TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/22 2002/06/0200

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Veröffentlicht am 22.02.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
AVG §62;
AVG §63 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §73 Abs1;
B-VG Art132;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, in der Beschwerdesache

1.

der RE in F, 2. des Dr. WE in G, 3. des Mag. RE in W, und

4.

des HE in F, als Rechtsnachfolger des am 23. März 2004 verstorbenen Dipl. Ing. JE, alle vertreten durch Dr. Norbert Stelzer, Rechtsanwalt in 8280 Fürstenfeld, Hauptstraße 15, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Fürstenfeld wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer baurechtlichen Angelegenheit (Beteiligte gemäß § 8 AVG: 1. HB in R, und 2. AB in R; 3. BB in N;

                 4.       HM in B und 5. WM in B), zu Recht erkannt:

Spruch

Unter Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG i.V.m. § 62 AVG wird der Antrag des verstorbenen Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer vom 26. Februar 2001, dass "der Aussetzungsbescheid vom 5. 1. 2000", Zl. 131-9/948/92/1-89/1-2000, "von amtswegen aufzuheben sein" wird, "damit die Stadtgemeinde Fürstenfeld in der Sache selbst

entscheiden ... kann", zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Stadtgemeinde Fürstenfeld hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 675,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid vom 16. Juni 1988, Zl. 6/445/39/2- 1988/Dr. R./SM, wurde den Rechtsvorgängern der Beteiligten eine Aufstockung und ein Dachgeschoßausbau in dem Gebäude K-Gasse 7 auf den beiden näher angeführten, in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken in der Stadtgemeinde F. bewilligt. Die Einwendung des Rechtsvorgängers der nunmehrigen Beschwerdeführer, der Miteigentümer des an eines der Baugrundstücke westlich unmittelbar angrenzenden Grundstückes war, wonach die Grundmauer im Bereich der Reiche nach allen vorliegenden Plänen und dem Katasterauszug zum Teil auf dem in seinem Miteigentum stehenden Grundstückes liege, wurde auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Gegen diesen Bescheid wurde keine Berufung erhoben.

Mit Bauansuchen vom 5. Dezember 1988 (eingelangt im Stadtamt F. am 9. Dezember 1988) beantragten die Rechtsvorgänger der Beteiligten, O.B. und L.B., die Erteilung der Baubewilligung zur Änderung der mit Bescheid vom 16. Juni 1988 bewilligten Baumaßnahmen und zur Aufstockung des bestehenden Gebäudes auf den verfahrensgegenständlichen Baugrundstücken. Dieses Bauverfahren wurde zur Zl. 6/948/92/1-1989 geführt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F. vom 5. April 1989, Zl. 6/948/91/1-1989/Bgm.K./Str., wurde den Rechtsvorgängern der Beteiligten die plan- und beschreibungsgemäße Aufstockung des Gebäudes K-Gasse 7 unter Auflagen baurechtlich bewilligt. Die (neuerliche) Einwendung des verstorbenen Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer wurde auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Die dagegen vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer erhobene und von ihm unterschriebene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde F. vom 7. Juli 1989, Zl. 6/948/92/2-1989/Dr. R./SM, abgewiesen.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. September 1989, Zl. 03-12 Ba 102-89/1, der Berufungsbescheid vom 7. Juli 1989 wegen Verletzung von Rechten des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindebehörde verwiesen.

Die dagegen von der Stadtgemeinde F. erhobene Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0184, als unbegründet abgewiesen.

Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde der Stadtgemeinde F am 15. April 1991 mit dem Hinweis übermittelt, dass der Gemeinderat nunmehr neuerlich über die Berufung des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer und in Bindung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde im zweiten Rechtsgang zu entscheiden habe.

Im Akt findet sich in der Folge eine am 21. Juni 1991 aufgenommene Niederschrift mit dem Stadtamtsdirektor, dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer, sowie einer weiteren Person im Stadtamt F., in der Folgendes festgehalten ist:

"Es erscheint Herr Dipl. Ing. J... E... (der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer) und erklärt, nach Rücksprache mit Herrn AR O... B... und Frau L... B... (die Rechtsvorgänger der Beteiligten gemäß § 8 AVG), seine Berufung gegen den Bescheid vom 5.4.1989, GZ: 6/948/92/1-1989/Bgm. K/Str. zurückzuziehen."

(Klammerausdruck jeweils nicht im Original)

Es folgt eine nicht leserliche Unterschrift.

Diese Niederschrift war nach den Angaben der belangten Behörde in ihrer im Bauakt einliegenden Stellungnahme vom 10. April 2003 irrtümlich nicht in den Akt Zl. 6/948/92/2-1989, sondern in den Bauakt Zl. 6/445/39/2-1988 (in dem die eingangs erwähnte Baubewilligung vom 16. Juni 1988 ergangen ist) eingelegt worden, was offensichtlich erst aus Anlass der vorliegenden Säumnisbeschwerde bei Erarbeitung der Gegenschrift bemerkt wurde.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F. vom 8. Oktober 1991, Zl. 6/948/92/1-1989/1-1991/Dr.R./HD, wurde den Rechtsvorgängern der Beteiligten des Verfahrens in Spruchpunkt I. die nachträgliche Baubewilligung für die entgegen der mit Bescheid vom 5. April 1989, Zl.6/948/92/1-1989/Bgm.K./Str., bewilligten Aufstockung durchgeführten geringfügigen Änderungen erteilt. In Spruchpunkt II.a und b wurde die Benützungsbewilligung für die aus der mit Bescheid vom 5. April 1989 genehmigten Bauführung in Form der planmäßig ausgewiesenen Aufstockung unter Setzung besonderer Auflagen ab 8. Oktober 1991 bzw. für die von der nachträglichen Baubewilligung erfassten geringfügigen Änderungen entgegen der plan- und beschreibungsgemäßen, mit Bescheid vom 5. April 1989 bewilligten Bauführung durchgeführten Baumaßnahmen unter Setzung näher angeführter Auflagen ab 8. Oktober 1991 erteilt.

Mit Schreiben des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer vom 11. Oktober 1999 wurde von diesem ein neuer Vertreter bekannt gegeben und, da seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1990 noch keine Entscheidung des Gemeinderates der Stadtgemeinde F als Berufungsbehörde ergangen sei, die Erledigung dieser Bauangelegenheit urgiert.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde F. vom 5. Jänner 2000, Zl. 131-9/948/92/1-89/1-2000/Dr. R./Str, wurde "das Verfahren betreffend die Erteilung einer Baubewilligung für die Aufstockung des Objektes K...gasse 7 bis zur Klärung der strittigen Grenzfrage" zwischen den näher angeführten Parzellen ausgesetzt.

Da von den Rechtsvorgängern der Beteiligten auch in der Folge kein Verfahren zur Klärung der Grenzfrage eingeleitet wurde, richtete der Rechtsvorgänger der nunmehrigen Beschwerdeführer ein Schreiben vom 26. Februar 2001 an die Stadtgemeinde F., in dem ausgeführt wurde, es werde - da die Voraussetzungen für eine Aussetzung gemäß § 38 AVG nicht vorgelegen seien - der "Aussetzungsbescheid vom 5.1.2000 von Amts wegen aufzuheben sein, damit die Stadtgemeinde F. in der Sache entscheiden und den Beseitigungsauftrag vollziehen kann." Der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer ersuchte diesbezüglich um umgehende Erledigung. Dieses Schreiben wurde von der belangten Behörde nach entsprechender Kontaktnahme mit dem Beschwerdevertreter im Beschwerdeverfahren vorgelegt. Der Vertreter des Rechtsvorgängers der nunmehrigen Beschwerdeführer hatte mit der Beschwerde ein Schreiben vom selben Tag mit ganz anderem Inhalt vorgelegt, das Baumaßnahmen auf dem Grundstück des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer selbst betraf, das in der Beschwerde nach dem angegebenen Inhalt dieses Schreibens nicht gemeint sein konnte.

Ein Schreiben des Vertreters des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer vom 3. September 2002 bezog sich auf das erstgenannte Schreiben vom 26. Februar 2001, mit dem die Baubehörde zweiter Instanz von ihm aufgefordert worden sei, das vorliegende Bauverfahren (betreffend die beantragte Aufstockung durch die Rechtsvorgänger der Beteiligten) fortzusetzen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die bescheidmäßig ausgesprochene Aussetzung des Bauverfahrens nicht vorgelegen seien. Da seit dieser Aufforderung wiederum eineinhalb Jahre vergangen seien, werde der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wenn das Verfahren nicht bis längstens 17. September 2002 fortgesetzt werde oder über den Fortsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 26. Februar 2001 mittels Bescheides entschieden werden sollte.

