TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/21 2001/17/0075

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Veröffentlicht am 21.02.2005
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §20;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;
LAO Wr 1962 §18;
LAO Wr 1962 §54 Abs1;
LAO Wr 1962 §67 Abs3 lita;
LAO Wr 1962 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des MS in Wien, vertreten durch Dr. Othmar Slunsky und Mag. Ute Maria Caviola, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Schottenring 28/1/4, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 13. Februar 2001, Zl. MD-VfR - S 116/97, betreffend Haftung für eine Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 29. November 1995 wurde der P GmbH als Bauwerberin und Grundeigentümerin eine Baubewilligung hinsichtlich bestimmter Änderungen eines Bauvorhabens erteilt. Mit diesem Bescheid wurde weiters die Anzahl der hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibenden Pflichtstellplätze nach dem Wiener Garagengesetz mit vier festgelegt.

1.2. Mit Schreiben vom 9. Jänner 1996 teilte die Magistratsabteilung 37 (Baupolizei) der Magistratsabteilung 4 (Abgaben) über Anfrage die Adresse der P GmbH mit und informierte unter anderem darüber, dass hinsichtlich des gegenständlichen Bauprojekts auf Grund des Bauwerberwechsels vom 7. März 1995 die H GmbH neue Bauwerberin sei.

1.3. Mit Bescheid vom 26. Jänner 1996 wurde der P GmbH gemäß § 41 Abs. 1 und 2 und § 42 Wiener Garagengesetz in Verbindung mit § 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung zur Durchführung des Wiener Garagengesetzes die Ausgleichsabgabe in der Höhe von S 320.000,-- vorgeschrieben.

1.4. Dieser Bescheid wurde von der P GmbH nicht bekämpft.

1.5. Mit Schreiben vom 4. März 1996 teilte der Beschwerdeführer der Abgabenbehörde namens der P GmbH mit, dass die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz an die H GmbH zur Zahlung weitergeleitet worden sei. Diese Gesellschaft habe am 4. November 1994 die gegenständliche Liegenschaft mit allen damit verbundenen Bewilligungen, Rechten und Pflichten erworben.

1.6. Mit Schreiben vom 8. März 1996 wurde der Magistratsabteilung 37 der Bauwerberwechsel von der P GmbH auf die H GmbH, beide vertreten durch Herrn Sch, gemäß § 124 Abs. 4 Wiener Bauordnung mitgeteilt.

1.7. Mit Schreiben vom 25. März 1996 teilte Herr Sch unter Anschluss der Vollmachten der P GmbH und der H GmbH neuerlich den Bauwerberwechsel mit und ersuchte um Stundung der Zahlung der Abgabe, weil eine technische Möglichkeit geprüft werde, die fehlenden Garagenplätze doch zu errichten.

Mit Bescheid vom 6. Mai 1996 wurde dieses der P GmbH zugerechnete Ansuchen um Bewilligung einer Zahlungserleichterung gemäß § 160 WAO abgewiesen.

1.8. Mit weiterem Schreiben vom 7. Juni 1996 teilte Herr Sch zudem mit, dass seinerzeitiger Bauwerber die P GmbH gewesen sei. Auf Grund des von ihm gemeldeten Bauwerberwechsels sei die H GmbH nunmehrige Bauwerberin.

Im Namen der H GmbH habe er bereits am 25. März 1996 um Zahlungserleichterung ersucht. Die H GmbH sei vorbereitet, die von der Behörde gewünschte Bankgarantie zu erstellen, jedoch habe die H GmbH von der Behörde noch immer keine diesbezügliche Aufforderung bekommen.

1.9. Mit Haftungsbescheid vom 30. September 1996 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 7 und § 54 WAO für die der P GmbH vorgeschriebene Ausgleichsabgabe haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 171 WAO binnen einem Monat ab Zustellung zu entrichten.

Der Beschwerdeführer sei im Firmenbuch als Geschäftsführer der P GmbH eingetragen und habe weder die Bezahlung der vorgeschriebenen Abgaben veranlasst noch sonstige Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der P GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der P GmbH nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 18 WAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin noch eingebracht werden könne.

1.10. Mit Schreiben vom 2. November 1996 erhob der Beschwerdeführer gegen den Haftungsbescheid Berufung und führte aus, dass die Gesellschafter der P GmbH am 31. Mai 1994 ein Anbot auf Abtretung der Gesellschaftsanteile gestellt hätten, das am 10. Juni 1994 von der K GmbH und Frau B als Gesellschafter angenommen worden sei. Der Beschwerdeführer sei daraufhin als Geschäftsführer der P GmbH ausgeschieden. Als neuer Geschäftsführer habe Herr H fungiert.

