TE OGH 1950/3/22 3Ob132/50

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Veröffentlicht am 22.03.1950
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Norm

JN §66
JN §76

Kopf

SZ 23/77

Spruch

Zum Begriff des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne des § 76 Abs. 1 JN.

Entscheidung vom 22. März 1950, 3 Ob 132/50.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Prozeßgericht hat die von der beklagten Partei erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien mit der Begründung zurückgewiesen, daß die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Wien hatten.

Über Rekurs der beklagten Partei hat das Rekursgericht in Abänderung dieses Beschlusses dieser Einrede stattgegeben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach den Bestimmungen der Jurisdiktionsnorm ist für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im allgemeinen der Wohnsitz oder in Ermanglung eines solchen der Aufenthaltsort der beklagten Partei maßgebend. Für Ehesachen ist zufolge der Vorschrift des § 76 JN. abweichend von dieser allgemeinen Regelung jenes Landesgericht oder Kreisgericht zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt gehabt haben. Fehlt jedoch diese Voraussetzung, dann tritt die Zuständigkeit des Landes- oder Kreisgerichtes ein, in dessen Bezirk der gewöhnliche Aufenthaltsort des Mannes oder, falls ein solcher im Inlande fehlt, der gewöhnliche Aufenthaltsort der Frau gelegen ist. Aus der Unterscheidung der Begriffe "Wohnsitz" und "Aufenthaltsort" muß entnommen werden, daß die Jurisdiktionsnorm unter dem Begriff "gewöhnlicher Aufenthaltsort" im § 76 JN. jenen Ort versteht, an dem sich die Ehegatten zwar nicht in der Absicht, dort ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen (§ 66 JN.), doch aber in der Absicht niedergelassen haben, vorübergehend ihre Wohnung aufzuschlagen. Ein bloß kurzfristiger Aufenthalt der Ehegatten an einem Orte ohne die Absicht, dort ihre Wohnung zu nehmen, wie z. B. ein Aufenthalt während einer Reise oder ein Aufenthalt zu Besuchszwecken, reicht zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit nach § 76 JN. nicht aus.

Im vorliegenden Falle ist unbestritten, daß der Ehemann zur Zeit der Eheschließung im Jahre 1942 seinen Wohnsitz im Sprengel des Kreisgerichtes Krems hatte, sodann zum Militärdienst einrückte und im Jahre 1947 seine Frau in ihrer Wohnung in Wien besuchte und sich in dieser Wohnung drei Tage aufhielt. Daraus geht hervor, daß der Beklagte in Wien nur vorübergehend zum Zwecke des Besuches seiner Frau anwesend war, aber nicht die Absicht hatte, dort seine Wohnung zu nehmen. Daher ist für die vorliegende Ehescheidungssache gemäß § 76 JN. mangels eines gemeinsamen Aufenthaltsortes der Ehegatten im Inlande das Landes- oder Kreisgericht zuständig, in dessen Bezirk der derzeitige gewöhnliche Aufenthaltsort des Ehemannes gelegen ist.

Anmerkung

Z23077

Schlagworte

Aufenthalt, gemeinsamer gewöhnlicher, § 76 Abs. 1 JN., Ehescheidung örtliche Zuständigkeit, Gewöhnlicher Aufenthalt, gemeinsamer, § 76 Abs. 1 JN., Scheidung örtliche Zuständigkeit, Zuständigkeit örtliche für Ehescheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0030OB00132.5.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19500322_OGH0002_0030OB00132_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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