TE Vwgh Erkenntnis 2005/1/28 2004/01/0285

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Veröffentlicht am 28.01.2005
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z6 idF 1998/I/124;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §52 lita Z2;
WaffG 1996 §17 Abs1 Z6;
WaffG 1996 §50 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des I A in L, vertreten durch Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler und Mag. Nicolas Stieger, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 26. April 2004, Zl. Ia 370-417/2003, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG)" ab.

Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer halte sich seit seiner Geburt im Jahr 1981 ununterbrochen in Österreich auf. Am 5. März 1999 habe er bereits einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gestellt, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Juli 2000, zugestellt am 23. August 2000, gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG abgewiesen worden sei, weil der Beschwerdeführer zum einen am 27. Oktober 1995 ein Fahrrad gestohlen und dieses anschließend mit einer Eisensäge zerlegt habe und zum anderen am 13. März 1999 während einer Jugenddiscoveranstaltung einen anderen mit der Faust dreimal ins Gesicht geschlagen und diesem auch einen Kopfstoß versetzt habe. Während das erstgenannte Strafverfahren gemäß § 90 Abs. 1 StPO aus den Gründen der §§ 6 und 7 JGG nach Durchführung eines außergerichtlichen Tatausgleiches eingestellt worden sei, habe die zweitgenannte Straftat am 17. Juni 1999 zu einer Verurteilung durch das Bezirksgericht Bregenz wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB geführt. Gemäß § 13 Abs. 1 JGG sei der Ausspruch der wegen dieser Jugendstraftat zu verhängenden Strafe für die Dauer einer Probezeit von zwei Jahren vorläufig bedingt nachgesehen worden.

Die auf Grund des neuerlichen Antrages vom 17. April 2003 auf Verleihung der Staatsbürgerschaft durchgeführten Erhebungen durch die belangte Behörde hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. August 2002 wegen des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz (WaffG) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, im Uneinbringlichkeitsfall zu 30 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden sei. Dem Verfahren habe zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von Mitte November 2001 bis zum 17. Jänner 2002 in L und B, wenn auch nur fahrlässig, einen "Totschläger", nämlich einen Teleskopschlagstock, mithin eine verbotene Waffe (§ 17 Abs. 1 Z 6 WaffG), unbefugt besessen habe. Auf Grund dieses Waffendeliktes sei von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz mit Bescheid vom 19. März 2002 gegen den Beschwerdeführer auch ein unbefristetes Waffen- und Munitionsverbot erlassen worden. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wegen folgender Verwaltungsdelikte bestraft worden:

Mit Bescheid (vom 21. November 2000) wegen einer Übertretung "vom 21.11.2000" (richtig: vom 4. November 2000) nach § 52 lit. a Z 2 StVO mit einer Geldstrafe von ATS 500,-- (umgerechnet EUR 36,34), weil der Beschwerdeführer um 16:45 Uhr in L, S-Hof, Höhe Gendarmerieposten, das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen "Einfahrt verboten" nicht beachtet habe;

mit Bescheid (vom 29. Juni 2001) wegen einer Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO mit einer Geldstrafe von ATS 3.630,-- (umgerechnet EUR 263,80), weil der Beschwerdeführer am 19. Dezember 2000 gegen 22:25 Uhr in L, W-Straße, Richtung B 190, Höhe Kreuzung W-Straße B 190, die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von 50 km/h um 35 km/h überschritten habe;

mit Bescheid (vom 13. Februar 2001) wegen einer Übertretung nach §§ 368 Z 14 und 152 Abs. 3 GewO mit einer Geldstrafe von ATS 800,-- (umgerechnet EUR 58,14), weil der Beschwerdeführer am 27. Jänner 2001 um 5:10 Uhr in L, Disco "Life", als gewerberechtlicher Geschäftsführer die im Lokal um 4:00 Uhr eingetretene Sperrstunde nicht eingehalten habe;

mit Bescheid (vom 14. Februar 2001) wegen einer Übertretung im Tatzeitraum vom 21. bis zum 22. Dezember 2000 nach § 82 Abs. 1 StVO mit einer Geldstrafe von ATS 400,-- (umgerechnet EUR 29,07), weil der Beschwerdeführer zu verantworten gehabt habe, dass in B, B-Straße, Höhe Parkplatz S, an parkenden Fahrzeugen ohne behördliche Bewilligung Flugzettel "für die Veranstaltung 'Sommernachtsparty' angebracht" worden seien;

mit Bescheid (vom 27. April 2001) wegen einer Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO mit einer Geldstrafe von ATS 2.300,-- (umgerechnet EUR 167,15), weil der Beschwerdeführer am 5. April 2001 um 17:57 Uhr in L, L1, Richtung Bregenz, Höhe km 0,213, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h überschritten habe;

mit Bescheid (vom 8. August 2001) wegen einer Übertretung nach § 108 Abs. 1 Z 2 FrG mit einer Geldstrafe von ATS 300,-- (umgerechnet EUR 21,80), weil der Beschwerdeführer am 30. Juni 2001 um 18:45 Uhr in R, A14, Richtung Bregenz, Höhe Rastplatz F, als Fremder sein Reisedokument nicht mitgeführt habe;

mit Bescheid (vom 17. Oktober 2001) wegen einer Übertretung nach § 36 lit. e KFG mit einer Geldstrafe von ATS 600,-- (umgerechnet EUR 43,60), weil am 23. August 2001 um 6:50 Uhr in L, Zollamt R, am Fahrzeug des Beschwerdeführers keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakete angebracht gewesen sei;

mit Bescheid (vom 8. Mai 2003) wegen einer Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO mit einer Geldstrafe von EUR 109,--, weil der Beschwerdeführer am 29. März 2003 um 23:20 Uhr in L, L3, Richtung H, Höhe 156m vor km 2,0, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 17 km/h überschritten habe.

