TE OGH 1949/2/9 2Ob33/49

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Veröffentlicht am 09.02.1949
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Norm

ABGB §879
ABGB §1059
ABGB §1376
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz §56
Preisüberwachungsverordnung vom 7. Juli 1942. DRGBl. I S. 451 §1
Verbotsgesetz 1947 §20

Kopf

SZ 22/20

Spruch

Die Erklärung der Preisbehörde über die Prüfung des Kaufpreises im Sinn des § 1 der Verordnung vom 7. Juli 1942, DRGBl. I S. 451, ist kein konstitutiv wirkender Verwaltungsakt; sie stellt nur die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Entgeltes fest und bewirkt im letzteren Fall die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes nach § 879 ABGB. Nur dann, wenn der Veräußerer in einer einseitigen, empfangsbedürftigen und öffentlich beglaubigten Erklärung dem Erwerber sein Einverständnis mit dem zulässig erkannten Preis bekannt gibt, gilt der Vertrag als von vornherein mit dem zulässigen Entgelt abgeschlossen.

Entscheidung vom 9. Februar 1949, 2 Ob 33/49.

I. Instanz: Bezirksgericht Liesing; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

S. hat mit dem Vertrage vom 28. Jänner 1943, bzw. 6. März 1944 ein Drittel einer ihm gehörigen Liegenschaftshälfte um 20.000 RM verkauft. Die Preisbehörde hat den vereinbarten Kaufpreis beanständet und nur einen solchen in der Höhe von 12.000 S für zulässig erkannt. Die Vertragsteile trugen dieser Beanständung in einem am 12. Dezember 1947 errichteten Nachtrag zum Kaufvertrag Rechnung. Der Erwerber hat nunmehr unter Vorlage der im Zusammenhang mit dem Kaufvertrage stehenden Urkunden, jedoch ohne eine eidesstättige Äußerung des Verkäufers im Sinne des § 20 Abs. 2 VerbotsG. 1947 die Einverleibung seines Eigentumsrechtes beantragt.

Das Erstgericht hat den Antrag abgewiesen.

Das Rekursgericht hat die begehrte Einverleibung mit der Begründung bewilligt, daß die Veräußerung vor dem 31. März 1945 erfolgt sei und daß der Nachtrag vom 12. Dezember 1947 nicht als eine neue Verfügung oder Veräußerung im Sinn des § 20 Abs. 1 VerbotsG. 1947 anzusehen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Masseverwalters Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es kann dahingestellt bleiben, ob das Verbotsgesetz 1947 auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, weil sich die Richtigkeit der erstrichterlichen Entscheidung schon aus den Bestimmungen der Verordnung über die Preisüberwachung und die Rechtsfolgen von Preisverstößen im Grundstückverkehr vom 7. Juli 1942, DRGBl. I S. 451, ergibt.

Zuzugeben ist, daß die durch § 1 dieser Verordnung eingeführte Prüfung von entgeltlichen Rechtsgeschäften über Grundstücke der dort bezeichneten Art vom preisrechtlichen Gesichtspunkt durch die Preisbehörde nicht eine Genehmigung bedeutet, die eine Voraussetzung für das wirksame Zustandekommen des Vertrages darstellt, wie etwa die Genehmigung nach dem Grundverkehrsgesetz, BGBl. Nr. 251/37. Denn während eine behördliche Genehmigung dort, wo das Gesetz sie vorschreibt, ein Wirksamkeitserfordernis darstellt und das genehmigungspflichtige Geschäft darum vor ihrer Erteilung nur bedingt wirksam ist, da diese Genehmigung eine Rechtsbedingung bedeutet (vgl. Ehrenzweig, I/1, S. 227, 231) und es erst nach ihrer Erteilung als mit dem Zeitpunkt der Abschließung wirksam ist (ebenda S. 231, vgl. auch die der deutschen Terminologie folgende Abhandlung von Pritsch in Deutsche Justiz, 1944, S. 30 ff.), stellt die Erklärung der Preisbehörde keinen konstitutiv wirkenden Verwaltungsakt dieser Art dar. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Preisbehörde, respektive ihr Gegenstück, die Preisbeanständung nach § 2 der Vdg. stellen vielmehr nur fest, ob das vereinbarte Entgelt zulässig oder unzulässig ist. Letzterenfalls widerspricht es den Preisstopvorschriften und macht darum das Geschäft gemäß § 879 ABGB. nichtig. Der Beanständungsbescheid stellt nur fest, daß das Entgelt unzulässig sei. Damit wird in einer für den Richter verbindlichen Form ausgesprochen, daß die preisrechtlichen Voraussetzungen für die Vertragswirksamkeit nicht gegeben sind, nicht aber, wie im Falle der Genehmigung, einem bisher schwebend wirksamen Vertrag die Wirksamkeit entweder erteilt oder genommen. Die Rechtsfolgen der von der Preisbehörde festgesetzten Zulässigkeit oder Unzulässigkeit ergeben sich vielmehr aus dem Gesetz (vgl. Pritsch, ebenda).

Das Rekursgericht übersieht, daß im vorliegenden Fall die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 Z. 1 der Vdg. nicht zur Anwendung kommen können, weil aus den Akten keineswegs hervorgeht, daß die dort vorgesehene Einverständniserklärung in der vorgeschriebenen Form dem Erwerber gegenüber abgegeben worden ist.

