TE OGH 1948/6/9 1Ob172/48

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.06.1948
beobachten
merken

Norm

KO §11
KO §110
KO §120

Kopf

SZ 21/101

Spruch

Absonderungs- und Aussonderungsrechte sind im Bestreitungsfalle nicht auf den Rechtsweg zu verweisen. Das Konkursverfahren ist ohne Bedachtnahme auf sie fortzusetzen.

Nicht rechtskräftig festgestellte Absonderungs- und Aussonderungsrechte stehen einem Verkauf nach § 120, Abs. 2 KO. nicht entgegen.

Entscheidung vom 9. Juni 1948, 1 Ob 172/48.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Oberste Gerichtshof stellte die erstinstanzliche Entscheidung wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Franz L. hat im Konkurs der Firma W. Gesellschaft P. & Co. eine Forderung von 283.831.13 S in der 3. Klasse der Konkursmasse angemeldet, wobei er für diese Forderungen ein an sämtlichen Maschinen und allen Patenten eingeräumtes Pfandrecht als Absonderungsrecht geltend machte, durch das er sich mit einem Betrag von 1000 S gedeckt fühle.

Überdies beantragte er unter einem die Absonderung der in der Konkursmasse befindlichen Formen.

Da bei der Prüfungstagsatzung am 25. Februar 1947 diese Forderung vom Masseverwalter bestritten wurde, bestimmte der Konkurskommissär mit Beschluß vom gleichen Tage dem Konkursgläubiger Franz L. zur Geltendmachung des bestrittenen Anspruches eine Frist von einem Monat zur Einbringung der Klage. Über die geltend gemachten Aussonderungs- und Absonderungsrechte wurde von dem Konkurskommissär am 18. Dezember 1947 verhandelt. Der Konkurskommissär lehnte es ab, dem Masseverwalter "eine Weisung zu erteilen, ob er die Aussonderungs- und Absonderungsrechte anerkennen soll; die angeblichen Rechte des Ing. F. L. müßten auf dem ordentlichen Rechtsweg festgestellt werden, wenn sie im Konkursverfahren irgendwie berücksichtigt werden sollen". Der Masseverwalter gab sohin die Erklärung ab, daß er sowohl die Forderung als auch die Pfand- und Aussonderungsrechte nicht anerkenne. Das Protokoll bemerkt sodann: "da aus dem hg. Protokoll (offenbar das Protokoll vom 25. Februar 1947) nicht hervorgehe, daß bezüglich der Forderung L. die Verweisung auf den Rechtsweg im Sinne des § 110 KO. erfolgt sei und der Masseverwalter gegen die Erteilung einer neuen Frist an Ing. L. keine Einwendung erhob, so wird ihm eine Klagefrist von einem Monat im Sinne des § 110, Abs. 4 KO. erteilt".

Da Ing. L. innerhalb Monatsfrist keine Klage erhoben hat, beantragte der Masseverwalter, ihm die Genehmigung zu erteilen, die in der dem Antrag angeschlossenen Information angeführten Werkzeuge, Maschinen und Geräte an die Firma H. F. & Co. um den Betrag von 15.000 S, bzw. ohne Räumlichkeiten um 8000 S, in jedem Falle jedoch zuzüglich der Schätzungskosten von 330 S, zu verkaufen.

Der Konkurskommissär hat diesen Antrag mit Beschluß vom 11. Februar 1948 bewilligt. Gegen diesen Beschluß hat Ing. F. L. Rekurs erhoben und neu vorgebracht, daß er am 8. März 1948 gegen die Konkursmasse Klage auf Herausgabe der in der Konkursmasse vorhandenen, zur Erzeugung von Steckdosenschaltern, Kombinationen, Taschenlampen und Elektromaterial dienlichen Formen, Stanzen und Schnitte eingebracht habe.

Das Rekursgericht hat dem Rekurs Folge gegeben und den Antrag des Masseverwalters abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, daß, solange über die Aussonderungsansprüche nicht entschieden ist, ein Verkauf der Sachen, deren Aussonderung begehrt wird, nicht zulässig sei. Auch sei, solange das Nichtbestehen des geltend gemachten Pfandrechtes nicht feststehe, der Verkauf auch aus dieser Erwägung nicht zulässig.

Der gegen diesen Beschluß vom Masseverwalter erhobene Rekurs, der Wiederherstellung des erstrichterlichen Beschlusses begehrt, ist begrundet.

Absonderungs- und Aussonderungsrechte werden durch die Konkurseröffnung nicht berührt (§ 11 KO.), sie sind daher, wenn sie bestritten werden, nicht im Konkursverfahren, sondern im Prozeßwege geltend zu machen. Ihre Geltendmachung ist nicht befristet; es kann infolgedessen auch zur Geltendmachung von Absonderungs- und Aussonderungsrechten keine Frist bestimmt werden, wie dies bezüglich bestrittener Forderungen im § 110 KO. vorgesehen ist. Eine etwa erfolgte Fristbestimmung ist absolut unwirksam. Die Tatsache, daß Ing. L. innerhalb der ihm gesetzten Frist die Klage nicht eingebracht hat, kann daher seine Rechtsstellung nicht verschlechtern.

Da aber anderseits durch die Unterlassung der Geltendmachung von Absonderungs- und Aussonderungsansprüchen das Konkursverfahren nicht aufgehalten werden darf, muß gerade aus dem Umstand, daß vom Gesetz ein Zwang auf die Geltendmachung dieser Ansprüche nicht ausgeübt wird, gefolgert werden, daß im Bestreitungsfall auf diese Rechte im Konkursverfahren kein Bedacht zu nehmen ist, solange sie nicht rechtskräftig festgestellt sind.

Die behaupteten, aber nicht bewiesenen Absonderungs- und Aussonderungsrecht des Ing. L. stehen daher der Bewilligung des Verkaufes der von L. in Anspruch genommenen Sachen nicht entgegen.

Es war deshalb dem Rekurs Folge zu geben und der erstrichterliche Beschluß wiederherzustellen.

Anmerkung

Z21101

Schlagworte

Absonderungsrechte im Konkursverfahren, keine Verweisung auf den, Rechtsweg, Aussonderungsrechte im Konkursverfahren, keine Verweisung auf den, Rechtsweg, Konkurs, Verwertung bei Vorliegen bestrittener Absonderungs- und, Aussonderungsrechte zulässig, Pfandrecht als Absonderungsrecht im Konkurs, Rechtsweg im Konkurse, bei Absonderungs- und Aussonderungsrechten keine, Verweisung auf den R., Verweisung auf den Rechtsweg bei Absonderungs- und Aussonderungsrechten, unzulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1948:0010OB00172.48.0609.000

Dokumentnummer

JJT_19480609_OGH0002_0010OB00172_4800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten