TE Vwgh Erkenntnis 2005/1/26 2003/08/0189

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Veröffentlicht am 26.01.2005
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §25 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Robert Palka, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Opernring 9/6, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 12. August 2003, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2003-1251, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid widerrief die belangte Behörde die Zuerkennung der Notstandshilfe für den Beschwerdeführer für den Zeitraum 1. Februar 2000 bis 31. Dezember 2000 und forderte ihn zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von EUR 5.175,24 auf.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer dem Arbeitsmarktservice im Jahr 2000 monatlich Einkommen und Umsatz bekannt gegeben habe. Nach Abschluss eines Berufungsverfahrens, das zum Ergebnis hatte, dass die Einstellung der Leistung für Februar 2000 aufgehoben wurde, sei das gesamte Jahr 2000 anhand dieser Erklärungen beurteilt worden. Für den jeweils zu beurteilenden Monat sei das durchschnittliche Einkommen der vorangegangenen Monate des gleichen Kalenderjahres und des zu beurteilenden Monats zu addieren und ein durchschnittliches Einkommen zu errechnen gewesen. Liege dieses unter der Geringfügigkeitsgrenze, so sei Arbeitslosigkeit gegeben. Ein durchschnittliches Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze schließe Arbeitslosigkeit und somit den Bezug von Notstandshilfe aus. Auf Grund der Erklärungen des Beschwerdeführers sei klar gewesen, dass er in den Monaten März, Juni und Juli 2000 keinen Anspruch auf Notstandshilfe gehabt habe. Für die Monate August bis November sei dem Beschwerdeführer irrtümlich die Notstandshilfe ausbezahlt worden, obwohl auch hier nach seinen Erklärungen Arbeitslosigkeit nicht gegeben gewesen sei.

Am 31. Jänner 2001 sei dem Beschwerdeführer ein Betrag von S 71.648,-- überwiesen worden. Dem Beschwerdeführer seien weiters Bescheide über die Einstellung der Leistung für die Monate März 2000, Juni 2000, Juli 2000 und Dezember 2000 zugestellt worden. Der Betrag von S 71.648,-- sei daher eindeutig den restlichen Monaten zugeordnet gewesen.

Der für das Jahr 2000 vorliegende Einkommensteuerbescheid weise ein Einkommen von S 114.349,-- auf, was ein monatliches Einkommen von S 8.796,08 ergebe und eindeutig über der Geringfügigkeitsgrenze für das Jahr 2000 von S 3.977,-- liege. Die geleistete Notstandshilfe gebühre dem Beschwerdeführer somit nicht und er habe auch mit einer Nachzahlung von S 71.648,-- nicht rechnen dürfen. Im Berufungsbescheid vom 15. Dezember 2000 seien die gesetzlichen Bestimmungen für die Berechnung genau und schriftlich erläutert worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 7 Abs. 1 und 2 AlVG ist Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld u.a., dass Arbeitslosigkeit vorliegt.

Gemäß § 12 Abs. 3 lit. b AlVG gilt nicht als arbeitslos, wer selbständig erwerbstätig ist. Als arbeitslos gilt jedoch gemäß § 12 Abs. 6 lit. c leg. cit., wer selbständig erwerbstätig ist bzw. selbständig arbeitet und daraus ein Einkommen gemäß § 36a AlVG erzielt oder im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. der selbständigen Arbeit einen Umsatz gemäß § 36b AlVG erzielt, wenn weder das Einkommen zuzüglich Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, noch 11,1 v.H. des Umsatzes die in § 5 Abs. 2 ASVG angeführten Beträge übersteigt. Für das Kalenderjahr 2000 betrug diese Geringfügigkeitsgrenze S 3.977,--.

Einkommen im Sinne des AlVG ist gemäß § 36a Abs. 2 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 87/1999 das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 in der jeweils geltenden Fassung, zuzüglich der Hinzurechnungen gemäß § 36a Abs. 3 AlVG und des Pauschalierungsausgleiches gemäß § 36a Abs. 4 AlVG. Bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, ist das Einkommen gemäß § 36a Abs. 5 Z. 1 AlVG durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem die Leistung nach diesem Bundesgesetz bezogen wird, und bis zum Vorliegen dieses Bescheides auf Grund einer jeweils monatlich im Nachhinein abzugebenden Erklärung des selbständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise nachzuweisen. Gemäß § 36a Abs. 7 AlVG gilt als monatliches Einkommen bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit das anteilsmäßige Einkommen in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag. Bis zum Vorliegen des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr ist das Einkommen in einem bestimmten Kalendermonat jeweils durch Zusammenrechnung des für diesen Kalendermonat nachgewiesenen Einkommens mit den für frühere Kalendermonate desselben Kalenderjahres nachgewiesenen Einkommen geteilt durch die Anzahl der Monate im Kalenderjahr, für die eine Einkommenserklärung vorliegt, zu ermitteln.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 179/1999 ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 AlVG das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach dem AlVG ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, dass der Empfänger nicht arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. g war. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.