In der am 13. Dezember 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde wird unter Punkt 1.a) Folgendes beantragt:

"1.) Der Verwaltungsgerichtshof möge

a) über den Antrag des Beschwerdeführers vom 26.2.2001 das ausgesetzte Verfahren GZ. 6/948/92/1-1989=131-9/948/92/1-2000 fortzusetzen, erkennen, dieses Verfahren fortsetzen, und über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F. vom 5. April 1989 in der Sache erkennen."

Mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F. vom 10. April 2003 wurde dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer seine irrtümlich in einem anderen Akt abgelegte Zurückziehung der Berufung gegen den Bescheid vom 5. April 1989 zur Kenntnis gebracht.

Mit Schreiben des Vertreters des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer vom 17. Juli 2003 nahm dieser dazu derart Stellung, dass er seine Berufung gegen den Bescheid vom 5. April 1989 niemals zurückgezogen hätte und auch nicht daran denke, diese zurückzuziehen. Offenbar sei bei der Verfassung der Niederschrift vom 21. Juni 1991 der Behörde ein Irrtum unterlaufen, da sie diese Niederschrift offenkundig einem falschen Akt zugeordnet habe. Hätte der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer tatsächlich am 21. Juni 1991 die Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid vom 5. April 1989 zurückgezogen, so hätte er in der Folge keine Veranlassung gehabt, die Erledigung dieser Bausache zu betreiben. Da eine Zurückziehung der Berufung vom 11. Mai 1989 nicht erfolgt sei, werde die Stadtgemeinde F. in der gegenständlichen Bauangelegenheit die Berufungsentscheidung zu fällen haben.

Mit dem von der belangten Behörde am 23. Oktober 2003 vorgelegten Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F. vom 21. Oktober 2003, Zl. 131-9/94/1-1999/14-2003/Dr.R./StR, wurde den Beteiligten auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken der Abbruch einer bestehenden Dachhaut, die Aufmauerung einer Attika und die Neuerrichtung einer Dachhaut entsprechend den näher angeführten Einreichunterlagen vom 12. August 1999 unter Setzung von Auflagen baurechtlich bewilligt.

In der Begründung dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass die Baubewilligung zu GZ. 6/948/92/1-1989 betreffend eine Aufstockung in der Reiche auf der streitgegenständlichen Mauer durch Zurückziehung der Berufung durch den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer rechtskräftig geworden sei.

In der im vorliegenden Säumnisbeschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahme der belangten Behörde vom 29. Oktober 2003 wurde im Hinblick auf diese Zurückziehung der Berufung durch den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer im Bauverfahren GZ. 6/948/92/1-1989 die Ansicht vertreten, dass sich der Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Februar 2001 auf Fortsetzung des Verfahrens unter GZ. 6/948/92/1-1989-131-9/948/92/1-89/1-2000 nur auf das Bauverfahren zu GZ. 131-9/169/94/1-1999/Dr.R./Ko beziehen könne. Dieses Verfahren sei in der ersten Instanz mit dem übermittelten Bescheid vom 21. Oktober 2003 abgeschlossen worden. In diesem Verfahren habe der Vertreter des Beschwerdeführers zu dem ihm zur Akteneinsicht übermittelten Gutachten eine Stellungnahme vom 17. Juli 2003 abgegeben und diese Stellungnahme sei wiederum mit der Berufung gegen den Bescheid vom 5. April 1989, GZ. 6/948/92/1-1989/Bgm. K/Str., verbunden worden.

