TE OGH 1950/4/19 3Ob190/50

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Veröffentlicht am 19.04.1950
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Norm

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz §59
AO §33
AO §63
Außerstreitgesetz §19
EO §113
EO §117
JN §1
KO §125
KO §173
Verwaltergesetz 1946 §11
Verwaltungsvollstreckungsgesetz §3

Kopf

SZ 23/102

Spruch

Die Verwaltungsbehörde hat nicht nur über die Höhe des Entlohnungsanspruches des öffentlichen Verwalters, sondern auch über die Verpflichtung zu ihrer Berichtigung zu entscheiden.

Entscheidung vom 19. April 1950, 3 Ob 190/50.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger, der in der Zeit vom 1. August 1945 bis 6. Februar 1948 öffentlicher Verwalter der beklagten Partei war, begehrte in seiner Klage den Zuspruch eines Restlohnes von 16.238.75 S für die Zeit bis 31. Jänner 1948, der im Zuge des Verfahrens auf 15.284 S eingeschränkt wurde, eines Betrages von 590 S als Entlohnung für zwei Wochen des Monates Februar 1948, eines Betrages von 891.22 S als aushaftenden Rest eines der beklagten Partei gewährten Darlehens und schließlich eines Betrages von 200 S als Versicherungssumme für eine ihm gehörige, im Betriebe der beklagten Partei gestohlene Schreibmaschine.

Das Erstgericht sprach nach durchgeführtem Verfahren seine Unzuständigkeit zur Entscheidung und die Nichtigkeit des bisherigen Verfahrens aus und verpflichtete den Kläger zum Ersatz der Prozeßkosten. Es stellte fest, daß die Magistratsabteilung 69 die Entlohnung des Klägers gemäß § 11 Abs. 1 des Verwaltergesetzes zwar mit 900 S monatlich ab 1. August 1945 und mit 1180 S monatlich ab 1. August 1947 festgesetzt, jedoch den Zusatz beigefügt habe, daß die Bestimmung der Entlohnung in dieser Höhe nur unter der ausdrücklichen Bedingung erfolgt sei, daß der daraus entstehende Aufwand in den Erträgnissen des Unternehmens seine Deckung finde. Das Prozeßgericht vertrat die Rechtsansicht, daß die Verwaltungsbehörde im Hinblick auf letztere Einschränkung ihrer Pflicht, die Höhe der Entlohnung des Verwalters festzusetzen, noch nicht entsprochen habe und daher die Höhe der Entlohnung noch nicht festgesetzt sei, weshalb das Gericht hierüber nicht entscheiden könne. Bezüglich der übrigen Beträge sei nur die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes gegeben.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß unter Ablehnung des Antrages der beklagten Partei auf Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges das Verfahren über den gesamten Klagsanspruch fortgesetzt werde.

Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Prozeßgerichtes mit der Maßgabe wieder her, daß die Klage, soweit sie auf Bezahlung der Entlohnung von 15.874 S gerichtet ist, wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges und im übrigen wegen sachlicher Unzuständigkeit unter Aufhebung des bisherigen Verfahrens als nichtig zurückgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Der öffentliche Verwalter ist nicht Angestellter des Unternehmens, zu dessen Verwaltung er bestellt wurde, seiner Anstellung liegt nicht ein Dienstvertrag, sondern ein behördlicher Auftrag zugrunde; zwischen dem öffentlichen Verwalter und dem Eigentümer des verwalteten Vermögens besteht daher kein nach Privatrecht zu beurteilendes Vertragsverhältnis. Aus diesem Gründe bestimmt auch § 11 Abs. 1 des Verwaltergesetzes 1946, daß der öffentliche Verwalter einen Anspruch auf eine angemessene Entlohnung habe, deren Höhe vom Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung bestimmt wird. Diese Bestimmung kann nur dahin ausgelegt werden, daß die Verwaltungsbehörde nicht nur über die Höhe der Entlohnung, sondern auch über die Verpflichtung zu deren Berichtigung zu entscheiden hat, da nicht angenommen werden kann, daß der Gesetzgeber eine Zweigeleisigkeit des Verfahrens einführen wollte, indem über die Höhe der Entlohnung die Verwaltungsbehörde, über die Zahlungsverpflichtung aber das Gericht entscheiden solle. Der Entlohnungsanspruch des Verwalters beruht nicht auf einem Vertrag, sondern auf einem öffentlich-rechtlichen Titel; der Bescheid, mit welchem die Entlohnung des Verwalters festgesetzt wird, hat daher nicht nur die Höhe der Entlohnung, sondern auch die Verpflichtung zur Bezahlung derselben festzusetzen. Die zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht vom Rekursgericht herangezogene Stelle im Kommentar Heller - Rauscher - Baumann, S. 55, besagt keineswegs, daß über die Verpflichtung zur Bezahlung das Gericht zu entscheiden habe, sondern lediglich, daß das Unternehmen mangels Erträgnissen mit seiner Substanz für die Entlohnung des öffentlichen Verwalters hafte. Damit ist aber nur gesagt, daß nicht der Staat oder die Verwaltungsbehörde, die die Bestellung des Verwalters verfügt hat, sondern das verwaltete Unternehmen für die Schuld hafte. Auch die Heranziehung der Meinung des erwähnten Kommentars auf S. 65 ist verfehlt, weil dort nur davon die Rede ist, daß die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im ordentlichen Rechtsweg zu erfolgen habe. Schadenersatzansprüche können auch gegen Personen geltend gemacht werden, mit denen kein Vertragsverhältnis besteht, während der Entlohnungsanspruch, der gerichtlich geltend gemacht werden kann, einen Vertrag (Dienst-, Werk-, Bevollmächtigungsvertrag u. dgl.) zur Voraussetzung hat. Da ein solcher Vertrag im Verhältnis zwischen dem öffentlichen Verwalter und dem Eigentümer des zu verwaltenden Unternehmens nicht besteht, ist zur Entscheidung über die Verpflichtung zur Berichtigung des Entlohnungsanspruches des öffentlichen Verwalters nur die Verwaltungsbehörde zuständig. Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht ergibt sich aus einem Vergleich mit den gesetzlichen Bestimmungen über die Geltendmachung von Entlohnungsansprüchen anderer Personen, die auf Grund eines öffentlichen Auftrages ein fremdes Vermögen zu verwalten haben, wie des Vormundes, des Kurators, des Ausgleichsverwalters, des Masseverwalters und des Zwangsverwalters. Auch bei diesen Verwaltern fremden Vermögens wird die Entlohnung von der Obrigkeit, die die Bestellung durchgeführt hat (Vormundschafts-, Pflegschafts-, Ausgleichs- und Konkurs- oder Exekutionsgericht) festgesetzt; der Beschluß, mit welchem die Entlohnung festgesetzt wird, ist ein Exekutionstitel und kann daher nur im Exekutionsverfahren, nicht aber im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden (§ 19 AußstrG., §§ 125, 173 Abs. 6 KO., §§ 33 Abs. 3, 63 AO., §§ 113, 117 EO., siehe auch Neumann - Lichtblau, Kommentar zur EO., S. 427).

Der Bescheid, mit welchem der Entlohnungsanspruch des öffentlichen Verwalters festgesetzt wird, ist daher als Verwaltungsexekutionstitel anzusehen, dessen Vollstreckung im § 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes in der Fassung der Verwaltungsvollstreckungsgesetz-Novelle 1949, BGBl. Nr. 151, geregelt ist. Entspricht der Bescheid nicht den Bestimmungen des § 59 AVG., bzw. des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes, dann wird es Sache des Anspruchsberechtigten sein, im Verwaltungswege Abhilfe zu verlangen; ein diesbezüglicher Mangel des Bescheides vermag nicht die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges für die Geltendmachung des Entlohnungsanspruches zu begrunden. Im übrigen hat der Kläger, wie sich aus dem dem Revisionsrekurs beigelegten Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 18. März 1950 ergibt, bei der Verwaltungsbehörde nunmehr einen den Anforderungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes entsprechenden Bescheid erwirkt, der ihn nach seiner Rechtskraft in die Lage versetzt, seinen Anspruch gegen die beklagte Partei im Vollstreckungswege geltend zu machen.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß der Geltendmachung des Anspruches des öffentlichen Verwalters auf Entlohnung der Rechtsweg auch dann versagt ist, wenn die öffentliche Verwaltung bereits aufgehoben wurde. Damit fehlt aber auch die sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes für die Entscheidung über die übrigen geltend gemachten Ansprüche, die weder einzeln noch zusammengerechnet den Betrag von 4000 S übersteigen.

Anmerkung

Z23102

Schlagworte

Öffentlicher Verwalter, Unzulässigkeit des Rechtsweges für, Entlohnungsanspruch, Rechtsweg Unzulässigkeit für Entlohnungsanspruch des öffentlichen, Verwalters, Unzulässigkeit des Rechtsweges Entlohnungsanspruch des öffentlichen, Verwalters, Verwalter öffentlicher, Unzulässigkeit des Rechtsweges für, Entlohnungsanspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0030OB00190.5.0419.000

Dokumentnummer

JJT_19500419_OGH0002_0030OB00190_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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