RS OGH 2008/4/23 13Os155/07d, 13Os141/07w, 12Os135/07f, 15Os101/11h, Bsw37520/07, 15Os30/14x

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 23.04.2008
beobachten
merken

Norm

StPO §263a
StPO §363a
MedienG §9
MedienG §10
MRK Art10 Abs2 III3
MRK Art10 IV2e
MRK Art10 V

Rechtssatz

Grundsätzlich ist bei strafrechtlichen Eingriffen in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit Zurückhaltung geboten und bei der Prüfung solcher Eingriffe in Bezug auf ihre Verhältnismäßigkeit schon wegen der Bedeutung der Meinungsfreiheit ein strenger Maßstab anzulegen. Der - ganz allgemein im Interesse des guten Rufs und des Rechts auf Rehabilitation stehende - Anspruch nach § 10 MedienG ist dem Wesen nach jedoch zivilrechtlicher Natur im Sinn von Art 6 Abs 1 MRK, sodass ein abgestufter Maßstab an die prüfende Kontrolle der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs anzulegen ist. Schließlich ist ins Kalkül zu ziehen, dass der in Rede stehende Veröffentlichungsauftrag keine staatliche Sanktion ist, sondern ausschließlich ein maßvolles Gleichgewicht zwischen einer wahrheitsgemäßen Primärveröffentlichung und anschließender medialer Rehabilitation des davon Betroffenen schaffen soll.

Entscheidungstexte

  • 13 Os 155/07d
    Entscheidungstext OGH 23.04.2008 13 Os 155/07d
  • 13 Os 141/07w
    Entscheidungstext OGH 22.01.2009 13 Os 141/07w
    Auch; Beisatz: Der Anspruch nach §10 MedienG ist zivilrechtlicher Natur, woran der Umstand seiner Durchsetzung nach strafprozessualen Regeln nichts ändert. Allein die formalgesetzliche Einordnung eines Anspruchs hat nämlich nach dem System der MRK nur relativen Charakter, und es bedarf zusätzlich der Prüfung der wahren Anspruchsnatur. Hiebei zeigt sich, dass dem Anspruch nach § 10 MedienG weder Tadels- noch Übelsfunktion zukommt, sondern er auf die Rehabilitation des Betroffenen sowie die Komplettheit der Berichterstattung gerichtet und solcherart zivilrechtlicher Natur ist. Soweit sich der Erneuerungsantrag auf Art 6 Abs 3 lit d MRK und Art 4 des 7. ZPMRK stützt, geht er daher fehl, weil die dort garantierten Grundrechte nur in Verfahren über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage zum Tragen kommen. (T1)
  • 12 Os 135/07f
    Entscheidungstext OGH 15.01.2009 12 Os 135/07f
    Vgl; Beisatz: Hier: Anspruch auf Urteilsveröffentlichung nach § 34 MedienG. Die Entscheidung nach § 34 Abs 4 MedienG ist eine Entscheidung zivilrechtlicher Art im Sinn der EuGVVO. (T2); Beisatz: Die Urteilsveröffentlichung ist primär eine Maßnahme der publizistischen Wiedergutmachung und dient dem Schutz vor dem Fortwirken des Delikts in der öffentlichen Meinung. (T3)
  • 15 Os 101/11h
    Entscheidungstext OGH 19.10.2011 15 Os 101/11h
    Vgl auch; Beisatz: Hier Gegendarstellung nach § 9 MedienG. (T4)
  • Bsw 37520/07
    Entscheidungstext AUSL EGMR 06.07.2010 Bsw 37520/07
    Auch; Beisatz: Die Korrektur falscher Informationen durch die Veröffentlichung einer Richtigstellung stellt dem EGMR zufolge eine angemessene Form der Wiedergutmachung dar. (Bem: Niskasaari u.a. gg. Finnland) (T5)
    Veröff: NL 2010,215
  • 15 Os 30/14x
    Entscheidungstext OGH 08.07.2014 15 Os 30/14x
    Auch; Beis wie T1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:RS0123459

Im RIS seit

23.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2016
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten