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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Suspendierung des beschwerdeführenden Polizeibeamten aufgrund denkmöglicher Annahme des Vorliegens von Suchtgiftmißbrauch; vertretbare Annahme des Nichtvorliegens eines VerjährungstatbestandesSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Der Beschwerdeführer steht als Polizeibeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er gehört dem Personalstand der Bundespolizeidirektion Schwechat, u.zw. dem Zentralinspektorat der Sicherheitswache Schwechat, an und war Angehöriger der Einsatzabteilung Flughafen.
1.2.1. Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim
Bundesministerium für Inneres (im Folgenden: Disziplinarkommission)
vom 27.1.2000, GZ 76-8-DK/12/99, wurde gegen den Beschwerdeführer
gemäß §123 Abs1 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 (im Folgenden: BDG)
wegen des Verdachtes, der Beschwerdeführer habe seit ca. zwei Jahren
acht bis zehn Mal in unregelmäßigen Abständen Suchtmittelmissbrauch
durch Schnupfen von Kokain und in dieser Zeit allenfalls auch Handel
mit Kokain betrieben, ein Disziplinarverfahren eingeleitet; unter
einem wurde das Disziplinarverfahren im Hinblick auf eine in diesem
Zusammenhang am 9.12.1999 erstattete Anzeige an die
Staatsanwaltschaft Wien unterbrochen. (Diese Anzeige wurde von der
Staatsanwaltschaft Wien am 9.3.2000 gemäß §35 Abs1 SuchtmittelG
vorläufig (für eine Probezeit von zwei Jahren) zurückgelegt.) Mit
gesondertem Bescheid der Disziplinarkommission vom 27.1.2000,
GZ 76-9-DK/12/99, wurde der Beschwerdeführer aus dem selben Anlass
gemäß §112 Abs3 BDG vom Dienst suspendiert. Die ausdrücklich nur
gegen diesen (Suspendierungs-)Bescheid gerichtete Berufung, in der
mit näherer Begründung allerdings auch begehrt wird, das gegen "(den
Beschwerdeführer) laufende Disziplinarverfahren ... einzustellen bzw.
den Einleitungsbeschluß ... aufzuheben", wurde mit dem nunmehr
bekämpften Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport abgewiesen.
1.2.2. Dieser Bescheid wird im Wesentlichen wie folgt begründet:
"Gemäß (§63 Abs3 AVG) hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. In seiner Berufung vom 14.02.2000 benennt der (Berufungswerber) zwar den von ihm bekämpften Hoheitsakt der Disziplinarbehörde als den Bescheid vom 27.01.2000, unterlegt ihm aber die Aktenzahl 76-9-DK-12/99, was als mangelnde Bezeichnung des angefochtenen Bescheides zu qualifizieren ist.
Aus dem Inhalt der Berufungsschrift, insbesondere aus dem Berufungsantrag, den Einleitungsbeschluss zum Disziplinarverfahren aufzuheben, ist jedoch klar zu erkennen, dass es sich bei dem bekämpften Bescheid um den Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 12, vom 27.01.2000 mit der Aktenzahl 76/8/DK/99 handelt, sodass damit der Bezeichnungspflicht des §63 Abs3 AVG Genüge getan wurde.
...
In Hinblick auf den vom (Berufungswerber) behaupteten Eintritt der Verfolgungsverjährung mit Ablauf des 21.11.1998 und auf das damit im Zusammenhang stehende Begehren auf Aufhebung des Einleitungsbeschlusses und Einstellung des Disziplinarverfahrens gemäß §118 Abs1 Z1 BDG hat ... die Berufungskommission ... die rechtliche Relevanz dieses Vorbringens in Bezug auf die Subsumierbarkeit des Sachverhaltes unter §94 Abs1 Z1 BDG zu prüfen.