Zu dieser Stellungnahme der belangten Behörde nahm der Rechtsvertreter des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2003 in der Weise Stellung, dass sich der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer nicht erinnere, jemals die Berufung gegen den Bescheid vom 5. April 1989 zurückgezogen zu haben, zumal er diesfalls überhaupt keine Veranlassung gehabt hätte, die weitere Erledigung dieser Bausache zu betreiben. Der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer, der 1919 geboren sei, entsinne sich nicht, am 21. Juni 1991 eine Niederschrift bei der Stadtgemeinde F unterfertigt zu haben. Er glaube auch nicht, dass die in der Niederschrift aufscheinende Unterschrift von ihm stamme, da er nicht "absteigend", sondern "aufsteigend" unterschreibe. Der Antrag des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer vom 26. Februar 2001 auf Fortsetzung des Verfahrens habe sich auf das Bauverfahren Zl. 131-9/948/92/1-89/1- 2000 und nicht auf das Bauverfahren Zl. 131-9/169/94/1-1999 bezogen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten Zl. 6/948/92/1- 1989 und Zl. 6/445/39/2-1988 vorgelegt und die bereits angeführte Stellungnahme erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Rechtsvorgänger der nunmehrigen Beschwerdeführer ist am 23. März 2004 verstorben. Die Einantwortung seines Nachlasses (u.a. des verfahrensgegenständlichen Nachbargrundstückes) erfolgte mit Beschluss des Bezirksgerichtes F. vom 3. Jänner 2005, 2A 89/04 z. Die nunmehrigen Beschwerdeführer als Erben erklärten auf ausdrückliche Anfrage, das vorliegende Säumnisbeschwerdeverfahren fortzusetzen.

2. Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 i.d.F. BGBl. Nr. 470/1995, kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 131 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

In der am 13. Dezember 2002 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde wird unter Punkt 1.a) Folgendes beantragt:

"1.) Der Verwaltungsgerichtshof möge

a) über den Antrag des Beschwerdeführers vom 26.2.2001 das ausgesetzte Verfahren GZ. 6/948/92/1-1989=131-9/948/92/1-2000 fortzusetzen, erkennen, dieses Verfahren fortsetzen, und über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F. vom 5. April 1989 in der Sache erkennen."

In der vorliegenden Säumnisbeschwerde wird somit zunächst beantragt, "über den Antrag des Beschwerdeführers vom 26.2.2001 das ausgesetzte Verfahren GZ. 6/948/92/1-1989=131-9/948/92/1-89/1- 2000 fortzusetzen", zu erkennen.

Dieser Antrag bezieht sich nach seinem Wortlaut und auch nach der Stellungnahme noch des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer dazu auf das Bauverfahren Zl. 9/948/92/1-1989 und nicht - wie die belangte Behörde es vertreten hat - auf das spätere Bauverfahren betreffend ein weiteres Bauvorhaben der Beteiligten mit der Zl. 131-9/169/94/1-1999/Dr. R./Ko, in dem der angeführte erstinstanzliche Bescheid vom 21. Oktober 2003 ergangen ist.

Das eingangs angeführte, von der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 14. Januar 2005 vorgelegte Schreiben des Vertreters des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer (das im Betreff eine von der Baubehörde nicht zuordenbare Geschäftszahl, nämlich "GZ 131-9/1-99/Dr.R./ko", enthält), das bei der Stadtgemeinde F. am 27. Februar 2001einlangte, lautete nach dem Hinweis darauf, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aussetzungsbescheides nicht vorgelegen seien, wie folgt:

"Da die Voraussetzungen nicht vorliegen, wird der Aussetzungsbescheid vom 5.1.2000 von Amts wegen aufzuheben sein, damit die Stadtgemeinde F... in der Sache entscheiden und den Beseitigungsauftrag vollziehen kann.

Ich ersuche um umgehende Erledigung ... ."

Dieser Antrag kann insbesondere im Lichte des nachfolgenden Schreibens des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer vom 3. September 2002 im Sinne der Säumnisbeschwerde als Antrag auf Fortsetzung des ausgesetzten, bezogenen Bauverfahrens Zl. 9/948/92- 1989 gedeutet werden. Aus dem späteren Schreiben des Vertreters des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer vom 3. September 2002 ergab sich auch, dass sich dieser Antrag an die Baubehörde 2. Instanz, also den Gemeinderat der Stadtgemeinde F., richtete.

Für die Erledigung dieses Antrages ist von Bedeutung, ob die vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer erhobene Berufung vom 11. Mai 1989 zurückgezogen wurde oder nicht. Nur in letzterem Falle liegt für die Beschwerdeführer überhaupt ein diesbezügliches, anhängiges Bauverfahren vor.

