TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/17 2004/18/0183

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Veröffentlicht am 17.02.2005
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Index

20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

EheG §23 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des G, geboren 1968, vertreten durch Mag. Dr. Peter Hombauer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Weyrgasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 3. Mai 2004, Zl. St 8/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 3. Mai 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 9 iVm § 37 und § 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer habe am 23. Jänner 2001 in der Türkei eine österreichische Staatsangehörige geheiratet. In der Folge seien ihm Niederlassungsbewilligungen, zuletzt bis 25. Oktober 2003, ausgestellt worden.

Im Zug der Erhebungen betreffend Scheinehen habe H., der Arbeitgeber und zeitweilige Lebensgefährte der Gattin des Beschwerdeführers, angegeben, dass die Ehe in einem Lokal in Lambach im Gespräch mit dem türkischen Staatsangehörigen S. eingefädelt worden wäre. In seinem Beisein wäre von S. an die Gattin des Beschwerdeführers und an eine weitere österreichische Staatsangehörige, welche in der Folge ebenfalls einen türkischen Staatsangehörigen geheiratet hätte, ein Geldbetrag von insgesamt S 150.000,-- (EUR 10.900,93) für die Hochzeiten übergeben worden. Die beiden Frauen hätten sich diesen Geldbetrag geteilt.

Die Gattin des Beschwerdeführers habe zunächst bestritten, für die Ehe Geld bekommen zu haben. Sie hätte während eines Urlaubs in der Türkei über S. den Beschwerdeführer kennen gelernt. Um dem Beschwerdeführer zu ermöglichen, in Österreich zu arbeiten, hätte sie ihn über Vorschlag von S. nach zwei Tagen geheiratet. Sie hätte aus Liebe geheiratet und dafür kein Geld erhalten.

Der Beschwerdeführer selbst habe ausgeführt, seine Gattin in einer Diskothek in der Türkei kennen gelernt zu haben, wobei S. als Übersetzer fungiert hätte. Erst nach Rückkehr der Gattin nach Österreich hätte er ihr brieflich die Heirat vorgeschlagen. Die Ehe wäre nicht zum Schein geschlossen worden. Nachdem sich die Gatten auseinandergelebt hätten, wäre sie am 16. Juni 2003 geschieden worden.

Mit - noch nicht rechtskräftigem - Urteil vom 8. Juli 2003 sei H. wegen des Vergehens der Vermittlung von Scheinehen und des Verbrechens der Schlepperei verurteilt worden. Mit demselben Urteil sei die Gattin des Beschwerdeführers wegen des Vergehens der Schlepperei verurteilt worden. Diesem Urteil liege u.a. die gegenständliche Eheschließung des Beschwerdeführers zu Grunde. Das Gericht habe als erwiesen angesehen, dass der Beschwerdeführer für die Eheschließung EUR 5.450,50 und für seine Schleppung nach Österreich einen Betrag in derselben Höhe bezahlt habe.

Aus Spruch und Begründung dieses Urteils und der glaubwürdigen, schlüssigen und detaillierten Aussage von H. vom 21. März 2003 ergebe sich, dass es sich bei der Ehe des Beschwerdeführers um eine Scheinehe handle. Es sei kein Grund ersichtlich, warum H. den Beschwerdeführer wahrheitswidrig belasten sollte. Der Vollständigkeit halber sei ausgeführt, dass H. seine Ausführungen auch in der Hauptverhandlung wiederholt habe und dort auch die Gattin des Beschwerdeführers bestätigt habe, dass es sich bei ihrer Ehe mit dem Beschwerdeführer um eine Scheinehe gehandelt habe.

Das Eingehen von Scheinehen habe sich zu einer beliebten Spielart entwickelt, um eine Aufenthaltsberechtigung bzw. den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erhalten. Ein rigoroses Vorgehen gegen ein derart missbräuchliches Verhalten sei erforderlich. Daher sei nicht nur die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern das Aufenthaltsverbot auch im Licht des § 37 Abs. 1 leg. cit. zulässig. Der Beschwerdeführer habe durch die Eingehung einer Ehe bloß zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen mit aller Deutlichkeit seine Neigung gezeigt, sich über die für ihn maßgeblichen österreichischen Rechtsvorschriften hinwegzusetzen.

Der Beschwerdeführer habe keine Verwandten im Bundesgebiet. Er sei "mit einer österreichischen Staatsbürgerin, wenn auch nur zum Schein, verheiratet". Selbst wenn man eine geringfügige Integration des Beschwerdeführers bejahen würde, werde diese durch das beschriebene Fehlverhalten in ihrer sozialen Komponente ganz erheblich gemindert. Da unter Abwägung aller genannten Umstände - im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt zu stellende negative Prognose - die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots wesentlich schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, sei das Aufenthaltsverbot auch gemäß § 37 Abs. 2 FrG zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst sei festgehalten, dass die Ehe des Beschwerdeführers mit der österreichischen Staatsangehörigen nach dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren am 16. Juni 2003 geschieden worden ist. Eine Kopie des mit einer Rechtskraftbestätigung versehenen Scheidungsbeschlusses befindet sich bei den Verwaltungsakten.

Bei der Ausführung im angefochtenen Bescheid (im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 37 FrG), wonach der Beschwerdeführer "mit einer österreichischen Staatsbürgerin, wenn auch nur zum Schein, verheiratet" sei, handelt es sich daher um eine offenbare Unrichtigkeit.

2. Der Beschwerdeführer bekämpft die - auf Grundlage des festgestellten Sachverhalts unbedenkliche - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG erfüllt sei, nicht.

3. Da die in der qualifizierten Form des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe die öffentliche Ordnung (das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen) erheblich beeinträchtigt, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, keinen Bedenken.

4. Die Ansicht der belangten Behörde, dass § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbots nicht entgegenstehe, ist ebenfalls unbedenklich.

Die gegenständliche Eheschließung erfolgte am 23. Jänner 2001 in der Türkei. In der Zeit danach ist der Beschwerdeführer nach Österreich eingereist. Auf Grund des sohin etwa dreijährigen inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers, der unstrittig keine familiären Beziehungen im Inland hat, ist das Aufenthaltsverbot mit einem Eingriff in das Privatleben verbunden. Das Gewicht der aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren Integration wird dadurch entscheidend gemindert, dass die Aufenthaltsberechtigung (bis 25. Oktober 2003) auf die rechtsmissbräuchliche Eingehung der Ehe zurückzuführen ist. Unter Bedachtnahme auf die somit nicht schwer ins Gewicht fallenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet hat die belangte Behörde zutreffend den Standpunkt vertreten, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten ist und die privaten Interessen des Beschwerdeführers die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbots nicht überwiegen, hat doch der Beschwerdeführer durch sein Fehlverhalten das große öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen erheblich beeinträchtigt.

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Februar 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004180183.X00

Im RIS seit

23.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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