TE OGH 1950/5/10 2Ob36/50

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Veröffentlicht am 10.05.1950
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Norm

ABGB §932
ABGB §933
ABGB §1311
ABGB §1435
Fristengesetz §1

Kopf

SZ 23/147

Spruch

Mit der vollzogenen Wandlung erlöschen die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem aufgehobenen Vertrag ex tunc; der Käufer haftet daher nicht nach § 1311 ABGB. für das nach Vertragsabschluß abhanden gekommene Kaufobjekt.

Entscheidung vom 10. Mai 1950, 2 Ob 36/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Lambach; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Der Beklagte hat dem Kläger im November 1945 ein Autowrack um 1800 S verkauft, der Kaufpreis wurde vom Kläger auch bezahlt; die Erfüllung des Kaufvertrages durch den Beklagten wurde unmöglich, weil der Kläger die Ermächtigung der Landesregierung, die damals vermöge besonderer Vorschriften für diesen Verkauf nötig gewesen wäre, nicht erhalten konnte.

Das Erstgericht hat bei diesem Sachverhalt dem auf Zahlung von 1800 S gerichteten Klagebegehren stattgegeben. Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Es schloß sich den Feststellungen des Erstgerichtes an und folgerte aus ihnen eine Übergabe des Wracks an den Kläger mittels Erklärung nach § 428 ABGB. Ein Verschulden am Abhandenkommen des Wracks und an der Versagung der Genehmigung des Rechtsgeschäftes durch die Landesregierung könne dem Beklagten nicht angelastet werden. Der Verlust des Wracks habe sich im Vermögen des Klägers ereignet, so daß ihn der Zufall nach § 1311 ABGB. treffe und er den Kaufpreis vom Beklagten nicht zurückverlangen könne. Der Kläger hätte zwar die Möglichkeit gehabt, Gewährleistungsansprüche wegen Veräußerung fremden Eigentums zu stellen. Solche Ansprüche habe er aber in der Klage nicht geltend gemacht, so daß darüber nicht zu erkennen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In der Klage beruft sich der Kläger darauf, daß er über das in Frage stehende Wrack mit dem Beklagten einen Kaufvertrag geschlossen habe, daß die Erfüllung durch diesen unmöglich geworden sei und daß er den vorausbezahlten Kaufpreis von 1800 S zurückverlangen könne. Die Klage wurde auf den angeführten Sachverhalt gestützt, ohne daß der Rechtsgrund ausgeführt worden wäre. Auch im Zuge des erstgerichtlichen Verfahrens hat der Kläger einen deutlichen Hinweis darauf, ob in seinem Klagsvorbringen nicht auch die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen inbegriffen ist, unterlassen. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist das Revisionsgericht der Meinung, daß der Kläger die Rückgängigmachung des Kaufes fordert, weil sich die Durchführung als unmöglich herausgestellt hat. Diese Unmöglichkeit liegt aber insbesondere darin, daß der Beklagte selbst nicht Eigentümer des Wracks gewesen ist, dieses auf den Kläger nicht übertragen konnte und deshalb für diesen Rechtsmangel haftet. In der Behauptung der "Unmöglichkeit der Erfüllung" und der damit begrundeten Rückgängigmachung des Kaufvertrages kann auch die Behauptung der Voraussetzungen für die Wandlung nach § 932 Abs. 1 ABGB. erblickt werden. Von einer Versäumung der sechsmonatigen Frist des § 933 Abs. 1 ABGB. kann mit Rücksicht auf § 1 FristenG. nicht gesprochen werden.

Das Revisionsgericht übernimmt die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, daß eine Übernahme des Wracks durch Erklärung seitens des Klägers vor sich gegangen ist. Es genügt in dieser Richtung, auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen, die durch die Ausführungen der Revision nicht erschüttert werden. Das Erstgericht und mit ihm auch das Berufungsgericht haben festgestellt, daß der Kläger das Eigentum am Wrack nicht erwerben konnte, weil die oberösterreichische Landesregierung nach den damaligen Vorschriften der Besatzungsmacht und den Erlässen der Landesregierung selbst den Eigentumserwerb des Beklagten und damit auch den des Klägers nicht anerkannte und den Erwerb von der neuerlichen Zahlung eines Kaufpreises abhängig machte. Gleichviel, ob die Stellungnahme der Landesregierung in jeder Richtung den Vorschriften entsprach, der Kläger war an den Bescheid der Landesregierung gebunden und hätte nochmals einen Kaufpreis erlegen müssen, um in den Genuß der verkauften Sache zu gelangen, ob er nun die Demarkationslinie überschritt oder nicht. Damit erwies sich, daß das ihm verkaufte Wrack derartige rechtliche Mängel aufwies, daß sie nicht mehr behoben werden konnten, ohne ein ganz neues Rechtsgeschäft mit der Landesregierung abzuschließen, was dem Kläger nicht zuzumuten war. Der Kläger hat die Voraussetzungen für die Aufhebung des Vertrages nach § 932 Abs. 1 ABGB. und damit nach § 1435 ABGB. auch für die Rückforderung des angezahlten Kaufpreises von 1800 S bewiesen. Da mit der vollzogenen Wandlung die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem aufgehobenen Vertrag ex tunc erlöschen (Klang - Pisko, II/2, S. 560), haftet der Kläger auch nicht nach § 1311 ABGB. für das Abhandenkommen des Wracks. Nur wenn die Unmöglichkeit der Rückstellung vom Kläger verschuldet worden wäre, hätte er für das Wrack aufzukommen (a. a. O., S. 562). So aber hat sich der Verlust infolge rückwirkender Aufhebung des Vertrages im Vermögen des Beklagten ereignet, so daß eine Verurteilung des Beklagten etwa nur Zug um Zug gegen Rückstellung des Wracks oder Ersatzleistung nicht in Frage kam. Ohne daß auf die weiteren Ausführungen der Revision einzugehen war - insbesondere war eine Ergänzung des Verfahrens des Berufungsgerichtes nicht erforderlich - mußte aus rechtlichen Erwägungen der Revision stattgegeben und das erstgerichtliche Urteil

Anmerkung

Z23147

Schlagworte

Gefahrentragung nach Wandlung, Gewährleistung Wirkung der Wandlung ex tunc, Haftung keine - für Zufall nach Wandlung, Schadenersatz keine Haftung für Zufall nach Wandlung, Untergang, zufälliger, nach Wandlung, Wandlung nach - keine Haftung für Zufall, Zufall, keine Haftung nach Wandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1950:0020OB00036.5.0510.000

Dokumentnummer

JJT_19500510_OGH0002_0020OB00036_5000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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