Norm
ABGB §709Kopf
SZ 21/85
Spruch
Wird ein im Zuge des Abhandlungsverfahrens gestellter Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß er jeder rechtlichen Grundlage entbehre, ist dieser Beschluß wegen mangelnder Begründung aufzuheben.
Entscheidung vom 7. April 1948, 2 Ob 109/48.
I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Die am 25. November 1946 verstorbene Erblasserin Anna E. hat in ihrer letztwilligen Anordnung vom 11. Februar 1946 ihr Haus, Graz, H.-Straße Nr. 34 zu gleichen Teilen den Eheleuten Gottfried und Maria L mit der Bestimmung vermacht, den Erben einen Betrag von 16.000 S auszuzahlen.
Da der in der erwähnten letztwilligen Verfügung als Erbe eingesetzte erblasserische Sohn Erwin E. vorverstorben ist, haben die eingesetzten Ersatzerben, u. zw. der erbl. Bruder Erwin W. und Brunhilde W. und Irmgard Sch. als erbl. Nichten, die alle drei Devisenausländer sind, in der Verlaßabhandlung am 28. November 1947 bedingte Erbserklärung abgegeben.
Die Vermächtnisnehmer Gottfried und Maria L. haben den erwähnten Betrag von 16.000 S zugunsten der drei genannten Erben am 29. November 1947 bei der Gerichtskasse in Graz erlegt.
In ihren Antrage vom 19. Dezember 1947 haben die beiden Erbinnen B. W. und Irmgard Sch. beim Erstgerichte den Antrag gestellt, den beiden Vermächtnisnehmern Gottfried und Maria L. aufzutragen, einen Betrag von 10.666 S 67 g sofort bei Gericht zu erlegen und, solange dieser Erlag nicht bewirkt sei, den genannten Vermächtnisnehmern die von ihnen begehrte Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 178 AußstrG. zum Zwecke der Einverleibung des Eigentumsrechtes auf der obigen Vermächtnisnehmern zugedachten Liegenschaft zu verweigern.
Sie begrunden ihren Antrag damit, daß die Zuwendung von 16.000 S bereits am Todestage der Erblasserin zur Zahlung fällig geworden sei. Die Vermächtnisnehmer hätten den Erlag jedoch so spät durchgeführt, daß die Erben gegen die Auswirkungen des Währungsschutzgesetzes rechtzeitig keine Vorkehrungen treffen konnten, so daß er erlegte Geldbetrag nur mehr 5.333 S 33 g wert sei.
Das Erstgericht hat mit dem angefochtenen Beschlusse den Antrag der Rekurswerberinnen mit der Begründung abgewiesen, daß derselbe jeder rechtlichen Grundlage entbehre.
Das Rekursgericht hat dem Rekurs Folge gegeben und die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben.
Rechtliche Beurteilung
Begründung:
Der Rekurs ist begrundet. Zunächst deshalb, weil der angefochtene Beschluß keine überprüfbaren Gründe enthält. Seine Ausführung, dem Antrage mangle jede rechtliche Grundlage, ist zu wenig.
Nach dem in erster Instanz vorgelegenen Sachverhalte war vielmehr über den Antrag der Erben ONr. 19 die rechtliche Verhandlung einzuleiten. § 2, Abs. 2, Z. 7 AußstrG. sieht ja diese ausdrücklich vor. Nun ist der Standpunkt der Erben, wie sie ihn im Anträge ON 19 bezogen hatten, keineswegs eindeutig, insbesondere nicht rechtlich. Denn schon die grundlegende Frage, welche Bedeutung die letztwillige Verfügung vom 11. Februar 1946 hat, soweit damit bestimmt ist, daß die Legatare Gottfried und Maria L. das Haus Graz, H.-Straße 34 mit der Bestimmung erhalten sollen, daß dieselben den Erben einen Betrag von 16.000 S auszuzahlen haben, läßt verschiedene Beantwortungen zu. Es kann darin eine Auflage mit der Wirkung einer auflösenden Bedingung gemäß § 709 ABGB. erblickt werden, es kann aber auch der Standpunkt vertreten werden, es liege keine Auflage vor, weil ja bestimmbare Personen bedacht sind (siehe Ehrenzweig § 502 des Systems II. Band, II. Hälfte); damit im Zusammenhang ist wieder von Bedeutung, ob das Verlaßgericht die Erfüllung dieser Leistung der Legatare zu überwachen hat (§ 161a AußstrG.), und wenn ja, ob ein Erlag etwa gemäß § 1425 ABGB. möglich war, weil die Erben Devisenausländer sind, oder nicht. Den letzteren Falles könnten ja die Erben sogar die Liegenschaft als Erbschaftsmasse beanspruchen. Die rechtliche Verhandlung über die Natur der letztwilligen Verfügung, über die Frage der Fälligkeit und der Zulässigkeit des Erlages bei Gericht ist daher unvermeidlich.
Daher kann auch bei dieser Sachlage dem Rekurse der Erfolg nicht versagt werden.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diesen Beschluß.
Begründung:
Das Erstgericht hat den Antrag der Miterben Brunhilde W. und Irmgard Sch., den Legataren Gottfried und Maria L den Erlag eines weiteren Betrages aufzutragen und ihnen die Ausstellung der Amtsbestätigung nach § 178 AußstrG. zu verweigern, abgewiesen.
Nach der Vorschrift des § 2, Abs. 2, Z. 8 AußstrG. muß ein solcher Beschluß begrundet werden. Dieser Vorschrift entspricht, wie das Rekursgericht zutreffendaangenommen hat, die Entscheidung des Erstrichters nicht. Möge der Sachverhalt auch noch so einfach sein und seine rechtliche Beurteilung kaum einem Zweifel unterliegen, enthebt dieser Umstand doch das Gericht nicht von der Verpflichtung, die Abweisung eines Antrages mit Gründen zu versehen, die die Meinung des Erstrichters nicht nur vermuten lassen, sondern tatsächlich zum Ausdruck bringen und somit auch eine allfällige Überprüfung der Entscheidung ermöglichen. Die Erklärung des Erstrichters, daß der Antrag nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller jeder rechtlichen Grundlage entbehrt, wird der gesetzlichen Vorschrift nicht gerecht, weshalb das Rekursgericht mit Recht die Entscheidung aufgehoben und dem Erstgericht entsprechende Weisungen erteilt hat.
Die Ausstellung der Amtsbestätigung nach § 178 AußstrG. berührt in gleicher Weise jeden der mehreren Miterben, so daß jeder Miterbe ohne Rücksicht auf den Standpunkt der anderen Miterben diesbezüglich zu Anträgen und Erklärungen beim Abhandlungsgericht berechtigt ist.
Anmerkung
Z21085Schlagworte
Begründung von Beschlüssen, Beschluß, mangelnde BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1948:0020OB00109.48.0407.000Dokumentnummer
JJT_19480407_OGH0002_0020OB00109_4800000_000