Der neue Geschäftsführer und die Gesellschafter hätten alle Rechte und Pflichten der übertragenen Gesellschaft übernommen, so auch den Baubewilligungsbescheid, der der vorgeschriebenen Ausgleichsabgabe zu Grunde liege. Von der Gesellschaft seien ab dem Zeitpunkt der Anteilsübernahme auch alle Maßnahmen der Hausinhabung (Verwaltung, Mietzinsinkasso) sowie der beabsichtigten Revitalisierung des Hauses gesetzt worden.

Aus Gründen, die offensichtlich in der Struktur der Anteilsübernehmer gelegen seien, sei die Anteilsübernahme am 31. Oktober 1994 rückgängig gemacht worden und gleichzeitig die gegenständliche Liegenschaft mit allen Rechten und Pflichten an die H GmbH (deren Gesellschafter die K GmbH und Frau B gewesen seien) verkauft worden.

Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung des Haftungsbescheides sowie die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe an die H GmbH.

1.11. In einem Schreiben vom 4. April 1997 teilte der Beschwerdeführer mit, dass im ersten Baubewilligungsbescheid aus dem Jahre 1993, den er als Geschäftsführer der P GmbH beantragt habe, noch keine Ausgleichsabgabe vorgeschrieben worden sei. Nachdem der Verkauf der Gesellschaftsanteile rückgängig gemacht worden sei und von der H GmbH nur die gegenständliche Liegenschaft gekauft worden sei, sei der Beschwerdeführer wieder als alleinzeichnungsberechtigter Geschäftsführer per 2. September 1994 im Firmenbuch eingetragen worden.

Im Akt der Baupolizei liege eine Vollmacht der P GmbH vom 25. Oktober 1994, mit der eine Planänderung beantragt worden sei, welche zur Vorschreibung der Ausgleichsabgabe in der Höhe von S 320.000,-- geführt habe. Diese Vollmacht sei vom Beschwerdeführer nicht unterschrieben worden und sei daher ungültig.

Zwischenzeitlich sei ein Bauwerberwechsel vorgenommen worden. Die neue Bauwerberin sei die H GmbH. Die Ausgleichsabgabe möge daher der H GmbH vorgeschrieben werden.

1.12. Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte der Beschwerdeführer, seine Berufung der belangten Behörde zur Entscheidung vorzulegen. Die Baugenehmigung vom 29. November 1995 sei mit einer gefälschten Vollmacht bewirkt worden. Es möge diesem Umstand Rechnung getragen und die Ausgleichsabgabe dem tatsächlichen Bauwerber, der seinerzeit die Baubewilligung beantragt habe, vorgeschrieben werden.

1.13. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

Nach Darstellung des wesentlichen Ganges des Abgabenverfahrens führte die belangte Behörde aus, dass für das Bestehen der Haftung des Geschäftsführers folgende Voraussetzungen erfüllt sein müssten: "Eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung."

Gemäß § 41 Abs. 1 Wiener Garagengesetz sei der Bauwerber hinsichtlich der Ausgleichsabgabe abgabepflichtig. Gemäß § 3 Abs. 1 WAO in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Wiener Garagengesetz entstehe die Abgabenpflicht mit der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides.

In dem der gegenständlichen Ausgleichsabgabe zu Grunde liegenden Baubewilligungsbescheid vom 29. November 1995 sei festgestellt worden, dass das Bauvorhaben um vier Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe. In diesem Baubewilligungsbescheid vom 29. November 1995 scheine die P GmbH als Bauwerberin auf. Der in der Berufung angeführte Verkauf der Liegenschaft habe auf die mit der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides entstandene Abgabepflicht der P GmbH als Bauwerberin keinen Einfluss.

Der Bemessungsbescheid vom 26. Jänner 1996 sei direkt an die abgabepflichtige P GmbH ergangen und sei der P GmbH am 15. Februar 1996 zugestellt worden. Der Beschwerdeführer habe auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der P GmbH zu der mit Bescheid vom 26. Jänner 1996 erfolgten Vorschreibung der Ausgleichsabgabe einen Schriftsatz an die Abgabenbehörde erster Instanz gerichtet. Eine Berufung gegen den Bemessungsbescheid vom 26. Jänner 1996 sei nicht eingebracht worden. Bemerkenswert sei weiters, dass der bereits im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren für die P GmbH als Vertreter eingeschrittene Zivilingenieur Sch in weiterer Folge für die abgabepflichtige P GmbH ein Stundungsansuchen eingebracht habe.

