TE OGH 1950/4/26 1Ob207/50

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Veröffentlicht am 26.04.1950
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Norm

Mietengesetz §19 Abs2 Z4
Wohnungsanforderungsgesetz §3

Kopf

SZ 23/110

Spruch

Ein Haus, das nur mehr durch wirtschaftlich nicht zumutbare Ausbesserungsauslagen benutzbar erhalten werden kann, ist abbruchreif.

Entscheidung vom 26. April 1950, 1 Ob 207/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Klägerin hat den über eine Wohnung ihres Hauses mit der Beklagten abgeschlossenen Mietvertrag gemäß § 19 Abs. 2 Z. 4 MietG. mit der Begründung aufgekundigt, daß das Haus sehr schwer bombenbeschädigt sei und daß deshalb der Magistrat mit dem Bescheid vom 20. August 1949 die Bewilligung zur Abtragung des Gebäudes gegeben habe.

Das Prozeßgericht erklärte die Aufkündigung für wirksam.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und ließ eine Revision zu.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Ein Kündigungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 4 MietG. ist gegeben, wenn das Gebäude, in dem sich der Mietgegenstand befindet, infolge seines baufälligen Zustandes abbruchreif ist. Abbruchreif ist ein Haus insbesondere auch dann, wenn es nur mehr durch wirtschaftlich nicht zumutbare Ausbesserungsauslagen benutzbar erhalten werden kann.

Von dieser durch die Rechtsprechung (E. v. 12. Juli 1926, 1 Ob 595/26, ZBl. 1927, Nr. 43, v. 19. November 1930, AnwZtg. 1931, S. 34, v. 2. Oktober 1931, 2 Ob 665/31, ZBl. 1932, Nr. 9, und v. 27. Juni 1933, 3 Ob 574/33, SZ. XV/142) gedeckten Auslegung des Begriffes Abbruchreife ausgehend, hat das Berufungsgericht das von der aufgekundigten Partei bestrittene Moment der Abbruchreife durch den Inhalt des Bescheides des Wiener Magistrates vom 20. August 1949 (Abbruchgenehmigung) als gegeben und erwiesen angesehen, indem es mit Recht aus der Begründung des Bescheides abgeleitet hat, daß die Bewilligung deshalb erteilt wurde, weil die Wiederinstandsetzung des Hauses als unwirtschaftlich befunden wurde.

In diesem Zusammenhange sei nur noch darauf verwiesen, daß gemäß § 5 der Verordnung des Ministers für soziale Fürsorge im Einvernehmen mit den Ministern des Inneren und der Justiz vom 28. März 1918, RGBl. Nr. 114, die Baubehörde bauliche Herstellungen zum Zwecke von Änderungen, betreffend Räumlichkeiten, welche Wohnzwecken dienen, ohne Nachweis der Zulässigkeit (Bewilligung der politischen Behörde) nicht genehmigen kann.

Schon durch diese Bestimmung, deren Beachtung durch die in der zugrunde liegenden Entscheidung bezogene Entscheidung der Magistratsabteilung 50 vom 28. April 1948 über die Befreiung der gegenständlichen Räume von der Wohnungsanforderung im Sinne des § 3 WAG. gewährleistet erscheint, ist dargetan, daß es sich hier um Räumlichkeiten handelt, die durch Kriegseinwirkungen unbewohnbar geworden sind. Dem Umstand, daß kein Demolierungsauftrag, sondern eine Demolierungsbewilligung erteilt wurde, was eben seinen Grund darin hat, daß der Bescheid auf Einschreiten des Hauseigentümers und nicht von Amts wegen erging, kommt ein Einfluß auf die Zulässigkeit der Kündigung nach § 19 Abs. 2 Z. 4 MietG. jedoch nicht zu.

Aus diesen Gründen mußte der Revision ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

Z23110

Schlagworte

Abbruchreife, Kündigung, Baufälligkeit Kündigung wegen Abbruchreife, Kündigung wegen Abbruchreife

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0010OB00207.5.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19500426_OGH0002_0010OB00207_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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