TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/16 2002/04/0191

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Veröffentlicht am 16.02.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §8;
GewO 1994 §74 Abs1 Z1;
GewO 1994 §74 Abs1 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §75 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §77 Abs2;
GewO 1994 §77 Abs9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des F in N, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Oktober 2002, Zl. Ge-442593/15-2002-Bi/Csch, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: S AG in S, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Am Hof 13), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 9. Oktober 2002 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für einen Verkaufsmarkt in einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung von Auflagen erteilt; die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstbehördlichen Bescheid wurde abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges, eines lärmschutztechnischen Gutachtens und eines luftreinhaltetechnischen Gutachtens im Wesentlichen ausgeführt, es sei, wie vom lärmtechnischen Amtssachverständigen festgestellt worden sei, nicht zu erwarten, dass es durch den Betrieb des Parkplatzes insbesondere durch die Anlieferung an Sonn- und Feiertagen zwischen 08.00 Uhr und 20.30 Uhr zu einer Anhebung der örtlichen Umgebungsgeräuschsituation komme. In Ansehung der vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen betreffend eine unzumutbare Geruchsbelästigung sei im luftreinhaltetechnischen Gutachten festgehalten worden, dass die bestehende Situation im Bereich der Grundstücke des Beschwerdeführers durch den Betrieb des Parkplatzes bei der Komponente NO2 um einen Prozentsatz von 1,5 angehoben werde; eine Überschreitung des im Immissionsschutzgesetz-Luft verankerten Immissionsgrenzwertes sei damit nicht verbunden. Bei den übrigen Komponenten liege die Erhöhung sogar deutlich unter 1 % und sei somit nicht relevant. Die Einholung eines medizinischen Gutachtens sei nicht erforderlich gewesen, zumal sich die bestehende Situation durch den Betrieb der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei nicht ändere. Die zur Genehmigung beantragte Betriebsanlage befinde sich schließlich in einem Ortskerngebiet; die zusätzlichen Genehmigungsvoraussetzungen für Anlagen für Betriebe des Handels sowie für Einkaufszentren fänden daher gemäß § 77 Abs. 9 GewO 1994 keine Anwendung. Im Übrigen normiere die GewO 1994 diesbezüglich keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer, der sich durch den angefochtenen Bescheid in den ihm gewerbegesetzlich gewährleisteten Nachbarrechten verletzt erachtet, bringt im Wesentlichen vor, die eingeholten Amtssachverständigengutachten seien nicht schlüssig. Das Lärmgutachten gebe den Beurteilungspegel für eine Lkw-Anlieferung zunächst mit 23,9 dB an, obwohl allgemein bekannt sei, dass ein Lkw-Betriebsgeräusch höher sei. In der Folge würden die Ladevorgänge des Lkw mit 80 dB angegeben. Dies sei wohl denkbar, stehe aber mit der zuvor dargelegten Annahme in Widerspruch. Weiters zeige der Hinweis des lärmtechnischen Amtssachverständigen, es müsse bei der Beurteilung auch eine zwischenzeitlich erfolgte, geringfügige Zunahme des Schallpegels in der W-Straße berücksichtigt werden, dass das Gutachten für eine Beurteilung der derzeitigen Sachlage nicht geeignet sei. Aus einem Aktenvermerk vom 18. April 2000 ergebe sich eine Erhöhung des Grundsgeräuschpegels um 4,3 dB(A) an der Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers. Diese Überschreitung müsse von ihm nicht hingenommen werden, weil sie eine Benützung des Grundstückes zu Erholungs- und Wohnzwecken gravierend und gesundheitsschädigend beeinträchtige. Die schalltechnische Beurteilung sei schließlich auch deswegen unschlüssig, weil keine Einordnung des Grundstückes des Beschwerdeführers entsprechend dem Widmungsmaß erfolgt sei. Sei nämlich das Widmungsmaß durch den Grundgeräuschpegel bereits ausgeschöpft oder gar überschritten, so sei jegliche Überschreitung des Grundgeräuschpegels unzulässig. Das luftreinhaltetechnische Gutachten ziehe Vergleichsdaten aus dem Jahre 1997 heran, obwohl diese für einen aktuellen Vergleich nicht repräsentativ seien. Immerhin zeige es aber eine Erhöhung der Luftbelastung, die sehr wohl relevant sei. Überhaupt sei das gesamte Projekt der mitbeteiligten Partei unschlüssig. Im erstbehördlichen Bescheid seien nämlich noch 212 Pkw-Stellplätze, 6 behindertengerechte Pkw-Stellplätze und 34 Stellplätze für die Pkws der Arbeitnehmer angenommen worden, im Befund des von der belangten Behörde eingeholten luftreinhaltetechnischen Gutachtens sei von 519 Stellplätzen die Rede. Wenn das Projekt der mitbeteiligten Partei aber auf einer geringeren Zahl von Stellplätzen aufbaue, seien "sämtliche Schlussfolgerungen der Projektunterlagen unrichtig und unanwendbar". Die belangte Behörde hätte übrigens sämtliche Betriebsanlagenverfahren, die in ihrer Gesamtheit ein einheitliches Einkaufszentrum (Fachmarktzentrum) bildeten, als Ganzes zu berücksichtigen gehabt, zumal zufolge der gemeinsam genutzten Einrichtungen wie z.B. der Parkplätze an einer betriebsorganisatorischen bzw. funktionellen Einheit kein Zweifel bestehen könne. Dies habe insbesondere Bedeutung für die im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des § 77 Abs. 5 bis 8 GewO 1994. Die Ausnahmebestimmung des § 77 Abs. 9 GewO 1994 sei jedenfalls zu Unrecht und auf der Grundlage eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens herangezogen worden. Der Nachbar einer gewerblichen Betriebsanlage habe aber ein Recht auf Beachtung der Bestimmungen des § 77 Abs. 5 bis 8 GewO 1994, weil im Falle seiner Beeinträchtigung sämtliche Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sein müssten. Im Gegenstande handle es sich um "ein klassisches Projekt auf der grünen Wiese"; kein einziges der Kriterien des Ortskerngebietes im Sinne des § 77 Abs. 9 GewO 1994 sei erfüllt. Schließlich sei der angefochtene Bescheid auch deshalb mangelhaft, weil er durch missverständliche Hinweise auf andere Schriftstücke seinen normativen Inhalt nicht selbständig und klar zum Ausdruck bringe und weil die beigezogenen Amtssachverständigen ihr Gutachten nicht auf einen von ihnen selbst aufgenommenen Befund gestützt hätten, sondern auf von der mitbeteiligten Partei vorgelegte Gutachten, die "naturgemäß einseitig auf die Interessenlage des Konsenswerbers zugeschnitten" gewesen seien.

