Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des M in V, vertreten durch Dr. Ulrich Schwab, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Ringstraße 3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 30. März 2004, Zl. LGSOÖ/Abt.4/1284/0105/2004-10, betreffend Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 9. Jänner 2004 wurde mit dem Beschwerdeführer vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Niederschrift betreffend die Nichtannahme bzw. das Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung aufgenommen. Demnach sei dem Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice am 11. Dezember 2003 eine Beschäftigung als Fernlastfahrer beim Dienstgeber T. mit einer Entlohnung nach "zumindest Kollektivvertrag" zugewiesen worden. Möglicher Arbeitsantritt wäre am 1. Jänner 2004 gewesen. Der Beschwerdeführer gab zu Protokoll, dass die Entlohnung durch das Unternehmen T. nicht gesetzeskonform sei. Laut telefonischer Aussage des Bediensteten (im weiteren E.) dieses Unternehmens vom 12. Dezember 2003 sei ihm mitgeteilt worden, dass sich sein Lohn aus einem minimalen Fixum, Kilometergeld und Umsatzbeteiligung zusammensetze, da sich das Unternehmen einen Stundenlohn nicht leisten könne. Auf Grund dieses nicht gesetzeskonformen Zahlungsschemas sei er nicht bereit, die Stelle anzutreten. In der Niederschrift ist ferner die Stellungnahme des Dienstgebers festgehalten, wonach dieser telefonisch erklärt habe, zumindest kollektivvertraglich zu entlohnen. Angeboten worden sei ein Fixum mit Kilometergeld sowie Umsatzbeteiligung.
Im Akt befindet sich weiters ein Schreiben des Unternehmens T. vom 17. Jänner 2004, wonach dem Beschwerdeführer auf seine telefonische Nachfrage am 12. Dezember 2003 gesagt worden sei, dass "lt. KV bezahlt werde und Leistung". Daraufhin habe der Beschwerdeführer erklärt, er werde sich das überlegen und zurückrufen. Dies habe er bis 14. Jänner 2004 nicht gemacht.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 20. Jänner 2004 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG für den Zeitraum vom 1. Jänner 2004 bis 11. Februar 2004 verloren habe. Der Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen werde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene, zumutbare Beschäftigung beim Unternehmen T. ohne triftigen Grund nicht angenommen.
In seiner als Einspruch bezeichneten Berufung gegen diesen Bescheid legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, er habe nie eine Zusage einer Arbeitsstelle seitens des Unternehmens T. erhalten. E. habe bei dem Telefonat am 12. Dezember 2003 eine gesetzliche Entlohnung abgelehnt und gesagt, dass sich das Unternehmen diese nicht leisten könne. Der Beschwerdeführer würde nach den Aussagen des E. im Falle eines Dienstverhältnisses mit einem geringen Fixum, Kilometergeld und Umsatzbeteiligung entlohnt. Am Schluss des Telefonates habe der Beschwerdeführer E. seine Telefonnummer gegeben und gesagt, dieser möge ihn anrufen, falls er nach Gesetz entlohne. Im Übrigen habe E. dem Beschwerdeführer bei einem Telefonat am 22. Jänner 2004 erklärt, dass er niemanden einstelle, da sich erst Anfang Februar entscheiden werde, ob er mit dem Fernverkehr weitermache, und dass E. gegenüber dem Arbeitsmarktservice in keiner Form eine Zusage getätigt habe, dass der Beschwerdeführer am 1. Jänner 2004 hätte eine Arbeit antreten sollen.
Laut Aktenvermerk der belangten Behörde vom 17. März 2004 habe E. telefonisch bekannt gegeben, dass er selbstverständlich nach Kollektivvertrag entlohne und zusätzlich eine leistungsorientierte Prämie bezahlt werde. Der Beschwerdeführer habe E. bekannt gegeben, dass er sich das durchrechnen und sich dann wieder melden würde. Der Beschwerdeführer habe sich nicht mehr gemeldet, grundsätzlich hätte er mit 1. Jänner 2004 die Beschäftigung aufnehmen können. E. habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er ein Auto abmelden müsse, wenn er keinen Fahrer bekomme. Dies sei Ende Jänner auch geschehen.
