TE OGH 1949/2/16 2Ob37/49

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Veröffentlicht am 16.02.1949
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Norm

Mietengesetz §19 Abs1
Mietengesetz §19 Abs2 Z12
Verbotsgesetz 1945 §14

Kopf

SZ 22/23

Spruch

Wohnungen, die nur zur Unterbringung von aktiven Bundesangestellten bestimmt sind, dürfen diesem Zweck nicht entfremdet werden, widrigenfalls ein wichtiger Kündigungsgrund nach § 19 Abs. 1 oder ein wichtiges Interesse im Sinn des § 19 Abs. 2 Z. 12 MietG. vorliegt. Im Kündigungsverfahren ist ein Beweis, daß darüber hinaus ein besonderes dienstliches Interesse bestehe oder daß die Wohnung für einen bestimmten Angestellten benötigt werde, nicht zu erbringen.

Entscheidung vom 16. Februar 1949, 2 Ob 37/49.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Republik Österreich (Postverwaltung) kundigte eine Wohnung, die sie zwecks Unterbringung aktiver Postangestellter gemietet und der Beklagten, als diese im aktiven Dienst stand, untervermietet hatte, mit der Begründung auf, daß sie gemäß § 14 VerbotsG. aus dem Postdienst entlassen worden sei. Die Entlassung war allerdings in der Folge vom Liquidator der Einrichtungen des Deutschen Reiches in der Republik Österreich (Post- und Telegraphenverwaltung) wieder aufgehoben worden, doch ist über die Wiedereinberufung der Beklagten zur Dienstleistung oder über ihre Pensionierung noch nicht entschieden worden.

Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für wirksam.

Das Berufungsgericht hob die Kündigung auf, da die Feststellung, daß die gekundigte Wohnung für aktive Postangestellte verwendet werden solle, zur Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 19 Abs. 1 MietG. nicht ausreiche und die klagende Partei nicht unter Beweis gestellt habe, warum es für sie wichtig sei, daß der Mietvertrag aufgelöst werde; zur Erfüllung des Kündigungstatbestandes nach § 19 Abs. 2 Z. 12 MietG. wäre aber der Nachweis erforderlich gewesen, daß im konkreten Fall ein wichtiges Interesse an der Wohnung bestunde und daß es etwa aus dienstlichen Ursachen zweckmäßig wäre, gerade diese Wohnung von einem aktiven Postangestellten beziehen zu lassen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Untergerichte haben festgestellt, daß die gegenständliche Wohnung vom Postärar zu dem Zwecke gemietet worden ist, um in ihr aktive Postangestellte unterzubringen. Durch die Weiterbelassung an eine Untermieterin, die gegenwärtig keine solche Angestellte ist und hinsichtlich deren es auch ungewiß ist, wie lange dieser Schwebezustand dauern und ob er mit ihrer Reaktivierung oder vielmehr mit ihrer Pensionierung enden werde, wird die gekundigte Wohnung ihrem Zwecke entzogen und die Unterbringung eines anderen, aktiven Postangestellten verhindert. Dadurch wird ein wichtiges Interesse der kundigenden Partei verletzt. Denn bei dem gerichtsbekannten Wohnungsmangel sieht sie sich außerstande, wenn sich ein Bedarf zur Unterbringung eines aktiven Postangestellten ergibt, für dessen Deckung zu sorgen. Dabei verschlägt es nichts, daß die klagende Partei nicht dargetan hat, daß sie schon einen bestimmten Nachfolger für diese Wohnung in Aussicht habe, denn die Notwendigkeit, aus dienstlichen Gründen einen aktiven Postangestellten in Wien unterzubringen, kann jederzeit eintreten und bei der notorischen Unmöglichkeit, Wohnungen zu finden, wäre die Postverwaltung genötigt, dann neuerlich einen Kündigungsrechtsstreit anhängig zu machen. Wohnungen, die nur zur Unterbringung aktiver Postangestellter bestimmt sind, dürfen eben nicht diesem Zwecke entfremdet werden. Darin liegt bereits ein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 1 MietG., bzw. ein wichtiges Interesse im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 12 MietG. Weder bedarf es des Nachweises, daß darüber hinaus im besonderen Fall noch ein besonderes dienstliches Interesse bestehe, noch daß gerade die gekundigte Wohnung für die angegebenen Zwecke dringend benötigt werde. Der Oberste Gerichtshof hat diesen Rechtsgedanken bereits in ähnlichen Fällen ausgesprochen (1 Ob 319/47 und 1 Ob 525/47). Daß hier weder eine Interessenabwägung stattzufinden hat, noch die Interessen Dritter beachtet werden können, bedarf keiner

Anmerkung

Z22023

Schlagworte

Bundesangestellte, Erfordernis der Unterbringung wichtiger Kündigungsgrund Interessenabwägung bei Kündigung eines Untermietvertrages Kündigungsgrund Unterbringung von Bundesangestellten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1949:0020OB00037.49.0216.000

Dokumentnummer

JJT_19490216_OGH0002_0020OB00037_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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