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Recht der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...

Die Betriebsanlage ist gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 zumutbar sind, ist gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1994 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

"Nachbarn" sind gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1994 alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind.

Von dieser Rechtslage ausgehend ist zunächst dem von der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift erstatteten Vorbringen, dem Beschwerdeführer komme Nachbareigenschaft nicht zu, weil er keine Gefährdung seines Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte an den im vorliegenden Genehmigungsverfahren in Betracht gezogenen Grundstücken geltend gemacht, sondern lediglich eine vorübergehende Anwesenheit zur Freizeitnutzung bzw. die Absicht behauptet habe, eine Liegenschaft seinem Sohn zur Errichtung eines Wohnhauses zu überlassen, Folgendes zu entgegnen:

Es trifft zwar zu, dass der Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte nach ständiger hg. Judikatur den seine Person betreffenden Nachbarschutz nur bei Zutreffen der im § 75 Abs. 2 erster Satz erster Satzteil GewO 1994 enthaltenen Merkmale und daher jedenfalls nur unter Berufung auf Sachverhaltsumstände geltend machen kann, die den Eintritt einer persönlichen Gefährdung oder Belästigung im Hinblick auf einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt überhaupt möglich erscheinen lassen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2003, Zl. 2001/04/0236, und die dort verwiesene Vorjudikatur). Allerdings hat der Beschwerdeführer nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten in der mündlichen Verhandlung vor der Erstbehörde am 30. März 2000 ausgeführt, sein Grundstück sei zur Zeit unbebaut und werde "für Freizeit- und Erholungszwecke der Familie" verwendet. Es stehe "zur Diskussion", dass er dieses Grundstück gegebenenfalls "seinem Sohn zur Errichtung eines Einfamilienhauses zur Verfügung" stelle. Er erachte sich durch die mit dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei verbundenen Lärm- und Abgasimmissionen in gesundheitsgefährdender, unerträglicher und unzumutbarer Weise beeinträchtigt.