Nach dem Firmenbuch sei der Beschwerdeführer seit dem 2. September 1994 Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Dies werde vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 4. April 1997 auch ausdrücklich bestätigt. Es stehe somit unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer seit dem 2. September 1994, jedenfalls während des gesamten Laufes der Berufungsfrist gegen den Bemessungsbescheid vom 26. Jänner 1996 und zum Zeitpunkt der Fälligkeit der verfahrensgegenständlichen Ausgleichsabgabe als Geschäftsführer der P GmbH zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehört habe. Aus diesem Grund stehe auch dem Beschwerdeführer gemäß § 193 Abs. 5 WAO kein Berufungsrecht gegen den Abgabenbescheid vom 26. Jänner 1996 offen. Dieser Bemessungsbescheid sei daher auch gegenüber dem Beschwerdeführer rechtskräftig geworden. Soweit sich daher das Vorbringen des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbemessungsbescheid vom 26. Jänner 1996 richte, sei auf dieses Vorbringen nicht näher einzugehen gewesen.

Der nach der Aktenlage mit Schreiben vom 8. März 1996 angezeigte - somit nachträglich erfolgte - Bauwerberwechsel könne an dem bereits gegenüber der P GmbH mit der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides vom 29. November 1995 entstandenen Abgabenanspruch und an der rechtskräftigen Vorschreibung der Ausgleichsabgabe mit Bemessungsbescheid vom 26. Jänner 1996 nichts ändern. Der vom Beschwerdeführer erwähnte Bauwerberwechsel sei von dem für die Bauwerberin als Vertreter eingeschrittenen Zivilingenieur unter Hinweis auf eine entsprechende Vollmacht unterfertigt worden.

Im Beschwerdefall bleibe daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung vorliegen würden.

Die gegenständliche Abgabenforderung bestehe tatsächlich.

Es stehe weiters unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer seit dem 2. September 1994 Geschäftsführer der P GmbH gewesen sei und daher zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis zähle.

Die erschwerte Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes sei unbestritten und stehe auf Grund der Einstellung der Geschäftstätigkeit der P GmbH fest.

Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Beschwerdeführer hätte als Geschäftsführer der P GmbH dafür Sorge tragen müssen, dass die mit Bemessungsbescheid vom 26. Jänner 1996 rechtskräftig vorgeschriebene Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz im Sinne der Bestimmung des § 44 Abs. 1 Wiener Garagengesetz binnen einem Monat nach Zustellung dieses Bemessungsbescheides entrichtet werde. Dass ihm dieses unmöglich gewesen wäre, habe der Beschwerdeführer weder behauptet, geschweige denn dargetan.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei es Aufgabe des Geschäftsführers nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm deren Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafter Weise nicht nachgekommen sei.

Der Beschwerdeführer habe weder behauptet oder gar den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflicht ohne sein Verschulden nicht möglich gewesen sei.

Habe der Vertreter der Abgabenpflichtigen aber schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit, zumal bei Abstandnahme von der Haftung der Abgabengläubiger seines Anspruches verlustig gehen würde, da die Einbringung der Abgabenforderung bei der Abgabepflichtigen nicht möglich gewesen sei, was auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten werde. Im Übrigen spreche nichts dafür, dass es unbillig sei, dass ein Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt habe, zur Haftung herangezogen werde, anderenfalls jene Abgabenpflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllten, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden.

Gemäß § 5 Abs. 2 WAO erstreckten sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche. Zu den Nebenansprüchen gehörten auch der Säumniszuschlag, die Mahngebühr und die Kosten des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens. Da die gegenständliche Ausgleichsabgabe unbestrittener Weise nicht fristgerecht bezahlt worden sei, sei gemäß § 164 und § 166 WAO ein Säumniszuschlag von 2 % des Abgabenbetrages, mindestens jedoch S 20,-- und höchstens S 200,-- zu entrichten. Im Sinne des § 5 Abs. 2 WAO seien somit auch der Säumniszuschlag, die Mahngebühr sowie die Kosten des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens vom Beschwerdeführer zu entrichten.

Die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Haftung des Beschwerdeführers lägen daher vor, weshalb seine Berufung als unbegründet abzuweisen gewesen sei.

1.13. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

1.14. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht verletzt, nicht zur Haftung für die Ausgleichsabgabe herangezogen zu werden.

