TE OGH 1946/10/26 1Ob263/46

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Veröffentlicht am 26.10.1946
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Norm

ZPO §168
ZPO §472

Kopf

SZ 21/8

Spruch

§ 472 ZPO. Der einverständliche Verzicht auf die Fällung einer Entscheidung des Berufungsgerichtes stellt zugleich einen Verzicht auf die Berufung dar.

Entscheidung vom 26. Oktober 1946, 1 Ob 263/46.

I. Instanz: Bezirksgericht Hietzing; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Beklagte hatte gegen das die Aufkündigung des von ihm gemieteten Siedlungshauses für rechtswirksam erkennende Urteil des Erstgerichtes die Berufung erhoben, ohne einen Antrag auf Anordnung einer mündlichen Berufungsverhandlung zu stellen. Auch die Klägerin hatte in ihrer Berufungsmitteilung einen solchen Antrag nicht gestellt. Die beiden Parteien brachten noch, bevor das Berufungsgericht entschieden hatte, einen Schriftsatz beim Berufungsgericht ein, in welchem sie erklärten, infolge außergerichtlicher Einigung einverständlich auf eine Berufungsentscheidung zu verzichten und allenfalls Ruhen des Verfahrens zu beantragen.

Das Berufungsgericht übermittelte darauf die Akten dem Erstgerichte mit dem Beschluß, daß es diesen einverständlichen Verzicht auf eine Berufungsentscheidung einer mit Zustimmung der Berufungsgegnerin erfolgten Rückziehung der Berufung gleich erachte und setzte die für 14. Oktober 1946 angeordnete mündliche Berufungsverhandlung ab.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Entscheidend ist, ob in dem einverständlichen Verzicht beider Parteien auf eine Berufungsentscheidung ein Verzicht auf die Berufung selbst erblickt werden kann und muß. Diese Frage ist zu bejahen; denn wenn der Berufungswerber im Einverständnis mit seinem Gegner die Berufungsentscheidung nicht mehr will, so will er damit mit dessen Einverständnis auch nicht mehr deren Voraussetzung, die Berufung selbst. Damit fällt aber auch das von den Parteien hilfsweise gestellte Begehren, Ruhen des Verfahrens eintreten zu lassen.

Hiezu ist zu bemerken, daß der Oberste Gerichtshof keinen Anlaß hat, von seiner in seiner Entscheidung vom 1. Juni 1926, ZBl. 1926, Nr. 306, ausgesprochenen Rechtsansicht abzugehen, daß sich die Vereinbarung eines Ruhens des Verfahrens nach § 168 ZPO. auf das Rechtsmittelverfahren deswegen nicht übertragen läßt, weil sonst das Ziel des Gesetzes, Verschleppungen des Verfahrens hintanzuhalten, durch eine solche Vereinbarung vereitelt werden könnte; denn durch eine solche Vereinbarung könnten die Parteien das Urteil der Rechtsmittelinstanz auf beliebige Zeit hinausschieben.

Anmerkung

Z21008

Schlagworte

Berufung, Rückziehung, Verzicht, Rückziehung der Berufung, Ruhen des Verfahrens, nicht im Rechtsmittelverfahren, Verzicht auf Berufungsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1946:0010OB00263.46.1026.000

Dokumentnummer

JJT_19461026_OGH0002_0010OB00263_4600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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