Norm
ABGB §276Kopf
SZ 22/200
Spruch
Zur Rechtskraft der Kuratorbestellung nach § 276 ABGB. ist der Anschlag an der Gerichtstafel und die Einhändigung des Bestellungsbeschlusses an den Kurator erforderlich. Entscheidung vom 17. Dezember 1949, 1 Ob 141/49.
I. Instanz: Bezirksgericht Dornbirn; II. Instanz: Landesgericht Feldkirch.
Text
Liegenschaften EZ. 1697 und 2896, Grundbuch L., standen zu je 3/20 Anteilen im Eigentum des Rekurswerbers A. H.; Eigentümer der übrigen Liegenschaftsanteile waren die fünf Geschwister des Rekurswerbers, in deren Eigentum noch weitere Liegenschaften sich befanden.
Die Geschwister haben eine Teilung ihres gemeinsamen Besitzes vereinbart und zu diesem Zweck die Teilungsurkunde vom 14. bzw. 27. Mai 1943 errichtet.
Auf Antrag der fünf Geschwister wurde zur Errichtung und Durchführung dieser Teilungsurkunde für den damals unbekannten Aufenthaltes befindlichen A. H. am 16. Juli 1943 dessen Bruder E. H. zum Abwesenheitskurator gemäß § 276 ABGB. bestellt und diese Teilungsurkunde auch kuratelsbehördlich genehmigt.
Nach dem Inhalt der Teilungsurkunde wurden die Liegenschaften der sechs Geschwister aufgeteilt und erhielt A. H. seinen Anteil in Geld ausbezahlt, u. zw. unter Anrechnung eines Vorausempfanges und eines Betrages für bezahlte Schulden.
In dem am 1. Februar 1949 überreichten Rekurs gegen den Beschluß vom 16. Juli 1943, womit E. H. zum Abwesenheitskurator bestellt und die Teilungsurkunde kuratelsbehördlich genehmigt worden war, führte A.
H. aus, daß er am 4. Jänner 1949 aus der Schweiz zurückgekehrt sei, wohin er sich am 7. Oktober 1942 auf seiner Flucht aus der deutschen Wehrmacht begeben habe. Im übrigen wird im Rekurse vorgebracht, daß
1. zur Bestellung eines Abwesenheitskurators gar kein Grund vorgelegen sei, da der Aufenthalt des Rekurswerbers seinen Geschwistern bekannt war, 2. die Interessen des Rekurswerbers durch das Pflegschaftsgericht nicht gewahrt worden seien.
Das Rekursgericht hat diesen Rekurs als verspätet zurückgewiesen und folgendes ausgeführt:
Es mag sein, daß die Geschwister des Rekurswerbers die Bestellung des Kurators erschlichen haben; für das Gericht lag aber kein Anlaß vor, an der Richtigkeit der übereinstimmenden Angaben der fünf Geschwister des Rekurswerbers zu zweifeln, daß ihnen der Aufenthaltsort des Rekurswerbers nicht bekannt sei, weshalb nach dem übrigen Vorbringen im Antrag die Bestellung des Abwesenheitskurators gemäß § 276 ABGB. begrundet war. Diese Bestellung des Abwesenheitskurators mit Beschluß vom 16. Juli 1943 sei aber bereits in Rechtskraft erwachsen, weshalb der am 1. Februar 1949 überreichte Rekurs des A. H. als verspätet zurückzuweisen war.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des A. H. Folge, hob den zweitinstanzlichen Beschluß auf und trug dem Rekursgerichte die neuerliche Beschlußfassung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Bestellung eines Kurators gemäß § 276 ABGB. hat im außerstreitigen Verfahren zu erfolgen. Für dieses Verfahren haben gemäß § 6 AußstrG. die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Zustellungen Anwendung zu finden, daher auch die Vorschriften der §§ 116 und 118 ZPO.
Gemäß § 117 ZPO. ist die Bestellung des Kurators durch ein Edikt, also durch Einschaltung in die Zeitung und durch Anschlag an der Gerichtstafel bekanntzumachen.
Während die Unterlassung der Einschaltung in der Zeitung keine Rechtsfolge nach sich zieht (siehe Fragebeantwortung zu § 118 ZPO.), ist gemäß § 118 ZPO., der gemäß § 6 AußstrG. auch für das Außerstreitverfahren gilt, für die Zustellung entscheidend, daß die Bekanntmachung für die Bestellung des Kurators an der Gerichtstafel angeschlagen und der Bewilligungsbeschluß nachher dem Kurator eingehändigt wird (Neumann zu § 118 ZPO. und Bemerkungen zu § 132 Geo.).
Da sich aus dem gegenständlichen Akt weder eine Zustellung an den Kurator, noch ein Anschlag des Ediktes an der Gerichtstafel ergibt und aus dem Abfertigungsvermerk beim Beschluß vom 16. Juli 1943 auch nicht hervorgeht, ob die oberwähnten Vorschriften eingehalten wurden, kann derzeit noch nicht beurteilt werden, ob der angefochtene Beschluß tatsächlich in Rechtskraft erwachsen ist, weshalb dem Rekurse Folge zu geben und dem Rekursgericht die neuerliche Beschlußfassung aufzutragen war.
Sollten die durchzuführenden Erhebungen ergeben, daß das Erstgericht eine Bekanntmachung des Ediktes durch Anschlag an der Gerichtstafel nicht vorgenommen hat, so wäre allerdings die Bestellung des Kurators noch nicht in Rechtskraft erwachsen, da gemäß § 118 ZPO. (§ 6 AußstrG.) die Zustellung erst mit der Vornahme des Anschlages und der ihr nachfolgenden Einhändigung des Bewilligungsbeschlusses an den Kurator als vollzogen zu gelten hat.
In diesem Falle steht allerdings dem Rekurswerber gegen den Bewilligungsbeschluß ein Rechtsmittel zu, da dem Kuranden während des Laufes der Rechtsmittelfrist gegen die Bestellung des Kurators, wenn er nicht mehr als abwesend gilt, nicht verwehrt werden kann, sich gegen die Bewilligung der Bestellung eines Abwesenheitskurators zur Wehr zu setzen.
Aus diesen Erwägungen war daher dem Rekurse Folge zu geben und dem Rekursgericht die neuerliche Beschlußfassung aufzutragen.
Anmerkung
Z22200Schlagworte
Abwesenheitskurator, Erfordernis eines Ediktes, Amtstafel, Anschlag über Kuratorbestellung, Edikt über die Bestellung eines Abwesenheitskurators, Gerichtstafel, Anschlag über Kuratorbestellung, Kurator nach § 276 ABGB., Erfordernis eines Ediktes, Zustellung des Beschlusses über Kuratorbestellung, EdiktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1949:0010OB00141.49.1217.000Dokumentnummer
JJT_19491217_OGH0002_0010OB00141_4900000_000