Beanständet nämlich die Preisbehörde das Entgelt, können die Vertragsparteien in zweifacher Form vorgehen, nämlich a) entweder einen neuen Vertrag unter Vereinbarung des zulässigen Entgeltes an Stelle des unwirksam gewordenen ursprünglichen Rechtgeschäftes setzen oder b) in erleichterter Form den nichtigen Vertrag dadurch konvalidieren, daß der Veräußerer durch einseitige, empfangsbedürftige, öffentlich beglaubigte Willenserklärung sich dem Erwerber gegenüber mit dem von der Preisbehörde für zulässig erkannten Preis einverstanden erklärt, so daß dieser Preis an Stelle des vereinbarten tritt und dann als an Stelle des ursprünglich bedungenen Preises vereinbart gilt. In diesem, aber auch nur in diesem Fall gilt der Vertrag als von vornherein mit dem zulässigen Entgelt abgeschlossen und ist mit diesem Inhalt wirksam (vgl. Pritsch, Deutsche Justiz 1942, S. 463 ff.). Es liegt hier eine gesetzliche Fiktion vor, der zufolge der Vertrag als mit dem zulässigen Inhalt zustandegekommen gilt. Das Einverständnis des Erwerbers ist nicht mehr erforderlich, er ist vielmehr durch die einseitige Einverständniserklärung des Veräußerers gebunden (vgl. Pfundtner - Neubert, III e, S. 174 a (6), Anm. 5).

Es bleibt den Parteien überlassen, sich für die eine oder andere Möglichkeit zu entscheiden. Der Weg der Einverständniserklärung ist in der Regel der einfachere und billigere, da er die Errichtung eines neuen oder eines Zusatzabkommens erspart, während sich dieses empfehlen wird, wenn die Preisabmachungen derart sind, daß die bloße Ersetzung des vereinbarten durch den zulässigen Preis zu Zweifeln Anlaß geben könnte (vgl. Pritsch, l. c., S. 463 ff.).

Im vorliegenden Fall ist nun in einem aus den Akten nicht genau erkennbaren Zeitpunkt, scheinbar nach der Befreiung, die in § 1 der Verordnung vorgesehene Vorlage des Kaufvertrages an die Preisbehörde erfolgt, die den Preis beanständet und an Stelle des in P. 1 des Vertrages vom 28. Jänner 1943, bzw. 6. März 1944 vereinbarten Preises von 20.000 RM nur einen solchen von 12.000 S für zulässig erkannt hat.

Daß nunmehr der Veräußerer von dem in § 2 Abs. 2 Z. 1 der Vdg. ihm eingeräumten Recht, durch einseitige, empfangsbedürftige und öffentlich beglaubigte Einverständniserklärung den Vertrag zu konvalidieren, Gebrauch gemacht hätte, ist aus der für das Grundbuchsgericht allein maßgebenden Aktenlage nicht ersichtlich. Die Parteien haben es vielmehr vorgezogen, ein Zusatzabkommen d. d. 12. Dezember 1947 zu errichten, in dem nicht nur an Stelle des vereinbarten der zulässige Kaufpreis eingesetzt, sondern auch als notwendige Folge dieser Änderung die Bestimmungen des P. II, Abs. 3 des ursprünglichen Kaufvertrages über die Form der Gutmachung des Kaufpreises entsprechend geändert wurden. Daraus ergibt sich, daß der Veräußerer nicht den Weg der Einverständniserklärung eingeschlagen hat, sondern daß die Parteien einverständlich ein neues Abkommen errichtet haben, das zwar nur den Kaufpreis und dessen Entrichtung betrifft und im übrigen den Kaufvertrag vom 6. März 1944 unberührt läßt, aber rechtlich dennoch als neues Schuldverhältnis im Sinn des § 1376 ABGB. anzusehen ist, da es eine Vertragswiederholung unter Hinzufügung abweichender Bestimmungen über die Höhe des Preises und die Form seiner Gutmachung darstellt. Es liegt darum eine Novation ohne Änderung des Rechtsgrundes und Hauptgegenstandes vor (vgl. Ehrenzweig, II/1, S. 359) und ein neuer Vertrag ist an die Stelle des bisherigen getreten. Damit entfallen auch alle an die Vertragskonvalidierung durch Einverständniserklärung geknüpften rechtlichen Folgerungen und es ist darum auch ganz irrelevant, ob eine solche Erklärung unter Umständen nach § 2 der Verordnung hätte im Prozeßwege erzwungen werden können. Weder ist eine solche Erklärung nach der Aktenlage abgegeben, noch vom Erwerber gemäß § 2 Abs. 4 der Verordnung gefordert und vom Veräußerer verweigert oder innerhalb der Äußerungsfrist eines Monates unterlassen worden. Vielmehr ist der Parteiwille nunmehr einverständlich durch einen neuen Vertrag zum Ausdruck gebracht worden. Es haben sich darum auch die Rechtswirkungen dieses Vertrages nach dem zur Zeit seiner Errichtung geltenden Gesetz zu richten. Da nun am 12. Dezember 1947 das Verbotsgesetz 1947 bereits in Kraft stand, findet die Vorschrift des § 20 Anwendung. In Ermanglung einer Erklärung nach § 20 Abs. 2 VerbotsG. 1947 war darum das Erstgericht verpflichtet, die begehrte bücherliche Eintragung abzulehnen.

Anmerkung

Z22020

Schlagworte

Entgelt, Beanstandung durch Preisbehörde, Kaufvertrag Beanstandung durch Preisbehörde, Nichtigkeit des Vertrages bei Beanstandung durch Preisbehörde, Preisbehörde, Beanstandung des Kaufpreises, Preisstopp, Beanstandung des Kaufpreises durch Preisbehörde, Vertrag nichtiger, Beanstandung durch Preisbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1949:0020OB00033.49.0209.000

Dokumentnummer

JJT_19490209_OGH0002_0020OB00033_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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