TE OGH 1950/1/25 1Ob404/49

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Veröffentlicht am 25.01.1950
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Norm

ZPO §502 Abs5
ZPO §503

Kopf

SZ 23/9

Spruch

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs. 5 ZPO. kann das Urteil des Berufungsgerichtes aus allen in § 503 ZPO. aufgezählten Revisionsgrunden angefochten werden.

Entscheidung vom 25. Jänner 1950, 1 Ob 404/49.

I. Instanz: Bezirksgericht Klosterneuburg; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge, hob die Urteile der beiden Untergerichte auf und wies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die klagende Partei begehrt Räumung der verpachteten Liegenschaft wegen Bauführung ohne Zustimmung der klagenden Partei, die nach § 7 des Pachtvertrages einen Auflösungsgrund bilde. Das der Klage stattgebende Urteil des Erstgerichtes wurde vom Berufungsgericht aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, wobei das Rechtsmittelgericht unter anderem die Rechtsansicht aussprach, daß es sich bei den Bauführungen im Sinne des § 7 des Pachtvertrages im wesentlichen um eine Neuerrichtung, also um wildes Bauen, handeln müsse, nicht aber um bloße Instandsetzungsarbeiten oder um Wiederherstellung oder um Notstandsarbeiten zur Behebung von Katastrophenfällen.

Das Erstgericht hat daraufhin mit neuerlichem Urteil das Klagebegehren, da es sich bloß um Sicherungsvorkehrungen handle, abgewiesen. Das Berufungsgericht bestätigte mit dem angefochtenen Urteil die erstgerichtliche Entscheidung und unterließ unter Hinweis auf § 502 Abs. 5 ZPO. den Ausspruch, ob der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 10.000 S übersteigt.

Im Hinblick darauf, daß das Berufungsgericht in seinem früheren Aufhebungsbeschluß eine Rechtsansicht ausgesprochen hat, an die sich das Erstgericht in seinem zweiten Urteil und das Berufungsgericht in seiner bestätigenden Entscheidung gehalten hat, und mit Rücksicht darauf, daß die klagende Partei in ihrer Revision diese Rechtsansicht bekämpft, ist die Revision gemäß § 502 Abs. 5 ZPO. zulässig. Fraglich kann nur sein, ob das zweitinstanzliche Urteil aus allen im § 503 ZPO. aufgezählten Revisionsgrunden angefochten werden kann oder ob dies nur wegen einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, von der das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß ausgegangen ist, geschehen kann. Der Oberste Gerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 9. Mai 1923, SZ. V/123, für die zweite Auslegungsmöglichkeit entschieden und hat dies damit begrundet, daß der im wesentlichen schon in der ersten Gerichtsentlastungsnovelle enthaltenen Vorschrift des nunmehrigen Absatzes 5 des § 502 ZPO. offenbar die Erwägung zugrunde liege, daß die vom Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß ausgesprochene Rechtsansicht dann, wenn die Sache spruchreif gewesen wäre, zu einer vom erstgerichtlichen Urteil abweichenden Entscheidung des Berufungsgerichtes hätte führen müssen, daß dann gegen das zweitinstanzliche Urteil die Revision offengestanden wäre und diese Anfechtungsmöglichkeit auch im Falle eines vorausgegangenen zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschlusses erhalten bleiben solle. Für die vom Obersten Gerichtshof in dieser Entscheidung angenommene Beschränkung der Anfechtbarkeit würde eher der von Pollak (ZPR., 2. Aufl., S. 567) angeführte Umstand sprechen, daß in einem solchen Aufhebungsfalle faktisch nur ein Gericht entschieden hat, während gerade die in der zitierten Entscheidung angenommene Absicht des Gesetzgebers mehr die gegenteilige Meinung stützen könnte; denn ein abänderndes Urteil des Berufungsgerichtes könnte wegen aller im § 503 ZPO. aufgezählten Revisionsgrunde angefochten werden und müßte dies auch für den Aufhebungsfall gelten, falls diese Anfechtungsmöglichkeit auch für diesen erhalten bleiben soll. Für die unbeschränkte Revisibilität spricht aber auch der Wortlaut des § 502 Abs. 5 ZPO., der besagt, daß die Bestimmungen der beiden vorhergehenden Absätze über die Einschränkung der Anfechtbarkeit keine Anwendung finden, wenn das Urteil der ersten Instanz vor Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichtes gefällt worden ist und wegen einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung, von der das Berufungsgericht in jenem Beschluß ausgegangen ist, angefochten wird. Der Oberste Gerichtshof hält daher die in seiner Entscheidung vom 9. Mai 1923, SZ. V/123, ausgesprochene Ansicht nicht mehr aufrecht, sondern ist vielmehr der Meinung, daß das Urteil des Berufungsgerichtes bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 5 des § 502 ZPO. aus allen im § 503 ZPO. aufgezählten Revisionsgrunden angefochten werden kann.

Anmerkung

Z23009

Schlagworte

Revision nach § 502 Abs. 5 ZPO., Revisionsgrunde, Revisionsgrunde bei Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs. 5 ZPO.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0010OB00404.49.0125.000

Dokumentnummer

JJT_19500125_OGH0002_0010OB00404_4900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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