Der Inhalt dieses Aktenvermerkes wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 17. März 2004 zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer nahm dazu mit Schreiben vom 24. März 2004 Stellung, in der er im Wesentlichen seine bisherigen Angaben wiederholte.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers nicht stattgegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe dem Dienstgeber mitgeteilt, dass die angebotene Entlohnung nicht dem Kollektivvertrag entspreche und daher gesetzwidrig sei. Die verbindlich angebotene Stelle habe er daher nicht angenommen. Der Dienstgeber habe die kollektivvertragliche Entlohnung sowohl gegenüber der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarkservice als auch gegenüber der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bestätigt. Die Aussage des Unternehmens sei durchaus glaubwürdig. Die angebotene kollektivvertragliche Entlohnung sei angemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 9 Abs. 1 und 2 AlVG in der hier maßgebenden Fassung
BGBl. I Nr. 103/2001 hat folgenden Wortlaut:
"Arbeitswilligkeit
§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist,
-
eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder
-
sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- und umschulen zu lassen oder
-
an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen oder
-
von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und
-
auch sonst alle gebotenen Anstrengungen von sich aus unternimmt, eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Zumutbar ist eine Beschäftigung, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letzte Voraussetzung bleibt bei der Beurteilung, ob die Beschäftigung zumutbar ist, außer Betracht, wenn der Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, daß der Arbeitslose in absehbarer Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet."
Gemäß § 10 Abs. 1 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 201/1996 verliert der Arbeitslose u.a. dann, wenn er sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die genannten Bestimmungen sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so wieder in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2004, Zl. 2000/08/0128, mwN).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (vgl. z.B. das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2004, mwN).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, sich bloß telefonisch mit dem Unternehmen T. in Verbindung gesetzt zu haben. Er macht geltend, dass sich aus diesem Telefongespräch ergeben habe, dass die Entlohnung nicht dem Kollektivvertrag entspräche. Dies habe er auch dem Vertreter des Unternehmens bei dem betreffenden Telefongespräch mitgeteilt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, ist als angemessene Entlohung im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG das nach dem (im konkreten Fall anzuwendenden) Kollektivvertrag gebührende Entgelt für die konkret zugewiesene Beschäftigung anzusehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. März 2004, Zl. 2001/08/0035).
Im hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2002, Zl. 97/08/0536, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass der Arbeitslose (vor Ablehnung der Beschäftigung) verhalten ist, sich durch entsprechende Rückfragen Klarheit zu verschaffen, wenn ein Gehaltsangebot in Bezug auf sein Verhältnis zum Kollektivvertrag (objektiv) unvollständig oder zweifelhaft sein sollte; ein vom Arbeitslosen bloß (subjektiv) gezogener Schluss, der Dienstgeber hätte nicht einmal den kollektivvertraglichen Mindestlohn bezahlen wollen, reicht hingegen nicht aus, die Unzumutbarkeit der angebotenen Beschäftigung darzutun.
Es trifft zwar zu, dass das Angebot einer unterkollektivvertraglichen Entlohung die zugewiesene Beschäftigung - trotz der rechtlichen Durchsetzbarkeit des kollektivvertraglichen Mindestlohnes - als unzumutbar erscheinen lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2000, Zl. 98/08/0392). Zutreffend ist auch, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0053, ausgesprochen hat, dass die belangte Behörde hätte klären müssen, welcher Umfang und welche Art von Arbeitsleistungen mit der dem dortigen Beschwerdeführer angebotenen Pauschale abgegolten sein sollten und welches Entgelt der Kollektivvertrag hiefür vorsehe. Nach dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Sachverhalt stand aber fest, dass eine Nettoentlohnung von S 12.136,-- monatlich geboten worden war. Auch im hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0161, hat der Verwaltungsgerichtshof das Fehlen entsprechender Ermittlungen der belangten Behörde bemängelt, allerdings gleichfalls angesichts einer konkreten Angabe des Arbeitslosen über das ihm angebotene Fixum.
Der Beschwerdeführer hat nun aber weder angegeben, dass ihm das angebotene Entgelt, insbesondere das Fixum, konkret genannt worden ist, noch hat er versucht, sich durch Vereinbarung eines Vorstellungsgespräches weitere Klarheit über das Gehaltsangebot zu verschaffen (vgl. dazu die genannten hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 2000 und vom 3. Juli 2002).
Dass dem Beschwerdeführer am Telefon ein nicht näher präzisiertes Fixum, Kilometergeld und Provision angeboten worden sind, rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme, dass die Entlohnung dem Kollektivvertrag nicht entspräche und daher die angebotene Stelle von vornherein unzumutbar wäre. Schon deshalb ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer das Zustandekommen einer Beschäftigung vereitelt hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, wobei Kosten auf Grund des § 59 Abs. 1 VwGG nur im ausdrücklich beantragten Ausmaß zuzuerkennen waren.
Wien, am 26. Jänner 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004080112.X00Im RIS seit
22.02.2005