Nun hat die Erstbehörde - so die Darlegungen im erstbehördlichen Bescheid - erhoben, dass sich auf dem erwähnten Grundstück des Beschwerdeführers Obstbäume, nicht jedoch Einrichtungen wie Gartenhütten, Bänke etc. befänden, wie sie für eine Freizeitnutzung typisch seien. Dies allein schließt die vom Beschwerdeführer behauptete Verwendung des Grundstückes zur Freizeitnutzung sowie zur Erholung und somit einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt des Beschwerdeführers auf dem in Rede stehenden Grundstück allerdings noch nicht aus, zumal derartige Einrichtungen nicht notwendige Voraussetzungen der behaupteten Nutzung sind. Es ist auch nicht etwa von vornherein ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen solcher Aufenthalte auf seinem Grundstück als Folge des Betriebes der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei - wie er behauptet - gefährdet oder unzumutbar belästigt werden könnte; Gegenteiliges hat auch die mitbeteiligte Partei konkret nicht vorgebracht. Wenn die belangte Behörde daher auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers seine Stellung als "Nachbar" der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei im Sinne der GewO 1994 bejahte, so ist das im vorliegenden Fall nicht als rechtswidrig zu beanstanden; dass mit dem (weiteren) Vorbringen betreffend eine allfällige künftige Verwendung eines Grundstückes durch seinen Sohn kein im dargelegten Sinn relevantes Sachverhaltsmerkmal aufgezeigt wurde, ändert an der (bereits bejahten) Stellung des Beschwerdeführers als Nachbar nichts.

Der Beschwerdeführer erachtet das von der belangten Behörde eingeholte Lärmschutzgutachten als unschlüssig, weil der Beurteilungspegel für eine Lkw-Anlieferung ein Mal mit 23,9 dB und ein Mal mit 80 dB angegeben worden sei. Der Beschwerdeführer übersieht bei diesem Vorbringen jedoch, dass der angegebene Beurteilungspegel von LA,r = 23,9 dB eine zeitraumbezogene Beurteilung darstellte, während mit 80 dB (in 7,5 m Entfernung) ein Spitzenpegel beschrieben wurde. Dass diese beiden Werte differieren, besagt daher für sich alleine noch nicht, dass dem Gutachten Angaben zu Grunde gelegt worden seien, die zueinander in einem - so der Beschwerdeführer - "unlösbaren Widerspruch" stehen. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers bietet auch die Annahme des lärmtechnischen Amtssachverständigen, mit der zwischenzeitigen Benützung der W-Straße sei eine geringfügige Zunahme des Schallpegels verbunden, so dass die vorgenommene Beurteilung, die örtliche Umgebungsgeräuschsituation werde nicht angehoben, "jedenfalls auf der sicheren Seite" liege, der Auffassung keine Grundlage, dieser Hinweis zeige, dass das Gutachten für eine Beurteilung der derzeitigen Sachlage ungeeignet sei; bringt dieser Hinweis doch lediglich eine Bestätigung des gewonnenen Ergebnisses zum Ausdruck. Ebenso wenig vermag der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, dem Aktenvermerk vom 18. April 2000 zufolge werde der Grundgeräuschpegel an seiner Grundstücksgrenze während der Anlieferungen an Sonn- und Feiertagen um 4,3 dB(A) erhöht, eine Unschlüssigkeit der sachverständigen Beurteilung aufzuzeigen, durch die Anlieferung an Sonn- und Feiertagen zwischen 08.00 Uhr und 20.30 Uhr werde es zu keiner Anhebung der örtlichen Umgebungsgeräuschsituation kommen. Schließlich ist die Beurteilung, ob es auf Grund von Lärmemissionen einer Betriebsanlage zu die Nachbarn in ihrer Gesundheit gefährdenden oder unzumutbar belästigenden Lärmimmissionen kommt, auch nicht vom "Widmungsmaß" eines Grundstückes abhängig, sondern von Art und Ausmaß der von der Betriebsanlage ausgehenden und auf die Nachbarn einwirkenden Immission.

Der Beschwerdeführer hat es im Übrigen trotz gebotener Gelegenheit unterlassen, den amtssachverständigen Darlegungen im Verwaltungsverfahren auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Vielmehr hat er auf Grund des behördlichen Vorhalts wohl mehrere Fristerstreckungsanträge gestellt, ohne aber letztlich von der Möglichkeit, im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme zu erstatten, tatsächlich Gebrauch zu machen. Wenn er daher die von den Amtssachverständigen getroffenen zusammenfassenden Feststellungen, die bestehende Immissionsbelastung werde sich - wie näher dargelegt - nur unerheblich verändern, nunmehr mit der fachlich nicht näher fundierten Behauptung bekämpft, die Erhöhungen seien "sehr wohl relevant", so zeigt er damit eine Rechtswidrigkeit des auf diesem Gutachten beruhenden angefochtenen Bescheides nicht mit Erfolg auf.

Zur behaupteten Unschlüssigkeit des Projektes der mitbeteiligten Partei ist zu sagen, dass selbst wenn der Amtssachverständige für Luftreinhaltetechnik seinem Gutachten eine höhere Anzahl von Stellplätzen auf dem Parkplatz der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei zu Grunde gelegt haben sollte, als mit dem der Behörde vorgelegten Projekt von der mitbeteiligten Partei tatsächlich beantragt worden war, in diesem Mangel jedenfalls kein solcher läge, der sich nachteilig auf die gewerbegesetzlich geschützten Interessen des Beschwerdeführers auswirken könnte; wäre der Amtssachverständige diesfalls doch von höheren Immissionen der Betriebsanlage ausgegangen, als sie tatsächlich zu erwarten sind. Warum aber das Projekt der mitbeteiligten Partei wegen dieses - nach den Behauptungen des Beschwerdeführers im behördlich eingeholten Gutachten liegenden - Mangels unschlüssig sein sollte, bleibt unerfindlich.