2.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des VI. Abschnittes des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957 idF LGBl. Nr. 7/1975 (§ 44 Abs. 1 leg. cit. in der Stammfassung), lauteten in der zum Zeitpunkt der Entstehung des gegenständlichen Abgabenanspruches geltenden Rechtslage:

"VI. ABSCHNITT: AUSGLEICHSABGABE

Gegenstand der Ausgleichsabgabe, Abgabepflicht und Haftung

§ 41. (1) Wird auf Grund des § 40 ein Vorhaben bewilligt, ohne daß die Verpflichtung zur Schaffung von Einstellplätzen oder Garagen nach § 36 überhaupt oder voll erfüllt wird, so ist an die Stadt Wien eine Ausgleichsabgabe zu entrichten.

(2) Abgabepflichtig ist der Bauwerber. Ist er nicht der Grundeigentümer, so haftet dieser für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.

(3) Die Erträgnisse der Ausgleichsabgabe sind zur Errichtung oder Förderung der Errichtung von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen zu verwenden.

Höhe der Ausgleichsabgabe

§ 42. Die Ausgleichsabgabe ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl, um die nach den Feststellungen des Bewilligungsbescheides (§ 40 Abs. 1) die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Anzahl zurückbleibt. Der Einheitssatz wird nach den durchschnittlichen Kosten des Grunderwerbes und der Errichtung eines Stellplatzes durch Verordnung der Wiener Landesregierung festgesetzt; er beträgt je Stellplatz höchstens 80 000 S.

Bemessung der Ausgleichsabgabe

§ 43. Die Ausgleichsabgabe wird mit gesondertem Bescheid bemessen. Die Erhebung einer Berufung nach § 40 Abs. 1 hindert nicht die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe.

Fälligkeit und Erstattung der Ausgleichsabgabe

§ 44. (1) Die Ausgleichsabgabe ist binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten."

Gemäß § 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung zur Durchführung des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 9/1975 idF LGBl. Nr. 30/1994, betrug der Einheitssatz der Ausgleichsabgabe je Stellplatz 80 000 S.

Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.

Gemäß § 18 WAO müssen sich die Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Nach § 54 Abs. 1 WAO haben unter anderem die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben gemäß § 54 Abs. 2 leg. cit. die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

Nach § 171 WAO werden die in den Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Wenn es die Abgabenbehörde für zweckmäßig erachtet, kann sie die Haftung für Teile der Abgabenschuld auch in gesonderten Bescheiden geltend machen. Ein erfüllter Ausgleich oder Zwangsausgleich hindert nicht die Geltendmachung von Haftungen.

Wer zur Berufung gegen einen Haftungsbescheid (§ 171) befugt ist, kann gemäß § 193 Abs. 1 WAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Abgabenbescheid (§ 146) berufen, wenn ein solcher bereits ergangen ist oder die Abgabe erstmals durch den Haftungsbescheid festgesetzt wurde. Einem gemäß Abs. 1 zur Berufung Befugten ist gemäß § 193 Abs. 2 WAO ein vorangegangener Abgabenbescheid zur Kenntnis zu bringen.

Gemäß § 193 Abs. 5 WAO in der Fassung durch die Novelle LGBl. Nr. 40/1992 stehen die Rechte nach Abs. 1 bis 3 Personen, die einer Berufung gegen den Abgabenbescheid beigetreten sind oder während des ganzen Laufes der Berufungsfrist gegen den Abgabenbescheid oder während der ganzen Zeit von der Abgabenfestsetzung durch Selbstbemessung bis zum Ablauf der Verjährungsfrist dem in den §§ 54 bis 56 umschriebenen Personenkreis angehört haben, nicht zu.

2.3. Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde unter anderem aus, dass die H GmbH in die Rechtsstellung der P GmbH als Bauwerberin eingetreten sei, seitens der H GmbH eine Bankgarantie für die ausstehende Ausgleichsabgabe angeboten worden sei und die H GmbH auch zur Zahlung dieser Abgabe bereit gewesen sei. Auf dieses Angebot der H GmbH sei seitens der Behörde nicht eingegangen worden, sondern man habe, ohne diese Entscheidung den Verfahrensvorschriften entsprechend ausreichend zu begründen, den Beschwerdeführer allein zur Haftung für die gegenständliche Abgabe herangezogen. Durch diese Vorgangsweise habe die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

2.4. Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zutreffend:

Der Beschwerdeführer hat im Laufe des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens mehrfach substantiiert vorgebracht, dass die gegenständliche Liegenschaft im Herbst 1994 an die H GmbH verkauft worden und diese daher seit diesem Zeitpunkt Grundeigentümerin der von der gegenständlichen Baubewilligung betroffenen Liegenschaft gewesen sei.

Wenngleich sich aus diesen Umständen keine Änderung des Schuldners hinsichtlich der mit Bescheid vom 26. Jänner 1996 (rechtskräftig) vorgeschriebenen Ausgleichsabgabe ergibt, sind sie für die Geltendmachung der Haftung des Beschwerdeführer als Geschäftsführer der P GmbH beachtlich.

2.5. Gemäß § 41 Abs. 1 Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 43/1996, haftet der Grundeigentümer, wenn er nicht mit dem Bauwerber ident ist, mit diesem zur ungeteilten Hand.

Den Abgabenbehörden war bereits mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 4. März 1996 und in der Berufung des Beschwerdeführers der Eigentümerwechsel hinsichtlich des Grundstücks vor Erteilung der Baubewilligung mit Bescheid vom 29. November 1995 bekannt gegeben worden.

Es ist daher davon auszugehen, dass nach der Aktenlage in Bezug auf die gegenständliche Ausgleichsabgabe neben der Haftung des Beschwerdeführers nach der WAO auf Grund des § 41 Abs. 1 Wiener Garagengesetz prinzipiell auch die Haftungspflicht der H GmbH in Frage kam.

2.6. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zwar festgestellt, dass "nach der Aktenlage mit Schreiben vom 8. März 1996" der Bauwerberwechsel (der somit nachträglich erfolgt sei) angezeigt worden sei, dabei aber das ebenfalls im Akt befindliche - am 4. März 1996 eingegangene - Schreiben der P GmbH außer Acht gelassen, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass die H GmbH die Liegenschaft am 4. November 1994 erworben habe. Dies war für die Behörde ein Hinweis, dass allenfalls auch hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse ein Wechsel eingetreten sein konnte.

Dazu kommt, dass die Behörde von der Bereitschaft der H GmbH, eine Bankgarantie für die gegenständliche Abgabenschuld zu bestellen, informiert war. Trotz dieser Mitteilung ist die belangte Behörde dem Hinweis auf die Bereitschaft der H GmbH, die als weitere Haftende in Betracht kam, für die offene Abgabenschuld einzustehen, nicht nachgegangen.

2.7. Diesen Sachverhaltselementen wäre von der belangten Behörde im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung Bedeutung zuzumessen gewesen.

Die belangte Behörde ist auf dieses Vorbringen jedoch nicht weiter eingegangen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist zwar die Geltendmachung der Haftung und somit auch die Heranziehung eines von mehreren Haftungspflichtigen in das Ermessen der Behörde gestellt. Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde haben sich aber gemäß § 18 WAO innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgabe" beizumessen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 2004, Zl. 2003/17/0132).

Kommen mehrere Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen in Anspruch genommen wird, entsprechend zu begründen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 6. August 1996, Zl. 92/17/0186, und vom 13. November 1992, Zl. 91/17/0047). Hiebei ist die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde maßgeblich.

2.8. Auf Grund einer Gesamtbeurteilung der im Beschwerdefall gegebenen Hinweise, die zumindest gegen die alleinige Inanspruchnahme des Beschwerdeführers im Haftungswege sprechen, wäre die belangte Behörde im Rahmen ihrer Verpflichtung, das von ihr geübte Ermessen nachvollziehbar zu begründen, gehalten gewesen, weitere Ermittlungen zu führen und Feststellungen im Hinblick auf die Stellung der H GmbH als Grundeigentümerin der betroffenen Liegenschaft sowie im Hinblick auf die Bereitschaft der H GmbH, für die Verbindlichkeit der P GmbH einzutreten, zu treffen sowie auf der Grundlage dieser Feststellungen nachvollziehbar zu begründen, weshalb sie es als billig und zweckmäßig erachtete, die Abgabe beim Beschwerdeführer und nicht bei der H GmbH einzubringen.

Die Ausführungen der belangten Behörde zur Nichteinbringlichkeit der Abgabe bei der Primärschuldnerin sowie die nicht näher konkretisierte Aussage, die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers entspreche den Grundsätzen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit, genügen in Anbetracht des beschwerdegegenständlichen Sachverhaltes nicht. Es ist vielmehr durch diese Hinweise nicht dargetan, weshalb dem "öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgabe" nur durch die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung Rechnung getragen werden könnte.

2.9. Die belangte Behörde hat die von ihr getroffene Ermessensentscheidung somit nicht ausreichend begründet. Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2.10. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

2.11. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die vom Beschwerdeführer entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von S 2.500,-- war dabei gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 Euro-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, mit EUR 181,68 in Ansatz zu bringen.

Wien, am 21. Februar 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001170075.X00

Im RIS seit

15.04.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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