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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. T in W, vertreten durch Mondl Trummer Thomas & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Graben 29a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. März 2002, Zl. MA 65 - 8/56/2001, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 3 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von zwei Wochen - vom 15. Jänner 2001 bis 29. Jänner 2001 - entzogen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde im Wesentlichen davon aus, der Beschwerdeführer sei angezeigt worden, dass er am 9. April 2000 an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in Wien als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Kraftfahrzeuges die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 43 km/h überschritten habe. Die Geschwindigkeitsmessung sei mit einem Radargerät, sohin unter Verwendung eines technischen Hilfsmittels, erfolgt. Wegen dieser Übertretung sei der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. Dezember 2000 nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 bestraft worden. Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. September 2001 sei das erstinstanzliche Straferkenntnis hinsichtlich der angefochtenen Strafhöhe bestätigt worden. Zum Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung folgte die belangte Behörde den Angaben der "anzeigelegenden Organe" und sah auf deren Grundlage sowie des Eichscheines, des Messprotokolls und des eingeholten meteorologischen Berichtes die oben genannte, vom Beschwerdeführer gefahrene Geschwindigkeit als erwiesen an. Im Hinblick auf die erstmalige Begehung einer derartigen Übertretung sei gemäß § 26 Abs. 3 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen zu entziehen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 14. März 2003, B 970/02-8, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG hat als eine die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person rechtfertigende bestimmte Tatsache zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde. Gemäß § 26 Abs. 3 FSG hat im Falle der erstmaligen Begehung einer im § 7 Abs. 3 Z. 4 genannten Übertretung (von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) die Entziehungsdauer zwei Wochen zu betragen.
Zunächst ist dem Beschwerdeführer, insoweit er die Entziehung der Lenkberechtigung erst als zulässig erachtet, wenn "ein rechtskräftiges Straferkenntnis, eine rechtskräftige Strafverfügung oder Berufungsbescheid" vorliegt, zu entgegnen, dass nach § 26 Abs. 7 FSG eine Entziehungsmaßnahme wie die vorliegende erst ausgesprochen werden darf, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. Im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ist die vom Beschwerdeführer vertretende Auffassung verfehlt. Sie wird entgegen seiner Behauptung auch nicht in den zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vertreten.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, dass die belangte Behörde sein Vorbringen, er habe die Geschwindigkeitsüberschreitung - im angelasteten Ausmaß - nicht begangen, und ihre Bindung an die rechtskräftige Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates nicht beachtet habe. Die Berufungsbehörde im Strafverfahren habe keine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 43 km/h festgestellt; die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dem "Bescheid des UVS" auseinander zu setzen.
Die belangte Behörde erkannte im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass sich die bindende Wirkung des rechtskräftigen Straferkenntnisses lediglich auf den Umstand bezieht, dass der Beschwerdeführer eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat, im gegebenen Zusammenhang somit schneller als 50 km/h gefahren ist, in Ansehung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung jedoch keine solche Bindungswirkung besteht (vgl. u.v.a. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2003, Zl. 2003/11/0127). Darauf hat auch die Strafbehörde zweiter Instanz verwiesen und in der Begründung ihres Berufungsbescheides vom 14. September 2001 das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses entfernt. Feststellungen zum Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung finden sich - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - im Straferkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates nicht. Zur Erforschung, ob der Beschwerdeführer eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG verwirklicht hat, hatte die belangte Behörde somit selbständig die vom Beschwerdeführer eingehaltene Geschwindigkeit zu ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. April 1999, Zl. 98/11/0233).
Mit seinen Ausführungen gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Er behauptet zwar, dass die Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde ungenügend und teilweise widersprüchlich seien, legt jedoch im Konkreten nicht dar, worin dieser Widerspruch bestünde und insbesondere auch nicht, aus welchen zwingenden Argumenten seiner Version eher Glauben geschenkt werden müsste. Er vermag es somit nicht, die Annahmen der belangten Behörde zu erschüttern. Aus dem Akteninhalt ist erkennbar, dass er unmittelbar nach Betretung erklärte, dass das Messgerät "keine gültige Eichung" aufweise. Die belangte Behörde hat den Eichschein beigeschafft und verwertet, aus dem sich ergibt, dass die Nacheichfrist für das Gerät erst am 31. Dezember 2001 abläuft. Welcher Widerspruch aus dem Messprotokoll hervorgehe, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf. Aus seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid sind gleichfalls keine detaillierten Einwendungen gegen das von der Erstbehörde festgestellte Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ersichtlich. Insoweit der Beschwerdeführer schließlich die Richtigkeit der Aussage des Meldungslegers bzw. die richtige Bedienung des Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes durch diesen zufolge "Nichteinhaltung der notwendigen Entfernung" bestreitet, ist aus seiner - im Strafverfahren am 28. November 2000 erstatteten - Stellungnahme ersichtlich, dass er vorbrachte, dass das Gerät nur auf eine Entfernung zwischen 300 m und 600 m eingesetzt werden dürfe, aus der Anzeige hervorgehe, dass die Messung auf eine Entfernung von 280 m stattgefunden habe, er jedoch entgegen der Aussage des Meldungslegers den Standpunkt vertrete, dass die Messentfernung höchstens 250 m gewesen sei. Das Lasergerät sei daher nicht ordnungsgemäß eingesetzt worden.
Auch dieser Einwand ist nicht zielführend. Wie aus dem Eichschein ersichtlich ist, wurde hier das Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E verwendet. Dieses weist, was die hier entscheidenden Fragen anlangt, keinen relevanten Unterschied zu einem Messgerät der Bauart LTI 20.20 TS/KM auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/11/0244). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist ein solches Gerät nur dann in zu geringer Entfernung zum Messobjekt, wenn es sich im Zeitpunkt der Messung näher als 9 m befindet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. März 1994, Zl. 93/03/0317). Dass aus dem Umstand, dass anstelle der Messentfernung von 280 m, wie in der Anzeige festgehalten, eine Messentfernung von 250 m eingehalten worden sei, wie der Beschwerdeführer behauptet, sich ein für den Beschwerdeführer nachteiliger Messwert ergeben habe, ist weder aus dem Beschwerdevorbringen noch sonst auf Grund eines aus dem Akt hervorgehenden Anhaltspunktes ersichtlich. Der Beschwerdeführer macht daher keinen relevanten Verfahrensmangel geltend.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Jänner 2005
Schlagworte
Feststellen der Geschwindigkeit Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003110169.X00Im RIS seit
08.03.2005