Norm
Erste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §76Kopf
SZ 21/144
Spruch
§§ 482, 513 ZPO.; § 76, Abs. 1 der 1. DVzEheG. Im Revisionsverfahren dürfen auch in Ehesachen neue Tatsachen und Beweise nicht vorgebracht werden.
Entscheidung vom 13. Oktober 1948, 1 Ob 149/48.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Erstrichter hat die am 14. Mai 1916 geschlossene Ehe der Streitteile aus dem Alleinverschulden der beklagten Ehegattin geschieden.
Das Berufungsgericht hat infolge Berufung der Beklagten das Urteil des Erstgerichtes abgeändert und das Klagebegehren abgewiesen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hat in der Revision eine im Verfahren vor den Untergerichten noch nicht beantragte Zeugin darüber geführt, daß die Beklagte während der ganzen Dauer der Ehe unter dem Einfluß ihrer Mutter gestanden sei und die Hauswirtschaft in durchaus unbegrundeter Wiese immer vernachlässigt habe. Dieses zum Teil neue tatsächliche Vorbringen und der neue Beweisantrag konnten jedoch vom Obersten Gerichtshof nicht berücksichtigt werden. Denn für neue Tatsachen und Beweismittel ist - abgesehen von dem hier nicht in Betracht kommenden Falle des § 503, Z. 1, § 504, Abs. 2 ZPO. - im Rahmen der in der Zivilprozeßordnung erschöpfend aufgezählten Revisionsgrunde kein Raum. Von einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503, Z. 2 ZPO.) könnte - abgesehen von rein verfahrensrechtlichen Verstößen - nur dann die Rede sein, wenn das Berufungsgericht einen in erster Instanz oder im Laufe des Berufungsverfahrens gestellten Beweisantrag abgelehnt oder auf Tatsachen, die im ersten oder im zweiten Rechtsgang vorgebracht wurden, nicht Rücksicht genommen hätte. Die Nichtberücksichtigung von Tatsachen und Beweisanträgen, die erst im Revisionsverfahren geltend gemacht wurden, kann jedoch niemals eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens begrunden. Aktenwidrigkeit (§ 503, Z. 3ZZPO.) liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Berufungsgerichtes mit den Prozeßakten erster oder zweiter Instanz im Widerspruch steht. Auf neue, erst im Revisionsverfahren vorgebrachte Tatsachen und Beweisanträge kann dieser Revisionsgrund schon seinem Wesen nach nicht gestützt werden. Zur Ausführung des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht können aber schon begrifflich neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden, weil das Berufungsgericht nur das Tatsachenmaterial rechtlich beurteilen kann, das ihm im Zeitpunkt der Urteilsfällung vorliegt. Andere Revisionsgrunde als diejenigen, welche im § 503 ZPO. aufgezählt sind, können aber auch im Eheverfahren nicht geltend gemacht werden.
Anmerkung
Z21144Schlagworte
Ehesachen, Neuerungsverbot im Revisionsverfahren, Neuerungsverbot im Revisionsverfahren in Ehesachen, Revisionsverfahren, Neuerungsverbot in EhesachenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1948:0010OB00149.48.1013.000Dokumentnummer
JJT_19481013_OGH0002_0010OB00149_4800000_000