TE OGH 1948/10/5 2Ob300/48

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Veröffentlicht am 05.10.1948
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Norm

ZPO §84
ZPO §477 Z8
ZPO §520

Kopf

SZ 21/141

Spruch

Wenn eine Partei durch einen Machthaber einen Rekurs zu Protokoll gegeben hat, der nur einen Rekursantrag enthält, im übrigen aber auf die dem Protokoll angeschlossenen schriftlichen Rekursausführungen verweist, so hat das Rekursgericht den Rekurs meritorisch zu erledigen.

Entscheidung vom 5. Oktober 1948, 2 Ob 300/48.

I. Instanz: Bezirksgericht Bad Aussee; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Der Oberste Gerichtshof hob den Beschluß des Rekursgerichtes, womit der Rekurs des Beklagten zurückgewiesen wurde, auf und trug dem Rekursgericht auf, über den Rekurs des Beklagten sachlich zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Das Erstgericht hat mit seinem Beschluß vom 2. Juli 1948, OZ. 17, einen Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diese Zurückweisung hat der Beklagte durch einen Machthaber beim Erstgerichte einen Rekurs zu Protokoll gegeben; dieses Protokoll enthält hinsichtlich der geltend gemachten Rekursgrunde nur einen Hinweis auf die vom Machthaber gleichzeitig vorgelegten und dem Rekursprotokoll angeschlossenen schriftlichen Ausführungen.

Das Rekursgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß diesen Rekurs zurückgewiesen, da er entgegen der Vorschrift des § 520 ZPO. aufgenommen und zur ordnungsgemäßen gesetzlichen Behandlung völlig ungeeignet sei. Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung hat der Beklagte Rekurs an den Obersten Gerichtshof eingebracht.

Es ist dem Rekursgerichtes darin beizustimmen, daß die Art der Protokollierung des Rekurses ON. 15 beim Erstgerichte nicht den Vorschriften entsprochen hat. Der Zweck, den das Gesetz damit verfolgt, daß anwaltlich nicht vertretene Parteien im bezirksgerichtlichen Verfahren Rekurse nur zu Protokoll anbringen dürfen, ist neben der Anleitung der Partei auch die zweckentsprechende Ordnung und Anführung der Rekursgrunde. Diese Absicht des Gesetzes wird vereitelt, wenn von den Parteien mitgebrachte Entwürfe zum Vernehmungsprotokoll genommen oder gar das Rekursprotokoll nur aus einem Hinweis auf den beigelegten Entwurf der Partei besteht. Bei Verhandlungsprotokollen ist ein derartiger Vorgang sogar mit Nichtigkeit bedroht (§ 477, Z. 8 ZPO.).

Aus dem Verstoß des Gerichtes bei der Art der Protokollierung des Rekurses kann jedoch nicht der rechtsunkundigen Partei der Nachteil erwachsen, daß der Rekurs nicht beachtet und über die in dem angeschlossenen Entwurf enthaltenen Rekursausführungen auch dann, wenn sie zweckentsprechend oder gar zutreffend sind, hinweggegangen wird, denn diese Ausführungen sind - wenn auch vorschriftswidrigzum Bestandteil des Rekursprotokolls gemacht worden. Hätte die Partei diese Ausführungen dem Gerichte eingesendet, hätten sie zur Verbesserung durch Beisetzung der Unterschrift eines Anwaltes zurückgestellt und dann, auch wenn sie unverändert von einem Anwalt unterfertigt worden wären, vom Rekursgerichte geachtet werden müssen. Dadurch, daß das Erstgericht ohne ersichtliches Verschulden der Partei einen solchen Entwurf zum Inhalte des Protokolls gemacht hat, kann die Partei nicht schlechter gestellt werden, als wenn sie den Entwurf mit der Post eingesendet hätte. Eine Verbesserung des Rekurses nach § 84 ZPO. kommt natürlich nicht in Betracht. Das Rekursgericht hätte daher den Rekurs nicht zurückweisen, sondern prüfen müssen, ob auf Grund des Rekursprotokolls und des zu seinem Bestandteil gemachten Entwurfes der Rekurs als begrundet anzusehen ist oder nicht.

Aus diesen Gründen ist der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgerichte eine neuerliche Entscheidung aufgetragen worden.

Anmerkung

Z21141

Schlagworte

Protokollarrekurs, enthaltend Verweisung auf schriftliche, Rekursausführungen, Rekurs zu Protokoll, enthaltend Verweisung auf schriftliche, Rekursausführungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1948:0020OB00300.48.1005.000

Dokumentnummer

JJT_19481005_OGH0002_0020OB00300_4800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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