Aus dem vorliegenden Gesamtakt, insbesondere auf Grund des Berichtes des Sachbearbeiters im Suchtmittelreferat, BezInsp. K vom 18.05.1998, und den ihm unterliegenden Aktenvermerken vom gleichen Datum, sowie des Berichtes des gleichen Sachbearbeiters vom 05.12.1999, dessen Aktenvermerk vom 06.12.1999, der Niederschrift mit dem (Berufungswerber) vom 05.12.1999 ... , der Disziplinaranzeige des Zentralinspektorates der Sicherheitswache vom 20.12.1999, des Berichtes von BezInsp. K an den Polizeidirektor der BPD Schwechat vom 06.03.2000, des Aktenvermerkes des Berichterstatters vom 13.03.2000 sowie auf Grund des schriftlichen Berichtes des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Schwechat anher vom 13.03.2000, ist nachstehend angeführter Sachverhalt als erwiesen anzusehen:
Am 18.05.1998 wurde von der Kriminalabteilung Niederösterreich (ein) Akt ... an das Suchtmittelreferat Flughafen der Bundespolizeidirektion Schwechat abgetreten, mit dem Hinweis, dass ein, gewisser 'Tommy' Suchtgifthandel mit Kokain betreiben würde. Die daraufhin von der obgenannten Organisationseinheit aufgenommenen Erhebungen ergaben, dass es sich bei dem unbekannten Täter namens 'Tommy' um den (Berufungswerber) handelt. Dieser wurde am 05.12.1999 niederschriftlich einvernommen und vom Ergebnis unter anderem der Polizeidirektor in Kenntnis gesetzt. Am 06.12.1999 wurde dann - so der Aktenvermerk des Sachbearbeiters vom 06.12.1999 - der Behördenleiter neuerlich in Besprechungen über die weitere Vorgangsweise eingebunden.
Neben dem leitenden Beamten, Oberst im Kriminaldienst R, und dem Leiter der Kriminalpolizeilichen Abteilung, OR Mag. M, die funktionsbezogen über die jeweiligen Erhebungsschritte und Ermittlungsergebnisse informiert worden waren, ist es nicht ausgeschlossen, dass auch dem Behördenleiter unspezifische Ermittlungsteilergebnisse mitgeteilt worden waren.
Es besteht jedoch kein Grund, dem schriftlichen Bericht des Polizeidirektors vom 13.03.2000, wonach er erst am 05.12.1999 in umfassender Weise davon in Kenntnis gesetzt worden war, nicht zu glauben, dass es sich bei der Zielperson der Erhebungen ... um den (Berufungswerber) handelte. Auf Grund dieses Wissensstandes wurden dann auch am 09.12.1999 die Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Wien und am 20.12.1999 die Disziplinaranzeige an den Behördenleiter erstattet, die am 23.12.1999 an die zuständige Disziplinarkommission weitergeleitet wurde.
Gemäß §94 Abs1 BDG darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde.
Für eine rechtskonforme Anwendung dieser Gesetzesbestimmung ist die Interpretation des Begriffsbildes: 'Kenntnis der Disziplinarbehörden' von fundamentaler Bedeutung.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu §94 Abs1 Z1 BDG dargelegt hat, zählt zur 'Disziplinarbehörde' im obgenannten Sinn auch die Dienstbehörde (VwGH 26.11.1992, Zl. 92/09/0101; 13.10.1994, Zl. 94/09/0144).
Nach dem eindeutigen Wortlaut des §94 Abs1 Z1 BDG kommt es rechtens einzig und allein darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Dienstbehörde - und nicht die nach der Geschäftseinteilung mit der Bearbeitung von Disziplinarfällen befasste, Fachabteilung einer Behörde - vom Verdacht der Dienstpflichtverletzung Kenntnis erlangt hat (VwGH 25.06.1990, Zl. 90/09/0051 und 0056).
Was die Zurechenbarkeit von Tatsachen, die zur Annahme berechtigen, ein konkretes Verhalten eines Beamten falle unter einen disziplinär zu ahndenden Tatbestand (Tatbild einer Dienstpflichtverletzung) zur Dienstbehörde im Sinne der obzitierten Gesetzesstelle angeht, wenn sie zuvor zunächst einem Dienstvorgesetzten des Betroffenen mitgeteilt worden wären, so ist dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann der Fall, wenn er Leiter der Dienstbehörde ist oder jener Fachabteilung/Unterorganisation der Dienstbehörde angehört, die für die Behandlung von Disziplinarangelegenheiten zuständig ist. In allen anderen Fällen, insbesondere wenn er der Dienstbehörde nicht angehört, kann diese Kenntnis nicht der Dienstbehörde (im Sinn des §110 BDG) zugerechnet werden (VwGH 29.11.1992, Zl. 92/09/0101, VwS1g. 13748/A).
'Kenntnis erlangt' die Dienstbehörde in einer die Frist des §94 Abs1 Z1 BDG in Lauf setzenden Weise, wenn sie von dem später allenfalls als Dienstvergehen zu würdigenden Verhalten des Beamten ausreichend Mitteilung erhält, wobei aber nur das auf sicheren Grundlagen beruhende Wissen über bestimmte Tatsachen maßgebend ist (VwGH 18.01.1990, Zl. 90/09/0121, BerK 28.04.1999, GZ 10/12-BK/99).
Misst man den im gegenständlichen Informationsweg involvierten Personenkreis am Maßstab der obzitierten Judikatur, so wird klar, dass ausschließlich der Leiter der Dienstbehörde, das ist hier der Polizeidirektor der Bundespolizeidirektion Schwechat, die im §110 BDG genannten Kriterien im weitesten Sinn erfüllt. Demnach ist auf die Kenntnis jener Umstände abzustellen, die für die Dienstbehörde gemäß §110 Abs1 Z2 BDG die Pflicht der Weiterleitung der Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und an den Disziplinaranwalt begründen (VwGH 23.11.1989, Zl. 89/09/112 ua.).
In der Gesamtschau des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes gerade auch im Licht des §94 Abs1 Z1 BDG bestand für die Berufungskommission keine Veranlassung, nicht davon auszugehen, dass der Behördenleiter erst auf Grund der Ergebnisse der am 05.12.1999 durchgeführten Ermittlungen (freiwillige Nachschau, Niederschrift, Bericht etc.) von jenen Tatsachen (Verdacht einer strafbaren Handlung gemäß §27 Suchtmittelgesetz) in ausreichendem Maß Kenntnis erlangt hatte, die in der Folge zur Erstattung einer Strafanzeige und einer Disziplinaranzeige führten.
Mit dieser Kenntnisnahme begann die sechsmonatige Verjährungsfrist des 94 Abs1 Z1 BDG zu laufen. Wenn nun der (Berufungswerber) in seiner Berufungsschrift vermeint, in den Inhalten des Berichtes des Suchtmittelreferates vom 18.05.1998 im Konnex mit Aussagen des Zeugen P vom 21.05.1998 ein 'auf sicheren Grundlagen' beruhendes Wissen über bestimmte Tatsachen, die zur Annahme berechtigen, ein konkretes Verhalten eines Beamten falle unter einen disziplinär zu ahndenden Tatbestand (BerK 28.04.1999, Zl. 10/112-BK/99) herauslesen zu können, das - aus welchem Grund auch immer - der Dienstbehörde spätestens ab dem Zeitpunkt der obzitierten Zeugenaussage bekannt gewesen wäre, so sind dieser Auffassung nachstehende Argumente entgegen zu halten:
Sowohl der Bericht des Suchtmittelreferates als auch die genannte Zeugenaussage bewegen sich in einem noch von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen getragenen Verdachtsbereich, die die oben angeführten Qualitätskriterien nicht erfüllen können. Erst die Ergebnisse der am 05.12.1999 stattgefundenen kriminalpolizeilichen Erhebungen hatten eine Tatbestandsobjektivierung zur Folge, die die auch die von der Rechtsprechung der Berufungskommission vorgegebenen funktionalen Voraussetzungen erfüllen konnte.
Aus welchen Sachverhalten der (Berufungswerber) die Kenntnisnahme der gegenständlichen Dienstpflichtverletzung vor dem 05.11.1999 durch die Dienstbehörde ableitet, muss im Verborgenen bleiben, zumal er selbst diesen Umstand nicht aufzuklären vermag, sondern ihre Behauptung lediglich plakativ in den Raum stellt. Die zu diesem Thema vom zuständigen Sachbearbeiter des Suchtmittelreferates Flughafen vorgelegten Berichte vom 18.05., 21.06., 19.07., 18.09., 22.11.1998, 21.06. und 14.09.1999 beziehen sich lediglich auf die Ergebnisse der intern durchgeführten Erhebungen, insbesondere bestimmter Observationen. Es gibt keinen Hinweis dafür, dass diese Informationen entweder dem Behördenleiter oder einem Personenkreis zugänglich gemacht wurden, deren Kenntnisnahme der Dienstbehörde zugerechnet werden könnte. Erst die ab 05.12.1999 zur Verfügung stehenden Beweisergebnisse brachten die erforderliche Klarheit.
Wenn sich der BW zum Beweis für seine rechtliche Beurteilung des Gesetzesbegriffes 'Kenntnisnahme', wonach die Übermittlung eines Sachverhaltes an die Dienstbehörde, der den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründet, den Verlauf der Verjährung selbst dann in Gang setze, wenn die Mitteilung an eine unzuständige Fachabteilung weitergeleitet werde, auf das Erkenntnis des VwGH vom 22. Februar 1990, Zl. 89/09/0136 beruft, so ist dazu festzustellen, dass derartige rechtliche Überlegungen in dieser Form in dem zitierten Erkenntnis nicht enthalten sind.
Der vom BW vertretenen Auffassung, dass in der gegenständlichen Berufungssache die Verjährungsfrist des §94 Abs1 Z1 bereits am ersten Arbeitstag nach dem 21.11.1998 hätte zu laufen begonnen, kann sich daher die Berufungskommission aus den oben dargelegten Gründen nicht anschließen. Auf dem Boden der vorliegenden Beweisergebnisse und ihrer rechtlichen Würdigung ist vielmehr davon auszugehen, dass die sechsmonatige Verjährungsfrist frühestens am 05.12.1999 in Gang gesetzt wurde. Die von der zuständigen Disziplinarkommission am 27.01.2000 getroffene Entscheidung zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den BW erfolgte daher innerhalb der sechsmonatigen Frist."
1.3. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung "des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Verwaltungshandeln ausschließlich aufgrund der Gesetze" behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, sowie - in eventu - die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird.
1.3. Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, die Behörde hätte "bei logischer Anwendung der Denkgesetze zum Schluß kommen müssen, dass die Verjährung hinsichtlich der spätesten Einleitung eines Disziplinarverfahrens am ersten Arbeitstag nach dem 21. November 1998 erfolgte - jedenfalls jedoch vor dem 6. Dezember 1999."
Wenn jedoch - nach Meinung der erhebenden Beamten - der Sachverhalt noch zuwenig geklärt gewesen und die Dienstbehörde tatsächlich erst am 5. Dezember 1999 entsprechend unterrichtet worden sei, so sei die Suspendierung zu diesem Zeitpunkt als Willkür zu werten, da durch die Belassung des Beschwerdeführers im Dienst weder das Ansehen des Amtes noch wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet werden konnten.
1.4. Die Berufungskommission legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdeausführungen entgegentritt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
2.1. Im vorliegenden Fall sind in erster Linie die Bestimmungen der §§91, 94, 96, 97, 98, 109, 110, 112 und 123 BDG maßgeblich.
2.1.1. §91 BDG, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. 333/1979, lautet:
"§91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen."
2.1.2. §94 BDG, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 123/1998, lautet auszugsweise:
"§94. (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht 1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder 2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§123 Abs1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z1 genannte Frist um sechs Monate.
... "
2.1.3. §96 BDG, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 61/1997, lautet:
"§96. Disziplinarbehörden sind
1.
die Dienstbehörden,
2.
die Disziplinarkommissionen,
3.
die Disziplinaroberkommission,
4.
die Berufungskommission."
2.1.4. §97 BDG, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 123/1998, lautet:
"§97. Zuständig sind
1. die Dienstbehörde zur vorläufigen Suspendierung und zur Erlassung von Disziplinarverfügungen hinsichtlich der Beamten ihres Zuständigkeitsbereiches,
2.
die Disziplinarkommission zur Erlassung von Disziplinarerkenntnissen und zur Entscheidung über Suspendierungen hinsichtlich der Beamten des Resorts, in dem sie eingerichtet ist,
3.
die Disziplinaroberkommission zur Entscheidung über Berufungen gegen Erkenntnisse der Disziplinarkommission sowie über Berufungen gegen Suspendierungen durch die Disziplinarkommission und
4.
die Berufungskommission zur Entscheidung über Berufungen gegen Einleitungs- und Verhandlungsbeschlüsse der Disziplinarkommission."
2.1.5. §98 BDG, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 137/1983, lautet auszugsweise:
"§98. (1) Bei jeder obersten Dienstbehörde ist eine Disziplinarkommission einzurichten.
..."
2.1.6. Die §§109 und 110 BDG, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 333/1979 lauten:
"§109. (1) Der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) hat bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Erweckt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, so hat sich der Dienstvorgesetzte in dieser Eigenschaft jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten. Diese hat gemäß §84 der Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631, vorzugehen.
(2) Von einer Disziplinaranzeige an die Diienstbehörde ist abzusehen, wenn nach Ansicht des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht.
(3) Die Dienstbehörde hat, sofern es sich nicht um eine Selbstanzeige handelt, eine Abschrift der Disziplinaranzeige unverzüglich dem Beschuldigten zuzustellen.
§110. (1) Auf Grund der Disziplinaranzeige oder des Berichtes des Dienstvorgesetzten hat die Dienstbehörde
1.
eine Disziplinarverfügung zu erlassen oder
2.
die Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und an den Disziplinaranwalt weiterzuleiten.
(2) Die Dienstbehörde kann von der Erlassung einer Disziplinarverfügung oder der Weiterleitung der Disziplinaranzeige absehen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Dienstpflichtverletzung unbedeutend sind. Auf Verlangen des Beamten ist dieser hievon formlos zu verständigen."
2.1.7. §112 BDG, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. NR. 297/1975 lautet:
"§112. (1) Wird über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt oder würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen.
(2) Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.
(3) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung. Ist jedoch ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) bereits anhängig, so hat diese bei Vorliegen der im Abs1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.
(4) Jede durch Beschluß der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) verfügte Suspendierung hat die Kürzung des Monatsbezuges des Beamten - unter Ausschluß der Kinderzulage - auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Die Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) kann auf Antrag des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung vermindern oder aufheben, wenn und soweit dies zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Beamten und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist, unbedingt erforderlich ist.
(5) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission), bei der das Disziplinarverfahren anhängig ist, unverzüglich aufzuheben.
(6) Die Berufung gegen eine Suspendierung oder gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung hat keine aufschiebende Wirkung. Über die Berufung hat die Disziplinaroberkommission ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen zwei Monaten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
(7) Wird die Bezugskürzung auf Antrag des Beamten vermindert oder aufgehoben, so wird diese Verfügung mit dem Tage der Antragstellung wirksam."
2.1.8. §123 BDG, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 123/1998, lautet auszugsweise:
"§123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.
(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Beschluß dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen den Beschluß, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, nicht einzuleiten oder einzustellen (§118 BDG 1979), ist die Berufung an die Berufungskommission zulässig.
..."
2.2. Was die angebliche Verletzung "des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts (...) auf Verwaltungshandeln ausschließlich aufgrund der Gesetze" betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass es ein derartiges verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht nicht gibt. Sollte der Beschwerdeführer bei dieser Behauptung Art18 B-VG im Auge haben, so ist ihm zu entgegnen, dass diese Norm - wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat - kein subjektives Recht auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung gewährt (vgl. VfSlg. 10.372/1985 u.a.).
2.3.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür übte.
2.3.2. Da der Verfassungsgerichtshof gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (so insbesondere gegen §123 BDG 1979) keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt (vgl. etwa VfSlg. 15.287/1998) und die Bescheidbegründung keinen Anhaltspunkt für die Annahme liefert, dass die Berufungskommission dem BDG 1979 einen verfassungswidrigen Inhalt beigemessen hätte, könnte der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid im genannten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn der Berufungskommission Willkür zum Vorwurf zu machen wäre.
2.3.3. Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtspr.; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1982, 14.573/1996).
2.3.4. Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ermittlungsverfahren mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel behaftet wäre; auch kann weder von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage noch von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein.
Von entscheidender Bedeutung ist für den Verfassungsgerichtshof dabei der folgende Umstand: Aus dem Bericht des Polizeidirektors sowie der beigeschlossenen Stellungnahme des zuständigen Sachbearbeiters ergibt sich, dass der lange Zeitraum zwischen dem ersten gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verdacht (Bericht des erwähnten Sachbearbeiters vom 18.5.1998) - über den der Polizeidirektor noch "unspezifisch" informiert wurde - und der der ersten Einvernahme des Beschwerdeführers (am 5.12.1999) unmittelbar folgenden, konkreten Information des Polizeidirektors über den gegen den Beschwerdeführer bestehenden Verdacht in den besonders schwierigen Ermittlungen gegen einen Angehörigen der Sicherheitswache Schwechat selbst begründet ist. Im Hinblick auf diese besondere Lage des Falles vermag der Verfassungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, die diesbezüglichen Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde widersprächen "der allgemeinen Lebenserfahrung" letztlich nicht zu teilen.
Dass es im vorliegenden Zusammenhang für das Vorliegen des Verjährungstatbestandes gemäß §94 Abs1 Z1 BDG auf die Kenntnis des Leiters der Dienstbehörde, somit des Polizeidirektors, ankommt, hat die belangte Behörde - gestützt auf das Erkenntnis VwSlg. 13.748 A/1992 - vertretbar angenommen.
Nach Lage des Falles ist es schließlich jedenfalls auch denkmöglich, anzunehmen, dass im Zeitpunkt der diesbezüglichen behördlichen Entscheidung "durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet" waren. Insoferne erfolgte auch die Suspendierung nicht willkürlich.
Die getroffene behördliche Entscheidung ist - zusammenfassend - also nicht mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel, der eine Verletzung des Beschwerdeführers im geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz bewirkte, belastet. Ob der Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zu Grunde liegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in dem - hier vorliegenden - Fall, dass eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 14.658/1996 und dort angeführte Rechtspr.).
2.3.5. Der Beschwerdeführer wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
2.4. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.
2.5. Die Beschwerde war daher abzuweisen. Die vom Beschwerdeführer begehrte Abtretung derselben an den Verwaltungsgerichtshof kommt nicht in Betracht (§144 Abs3 B-VG, §41a Abs5 BDG).
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Dienstrecht, Disziplinarrecht, Standes- und Amtspflichten, VerjährungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1134.2000Dokumentnummer
JFT_09989388_00B01134_00