Berücksichtigung der Größe der Kraftfahrzeuge die Mindestausmaße der Garagen und Abstellplätze und, soweit es erforderlich ist, die Zahl oder den Flächenbedarf der für bestimmte Arten von Bauwerken unter Bedachtnahme auf deren Verwendung und Größe erforderlichen Garagen und Abstellplätze festzulegen. Hiebei können auch Bestimmungen über die Lage von Garagen und Abstellplätzen getroffen werden.

...

§ 31

Baubewilligung

...

(2) Der Bauantrag ist ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen, wenn sich die Unzulässigkeit des Vorhabens schon aus dem Bauantrag und den diesem angeschlossenen Unterlagen ergibt, insbesondere auch, wenn das Vorhaben einem Flächenwidmungsplan oder einem Bebauungsplan widerspricht.

..."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG), LGBl. Nr. 39/1996, lauten:

"§ 29

Verfahren

...

(3) Ein von der Gemeindevertretung beschlossener Bebauungsplan ist vor dessen Kundmachung der Landesregierung in dreifacher Ausfertigung vorzulegen. Ein Bebauungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung, wenn überörtliche Interessen in besonderem Maße berührt werden. Falls ein Bebauungsplan keiner Genehmigung bedarf, ist er der Gemeinde ohne unnötigen Aufschub zurückzugeben.

...

§ 34

Mindest- und Höchstzahl von Einstell- und Abstellplätzen

Die Gemeindevertretung kann, auch ohne dass ein Bebauungsplan erlassen wird, durch Verordnung für das Gemeindegebiet oder für Teile desselben die Mindest- oder Höchstzahl von Einstell- oder Abstellplätzen für Bauwerke festlegen. Bei Festlegung der Mindest- oder Höchstzahl der Einstellplätze können auch die Anteile jener Einstellplätze festgelegt werden, die in Gebäuden mit mindestens zwei gleich großen Geschossen oder die in unterirdischen Garagengeschossen zu errichten sind."

§ 32 Abs. 4 des Vorarlberger Gesetzes über die Organisation der Gemeindeverwaltung (Gemeindegesetz - GG), LGBl. Nr. 40/1985, lautet:

"§ 32

Kundmachung von Verordnungen

(1) Verordnungen der Gemeindeorgane bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der öffentlichen Kundmachung. Die Kundmachung hat, soweit nichts anderes bestimmt ist, durch Anschlag an der Amtstafel zu erfolgen. Der Bürgermeister hat den Anschlag an der Amtstafel ohne unnötigen Aufschub vorzunehmen. Die Kundmachungsfrist beträgt zwei Wochen. Soweit nichts anderes bestimmt ist, treten solche Verordnungen mit Beginn des auf die Kundmachung folgenden Tages in Kraft.

...

(4) Durch eine Unterlassung der Kundmachung im Amtsblatt (Gemeindeblatt) wird das Inkrafttreten der Verordnung nicht berührt.

..."

In § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 4.2 der auf Grund des § 12 Abs. 2 BauG erlassenen Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über das Mindestausmaß und die erforderliche Zahl sowie die bautechnischen Erfordernisse von Garagen und Abstellplätzen (Garagenverordnung), LGBl. Nr. 31/1976, ist festgelegt, dass sich für andere Handelsbetriebe als Einzelhandelsbetriebe bis zu 400 m2 Nettoverkaufsfläche die Zahl der zu schaffenden Abstell- und Einstellplätze nach dem voraussichtlichen Bedarf unter Bedachtnahme auf die beabsichtigte Verwendung und die örtliche Lage der Anlage richtet.

Die mit Beschluss der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Dezember 1998 gemäß § 34 RPG erlassene Verordnung über die Mindestanzahl von Garagen in Teilen des Gemeindegebietes von R lautet:

"Bei der Errichtung eines Bauwerkes, bei Zubauten, wesentlichen Umbauten oder bei Änderung der Verwendung eines Bauwerkes im Bereich der L 52 gemäß der im beigefügten Lageplan von 30.10.1998 Nr. III - GA-1 dargestellten Flächen ist mindestens ein Drittel der Zahl der erforderlichen Stellplätze nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen als Garagen zu errichten."

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Verordnung der Gemeindevertretung vom 15. Oktober 1998 sei zu unbestimmt und reiche nicht aus, eine Abweichung gemäß § 31 Abs. 2 Vlbg. Baugesetz zu begründen.

Mit diesem Vorbringen wiederholt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung über die Mindestzahl von Garagen in Teilen des Gemeindegebietes von R. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch angesichts der bereits vom Verfassungsgerichtshof durchgeführten Prüfung der Gesetzmäßigkeit der angeführten Verordnung nicht veranlasst, seinerseits eine neuerliche Prüfung der Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof anzuregen.

Für den Verwaltungsgerichtshof ist nicht ersichtlich, dass die im Beschwerdefall angewendete Verordnung zu unbestimmte Regelungen enthielte. Hinsichtlich der Zahl der zu errichtenden Garagen normiert sie nämlich ausreichend klar, dass diese ein Drittel der nach baurechtlichen oder raumplanungsrechtlichen Bestimmungen zu errichtenden Stellplätze zu betragen hat und knüpft insoferne an die gemäß § 12 Abs. 1 BauG erforderliche Zahl an. Auch die derart verwiesene Vorschrift kann der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen hinsichtlich des Art. 18 Abs. 1 B-VG nicht verfassungsrechtlich bedenklich finden (vgl. die von Mayer, Das österreichische Bundesverfassungsrecht, 3. Auflage 2002, zu Art. 18 B-VG, S 120 ff, dargestellte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).

Ein Kundmachungsfehler, der die Wirksamkeit der Verordnung in Frage stellen würde, ist vor dem Hintergrund des oben wiedergegebenen § 32 Abs. 4 Vlbg. Gemeindegesetzes nicht zu ersehen. Die verfahrensgegenständliche Verordnung ist gemäß § 32 Abs. 1 Vlbg. Gemeindegesetz durch Anschlag an der Amtstafel der mitbeteiligten Marktgemeinde kundgemacht worden und an dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft getreten. Hinsichtlich sonstiger Bedenken gegen die angeführte Verordnung wird im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2004, Zl. 2001/06/0162, verwiesen.

Entgegen der Verordnung der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. Dezember 1998 über die Mindestzahl von Garagen in Teilen des Gemeindegebietes i.V.m. § 4 Abs. 2 Z. 4.2 der Vorarlberger Garagenverordnung sieht das Projekt der Beschwerdeführerin unbestritten keine entsprechenden Stellplätze als Garagen vor. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, dass die beschwerdeführende GmbH durch den auf Grund des § 31 Abs. 2 BauG erlassenen Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 2. Juni 2000 nicht in Rechten verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Jänner 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001060155.X00

Im RIS seit

21.02.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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