Aus diesem Sachverhalt folgerte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht, es könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer Gewähr dafür biete, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit und die anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zu sein, weshalb er die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG nicht erfülle. Die anlässlich der Abweisung seines ersten Verleihungsantrages erstellte negative Zukunftsprognose (zu ergänzen: in Bezug auf zukünftiges Wohlverhalten des Beschwerdeführers) habe sich im Nachhinein betrachtet als zutreffend erwiesen und ihre Bestätigung erfahren, weil sich der Beschwerdeführer zwischenzeitlich auch noch einen nach dem WaffG verbotenen Schlagstock angeeignet und diesen über einen längeren Zeitraum besessen habe. Diese Verhaltensweise lasse auch für die Zukunft darauf schließen, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliche Verwendung einer Waffe das Leben, die Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte, weshalb gegen ihn auch ein Waffen- und Munitionsverbot verhängt worden sei. Außerdem sei der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wegen insgesamt acht Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft worden. Im Zeitraum vom November 2000 bis März 2003 (also nach Ablehnung seines Erstantrages) habe er dreimal die erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträchtlich (und zwar um 42 %, 40 % und 32 %) überschritten, wobei Geldstrafen bis zu EUR 240,-- verhängt worden seien. Er habe somit unter Beweis gestellt, sich auch durch wiederholte empfindliche Bestrafungen, die ihm den Unrechtsgehalt seines Verhaltens deutlich vor Augen geführt hätten, nicht von seinem die Sicherheit im Straßenverkehr erheblich gefährdenden Verhalten abbringen zu lassen. Die "strafrechtlichen Übertretungen", welche zur seinerzeitigen Ablehnung seines Ersuchens um Verleihung der Staatsbürgerschaft geführt hätten, im Zusammenhang mit der zwischenzeitlichen Verurteilung wegen "Übertretung" nach dem WaffG und den teilweise nicht unerheblichen Verwaltungsübertretungen ließen mit Rücksicht auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers (Häufigkeit, Art und Schwere sowie die Beharrlichkeit, mit der er Rechtsvorschriften missachtete) den Schluss zu, dass er möglicherweise auch in Zukunft wesentliche zur Abwehr und Unterdrückung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sicherheit sowie öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften missachten werde.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde ging in der angefochtenen Entscheidung davon aus, dass der Beschwerdeführer die zwingende Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG nicht erfüllt. Die Beurteilung, ob dieses Einbürgerungshindernis vorliegt, ist einer Ermessensübung im Sinn des § 11 StbG vorgelagert und liegt nicht im (freien) Ermessen der Behörde (vgl. etwa aus jüngerer Zeit die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2004, Zl. 2002/01/0568, und vom 9. September 2003, Zl. 2002/01/0469). Die von der Beschwerde geforderte Interessenabwägung zu Gunsten des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung seiner ausreichenden Deutschkenntnisse und seines langjährigen Aufenthaltes in Österreich käme aus diesen Gründen überhaupt nur dann in Betracht, wenn die bindend vorgeschriebene Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - erfüllt wäre. Davon kann im gegenständlichen Fall jedoch nicht ausgegangen werden.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 StbG kann die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, dass er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet.

Maßgeblich ist im vorliegenden Fall, ob das Verhalten des Beschwerdeführers in den etwa vier Jahren zwischen dem (rechtskräftigen) Abschluss des ersten Verleihungsverfahrens und der Erlassung des angefochtenen Bescheides nun eine günstige Prognose hinsichtlich des künftigen Wohlverhaltens des Verleihungswerbers zulässt. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie die neuerliche Straffälligkeit des Beschwerdeführers wegen des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 2 WaffG (Besitz einer verbotenen Waffe, nämlich eines sogenannten "Totschlägers") im Zusammenhalt insbesondere mit den wiederholten Überschreitungen der im Straßenverkehr zulässigen Höchstgeschwindigkeit als Indiz dafür ansah, dass der Verleihungswerber (nach wie vor) keine Gewähr für ein dem Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG entsprechendes Wohlverhalten bietet. Wenn die Beschwerde argumentiert, die Verurteilung aus dem Jahr 2002 sei auf Grund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer seither nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, zu vernachlässigen, ist ihr zu erwidern, dass das dieser Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers (bis 17. Jänner 2002) bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch zu kurz zurücklag, um im vorliegenden Fall allein aus dem Verstreichen dieses Zeitraumes eine positive Prognose ableiten zu können. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer auch noch eine im März 2003 begangene Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr zu verantworten hatte.

Nach dem Gesagten ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, gegen die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, es sei das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 6 StBG gegeben, Bedenken zu erwecken. Welche näheren Umstände die belangte Behörde nach Auffassung der Beschwerde zu den verwaltungsbehördlich und gerichtlich strafbaren Verhalten des Beschwerdeführers feststellen hätte sollen, die zu einer anderen Beurteilung des Sachverhaltes führen hätte können, wird von ihr nicht näher dargelegt und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht ersichtlich.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 28. Jänner 2005

Schlagworte

Überschreiten der Geschwindigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004010285.X00

Im RIS seit

03.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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