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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §227 Abs1 Z1 idF 1970/385;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des H in B, vertreten durch die Loimer, Maus, Riedherr Rechtsanwälte Partnerschaft in 5020 Salzburg, Bayernstraße 11a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 20. November 2003, Zl. GS8-SV-157-2003, betreffend Beitragsentrichtung für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten gemäß § 227 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Kostenersatz wird abgewiesen.
Begründung
Am 22. April 2003 stellte der am 14. September 1943 geborene Beschwerdeführer unter Verwendung eines Formulars der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt einen "Antrag auf Prüfung der versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung aus den Versicherungsfällen des Alters zum frühestmöglichen Zeitpunkt", bei der mitbeteiligten Partei eingelangt am 23. April 2003. Darin gab er u.a. an, vom 2. September 1957 bis 4. Juli 1959 die Handelsschule W. besucht zu haben und dass er den "Nachkauf" seiner Schul-, Studien- bzw. Ausbildungszeiten ab dem 15. Lebensjahr begehre.
Mit Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt vom 11. September 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Beitragsentrichtung für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten "abgelehnt". Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine Ersatzzeiten erworben, da die von ihm besuchte Schule kein Öffentlichkeitsrecht besessen habe.
In seinem dagegen erhobenen Einspruch legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, die Handelsschule W. habe das Öffentlichkeitsrecht erst nach der Klarstellung der Schultypen durch das Schulorganisationsgesetz 1962 erhalten, und zwar erstmals für das Schuljahr 1963/1964. Erst durch das Schulorganisationsgesetz 1962 sei die "Neuordnung der Systematisierung" durchgeführt worden. Der Besuch der Handelsschule W. durch den Beschwerdeführer sei die Grundlage gewesen, dass ihn sein damaliger Arbeitgeber nach dem geltenden Kollektivvertrag als kaufmännischen Angestellten, Verwendungsgruppe I, eingestellt habe. Diese Einstufung habe der Absolvierung einer kaufmännischen Lehre, einer höheren Schule oder einer damals noch zweijährigen Handelsschule bedurft. Alle Fälle seien daher entweder als Beitragszeit oder Ersatzzeit zu berücksichtigen. Die Ablehnung seines Antrages sei daher unsachlich und gleichheitswidrig.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Handelsschule W. während des Schulbesuches durch den Beschwerdeführer keine öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete mittlere Schule im Sinne des § 227 Abs. 1 Z 1 ASVG gewesen sei. Die Zeiten dieses Schulbesuches seien daher nicht als Ersatzzeiten anzurechnen. Dass die Schule später mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattet worden sei, habe keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung. Maßgebend sei, ob die Schule bereits zum Zeitpunkt des Schulbesuches mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattet gewesen ist.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt verzichtete auf die Ausführung einer Gegenschrift, beantragte jedoch - offenbar im Zusammenhang mit der Vorlage von Akten - die Zuerkennung von Aufwandersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 227 Abs. 1 Z 1 erster Halbsatz hat in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 33/2001 folgenden Wortlaut:
"§ 227. (1) Als Ersatzzeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 gelten
1. in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitragszeit vorliegt, die Zeiten, in denen nach Vollendung des 15. Lebensjahres eine inländische öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete mittlere Schule mit mindestens zweijährigem Bildungsgang, eine höhere Schule (das Lycee Francais in Wien), Akademie oder verwandte Lehranstalt oder eine inländische Hochschule bzw. Kunstakademie oder Kunsthochschule in dem für die betreffende Schul(Studien)art vorgeschriebenen normalen Ausbildungs(Studien)gang besucht wurde, oder eine Ausbildung am Lehrinstitut für Dentisten in Wien oder nach dem Hochschulstudium eine vorgeschriebene Ausbildung für den künftigen, abgeschlossene Hochschulbildung erfordernden Beruf erfolgt ist; ..."
Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0012, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, dargelegt hat, ergibt sich aus § 227 Abs. 1 Z 1 ASVG, dass das durch die Novelle BGBl. Nr. 385/1970 eingefügte Qualifikationskriterium "öffentlich" bzw. "mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattet" zu jenem Zeitpunkt vorliegen muss, zu dem der Schulbesuch stattfand. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ferner ausgeführt, dass die Fassung des § 227 Abs. 1 Z 1 ASVG, die die genannten Kriterien eingeführt hat, auch dann maßgebend ist, wenn der Schulbesuch vor dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 385/1970 stattgefunden hat.
Im hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2001/08/0166, auf dessen Begründung ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass es sich bei der Aufzählung der Schulen, deren Besuch eine Ersatzzeit begründet, um die Bezeichnung nach dem in den Gesetzesmaterialien zur Novelle BGBl. Nr. 385/1970 genannten Schulorganisationsgesetz BGBl. Nr. 242/1962 handelt.
Da auch im vorliegenden Fall die Handelsschule W. zur Zeit des Schulbesuches durch den Beschwerdeführer unstrittig keine öffentliche bzw. mit Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule gewesen ist, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass keine Ersatzzeit vorliegt.
Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vorbringt, ist zu bemerken, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits im zitierten hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004 unter Hinweis auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. November 1991, B 177/91, der dem zitierten hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993 vorausgegangen war, keine Bedenken verfassungsrechtlicher Art gesehen hat, die eine Befassung des Verfassungsgerichtshofes erforderten.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Der auf Zuerkennung von Vorlageaufwand gerichtete Kostenantrag der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, da ein solcher zu
Gunsten einer mitbeteiligten Partei nach den genannten Vorschriften nicht vorgesehen ist.
Wien, am 23. Februar 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080272.X00Im RIS seit
23.03.2005