Gemäß § 38 AlVG sind die Bestimmungen des Abschnitts 1 des AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde zunächst, durchgehend selbständig erwerbstätig gewesen zu sein. Hiezu führt er an, im Jahr 2000 mit zwei Auftraggebern zusammengearbeitet zu haben, die ihn für jeweils zeitlich begrenzte Filmproduktionen engagiert hätten, und seine Einkünfte keineswegs von einer Vielzahl ständig wechselnder Auftraggeber erwirtschaftet zu haben. Er habe seine Dienste keineswegs durchgehend angeboten.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren für den hier in Rede stehenden Zeitraum stets angegeben hat, selbständig erwerbstätig gewesen zu sein. Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstmals vorgebrachte Behauptung des Beschwerdeführers, seine Dienste keineswegs durchgehend angeboten zu haben, stellt somit eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung dar.

Im Übrigen ergibt sich bereits aus den vom Beschwerdeführer der erstinstanzlichen Behörde vorgelegten Erklärungen über das Bruttoeinkommen sowie den Umsatz, dass der Beschwerdeführer - mit Ausnahme des Monats August 2000 - in allen Monaten des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes ein Einkommen erzielte (bzw. in zwei Monaten einen Verlust erwirtschaftete), sodass die Annahme einer durchgehenden selbständigen Erwerbstätigkeit durch die belangte Behörde auch nicht als aktenwidrig angesehen werden kann.

Im Hinblick auf die durchgehende selbständige Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers, aus der er das im vorgelegten Einkommensteuerbescheid ausgewiesene, im monatlichen Durchschnitt die Geringfügigkeitsgrenze übersteigende Einkommen erzielte, erfolgte der Widerruf der Zuerkennung der Notstandshilfe somit gemäß § 24 Abs 2 AlVG zu Recht.

3. Gegen die Rückforderung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe wendet der Beschwerdeführer ein, seiner Meldepflicht über die von ihm erwirtschafteten Entgelte pünktlich und vollständig nachgekommen zu sein, weshalb seines Erachtens von einer irrtümlichen Auszahlung der Notstandshilfe keine Rede sein könne. Des Weiteren habe er die bezogenen Mittel aus der Notstandshilfe gutgläubig verbraucht und nicht im Entferntesten damit rechnen können, dass die von ihm bezogene Notstandshilfe ihm nicht gebühren würde.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass es für die Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen gemäß § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG nicht darauf ankommt, dass der Bezug schuldhaft herbeigeführt worden ist oder dass der Arbeitslose hätte erkennen müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Auch für den Fall, dass man dem Beschwerdeführer guten Glauben zubilligt, lässt die genannte Gesetzesbestimmung die Rückforderung nach Vorliegen jenes Einkommensteuerbescheides, der für den Bezugszeitraum maßgebend ist, unabhängig davon zu, ob die Notstandshilfe ursprünglich gutgläubig bezogen wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0178).

Dass der Behörde, wie im vorliegenden Fall, bei der Berechnung des Einkommens nach § 36a Abs 7 zweiter Satz AlVG ein Versehen unterlaufen ist, ändert daran nichts, da diese Berechnung nur vorläufig - bis zum Vorliegen des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr - erfolgt ist. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe wird endgültig erst anhand des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr überprüft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, Zl. 98/08/0233).

Der Rückforderungsbetrag an unberechtigt empfangener Notstandshilfe nach § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG darf das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Das Einkommen des Beschwerdeführers aus selbständiger Erwerbstätigkeit, wie es sich aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid ergibt, übersteigt jedenfalls den zurückgeforderten Betrag von EUR 5.175,24. Auch der Ausspruch der Verpflichtung zum Rückersatz dieses Betrages durch den Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde erfolgte somit zu Recht.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 26. Jänner 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003080189.X00

Im RIS seit

02.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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