TE Vwgh Erkenntnis 2005/1/26 2003/08/0199

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Veröffentlicht am 26.01.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs2;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs2;
VwGG §42 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Köller und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 10. Juli 2003, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2003-786, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 15. April 2003 auf Wiederaufnahme des mit dem auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. Dezember 2001, Zl. LGSW/Abt. 10- AlVG/1218/56/2001-7568, abgeschlossenen Verfahrens betreffend Verlust seines Anspruches auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. September 2001 bis 4. November 2001 ab.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste vom 25. Oktober 2001 der Verlust des Anspruches des Beschwerdeführers auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. September 2001 bis 4. November 2001 ausgesprochen worden sei. Begründet sei diese Entscheidung damit worden, dass der Beschwerdeführer eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene zumutbare Beschäftigung nicht angenommen habe und berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht nicht vorgelegen seien.

Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer fristgerecht berufen und im Wesentlichen wie folgt eingewendet: Er hätte ein Vermittlungsangebot zur Firma H. in Wien erhalten. Beim Vorstellungstermin wäre von einer Sekretärin sein Reisepass mit dem Visum für fünf Jahre kopiert worden. Er wäre gefragt worden, ob er einen Befreiungsschein besitze. Er hätte dies bestätigt. Den Befreiungsschein hätte er nicht mitgehabt, aber angegeben, ihn nachbringen zu können. Weiters wäre er gefragt worden, ob er über Englisch-, Französisch-, Lateinkenntnisse sowie Computerkenntnisse verfüge. Dies hätte er verneinen müssen. Die Sekretärin hätte die kopierten Unterlagen dem Chef vorgelegt, der ihm mitgeteilt hätte, dass er ihn nicht brauchen könne. Er hätte keine Chance zu einem Vorstellungsgespräch erhalten und hätte keinesfalls eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene und zumutbare Beschäftigung nicht angenommen.

Mit Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. Dezember 2001 sei dieser Berufung keine Folge gegeben worden.

Am 15. April 2003 habe der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt und damit begründet, dass neue Beweismittel hervorgekommen wären, die ohne sein Verschulden im Verfahren nicht hätten geltend gemacht werden können und voraussichtlich einen anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten "sowie aus dem Grund der Nichteinhaltung des Parteiengehörs," da der Beschwerdeführer im Verfahren keine Möglichkeit gehabt hätte, sich zum gesamten Inhalt der Beweisaufnahme zu äußern. Er habe dies damit begründet, dass ihm erst im Jänner 2003 die Stellungnahme des Dienstgebers in der mit ihm vom Arbeitsmarktservice am 2. Oktober 2001 aufgenommenen Niederschrift zur Kenntnis gebracht worden wäre, wozu er angeführt habe, dass die darin enthaltenen Äußerungen zu den Ausführungen des Dienstgebers nicht von ihm getätigt worden wären. Die Niederschrift wäre ihm nicht vorgelesen worden, er hätte daher während des Verfahrens keine Möglichkeit gehabt, sich zu dieser Behauptung zu äußern. Der Bescheid zweiter Instanz hätte offenbar ohne ausdrückliche Erwähnung dieser Niederschrift den sich daraus ergebenden Sachverhalt als gegeben vorausgesetzt.

Zu den Ausführungen des Beschwerdeführers im Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 15. April 2003 hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid Folgendes fest:

Laut Vermerk des Arbeitsmarktservice Lebensmittel Wien auf der mit dem Beschwerdeführer am 2. Oktober 2001 aufgenommenen Niederschrift sei ihm der Text der Niederschrift vorgelesen worden. Er hätte jedoch wortlos das Büro verlassen und die Niederschrift nicht unterschrieben. Ihm sei daraufhin im Zuge des berufungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens in einer Niederschrift am 11. Dezember 2001 von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien Gelegenheit gegeben worden, zu den Ausführungen des Dienstgebers Stellung zu nehmen. Eine Verletzung des Parteiengehörs sei somit für die Berufungsbehörde nicht ersichtlich. Die erstinstanzliche Niederschrift vom 2. Oktober 2001 sei somit im Zeitpunkt der vom Beschwerdeführer am 8. November 2001 eingebrachten Berufung der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien als Berufungsbehörde bereits vorgelegen und es lägen somit keine neuen Tatsachen bzw. Beweismittel vor, welche gemäß § 69 Abs. 1 AVG ohne Verschulden der Partei nicht hätten geltend gemacht werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Gemäß § 69 Abs. 2 leg. cit. ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem am 15. April 2003 eingebrachten Wiederaufnahmeantrag bezieht sich darauf, dass ihm im wiederaufzunehmenden Verfahren der Inhalt der Niederschrift vom 2. Oktober 2001 nicht zur Kenntnis gebracht worden sei und er davon erst durch die Aushändigung der Niederschrift "im Jänner 2003" Kenntnis erlangt habe. Damit seien "erst mit diesem Moment" neue Tatsachen bzw. Beweismittel hervorgekommen, auf die er sich im Verfahren hätte stützen können.

Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Vorbringen des Beschwerdeführers - mit dem im Wesentlichen die angebliche Verletzung des Parteiengehörs im wiederaufzunehmenden Verfahren gerügt wird - überhaupt ein tauglicher Wiederaufnahmegrund zu entnehmen wäre, da der Wiederaufnahmeantrag jedenfalls verspätet gestellt wurde.

Der Beschwerdeführer behauptet selbst, die gegenständliche Niederschrift vom 2. Oktober 2001 im Jänner 2003 ausgehändigt erhalten zu haben. Die zweiwöchige Frist für die Einbringung des Antrags auf Wiederaufnahme hätte somit spätestens im Februar 2003 geendet, sodass der vom Beschwerdeführer mit 14. April 2003 datierte, am 15. April 2003 durch persönliche Abgabe bei der Poststelle des Arbeitsmarktservice Schönbrunnerstraße eingebrachte Antrag als verspätet zurückzuweisen gewesen wäre.

Durch das inhaltliche Eingehen der belangten Behörde auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes in der Begründung des angefochtenen Bescheides und durch die Abweisung seines Antrages an Stelle der gebotenen Zurückweisung ist allerdings die Rechtsposition des Beschwerdeführers nicht verschlechtert worden (vgl. etwa zu einem Fall der Wiedereinsetzung das hg. Erkenntnis vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0145, m.w.H.).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Jänner 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003080199.X00

Im RIS seit

03.03.2005

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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