Was die Beschwerdebehauptung anlangt, die belangte Behörde habe den Ausnahmetatbestand des § 77 Abs. 9 GewO 1994 zu Unrecht als erfüllt angesehen und es komme dem Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage das Recht zu, die Beachtung des § 77 Abs. 5 bis 8 GewO 1994 "einzuklagen", übersieht die Beschwerde, dass die Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage zwar Anspruch darauf haben, dass diese nur dann genehmigt werde, wenn zu erwarten ist, dass die Nachbarn dadurch weder in ihrem Leben, in ihrer Gesundheit, in ihrem Eigentum oder in sonstigen dinglichen Rechten gefährdet, noch in unzumutbarer Weise belästigt werden. Hingegen räumt die GewO den Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage kein subjektiv-öffentliches Recht darauf ein, dass unabhängig von einer konkreten Gefährdung oder Belästigung im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1994 die Genehmigung wegen eines sonstigen (gewerberechtlichen) Genehmigungshindernisses nicht erteilt werde; die Wahrnehmung solcher öffentlicher Interessen obliegt der Gewerbebehörde allein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2004, Zlen.  2004/04/0142, 0143, und die dort zitierte Vorjudikatur). Mit seinem Vorbringen, es sei der Ausnahmetatbestand des § 77 Abs. 9 GewO 1994 nicht erfüllt, bewegt sich der Beschwerdeführer allerdings außerhalb jenes - dargelegten - Bereiches, in dem ihm als Nachbar einer gewerblichen Betriebsanlage ein subjektiv-öffentliches Mitspracherecht eingeräumt ist.

Der Behauptung, es hätte nicht die Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei für sich, sondern "sämtliche einzelne Betriebsanlagenverfahren im vorliegenden Fall" als "Ganzes" berücksichtigt werden müssen, sind konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, es stünden die, den Gegenstand der "einzelnen Betriebsanlagenverfahren" bildenden Einrichtungen unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 74 Abs. 2 Einleitungssatz GewO 1994 in einem solchen sachlichen und örtlichen Zusammenhang, dass sie nicht "abgesondert" genehmigt werden könnten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2001/04/0065, und die dort zitierte Vorjudikatur), nicht zu entnehmen. Da sich Derartiges auch aus den vorliegenden Verwaltungsakten nicht ergibt, besteht kein Grund, die der mitbeteiligten Partei erteilte Genehmigung unter diesem Gesichtspunkt zu beanstanden.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird auch auf Grund der Beschwerdebehauptung, der normative Inhalt des angefochtenen Bescheides werde zufolge der Hinweise auf andere Schriftstücke nicht ausreichend klar zum Ausdruck gebracht, nicht ersichtlich. Angesichts des Umstandes, dass die Formulierung des Bescheides keinen Anlass bietet, mangelnde Bestimmtheit des Spruches zu beanstanden, wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, konkret darzutun, inwiefern im angefochtenen Bescheid enthaltene Verweisungen dennoch zu Unklarheiten führten, die geeignet wären, die gewerbegesetzlich geschützte Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig zu berühren. Dies hat der Beschwerdeführer jedoch unterlassen.

Schließlich kann ein Verfahrensmangel auch nicht darin erblickt werden, dass die behördlich beigezogenen Amtssachverständigen ihren Gutachten von der mitbeteiligten Partei vorgelegte Privatgutachten zu Grunde gelegt haben; ist ein Sachverständiger doch nicht gehalten, sämtliche Prämissen seiner fachkundigen Schlussfolgerungen auch selbst zu erheben. Vielmehr muss er die Grundlagen (und die Art ihrer Beschaffung) nennen, auf die sich seine Schlussfolgerungen stützen, um Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit seines Gutachtens zu gewährleisten, eine persönliche Befundaufnahme ist nicht geboten. Um aber die den Amtssachverständigengutachten solcherart zu Grunde liegenden Prämissen erfolgreich als unzutreffend zu bekämpfen, genügt der pauschal geäußerte Verdacht des Beschwerdeführers, Privatgutachten seien "naturgemäß einseitig", freilich nicht.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Barauslagen betreffende Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil die geltend gemachten Barauslagen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich waren.

Wien, am 16. Februar 2005

Schlagworte

Gewerberecht Gewerberecht Nachbar Rechtsnachfolger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002040191.X00

Im RIS seit

09.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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