TE OGH 1949/9/14 1Ob385/49

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Veröffentlicht am 14.09.1949
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Norm

ABGB §812
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §161

Kopf

SZ 22/128

Spruch

Kein Rekursrecht des präsumtiven Legatars des Verschollenen gegen die Auswahl des Abwesenheitskurators.

Entscheidung vom 14. September 1949, 1 Ob 385/49.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

In der Abwesenheitspflegschaftssache Josefine K. wurde die Schwester der Verschollenen Julie F. zum Abwesenheitskurator bestellt. Der Neffe des verstorbenen Gatten der Josefine K., Albert H., beantragte die Abberufung der Julie F. vom Amte des Abwesenheitskurators und Bestellung des Notars Dr. V. Das Kuratelsgericht wies diesen Antrag ab. Dagegen erhob Albert H. Rekurs; in diesem führte er aus, daß die Verschollene ihm den ihr gehörigen 5/8-Anteil an dem Geschäftsunternehmen Josef K. in Wien IX. vermacht habe. Die Kuratorin Julie F., die gemeinsam mit ihren Geschwistern gesetzliche Erbin der Vermißten sei, habe daher an dem Gedeihen des Geschäftes kein Interesse; das begrunde eine Interessenkollision der Kuratorin und der Vermißten; diese Interessenkollision habe bereits dazu geführt, daß sich die Kuratorin der unbedingt erforderlichen Portalerneuerung widersetzt habe in dem Bestreben, möglichst geringe Beträge im Unternehmen zu investieren. Seine Aktivlegitimation begrundet er damit, daß er der Neffe der Vermißten sei, da der verstorbene Gatte der Kurandin der Bruder seiner Mutter gewesen sei.

Das Rekursgericht hat dem Rekurs teilweise Folge gegeben und den angefochtenen Beschluß dahin abgeändert, daß dem Erstgericht die Enthebung der Abwesenheitskuratorin aufgetragen und das Erstgericht angewiesen wurde, nach Verfahrensergänzung neuerlich über die Bestellung des Notars Dr. V. oder einer anderen Person zum Abwesenheitskurator der Josefine K. Beschluß zu fassen.

Die Legitimation des Rekurswerbers zur Anfechtung des angefochtenen Beschlusses begrundet das Rekursgericht damit, daß die Rekursberechtigung des Albert H. zwar nicht daraus abgeleitet werden könne, daß der Rekurswerber als präsumtiver Legatar der Kurandin ein Interesse an der Verwaltung des Vermögens der Kurandin habe und zwischen ihm und der Abwesenheitskuratorin eine Interessenkollision bestehe, da eine Anfechtung des erstrichterlichen Beschlusses nur aus dem Gesichtpunkte der Wahrung der Interessen der Kurandin möglich und zulässig sei. Dem Rekurswerber müsse aber im Hinblick darauf, daß er der Neffe des verstorbenen Mannes der Kurandin sei und diese ihn selbst im Kodizill als Neffen bezeichnet und bedacht habe, im Sinne des § 9 AußstrG. die Berechtigung zum Rekurs in Wahrung der Rechte der Kurandin zugebilligt werden.

In der Sache selbst nimmt das Rekursgericht die behauptete Interessenkollision als gegeben an.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Kurandin Folge und änderte den Beschluß des Rekursgerichtes dahin ab, daß der Rekurs des Albert H. als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs ist begrundet, da das Rekursgericht zu Unrecht die Rekursberechtigung des Albert H. bejaht hat.

Das Rekursgericht muß selbst zugeben, daß dem Rekurswerber ein Rekursrecht als präsumtiver Legatar der Vermißten nicht zusteht; dem ist zuzustimmen; nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14. Oktober 1919, ZBl. 1920, Nr. 74, kann, solange der Tod des Kuranden nicht feststeht, nicht behauptet werden, daß dem präsumtiven Erben bereits konkrete Rechte am Vermögen der Verschollenen zustehen; das muß um so mehr vom Legatar gelten, da dieser am Abhandlungsverfahren nicht beteiligt und auf die ihm durch § 161 AußstrG. und § 812 ABGB. eingeräumten Rechte beschränkt ist, weshalb ihm weder ein Beschwerderecht gegen die Bestellung oder Auswahl eines Verlassenschaftskurators noch gegen die Überlassung der Verwaltung des Nachlasses an den ausgewiesenen Erben zusteht.

Dagegen ist die weitere Argumentation des Rekursgerichtes rechtsirrig, daß dem Albert H. deshalb ein Rekursrecht zustehe, weil er der Neffe des verstorbenen Gatten der Vermißten gewesen ist und von ihr selbst im Kodizill als Neffe bezeichnet und bedacht worden sei. Soweit das Rekursgericht die Rekursberechtigung des H. bejaht, weil er im Kodizill bedacht worden sei, setzt es sich mit seinen eigenen zutreffenden Ausführungen in Widerspruch, daß ein präsumtiver Legatar nicht zu den im § 9 AußstrG. genannten Personen gehöre.

Auch im übrigen kann den Ausführungen des Rekursgerichtes nicht zugestimmt werden. Aus § 9 Abs. 1 AußstrG. folgt, daß das Gesetz nur jenen Personen das Recht zur Anfechtung eines im Außerstreitverfahren ergangenen Beschlusses eingeräumt hat, deren rechtliche Interessen hiedurch betroffen werden. H. ist mit der Vermißten nicht verwandt; als Sohn der Schwester ihres verstorbenen Gatten ist er mit ihr im dritten Grad verschwägert, als solcher ist er aber am rechtlichen Schicksal des Vermögens der Kurandin in keiner Weise rechtlich interessiert. Daß die Verschollene ihn, der vulgären, aber nicht juristischen Ausdrucksweise folgend, als ihren "Neffen" bezeichnet hat, kann ebenfalls nicht bewirken, daß gesagt werden kann, daß er durch die Verfügung des Erstrichters als beschwert anzusehen ist.

Seine Rekursberechtigung wurde daher vom Rekursgerichte zu Unrecht bejaht.

Anmerkung

Z22128

Schlagworte

Abwesenheitspflegschaft, kein Rekursrecht des präsumtiven Legatars des, Verschollenen, Legatar, präsumtiver, des Verschollenen, kein Rekursrecht im, Pflegschaftsverfahren, Pflegschaftsverfahren, kein Rekursrecht des präsumtiven Legatars des, Verschollenen, Rekursrecht des präsumtiven Legatars des Verschollenen im, Pflegschaftsverfahren, Vermächtnisnehmer, präsumtiver, des Verschollenen, kein Rekursrecht im, Pflegschaftsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1949:0010OB00385.49.0914.000

Dokumentnummer

JJT_19490914_OGH0002_0010OB00385_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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