In diesem Zusammenhang muss im Lichte der vorliegenden Niederschrift vom 21. Juni 1991 und auf Grund der Aussagen des Rechtsvertreters dazu die Frage entschieden werden, ob die belangte Behörde zu Recht von einer Zurückziehung der Berufung in diesem Bauverfahren durch den verstorbenen Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer ausgeht. Maßgeblich ist für den Verwaltungsgerichtshof dabei zunächst, ob die auf der Niederschrift vom 21. Juni 1991 aufscheinende Unterschrift eine solche ist, die dem verstorbenen Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer zuzuordnen ist. Der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer selbst hat in seiner Stellungnahme im Beschwerdeverfahren und auch in einer Stellungnahme gegenüber der Baubehörde in Frage gestellt, dass diese Niederschrift seine Unterschrift trägt, da er nicht "absteigend", sondern "aufsteigend" unterschriebe.

Im vorgelegten Verwaltungsakt befindet sich die verfahrensgegenständliche Berufung des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer vom 11. Mai 1989, die von ihm unterschrieben wurde. Die auf dieser Berufung befindliche Unterschrift des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer deckt sich mit jener Unterschrift, die sich auf der Niederschrift vom 21. Juni 1991 befindet. Es ist daher davon auszugehen, dass die in Frage stehende Niederschrift vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer unterschrieben wurde. Diese Niederschrift bezieht sich auch ausdrücklich auf den Baubewilligungsbescheid vom 5. April 1989, GZ.: 6/948/92/1-1989/Bgm. K/Str. Der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer (geboren im Jahr 1919) hat sich offensichtlich sowohl im Zeitpunkt der angeführten Stellungnahme vom 17. Juli 2003 gegenüber der Baubehörde als auch im Zeitpunkt der im Beschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahme vom 2. Dezember 2003 an die Abgabe dieses Verzichts nicht mehr erinnert. Die in den dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zu Grunde liegenden Baubewilligungsverfahren GZ. 6/948/92/1-1989 ursprünglich vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wurde somit am 21. Juni 1991 zurückgezogen. Diese Niederschrift wurde aber - wie die belangte Behörde darlegte - bis April 2003 irrtümlich zu einem anderen Akt abgelegt, woraus sich auch erklärt, dass es trotz dieser Zurückziehung der Berufung zu dem Aussetzungsbescheid vom 5. Jänner 2000 gekommen ist.

Liegt in dem in der Beschwerde bezogenen Bauverfahren aber keine nunmehr den Beschwerdeführern zuzurechnende Berufung vor, so erweist sich der angeführte Antrag auf Fortsetzung des Bauverfahrens Zl. 6/948/92/1-1989 schon deshalb als nicht berechtigt, weil das bezogene Bauverfahren den Beschwerdeführern gegenüber jedenfalls nicht mehr anhängig ist, sondern jedenfalls ihnen gegenüber rechtskräftig abgeschlossen ist.

Der angeführte Antrag vom 26. Februar 2001 war daher mangels Berechtigung der Beschwerdeführer zurückzuweisen.

2. In der vorliegenden Säumnisbeschwerde wird weiters beantragt, "über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F. vom 5. April 1989 in der Sache" zu "erkennen".

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 73 Abs. 1 erster Satz AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wenn - wie dargelegt - in dem in der Beschwerde bezogenen Bauverfahren keine Berufung der Beschwerdeführer anhängig ist, liegt in dieser Hinsicht eine maßgebliche Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde nicht vor, nämlich dass die belangte Behörde in dem bezogenen Baubewilligungsverfahren nach wie vor in Bezug auf die in der Beschwerde angeführte Berufung gemäß § 73 Abs. 1 AVG entscheidungspflichtig wäre und die Beschwerdeführer zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 132 B-VG berechtigt wären (vgl. den hg. Beschluss vom 2. Juli 1974, VwSlg. Nr. 8649/A).

In Bezug auf diesen die angeführte Berufung des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführer betreffenden Antrag war die vorliegende Säumnisbeschwerde selbst mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

3. Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. Februar 2005

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme BerufungsverfahrenVerletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002060200.X00

Im RIS seit

30.03.2005

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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