Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §21 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2004/06/0172 B 25. Januar 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 16. Juli 2004, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/1218/56/2004-4217, betreffend Höhe des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war vom 1. September 2000 bis zum 31. August 2003 als Lehrling und vom 1. September 2003 bis 28. Februar 2004 als Angestellte beschäftigt. Am 1. März 2004 stellte sie (erstmals) den Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das Arbeitslosengeld für die Beschwerdeführerin ab dem 1. März 2004 in der Höhe von täglich EUR 12,28 festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist, ob die belangte Behörde bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes zu Recht die Beitragsgrundlagen für das Kalenderjahr 2002 (welche ausschließlich auf Grund des Bezuges von Lehrlingsentschädigung gebildet wurden) herangezogen hat oder ob sie - unter Außerachtlassung von Beitragsgrundlagen auf Grund der Lehrlingsentschädigung - zeitlich nachfolgende Beitragsgrundlagen heranzuziehen gehabt hätte, bei denen das (höhere) Arbeitsentgelt der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Angestellte ab 1. September 2003 berücksichtigt worden wäre.
§ 21 Abs. 1 und 2 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 71/2003 lauten:
"(1) Für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen die nach den vorstehenden Sätzen heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so sind jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. Durch Teilung des Entgelts der maßgeblichen Jahresbeitragsgrundlagen durch zwölf ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Zeiten, in denen der Arbeitslose infolge Erkrankung (Schwangerschaft) nicht das volle Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen hat, sowie Zeiten des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung, wenn es für den Arbeitslosen günstiger ist, bleiben bei der Heranziehung der Beitragsgrundlagen außer Betracht. In diesem Fall ist das Entgelt durch die Zahl der Versicherungstage zu teilen und mit 30 zu vervielfachen. Jahresbeitragsgrundlagen, die einen Zeitraum enthalten, in dem Karenz-(Urlaubs-)-Geld oder Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde oder die Normalarbeitszeit zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Verwandten oder der Begleitung eines schwersterkrankten Kindes gemäß § 14a oder § 14b AVRAG oder einer gleichartigen Regelung herabgesetzt wurde, bleiben außer Betracht, wenn diese niedriger als die sonst heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen sind. Sind die heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen zum Zeitpunkt der Geltendmachung älter als vier Jahre, so sind diese mit den Aufwertungsfaktoren gemäß § 108 Abs. 4 ASVG der betreffenden Jahre aufzuwerten. Jahresbeitragsgrundlagen, die Zeiten einer gemäß § 1 Abs. 2 lit. e von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit enthalten, gelten als Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt.
(2) Liegen noch keine Jahresbeitragsgrundlagen vor, so ist für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind anteilsmäßig zu berücksichtigen. Durch Teilung des Entgelts der letzten sechs Kalendermonate durch sechs ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Abs. 1 fünfter und sechster Satz ist anzuwenden."
Die Beschwerdeführerin bringt vor, es wäre nicht die Jahresbeitragsgrundlage 2002, sondern das Entgelt der letzten sechs Monate vor der Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld zur Bemessung desselben heranzuziehen gewesen. Insofern gleicht der Beschwerdefall hinsichtlich des Sachverhaltes und der zu beantwortenden Rechtsfrage jenem, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. Dezember 2004, Zl. 2004/08/0216, entschieden hat. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses, nach dem die Auffassung der Beschwerdeführerin unzutreffend ist, wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Im vorliegenden Fall hatte die Beschwerdeführerin zu dem für die Anspruchsberechnung maßgeblichen Zeitpunkt neben Beitragsgrundlagen auf Grund einer Lehrlingsentschädigung auch solche auf Grund eines Arbeitsentgeltes als Angestellte aufzuweisen, und zwar nicht nur aus dem Jahr der Geltendmachung (wie dies bei der Beschwerdeführerin im Fall des hg. Erkenntnisses vom 22. Dezember 2004 gewesen ist), sondern auch vom 1. September 2003 bis 31. Dezember 2003.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2004, Zl. 2004/08/0216, die Rechtsansicht verworfen, dass Lehrlingsentschädigungen nur dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn im an sich heranzuziehenden Kalenderjahr auch andere Beschäftigungszeiten liegen. Gelangt § 21 Abs. 1 AlVG zur Anwendung, so wirkt sich die über Lehrlingsentschädigungen getroffene Regelung des § 21 Abs. 1 fünfter Satz AlVG vielmehr dahingehend aus, dass dann, wenn es eine andere vorgemerkte Jahresbeitragsgrundlage, die nach § 21 Abs. 1 AlVG in Frage kommen kann, als jene im Sinne des § 21 Abs. 1 erster oder zweiter Satz AlVG, gibt, diese heranzuziehen ist (arg.: "bei der Heranziehung der Beitragsgrundlagen" in § 21 Abs. 1 fünfter Satz AlVG), wenn das für den Arbeitslosen günstiger ist. Ob eine derartige für die Beschwerdeführerin günstigere Jahresbeitragsgrundlage vorgemerkt ist, wurde von der belangten Behörde allerdings nicht festgestellt, da sie insofern die Rechtslage verkannt hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da es einerseits in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung keine Deckung findet und andererseits die Umsatzsteuer in diesen Pauschalbeträgen bereits berücksichtigt ist.
Wien, am 26. Jänner 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004080173.X00Im RIS seit
02.03.2005Zuletzt aktualisiert am
22.01.2018